Um Importproteinträger wie Sojaextraktionsschrot (SES) zu ersetzen, erlangen alternative Pro-teinquellen zunehmend an Bedeutung in der Tierernährung. Verfolgt man die aktuellen internati-onalen Forschungsaktivitäten, so wird das Bestreben sichtbar, Insektenmehle zum teilweisen Austausch des traditionell genutzten SES in der Ernährung der Monogastride zu nutzen. Der Literatur können bereits umfangreiche Hinweise zum Einsatz von Insekten verschiedener Arten, Entwicklungsstadien und Aufbereitungsformen in der Geflügel-, Fisch-, Schweine- und Heimtier-ernährung entnommen werden. Die Nutzung von Insekten als Proteinquelle ist aufgrund mehrerer Vorteile interessant. Die Re-produktionsgeschwindigkeit ist hoch und die Substratverwertung liegt bei sehr geringem Flä-chenbedarf auf hohem Niveau. Aktuell kann das größte Potential für eine industrielle Erzeugung von Insekten als Futtermittel bei den Larven von schwarzer Soldatenfliege (Hermetia illucens), Hausfliege (Musca domestica) und Mehlwurm (Tenebrio molitor) gesehen werden. Fragen nach den Substitutionsmöglichkeiten von SES als Proteinquelle durch Insektenlarvenmehl von Herme-tia illucens wurden im Rahmen des vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderten Projektes "Sustainability Transitions: Alternative Proteinquellen in sozio-technischer Perspektive" bearbeitet und in der vorliegenden Arbeit insbesondere die Vorausset-zungen für hohe Anteile an Insektenmehl im Futter von Masthähnchen und Mastschweinen er-forscht. Hierzu wurden kombinierte Wachstums- und N-Bilanzversuche mit Masthähnchen, Ferkeln und Mastschweinen durchgeführt. Ziel war es, den Proteinträger SES zu 50 %, 75 % und 100 % durch teilentfettetes Larvenmehl der schwarzen Soldatenfliegenlarve Hermetia illucens (HIM) bei unterschiedlichem Ergänzungsumfang durch kristalline Aminosäuren (AS) zu ersetzen. Die Ef-fekte wurden durch die Bewertung der Akzeptanz der Futtermischungen, der zootechnischen Parameter, der Ganzkörperzusammensetzung, der Verdaulichkeit sowie der Proteinqualität der Futtermischungen auf Grundlage des Göttinger N-Verwertungsmodells evaluiert. Die Ergebnisse nach 50 bis 100%igem Austausch von SES in der Futtermischung durch HIM bei angepasster AS-Supplementierung der Masthähnchen (Ross 308) präsentierten für alle Aus-tauschniveaus vergleichbare beziehungsweise überwiegend signifikant bessere Werte für die Hermetia-Gruppe in Wachstum, Futteraufnahme (FI) und Futteraufwand (FA). Wurde die AS-Supplementation identisch zur Kontrolle mit SES durchgeführt, kam es bei einem 50%igen Aus-tausch des SES zu signifikant schlechteren Wachstumsparametern. Wurde hingegen die kalkula-torisch erstlimitierende AS auf 80 % der Versorgungsempfehlung herabgesetzt, zeigten sich bei einem Austauschniveau von 75 % gleich gute Ergebnisse wie in der Kontrolle. Bei einem Aus-tauschniveau von 100 % des SES erreichte die Fütterungsgruppe mit HIM signifikant bessere Werte im Wachstum und Futteraufwand als die Kontrollgruppe. Untersuchungen zum Rohpro-teinansatz (XP-Ansatz) der Masthähnchen ergaben vergleichbare Ergebnisse zwischen der Kon-trollgruppe und den HIM-Testmischungen bei adäquater AS-Supplementierung. Sowohl bei der precaecalen Rohproteinverdaulichkeit als auch der precaecalen AS-Verdaulichkeit bei einer Substitution von 50 % und 75 % des SES zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Ver-gleich zur Kontrollgruppe. Zusätzlich ergaben die durchgeführten N-Stoffwechselversuche, dass Versuchsgruppen mit hohem Anteil an HIM bei entsprechender AS-Supplementierung eine ver-gleichbar gute oder nur geringfügig schlechtere Proteinqualität aufweisen konnten als Versuchs-gruppen mit SES als Hauptproteinträger. Eine passgenaue Ergänzung mit kristallinen AS war demnach eine zielführende Voraussetzung für hohe Mischungsanteile an Insektenmehl. Bei den Fütterungsversuchen mit Ferkeln [PIC 408 x (Large White x Landrace)] zeigten sich so-wohl bei einem 50%igen (25 Versuchstage) als auch bei einem 75%igen (21 Versuchstage) Aus-tausch von SES gegen HIM bei Einhaltung optimaler AS-Relationen durch AS-Zulagen in den Mischungen keine signifikanten Unterschiede in den untersuchten zootechnischen Parametern. Wurden die Mischungen exakt wie in der Kontrollgruppe mit AS supplementiert, ergaben sich tendenziell schlechtere Ergebnisse für die HIM-Gruppe. Nach dem Fütterungsversuch wurde ein Teil der Ferkel geschlachtet und u. a. zur Untersuchung der precaecalen Verdaulichkeit herange-zogen. Die Ergebnisse zeigten vergleichbare Werte wie in der Kontrollgruppe. Weiterführende Untersuchungen mit einem Teil der Ferkel bis in einem Mastbereich von ca. 75 kg Lebendmasse und einem Austauschniveau von 50 % und 75 % des SES durch HIM erga-ben vergleichbare Ergebnisse. Bei den N-Stoffwechselversuchen wurde SES zu 100 % durch HIM substituiert. Die ersten Ergebnisse zeigten, dass durch eine adäquate AS-Supplementierung die Proteinqualität deutlich gesteigert werden konnte. Das Insektenmehl der schwarzen Soldatenfliegenlarve (Hermetia illucens) ist aus ernährungs-physiologischer Sicht geeignet, einen beachtlichen Anteil des Sojaproteins im Futter für Mast-hähnchen und Mastschweine zu substituieren; allerdings immer unter Berücksichtigung einer adäquaten AS-Ergänzung. Zusätzlich müssen die futtermittelrechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von verarbeiteten Insekten beachtet werden. Unter den Aspekten der Akzeptanz und Kombinationseignung bestehen bei dem Insektenmehl geringe Beschränkungen in der Einsatz-höhe. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die Potentiale dieser Proteinquellen durch AS-Ergänzungen noch besser auszuschöpfen. Weiterhin sind Untersuchungen zur Wirksamkeit einzelner AS in dem alternativen Proteinträger zu empfehlen. ; Alternative protein sources are gaining importance to substitute imported soybean meal (SBM) in animal nutrition. Latest international research activities in monogastric livestock nutrition is focus-ing on the partial replacement of traditional SBM by insect meal. Numerous references on the use of different insect species, with varying stages of development, and varied processed forms, are available in scientific literature on poultry, fish, pig and pet nutrition. Some of these animal species originally would choose insects as protein sources as well. Several advantages are mak-ing the implementation of insects as a livestock feed attractive; the main positive characteristics are their rapid reproduction rate and the low amount of substrate and arable land needed for high performance. Today, the most potential for the industrialization of insects as feed has been ob-served for black soldier fly larvae (Hermetia illucens), housefly larvae (Musca domestica) and mealworm larvae (Tenebrio molitor). General questions on the possibilities to substitute SBM by insect meal from Hermetia illucens have been evaluated within the project: 'Sustainability Transi-tions in food production: alternative protein sources in socio-technical perspective', funded by the Lower Saxonian Vorab through the state's Ministry for Science and Culture. In particular, the high substitution levels of insect meal in diets for broiler and swine nutrition have been studied. Combined grower and nitrogen-balance studies of meat-type chicken, piglets and fattening pigs were conducted to evaluate the exchange of SBM as the protein source at 50 %, 75 % and 100 % by partly defatted Hermetia illucens larvae meal (HIM) coinciding with different levels of crystalline amino acid (AA) supplementation. Studies were evaluated based on diet acceptance, zootechnical performance parameters, whole body analysis, examination of effect on digestibility, and protein quality validation of the diets in accordance to current applications of the "Goettingen approach". At least comparable or even improved weight gain, feed intake and the feed conversion ratio were consistently recorded for the 50 % to 100 % SBM replacement by HIM with adjusted AA levels in Ross 308 meat type chicken. Only a basic level of AA supplementation similar to the control, 50 % substitution of SBM by HIM depressed the zootechnical parameters significantly. If the level of the first limiting AA was reduced to 80 % of the recommendation, SBM replacement at 75 % resulted in similar, and 100 % SBM replacement resulted in improved weight gain and feed conversion ratio of meat type chickens that received HIM diets. Crude protein deposition of meat type chickens receiving HIM with adequate AA levels was comparable to the control diet containing SBM. The examination of precaecal crude protein and AA digestibility did not show significant differences for SBM replacement levels of 50 % and 75 %. Nitrogen-balance studies with meat type chickens confirmed that diets containing high volumes of HIM with adequate AA levels result in similar or slightly lower protein deposition in comparison to the control diet. Thus, crystalline AA supplementation is an expedient approach to implement high contents of HIM into meat type chicken diets. Feeding studies with piglets [PIC 408 x (Large White x Landrace)] showed equivalent zootech-nical performance with 50 % (25 days period) and 75 % (21 days period) SBM substitution by HIM, when coinciding with the optimal AA-relation through AA-supplementation. When AA were supplemented exactly to the levels of the control diet, diets containing HIM tended towards lower performance. Some of the piglets were also examined to determine precaecal digestibility and exhibited similar results compared with control diet piglets. The residual piglets were fattened further targeting 75 kg final live weight. Pigs fed with diets substituted 50 % and 75 % of SBM with HIM resulted in comparable zootechnical performance. Within the scope of N-balance stud-ies an HIM substitution level of 100 % SBM was evaluated. First results have shown that diets with adequate AA supplementation improved protein quality. From a nutritional-physiological point of view black soldier fly larvae meal (Hermetia illucens) is suitable to substitute a major portion of SBM-based protein in diets for meat type chickens, pig-lets, and fattening pigs, if animal species related adequate amino acid supply is respected. Fur-thermore, the basic conditions within feed legislation must be kept in mind. High inclusion rates of insect meal are not limited by acceptability and combining ability. Nevertheless, further studies are needed to evaluate the potential of feeding this alternative protein source in diets to consider required amino acid supplementations, as well as studies on effectiveness of single AA within HIM should be included.
Nationale Identitäten, kollektive Erinnerungen und mit diesen verbundene Geschichtspraktiken sind keine monolithischen Konstrukte, deren Ausverhandlung eine zielgerichtete und somit finalisierbare Praxis darstellt – es handelt sich dabei vielmehr um Prozesse, welche gesamtgesellschaftlich konstant im Lichte der Gegenwart neu hinterfragt und verortet werden. Die Dynamik solcher Prozesse nimmt jedoch insbesondere dann zu, wenn eine Nation als 'imagined community' (Benedict Anderson) neu konstituiert wird. Innerhalb Europas wurde dies in den 1990er Jahren besonders virulent: Aus den desaströsen Jugoslawienkriegen gingen sieben unabhängige Nationen hervor und alle beriefen sich in ihren Gründungs- und Legitimationsnarrativen auf vermeintlich jahrhundertalte Nationalitätsdiskurse. Hinzu kam die hoch komplexe Frage, welche identitätsstiftende Rolle die jüngsten Kriege in der Proklamierung und Etablierung der nationalen Selbstverständnisse spielen sollen. Das vierjährige interdisziplinäre Forschungsprojekt "FRAMNAT – Framing the Nation and Collective Identities" widmete sich zwischen Juli 2014 und Juli 2018 eben jener Frage innerhalb Kroatiens. Die Projektverantwortlichen der Universitäten Rijeka und Dubrovnik untersuchten dabei top-down und bottom-up-Strategien der öffentlichen Gestaltung (framing) der Nation sowie kollektiver Erinnerungen. Dabei galt es laut Projektbeschreibung, sowohl spezifische, geschichtspolitisch aufgeladene kommemorative Praktiken innerhalb von Case Studies zu untersuchen wie auch innovative Methoden für die Untersuchung kultureller Erinnerung und kognitiver Linguistik zu entwickeln (vgl. http://framnat.eu/the-project/?lang=en), welche auch außerhalb Kroatiens zur Anwendung kommen können. Neben der detailreichen und höchst informativen multimedialen Datensammlung, welche schrittweise auf der Website framnat.eu veröffentlicht und archiviert wurde, findet das Projekt nun mit diesem Sammelband seinen publizistischen Abschluss. Framing the Nation and Collective Identities – Political Rituals and Cultural Memory of the Twentieth-Century Traumas in Croatia versammelt unter der Herausgeberschaft von Vjeran Pavlaković und Davor Pauković elf Texte, welche sich der retrospektiven Analyse der dokumentierten Case Studies der letzten vier Jahre widmen: "We identified seven commemorations […] that were relevant because they either attracted the country's political leadership and were of national significance or were particularly controversial and therefore provoked debates that would reveal how various actors framed the nation through rival 'truths' over the past" (S. 2). Bei den sieben Fallbeispielen handelt es sich zunächst um kommemorative Praktiken zur Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, insbesondere die Rolle des kroatisch-faschistischen NDH-Staats (Gedenkveranstaltungen bezüglich des Konzentrationslagers Jasenovac) sowie der Verbrechen seitens der kommunistischen Partisanen gegenüber ethnischen Kroaten infolge der Kapitulation Hitlerdeutschlands und seiner Verbündeten (Gedenkveranstaltungen in Bleiburg, Jazovka, Brezovica und Srb). Weiters wurden Gedenkmärsche und öffentliche Reden in Bezug auf die Erinnerung an den jüngsten Krieg analysiert (in Knin und Vukovar, wobei das erstgenannte Fallbeispiel ein Siegernarrativ des Krieges und Zweiteres ein Opfernarrativ bedient). Die editorische Zusammensetzung der einzelnen Beiträge gliedert sich in vier sehr übersichtliche Teile: Der erste Teil setzt sich aus soziokulturellen, philosophischen und linguistischen Annäherungen an Kroatiens Erinnerungs- und Geschichtspolitik zusammen. Pero Maldinis Beitrag widmet sich hier dem soziokulturellen Kontext einer spezifischen kroatischen Erinnerungskultur aus einer politikhistorischen Perspektive. Er weist nach, dass politische und ideologische Konflikte innerhalb Kroatiens oftmals nicht auf sozioökonomischen Trennlinien innerhalb der Gesellschaft fußen, sondern ihre Basis insbesondere in den konträren Ansichten politischer Eliten finden. Renato Stanković verbindet in seinem Beitrag Erinnerungspolitik mit zeitgenössischer Philosophie. Dabei geht es in erster Linie um die Frage, was der eigentliche Inhalt staatlicher Erinnerung ist und wie jener innerhalb der kroatischen Gesellschaft distribuiert wird. Der dritte Beitrag des ersten Teils stammt von Benedikt Perak und beschäftigt sich mit einer ontologischen, konzeptuellen und linguistischen Perspektive auf die 101 im Rahmen des FRAMNAT Projekts analysierten Reden. Der Text dekonstruiert und vergleicht den Inhalt der Reden – auch in übersichtlichen, aber leider in dieser Erstausgabe undeutlich gedruckten Übersichtsgrafiken. Der zweite Teil des Buchs umfasst zwei von den Herausgebern verfasste Beiträge zur Gedenkkultur an den Zweiten Weltkrieg. Davor Pauković beschäftigt sich mit öffentlichen Reden sowie der medialen Repräsentation der Gedenkmärsche in Bleiburg und Jazovska. Dabei werden historische Revisionen der Verbrechen der Partisanen gegenüber ethnischen Kroaten und die Instrumentalisierung der Opfer für entsprechende zeitgenössische kroatisch-nationalistische Narrative hinterfragt. Die Problematik sieht der Autor weniger in der Erinnerungskultur an den Zweiten Weltkrieg und die NDH-Führung an sich verankert: Vielmehr drängt sich laut Pauković die Frage auf, wie an das kommunistische Regime im ehemaligen Jugoslawien erinnert werden soll. So ist in den kroatischen Erinnerungsnarrativen bis heute nicht restlos geklärt, ob die Tito-Führung tatsächlich anderer Natur war als jene des Ostblocks. Diese historiographische Unklarheit über die politische Natur der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien bildet den Nährboden für die Instrumentalisierbarkeit nationaler und nationalistischer Identitätsdiskurse. Vjeran Pavlaković untersucht die öffentlichen Auftritte führender Politiker in Bezug auf das Konzentrationslager Jasenovac. Tausende Serben, Juden und Roma sowie Gegner des NDH-Regimes wurden hier systematisch ermordet. Die Opferzahlen wurden noch zu Zeiten des sozialistischen Jugoslawiens propagandistisch verfälscht, nach der Unabhängigkeit der Teilrepubliken daraufhin von nahezu jeder Seite in die Höhe getrieben (seitens radikaler serbischer Nationalisten) oder heruntergespielt (seitens kroatischer Nationalisten bzw. Befürworter des NDH Regimes, die darin den ersten unabhängigen kroatischen Staat sahen). Pavlaković weist nach, wie sich die Rolle des Vernichtungslagers innerhalb der öffentlichen kroatischen Gedenkkultur im Rahmen des EU-Integrationsprozesses Kroatiens sichtbar verändert hat: Politische Akteure sprachen nach 2011 öffentlich über die dunklen Seiten der ansonsten oftmals verharmlosten kroatischen faschistischen Vergangenheit. Die 'Europäisierung' der kroatischen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs schien ein wichtiger symbolischer und kulturpolitischer Schritt zum 2013 erfolgten EU-Beitritt, fußt doch der Gründungsmythos der Europäischen Union auf der paneuropäischen Vergangenheitsbewältigung der Verbrechen, Genozide und Kriege der 1930er und 1940er Jahre. Innerhalb der Untersuchungsjahre des FRAMNAT Projekts, respektive unmittelbar nach der Eingliederung Kroatiens in die EU, änderte sich der Erinnerungsdiskurs. Der viel beachtete staatlich finanzierte Propagandafilm Jasenovac – Istina (Jasenovac – Die Wahrheit; R: Jakov Sedlar, 2016) erregte die Gemüter der politischen Linken, stellte jedoch nur einen der vielen geschichtsrevisionistischen Schritte in der Relativierung kroatischer Verbrechen des Zweiten Weltkriegs dar. So besuchte beispielsweise 2015 die neu gewählte Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarović Jasenovac ein paar Tage vor der jährlichen offiziellen Gedenkveranstaltung. Während ihre beiden Vorgänger, um europäische Integration bemüht, klare Worte für die Verbrechen fanden, legte sie als Kandidatin der konservativen Partei HDZ im Rahmen einer Gedenkveranstaltung einen Blumenkranz wortlos zu Boden. Auf jegliche Rede wurde verzichtet. Jedoch bedeutet Stille in diesem Falle nicht den Respekt vor den unaussprechlichen, abscheulichen faschistischen Verbrechen, sondern vielmehr ein bewusstes Nicht-Benennen historischer Verantwortung. Dem nicht genug, sagte Grabar-Kitarović ihre finanzielle Unterstützung für die Bleiburg-Erinnerungsmärsche zu – eine Finanzierung, die in den Jahren zuvor nicht genehmigt wurde: "[…] she toed the HDZ line of condeming all totalitarianisms equally, which de facto meant silencing Ustaša victims while focusing almost exclusively on the crimes committed by the Yugoslav communist regime" (S. 127). Der dritte Teil widmet sich den Erinnerungspolitiken des Kroatienkriegs (in Kroatien genannt: 'domovinski rat', 'Heimatkrieg'). Ivor Sokolićs Beitrag befasst sich mit der Instrumentalisierung von Veteranen in kommemorativen Reden, welche in Vukovar und Knin in den Jahren 2013 und 2014 gehalten wurden. Die an der serbisch-kroatischen Grenze gelegene Stadt Vukovar wurde zum Symbol des feindlichen serbischen Angriffs und Kroatiens als Opfer, während die Befreiung der serbisch besetzten Stadt Knin innerhalb der Operation 'Sturm' unter General Ante Gotovina das Narrativ des heroischen Kriegssiegers etablierte. Während identitätsstiftende Gründungsmythen zumeist entweder auf Narrativen des Opfers bzw. des Verlusts oder auf Narrativen des Sieges basieren, ist eine kroatische Besonderheit, dass zwei Mythen gleichermaßen nationalitätsstiftend fungieren, der des Kriegsopfers wie auch des Kriegssiegers. In allen in Vukovar und Knin aufgezeichneten und analysierten Ansprachen seitens politischer Repräsentanten zeigt sich, dass insbesondere gegenüber Veteranen eine Fortschreibung des Kriegs kommuniziert wird. Veteranen (und ihre Angehörige) bleiben somit in einer künstlich erhöhten Alarmbereitschaft, welche sie zu politisch leicht steuerbaren potentiellen Wählern der kroatischen Rechten macht: "The war narrative appeals to their emotions, leading to emotional rather than rational interpretations of the world" (S. 157). Einer näheren Untersuchung der Erinnerungskultur in Vukovar selbst widmet sich Tamara Banjeglav in ihrem Beitrag, welcher das jährliche Gedenken sowohl aus kroatischer Perspektive wie auch seitens der serbischen Minderheit untersucht. Zwei weitere Texte zum Kroatienkrieg verfahren daraufhin diskursanalytisch: Ana Ljubojević befragt die Rolle der Den Haager Prozesse auf die Erinnerungskultur Kroatiens und analysiert hierfür einerseits das Krankenhaus in Vukovar, welches in einem musealen Trakt der Erinnerung an die hier begangenen Verbrechen seitens serbischer Militärs kommemoriert und andererseits den Fall des Generals Ante Gotovina, welcher zunächst in Den Haag für Kriegsverbrechen verurteilt, in zweiter Instanz jedoch freigesprochen wurde und als Kriegs- und Nationalheld nach Kroatien zurückkehrte. Ljubojević schlussfolgert aus ihren Analysen, dass die Arbeit des Kriegsverbrechertribunals keinerlei nachhaltigen Einfluss auf die Erinnerungskultur des Landes hatte. Dario Brentins Beitrag nennt medial stark präsente Profisportler 'Ambassadors of memory'. Sein Text beschäftigt sich mit dem Profisport als Feld der Reproduktion nationaler Narrative und beschreibt nicht nur öffentliche Aussagen von Sportlern bezüglich des Kroatienkriegs, sondern auch die Visualisierung von Kriegsbildern in Graffitis und anderen Grafiken seitens der Anhänger diverser Fußballvereine. Der vierte und letzte Teil des Sammelbands wendet sich transnationalen Dimensionen der kroatischen Erinnerungskultur zu. Nikolina Židek beleuchtet die bislang publizistisch wenig beachtete kroatische Diaspora in Argentinien, welche sich nach dem Zweiten Weltkrieg ebendort formierte und wo sich bis heute NDH-relativierende und neofaschistoide Narrative mehrheitsfähig erhalten haben. In einer Diskursanalyse der kroatischen Diaspora-Medien in Argentinien wird nachgewiesen, dass der Kroatienkrieg der 1990er Jahre dort nur als eine Art Fortschreibung des seit dem Zweiten Weltkrieg andauernden kroatischen Unabhängigkeitskampfs gesehen wird. Ana Milošević beschließt das Buch mit einer Analyse der 'Europäisierung' der spezifischen Erinnerung an den Fall von Vukovar. Innerhalb des Europäischen Parlaments wird jährlich der Opfer der Stadt gedacht – das kroatische Opfernarrativ wird hier international weitergetragen. Fraglich bleibt, wie diese höchst fragmentierte und selektive Erinnerungspolitik im Europäischen Parlament nach einem eventuellen EU-Beitritt Bosnien und Herzegowinas oder Serbiens aussehen könnte. Mit diesem Sammelband ist dem Forscherteam des FRAMNAT Projektes ein großer wissenschaftlicher und forschungspolitischer Wurf gelungen: Die jahrelange Akkumulation von Daten (die Website einschließlich des YouTube-Kanals spricht für sich) findet in präzisen und methodisch vielfältigen Textanalysen hier ihr vorläufiges Endergebnis. Das Lesevergnügen wird auch nicht durch kleine Mankos getrübt – beispielsweise den ungenauen Umgang mit dem Begriff des 'Rituals' oder den gelegentlichen Beigeschmack von Repetition (in nahezu jedem Kapitel wird der historische Kontext zuvor genannter Fallbeispiele erneut erklärt). Die hier angewandten Methoden könnten (und sollten!) in Folgeprojekten weitere Anwendung finden – beispielsweise um die kulturelle Erinnerung an das 20. Jahrhundert und damit verbundene Traumata in anderen jugoslawischen Nachfolgestaaten zu dekonstruieren. Überschneidungen und Gemeinsamkeiten sind zu erwarten und wären ein notwendiger wissenschaftspolitischer Beitrag in der schleppenden Auseinandersetzung mit der Kriegsvergangenheit und ihrer Erinnerungspolitiken.
Hintergrund International findet die Bedeutung psychischer Störungen seit vielen Jahren zunehmendpolitische und wissenschaftliche Aufmerksamkeit. Depressionen führen nicht nur zu einer Belastung des psychosozialen Befindens, sondern haben auch große Einschränkungen in der Lebensqualität und Arbeitsproduktivität zur Folge [7]. Eine Identifikation von Prädiktoren für die Remission depressiver Symptomatik erscheint aus diesem Grunde besonders wichtig. Material und Methoden Remittierte und Nicht-Remittierte Patienten wurden anhand des in der Literatur verwendeten Cut-off-Wertes 7 in der Hamilton-Depressionsskala in verschiedenen soziodemographischen, klinischen und weiteren Variablen gegenübergestellt. Insgesamt handelt es sich um eine Stichprobe mit 388 Patienten, von denen 205 an der Katamneseuntersuchung teilnahmen. Eingeschlossen wurden Patienten, die die Diagnose einer einzelnen oder rezidivierenden depressiven Episode (F32.x / F33.x / F38.x) oder einer Dysthymie (F34.1) nach ICD-10 erhalten haben. Ausgeschlossen wurden jene, die als komorbide Diagnosen eine Schizophrenie (F2x.x), eine organisch bedingte Störung (F0x.x) oder eine Intelligenzminderung (F7x.x) nach ICD-10 aufwiesen. Es wurden folgende Skalen verwendet: Beck-Depressions-Inventar (BDI), ein Fragebogen zur gesundheitlichen Lebensqualität(WHOQOL-BREF), die Hamilton-Depressionsskala (HAM-D), die globale Erfassung des Funktionsniveaus (GAF) sowie die Clinical Global Scale (CGI). Ein eigens kreierter Fragebogen fand zur Erfassung anamnestischer und weiterer Daten ebenfalls Anwendung. Ergebnisse und Diskussion Insgesamt remittierte die depressive Symptomatik bei 93 (= 45 %) Patienten. Die nicht-remittierte Gruppe war durchschnittlich 49.82 Jahre alt und damit jünger als die remittierten Patienten (55.17 Jahre alt). Fast doppelt so viel remittierte Patienten hatten einen Abschluss am Gymnasium. Dieses spiegelte sich auch in der derzeitigen beruflichen Situation wider: 75.5% der Arbeitslosen oder erwerbs- bzw. berufsunfähigen Patienten waren nicht-remittiert (p= .00, d= 2.578). Es erhielten signifikant (p≤ .0001) häufiger nicht-remittierte Patienten die Diagnose einer rezidivierenden Depression in Verbindung mit einer Komorbidität. Im Vergleich der Medikamentenverordnung wurden signifikant mehr trizyklische Antidepressiva in der nicht-remittierten Gruppe verschrieben. Dies deutet darauf hin, dass diese ältere Generation der Antidepressiva besonders bei einer therapieresistenten Depression als Mittel 2. Wahl zum Einsatz kommt. Hinsichtlich der Psychotherapie kam es zu einem überraschenden Ergebnis, da signifikant (p≤ .0001) häufiger die nicht-remittierten Patienten diese abgeschlossen hatten oder sich noch in einer laufenden Therapie befanden. Einerseits könnte es auf eine selektive Zuweisung in Psychotherapien hindeuten, wenn sich eine auf Medikamente nur unzulänglich ansprechende Symptomatik zeigt. Andererseits könnte man auch von einer Selbstselektion von Patienten ausgehen, welche sich subjektiv besser fühlten und deshalb eine Psychotherapie nicht beanspruchen wollten. Der hohe Stellenwert sozialer Beziehungen wurde anhand der Variablen Freizeitverhalten, sportliche Aktivitäten, Kontakt mit Freunden und Verwandten, Art der Kontakte sowie dem Vorhandensein eines Ansprechpartners bei Problemen deutlich. In der zusammenfassenden binären logistischen Regressionsanalyse wurden die bedeutsamsten Prädiktorvariablen extrahiert. Eine Nicht-Remission demzufolge erhöht die Chance auf die Zuführung in eine Psychotherapie um den Faktor 2.72, was vermuten lässt, dass gerade schwer behandelbare Patienten, wie es auch die Leitlinie [10] empfiehlt, neben der medikamentösen Therapie eine zusätzliche Psychotherapie benötigen. Des Weiteren erhöht eine Nicht-Remission die Chance auf eine höhere Anzahl an stationären Aufenthalten wegen einer Depression um den Faktor 1.34. Es konnten keine Studien gefunden werden, die die Anzahl an stationären Aufenthalten wegen einer Depression als negativen Prädiktor ansah. Es ist jedoch zu vermuten, dass Patienten zwar nicht schwerer erkrankt sind im Sinne der Symptomschwere, aber vielleicht spezifische Bewältigungsmuster zeigen, die immer wieder zu einer Dekompensation und anschließenden Rehospitalisierung führen. Eine stabile berufliche Situation geht mit einer erhöhten Chance auf eine Remission um 4.19 einher und beeinflusst die Remissionswahrscheinlichkeit positiv. Beides erbringt ein gesichertes Einkommen und damit wahrscheinlich auch eine bessere bzw. leichtere soziale Integration. Dass diese Integration eine wichtige Rolle spielt, zeichnete sich auch im Prädiktor "Vorhandensein eines Ansprechpartners bei Problemen" ab. Die Chance zu remittieren erhöhte sich um 3.58, wenn man bei Problemen einen Ansprechpartner hatte. ; Background For many years psychological diseases have increasingly gained economical as well as political relevance internationally. They do not merely affect the psychosocial state of health, nevertheless they also have an effect on the quality of life as well as the labor productivity [7]. The incidence rate of psychological diseases will increase during the next years according to the evaluation of the WHO. Regarding life expectancies, in 2020 the highest loss of potential life years will be caused by cardiovascular diseases, followed by diseases due to depression [22]. Therefore the identification of factors, which predict the remission of depressive symptoms, is of major importance. Methods and Material In the present analysis patients, who had received inpatient treatment in the Johanna-Odebrecht-Stiftung in 2007, were invited to a catamnesis interview. Remitted and non-remitted patients were defined by a cut-off value of ≤ 7 of the Hamilton Depression Scale. The sample included 388 patients in total, whereas N=205 patients actually participated in the catamnesis. Patients, who had been diagnosed a major depression (F32.x/ F33.x/ F38.x according to ICD-10) or dysthymia (F34.1) were involved. Whereas those that suffered from schizophrenia (F2x.x), mental retardation or an organic disease (F0x.x) were excluded. The following scales have been used for the assessment: The Beck Depression Inventar (BDI), a questionnaire for the state of health and the quality of life (WHOQOL-BREF), the Hamilton Depression Scale (HAM-D), the Global Assessment of Functioning (GAF), the Clinical Global Scale (CGI) as well as a questionnaire developed by the research team of the Johanna-Odebrecht-Stiftung. Discussion and Results As a result of the research a remission rate of 45% (n= 93) was detected. Highly significant results were found regarding the patients' age, which was 49.82 years on average in the non-remitted group compared to the remitted group with 55.17 years. Patients in the non-remitted group were also younger at the time of their initial manifestation of depressive symptoms (39.13 years vs. 46.48 years). Nearly twice as many remitted than non-remitted patients had a high school diploma. Further results concerned the patients' work life: 75% of the unemployed patients or those incapable of working were non-remitted (p=0.00, d= 2.578). Another highly significant result (p>0.0001) was the finding that non-remitted patients suffered more often from recurring depressive episodes combined with a comorbidity. It was also found that tricyclic antidepressants were significantly more often prescribed to non-remitted patients. The evidence shows that the older generation of antidepressants should be the second choice. Regarding psychotherapy there was a surprising result since significantly (p<0.0001) more patients of the non-remitted group completed therapy or continued consulting a psychotherapist. A possible reason for this might be selective referrals to psychotherapy, which especially those patients receive, whose symptoms respond very little to medical treatment. On the other hand there could be a possible self-selection by those patients, who subjectively feel better and hence see no need for psychotherapeutic treatment. The importance of social relationships was shown by the variables leisure behaviour, sports activities, social contact with family and friends, the type of contact as well as the availability of someone to discuss personal problems with. The most important predictor variables have been extracted in the summary report of the binary logistic regression. As a result of the regression non-remission increases the likelihood (OR= 2.72) to receive psychotherapy. Therefore it is assumed that therapy-resistant patients need medical as well as psychotherapeutic treatment. Additionally a non-remission increases the number of in-patient stays caused by a depression (OR= 1.34). No study found describes the number of in-patient stays due to depression to be a negative predictor. Whereas the number of previous depressive episodes seems to be a risk for non-remission. Supposedly those patients are not necessarily more severely ill regarding the severity of symptoms, but they might use particular coping strategies, that more likely lead to decompensation and rehospitalization. A stable work or pension situation increases the probability of a remission (OR= 4.19), meaning that a secure income comes along with a better or easier social integration. The chance of remission is about (OR= 3.85) higher when patients have got someone to discuss personal problems with. Conclusion: A stable and secure income, a reliable social network as well as a small number of in-patient stays will increase the likelihood of a remission. A non-remission will increase the chance of being referred to psychotherapeutic treatment on the other hand.
Die Wahrnehmung des Fremden, genauer, eines Menschen nichtdeutscher Herkunft in Deutschland, reduziert sich meist auf ein Wissen, das über Medien vermittelt wird und weniger aus eigenen Erfahrungen durch interkulturelle Kontakte erworben wird. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der medialen Konstruktion des Fremden, des Türken im Speziellen, in den Medien und auch hier insbesondere in deutsch-türkischen Filmen, seit Beginn der Arbeitsmigration nach Deutschland in den 1960er Jahren bis zur Gegenwart. Wie hängt Identität mit Migration zusammen? Eigentlich geht es um Ausländer, die keine sind; wo gehören deutsche Türken hin? Fatih Akın, Ayşe Polat, Neco Çelik und Sinan Akkuş gehören zu einer Reihe von Filmemachern, die als Lichtblick am deutschen oder deutsch-türkischen Film-Himmel gelten. Durch deren ethnischen Hintergrund werden ihre Filme oftmals als Migrantenfilm klassifiziert, einfach weil sich die Regisseure in irgendeiner Art und Form mit dem Thema Migration und Integration auseinandersetzen. Hier wird betrachtet wie sie ihre gewählten Motive und Themen im Lebensraum Deutschland konzipieren und charakterisieren. Dabei spielt die vom Regisseur intendierte Blickkonstruktion, also die Perspektive, die der Film dem Zuschauer nahe legt, eine große Rolle. Wie gehen die Regisseure mit Stereotypen um? Ändern sich hier Identitätsbilder, oder sind diese gleich bleibend? Mediale Wirklichkeitskonstrukte arbeiten vor allem mit Bildern und visuellen Vorstellungen, die die Menschheit seit Kindesalter als Vorurteile mit sich herum trägt. Medien verstärken und erzeugen selektierte und bereits interpretierte symbolische Wirklichkeiten für unsere visuell geprägte Welt. Sie erhärten diese Bilder, die wir von Fremden haben. Somit werden Stereotypen erzeugt, also sehr verallgemeinerte, einseitige Darstellungen. Selbst ein ratsames natürliches Misstrauen gegenüber den Medien kann dem nicht standhalten. Negative Stereotypisierungen sind an der Tagesordnung. Dabei werden ethnische Minderheiten oftmals als zu diskriminierende und auszugrenzende oder ausgrenzende Wesen gezeigt, als Opfer und Problemgruppe, bedrohlich und kriminell. Die Stereotype werden ins mediale Bild übersetzt, indem verallgemeinerte, einseitige Darstellungen visualisiert und konstruiert werden. Nachrichten berichten ereignisreiche Geschehnisse selten aus der Sicht oder im Interesse der Betroffenen und meist gibt es auch keine O-Töne. Solche negativen Nachrichten können Angst hervorbringen und die Einstellung des Zuschauers mitunter beeinflussen. Ausländer werden dadurch zum Auslöser eines Problems gemacht. "Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland werden als Sorgenkinder betrachtet, die ihrer einheimischen Umgebung Schwierigkeiten machen und dadurch Aufmerksamkeit finden." Medien entwerfen Weltbilder, analog zu den Mechanismen der menschlichen Wahrnehmung: die Standardisierung der Wahrnehmung als "Schubladen-Denken" und die Definition sozialer Situationen einer unübersichtlichen Gesellschaft. Türken in Deutschland haben sich noch immer nicht von Vorurteilen befreien können. Aber wie bekommt man konservierte Bilder aus den Köpfen der Menschen? Wie macht man aus Ausländern Inländer? Der Deutsch-Türke sollte endlich diese Bindestrich-Identität ablegen und als Deutscher mit türkischen Wurzeln, wie damals die Beutetürken, in Deutschland weiterleben dürfen. Denn, Die Stimmung vieler Deutsch-Türken wird immer gereizter. Mittlerweile löst allein die Frage "Woher kommst du?" einen gigantischen Aggressionsstrom aus. "Zeiten ändern sich und manchmal in die richtige Richtung!" , sagt zumindest Cem Özdemir, der Hoffnungsgeber der Grünen. Migranten haben auch heutzutage nur wenig Anteil am Diskurs über ihre Rolle in der deutschen Gesellschaft. So sind deutsche Mainstream-Medien angelegt. Der Blick von außen dominiert noch immer; der Fremde bleibt und ist ambivalent. Fernsehen und Printmedien funktionieren weiterhin über Klischees, weil Auflagen existieren, die noch nicht wegzudenken sind, schließlich ist man ja abhängig von Einschaltquoten und Verkaufszahlen. Das muss genutzt werden solange wie es Schubladendenken gibt, die dem zuzuordnen sind. Klischees vom fanatischen Moslem und der türkischen Importbraut erfüllen sich noch immer. Ehrenmorde sind interessanter als "migrantische" Alltagsgeschichten. Damit sich aber Meinungsbilder in der Allgemeinheit ändern können, muss integrativer berichtet werden. Auch sollten mehr Menschen mit Migrationshintergrund in den Medien arbeiten, doch sind es gerade mal 1/50, die hier tätig sind, und der Quotenausländer im TV ist immer noch gang und gäbe. In Film, Literatur, Kunst, Politik und Wirtschaft gibt es in Deutschland türkischstämmige Deutsche, die Karriere gemacht haben. Bei ihrer Suche nach einem individuellen Platz in der Gesellschaft scheint für Deutschtürken die ethnische Zugehörigkeit keine bedeutende Rolle mehr zu spielen. Die Prägung durch zwei oder mehr Kulturkreise ist für sie Normalität. Ziele und Lebensweisen von Türken und Deutschen haben sich angenähert und angeglichen und viele Deutschtürken denken sogar weiter als nur bis zum deutschen Horizont. Sie tun auch nicht mehr das, was von ihnen erwartet wird und was man von ihnen kennt. Der Begriff "Türke" klingt fast anklagend und für viele wie eine Beleidigung, die einen Stempel aufdrückt und eine Rolle zuschreibt, die man ablehnt. Man ist einfach viel mehr und eigentlich alles andere, als ein Mitglied einer radikal islamischen Vereinigung. "Die Türken" sind heute nicht nur im gesellschaftlichen Mainstream angekommen, sondern auch im filmischen. Die in Deutschland produzierten Filme der 70er und 80er, bis in die 90er Jahre hinein, die das Leben von Migranten darstellen, sind allesamt klischeebehaftet. Türken wurden als temporäre Gäste angesehen, sind aber mit dem Heranwachsen der nachfolgenden Generationen und ihren Integrationsproblemen endlich als Teil der deutschen Gesellschaft realisiert und akzeptiert worden. Empfindliche Berührungspunkte wir es noch eine Weile geben. Dazu zählen die Religion und einige Traditionen, die befremdlich wirken und sich nicht mit den deutschen vereinbaren lassen, wie z.B. das Beschneidungsthema in Meine verrückte türkische Hochzeit oder Evet, ich will. Es handelt sich teilweise um unvereinbare grundlegende Lebensansichten, die zu Konflikten führen können. Die Zeiten, als stereotype Bilder, den Zuschauer an streng isolierte Orte, mit mysteriösen islamischen Bildern führen, sind eigentlich vorbei oder sollten sie zumindest. Schlechtes Deutsch, fremder Glaube und Armut im Ghetto weichen realistischeren Bildern. Die Herkunft der Filmemacher ist in ihren Filmen zwar präsent, aber nicht nur darauf zu reduzieren, denn sie bedienen ebenso verschiedene Genres mit ihren Filmen. Die türkische und deutsche Sprache gehört zur Normalität der Filme, da sie in einem türkischen oder zumindest multikulturellen Milieu spielen – und damit sind die deutschen Teilkulturen mit eingeschlossen – und realistischere Alltagsgeschichten zeigen. Fraglich ist, ob das ökonomische Interesse an Türken verantwortlich ist oder es einfach Zeit ist die Parallelwelt der Türken aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten? Zumindest haben sich die Angehörigen der nachfolgenden Migrantengenerationen fast unbemerkt selbst befreit. Das ist daran zu bemerken, dass sich Künstler von dem Zwang befreit haben politisch korrekt zu sein. Aufgrund der Tatsache, dass deutsch-türkische Schauspieler in Deutschland nur klischeebehaftete Rollen bekommen, suchen sie sich immer öfter Arbeit in Istanbul. Dort werden sie noch herausgefordert. Die türkische Filmindustrie entwickelt sich konträr dazu. Migration spielt heute kaum noch eine Rolle und sie bedienen mit ihren Filmen sehr unterschiedliche Genres. Rollenbeschränkung auf Kleinkriminelle, Putzfrauen, mysteriöse Exotinnen und Gemüsehändler findet man hier zumindest nicht. Die Filme werden international vertrieben und orientieren sich dabei am amerikanischen Mainstreamkino. Sie stellen ein Türkeibild dar, das hierzulande in der medialen Wirklichkeit nicht existiert. In Deutschland fehlt noch die Selbstverständlichkeit für dieses Thema. Das Schubladendenken in den Kategorien Ethnie, Nation, Kultur lässt sich in den meisten Bereichen unseres Lebens noch nicht abschaffen. In einem Interview, dass "Tiger" mit dem Schauspieler Ismail Deniz in seiner "Süper Tiger Show" geführt hat, sagt dieser zu diesem Thema: "Ich wollte ja Schauspieler werden, um nicht Zuhälter und Drogendealer zu werden [.] Dann willste Schauspieler werden, machst 'ne Ausbildung oder machst keine [.] was wirste dann: Du wirst Verbrecher oder Ehrenmörder im Fernsehen [.] und wenn's 'ne gute Rolle gibt für Türken, dann wird die leider von Deutschen gespielt. Die sind wohl auch die besseren Türken." In Deutschland werden die Angebote der Rollen im Fernsehen nur ganz allmählich differenzierter. Nursel Köşe hat dasselbe Schicksal wie viele türkische Schauspielerinnen jenseits der 40, sie dürfen in Deutschland nur noch die Kopftuch-Mami spielen (Anam). In Auf der anderen Seite lässt Fatih Akın sie eine Prostituierte spielen, "weil sie so sexy ist", sagt er. Mehmet Kurtuluş hat die Rolle des Cenk Batu als Tatort-Kommissar türkischer Herkunft versteht sich, was noch als exotische Randerscheinung bezeichnen werden kann. Der Frauenschwarm Erol Sander war schon Kriminalhauptkommissar Sinan Toprak, Kommissar Mehmet Özakın in Mordkommission Istanbul und Durmuş Korkmaz, ein türkischer Unternehmer im Tatort. Er war aber auch schon Peter, Frank, Phillippe Russel und Winnetou. Es scheint, dass gutes Aussehen und Internationalität Rollenangebote ermöglicht, die nicht klischeebelastet sind. Dass Türken Rollen besetzen, in der sie als Vertreter einer sozialen Schicht der deutschen Gesellschaft fungieren, zählt nicht unbedingt zur Normalität. Sie besetzen weiterhin mehrheitlich ethnische Rollenprofile, wie z.B. Obst- oder Dönerverkäufer, gewaltbereiter Macho-Ali und unterdrückte Kopftuch-Ayşe. So werden kontinuierlich Klischees von vorgestern bedient. Die Vermischung der Kulturen ohne klare Abgrenzungen als ein Stück Alltagsnormalität zu betrachten liegt hoffentlich nicht mehr in allzu ferner Zukunft. Das Bild des Türken im Film dagegen hat sich verändert. Zumindest werden Klischees von türkischen Filmemachern wenn überhaupt nur noch in Komödien benutzt. Sie sprechen über sich selbst und sie lachen auch über sich selbst. Sie alle streben danach das Klischee zu überwinden und zum selbstbewussten Deutschen türkischer Herkunft anerkannt zu werden. Der postmigrantische Film der letzten Jahre ist mainstream-tauglich und diese Tatsache verliert fast schon wieder an Bedeutung, weil der "Türke" schon über diesen Problemen steht und gerne nur noch Filme machen möchte, mit Themen, die darüber hinausgehen. Für viele Filmemacher, ist es heute nicht mehr wichtig Mainstream-Kino zu machen. Mainstream-Kino, das sind Filme für die Masse; es bedeutet Kommerz. Trotzdem ist der Anspruch ein Millionenpublikum anzulocken und das zu zeigen, was die Mehrheit will, nicht weit verbreitet. Regisseure mit migrantischem Hintergrund haben sich durch ihre Filme emanzipiert und zum Teil etabliert. Die Filmer wollen als solche anerkannt werden und machen daher auch mal Spartenkino. Jenseits des Mainstreams zu arbeiten ist Underground und "angesagt". Ein Film voller skurriler Ereignisse und überzeichneter Klischees, der auf Mainstream keinen Wert gelegt hat, ist Schwarze Schafe. Darin werden u.a. drei junge Deutsch-Türken gezeigt, die unter allen Umständen Sex haben wollen, egal wo und mit wem. Aber wen wollen sie eigentlich beeindrucken mit ihrer plumpen Anmache, ihrem Playboy-Shirt oder einem Großdruck eines Leoparden-Gesichts auf einem Proletenhemd? Der KitKatClub will die Jungs nicht: falsche Sprache, falsches Aussehen, falsche Klamotten. Die Mädels auf der Goa-Party am Müggelsee, sind auch unter Drogen nicht zu haben und beschimpfen die drei als "Kanaken", die angeblich ein Portemonnaie geklaut hätten. Wie kommen die eigentlich dazu? Aber der Film will gerade provozieren. Ein Film über Verlierer, Deprimierte, Proleten, deutsche Schnösel, Klugscheißer, Perverse, Satanisten und Kranke – eben der normale Berliner Durchschnitt. Sie werden nicht als mitleiderregende Milieufiguren gezeigt und werden für ihre Taten, die sogar bis ins Lächerliche abdriften, in keinerlei Weise bewertet. Wenn es um Darstellungen geht, in denen Klischees aufgebrochen werden sollen, kann es auch von Vorteil sein, auf einen Schlag ein großes Publikum damit erreichen. Also kann Mainstream auch wichtig sein für deutsche Filmemacher mit ethnischer Herkunft. Wenn die Erfahrungen der eigenen Herkunft, auch wenn dafür die political correctness für einen guten Zweck über den Haufen geworfen werden muss, nutzbar gemacht werden kann, bevor es andere wieder auf eine falsche Art und Weise tun, ist das doch nur legitim. Filmemacher türkischer Herkunft sehen "den Fremden" aus einem anderen und weiteren Blickwinkel, als ihre deutschen Kollegen bzw. widmen sie sich anderen Themen. Der Gesinnungswandel der nachkommenden Generationen der einstigen Gastarbeiter bewirkt ein Umdenken in sich und hoffentlich auch in den Köpfen der deutschen Betrachter. Die Befreiung von veralteten Klischees und Rollenerwartungen, eine neue Selbstverständlichkeit und Normalität, die die Identität des Fremden, abseits der Scheinmoral der Gesellschaft und die Glaubwürdigkeit der Medien, annimmt, statt sie zum Problem zu machen, gehört auch auf die deutsche Tagesordnung. Zum Abschluss noch eine Anmerkung, um den Umgang mit der gegenwärtigen Generationen zu erleichtern: die heutigen Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund fühlen sich als Deutsche, Berliner, Europäer oder Weltenbürger. Bei Fragen, die die Wörter Kopftuch, Schweinefleisch und Alkohol beinhalten, könnte manch einer die Augen verdrehen, denn viele bemühen sich um ein deutsches Image und wollen "normal" behandelt werden. ". auch Deutsche (kriegen) ohne weitergehende Sprachkenntnisse ihr "Good Morning", "Buona sera", "Bon jour", ihr "Bye-bye", "Ciao", "Au revoir" hin, türkische Entsprechungen hingegen sind nicht geläufig." Es wird Zeit, dass "Merhaba" genau so alltäglich klingt und andere Lebenswelten und kulturelle Unterschiede in einer Gesellschaft als Bereicherung betrachtet werden. Gedruckte Version im Universitätsverlag der TU Berlin (www.univerlag.tu-berlin.de) erschienen. Format A5.
Übersicht: Die Untersuchung prüft, ob Bevölkerungspolitik ethisch vertretbar ist, wenn sie durchgeführt wird, um ökologische Generationengerechtigkeit zu erreichen. Ausgehend von den Prognosen eines weiteren Anstiegs der weltweiten Bevölkerungszahlen um ein Drittel bis 2050 wird zunächst untersucht, ob Bevölkerungswachstum wirklich zu Naturbelastung führt. Dies wird von Tremmel anhand des Beispiels der rückläufigen Artenvielfalt belegt. Dann wird untersucht, ob wir wirklich eine Verantwortung für zukünftige Generationen zur Erhaltung der Natur haben. Auch diese Hypothese wird betätigt. Daraus entwickelt Tremmel ein Modell zur Bewertung antinatalistischer Geburtenpolitiken: die Vier-Fünftel-Regel. Abschließend wird ein globaler Blick auf die deutsche Debatte geworfen und eine dreiteilige Strategie für die demografische Zukunftsfähigkeit Deutschlands entwickelt. Die erste vorgelagerte Hypothese ist empirischer Natur. Die Untersuchung zeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Verlust an Biodiversität und Bevölkerungswachstum besteht. Allerdings lässt sich das Artensterben nicht monokausal auf Bevölkerungszunahme zurückführen. Daraus darf man aber auch nicht den falschen Umkehrschluss ziehen, dass die Bevölkerung für das globale Artensterben nur ein Faktor unter vielen sei. Selbst wenn Menschen theoretisch einfach "zusammenrücken können", so ist dies in der Praxis keine Option. Daher bietet eine stabile bzw. rückläufige Weltbevölkerung große Chancen für den Erhalt von Artenreichtum und biologischer Vielfalt auf unserem Planeten. Die erste Hypothese dieser Arbeit kann also als bestätigt angesehen werden. Auch die zweite vorgelagerte Hypothese lässt sich bestätigen. Von den Grundsätzen intragenerationeller Gerechtigkeit ist vor allem die Formel, dass Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln sei, etabliert. Generationen setzen sich aus Individuen zusammen, die alle die gleiche Menschenwürde besitzen. Prima facie sind "Generationen" gleichwertig zueinander. Allerdings ist letztlich nicht die bloße Erhaltung des Status Quo das Ziel - sonst befänden wir uns alle noch auf dem Niveau der Neandertaler - sondern Fortschritt in der Lebensqualität ist erstrebenswert. Mit Hilfe dieser Überlegungen, wird "Generationengerechtigkeit" wie folgt definiert: Generationengerechtigkeit ist erreicht, wenn die Angehörigen der heutigen Generation A den Angehörigen der nächsten Generation B die Möglichkeit geben, sich ihre Bedürfnisse mindestens im gleichen Ausmaß wie A zu erfüllen. Die Antwort auf die dritte und wichtigste Hypothese der Studie (Legitimität von Bevölkerungspolitik) lautet: Es kommt darauf an. Zunächst wird geprüft, ob überhaupt irgendeine Art von Bevölkerungspolitik ethisch vertretbar sein kann. Staaten haben das Wohl ihrer Bürger zu fördern. Dazu kann auch gehören, dass demokratische Staaten demografische Zielgrößen haben bzw. Stellungnahmen (z.B. in dem Sinne, dass die Geburtenrate des eigenen Landes zu hoch oder zu niedrig ist) abgeben. Bevölkerungspolitische Ziele sind also nicht generell unethisch. Das Spektrum möglicher geburtenpolitischer Maßnahmen reicht von einer Vergrößerung der Optionen bis hin zum Zwang. Um diese Einteilung greifbarer zu machen, wurde die wohl umstrittenste und zugleich am besten untersuchte Bevölkerungspolitik der Welt - die chinesische - im Detail dargestellt. Dieses Beispiel zeigt, dass in der Praxis keine Idealtypen, sondern Mischformen vorherrschen. Ein Staat darf in jedem Fall durch indirekte Maßnahmen (Verbesserung der Gesundheitsvorsorge, der Bildungschancen von Frauen und der verbesserten Aufklärung) seine demografischen Ziele anstreben. Es ist ihm erlaubt, dabei die quantitative Deckung des "ungedeckten Bedarfs" an Kontrazeptiva in einen integrierten Ansatz einzubinden. Diese Erkenntnis bestimmt seit der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo 1994 die bevölkerungspolitische Debatte. Im Rahmen direkter Maßnahmen sind finanzielle Steuerungsmechanismen dann legitim, wenn sie der Vier-Fünftel-Regel folgen. Das heißt: Der Staat muss sicherstellen, dass durch seine Geburtenpolitik keiner seiner Bürger, der eine vom Staat als "unerwünscht" angesehene Kinderzahl wählt, dadurch mehr als ein Fünftel seines Einkommens verliert im Vergleich zu einer Wahl der vom Staat als "ideal" angesehenen und entsprechend ökonomisch geförderten Kinderzahl. Rationierungspolitik ist generell als unethisch einzustufen. So wie in Bezug auf Gebiete in anderen Teilen der Welt die Kausalität zwischen zunehmender Bevölkerungsdichte und Artenverlust gilt, so gilt diese Beziehung auch für Deutschland. Eine quantitative Prognose - etwa dass bei einer Senkung der Bevölkerungsdichte um 10 Prozent die Bestände der Tierarten im gleichen Gebiet im Durchschnitt um 10 Prozent steigen - wäre allerdings unseriös. ; Are population growth and the death of species really connected to each other? Can politics and programs influence population growth? And can they do it without infringing the fundamental right of individuals and couples for independent reproductive decisions? These are the questions of this study, with a main emphasis to the latter question. In the first part of this study, the first hypothesis about the interactions between nature and population will be examined. The loss of biodiversity is selected as an example. By using this environmental problem, the connection between population growth, population density and destruction of nature can clearly be shown. The complex relation between changes in population and changes in nature is further explained by a case study. It follows a description of the theory behind this relation: carrying capacity theory, Environmental-Kuznets-curve und PAT-formula. The outcome: The first hypothesis is confirmed. There is a strong connection between population growth and loss of biodiversity. Even if there is no monocausal relation between the two, population growth is a key driver for this ecological problem, probably more than for other ecological problems. The development of a theory of intertemporal generational justice is the theme of the second main part. First the different possible definitions and concepts of "generation" are pointed out. The word has at least four different meanings. In the following part a definition of intergenerational justice is drafted. Concerning the principles discussed in the context of intragenerational justice one of them has explicitly shown to be true: What is equal is to be treated equally, what is unequal is to be treated according to its character. Generations are composed by individuals each one owning the same human dignity. Prime facie all generations are equal to each another. In the face of this considerations generational justice is defined as following: Generational justice is accomplished if the individuals of the present generation A allow the individuals of the future generation B to have the possibilities to fulfil their needs at least in the same amount as the individuals of the generation A have today. The answer to the third and most important hypothesis of the work about the ethical legitimisation of population policies is: It depends. First of all it must be checked if any kind of population policy can be legitimised. Only if yes, it must be examined to which methods that applies. The government has to improve the well-being of its people. In this context a democratic state can have demographic targets and certain attitudes concerning the right number of birth rate. Therefore population policy itself is not generally unethical. The spectrum of birth policy methods reaches out from an enlargement of options to a restriction. The example of the Chinese population policy shows that in practice there are no pure "one type" population policies but only hybrid forms. A government is absolutely allowed to accomplish their goals by indirect means. The quantitative coverage of the "unmet need" of contraceptives in a comprehensive approach to improve health prevention needs to be connected with an improvement of educational opportunities (especially for women) and of their reproductive health. This insight dominates the debate about population policies since the International Conference on Population and Development in Cairo 1994. Financial steering mechanisms can be legitimised, if they follow the four-fifth-rule. That is: The government should assure that through its birth policy people who have a number of children not favoured by the state, do not have a financial disadvantage of more than a fifth in their income compared to their situation if they chose having an "optimal" and most supported number of children. The policy of rationing in general is considered as unethical. In the aging rich countries more and more governments argue for a pronatalistic policy. The projected decline in population until the year 2050 is cause for concern to the elite. Lately, the demographic change is not only considered as fatal for the wealth and for foreign politics but also as not generational just. Here - in contrast to the ecological debate - a decline in population is considered as a disadvantage for future generations not for ecological but for economic reasons. The demographic shrinking of the rich countries is not easy to call either "generational just" or "generational unjust". It is ambivalent. The process of shrinking offers great potential for fewer ground sealings, enlarged nature protection areas and therefore a reduced "red list" of endangered local animals and plants. This can be judged positively in terms of ecological generational justice.
Die Kirche in Lateinamerika hat für die Profilbildung wissenschaftlicher Theologie im 20. Jahrhun-dert eine Reihe von theoretischen Entwürfen vorgelegt, die für die Programmatik der Theologie ins-gesamt grundlegend und richtungweisend sind. In der europäischen Rezeption wird jedoch zu wenig beachtet, dass sich hinter dem Sammelbegriff "Theologie der Befreiung" eine Reihe sehr differenzier-ter Konzeptionen verbergen, die in je unterschiedlichen kulturellen Kontexten die Evangelisierung thematisieren. Der Fokus der vorliegenden Arbeit richtet sich auf die andine Region Nordperus und insbesondere die Diözese Cajamarca unter der Amtszeit des Bischofs José Dammert Bellido (1962-1992). Die vorliegende Arbeit von Wilhelm Knecht ist im Rahmen eines Gesamtprojekts "Partner-schaftsarbeit der Kirche in Deutschland und in Peru. 30 Jahre Pastoral in Cajamarca", das von 1997-1999 von den Bistümern Bamberg, Eichstätt und Würzburg und anschließend bis 2002 von der DFG gefördert wurde, entstanden. Ziel dieses Projekts war es, die wechselseitige Bedeutung von Partner-schaften zwischen Deutschland und Peru exemplarisch herauszuarbeiten, ihre Entstehungsgeschichte nach dem Konzil zu dokumentieren und die Veränderungsprozesse zu analysieren. Einschneidende Zäsur war hierbei der altersbedingte Amtsrücktritt von Bischof Dammert 1992 und die theologische und kirchliche Neuorientierung seines Nachfolgers. Literarische Grundlage der vorliegenden Arbeit ist neben den vor allem kirchengeschichtlichen Publikationen Bischofs Dammerts, umfangreiches unveröffentlichtes Archivmaterial sowie von Knecht durchgeführte Umfragen. Der wissenschaftliche Anspruch dieser Arbeit und deren Bedeutung besteht darin, dass sie eine au-thentische Dokumentation des kirchlichen Aufbruchs in Lateinamerika seit 1962 ist. Sie dokumentiert einen Prozess der Befreiung und der danach folgenden Theologie der Befreiung. Dies wird am kon-kreten Beispiel einer Diözese gezeigt – ausgehend von der Praxis und den handelnden Personen. Kapitel II "Cajamarca – eine Diözese in den Anden" erstellt eine Situationsanalyse des Bistums Ca-jamarca unter Einbeziehung geografischer, historischer, politischer, ökonomischer und kirchlichen Gegebenheiten. Kapitel III "Der Glaube und die Kultur der Menschen von Cajamarca" behandelt die andine vorchrist-liche Kosmovision, deren fundamentales Charakteristikum die Relationalität aller Wirklichkeit bildet, in die auch der Mensch eingebunden ist. Volksreligiosität und andine Kosmovision konnten zur Legi-timierung politischer und kirchlicher Herrschaft dienen und sich wechselseitig stützen. Kapitel IV behandelt "Die soziale und pastorale Arbeit von Bischof Dammert". Dammert steht exem-plarisch für die kirchliche Erneuerung in Peru und Lateinamerika nach dem Konzil überhaupt. Er war maßgebend an der Konferenz von Medellín beteiligt und Präsident der peruanischen Bischofskonfe-renz. Kapitel V "Das Evangelium der Campesinos von Bambamarca" behandelt die Umsetzung des neuen Pastoralkonzepts in der Pfarrei San Carlos de Bambamarca. Sie hatte Vorbildfunktion und war das Vorzeigeprojekt der Diözese. Erstmals seit 400 Jahren lag der Schwerpunkt pastoraler Tätigkeit bei der einheimischen Landbevölkerung, die von den Kolonialherren und ihren Nachfahren seit eh und je vernachlässigt war. Der erste Pastoralkurs 1963 ist der Beginn einer Befreiungsgeschichte. Die Neu-evangelisierung verändert das soziale Ordnung der Campesinos, den Umgang der Generationen und nicht zuletzt auch das Verhältnis der Geschlechter. Publizistisch findet dieser Aufbruch in der Zeitung "El Despertar de los Campesinos". International Aufsehen erregte das von den Campesinos verfasste Glaubensbuch "Vamos Caminando". Eine weite-re Neuerung stellt die Institution der Ronda dar, die sich zu einer Instanz demokratischer Selbstver-waltung der Comunidad entwickelte. Die vorliegende Dissertation von Knecht wird ihrer Zielsetzung, eine authentische Dokumentation der nachkonziliaren Neuevangelisierung in der Diözese Cajamarca zu leisten, in hervorragendem Maße gerecht. Die aufgeführten Detailinformationen sind äußerst umfangreich und belegen sachhaltig und kenntnisreich die Tragweite des Pastoralkonzepts von Bischof Dammert. Dessen Bedeutung wird nicht zuletzt dadurch belegt, dass Gustavo Gutiérrez diese befreiende Pastoral vor Augen hatte, als er die "Theologie der Befreiung" verfasste. Knecht gelingt es hervorragend, die Differenz zwischen der ersten und zweiten Evangelisierung anschaulich zu beschreiben. Die Vielfältigkeit des von ihm he-rangezogenen Materials ist beeindruckend. Hier wird insgesamt das spezifische Profil einer auf andi-ner Grundlage verfassten Ortskirche zur Sprache gebracht. Die kirchengeschichtliche Bedeutung Bi-schof Dammerts nicht nur für Peru, sondern für ganz Lateinamerika ist eindrucksvoll dargelegt. Die von Knecht hervorgehobene eigenständige Praxis der andinen Basisgemeinschaften ist in dieser Aus-führlichkeit bisher nicht behandelt worden. ; The church in Latin America submitted a set of theoretical drafts for the profile formation of scientific theology in the 20th century, which are fundamental and indicative for the programmability of theology as a whole. In the European reception, however, it is barely considered that behind the comprehensive term "theology of liberation" a number of very differentiated conceptions hide, which make the evangelization a subject of discussion in particularly different cultural contexts. The focus of this dissertation is directed towards the andine region of North Peru and in particular the diocese Cajamarca at the office of bishop José Dammert Bellido (1962-1992). The present work of Wilhelm Knecht was developped in the context of an overall project "partnership of the church in Germany and in Peru - 30 years Pastoral in Cajamarca", which was promoted from 1997-1999 by the dioceses Bamberg, Eichstätt and Würzburg and afterwards until 2002 by the DFG. The goal of this project was the exemplary work-out of the mutual meaning of partnerships between Germany and Peru, the documentation of their history after the council and the analyzation of the processes of changes. A drastic break was here the age-related office resignation of bishop Dammert in 1992 and his successor's theological and clerical re-orientation. The literary basis of the present work, besides the clerical -historical publications of bishop Dammert, is an extensive unpublished archives material, particularly from Dammert's blank archive at the Instituto Bartolomé de las Casas in Lima, as well as inquiries accomplished by Knecht. The scientific requirement of this work and its meaning consist of the fact that it is an authentic documentation of the clerical departure in Latin America since 1962. It documents a process of liberation and the following theology of liberation. This is shown by the concrete example of a diocese - on the basis of practice and the acting persons. Chapter II "Cajamarca - a diocese in the Andes" provides a situation analysis of the diocese Cajamarca created in 1908 including geographical, historical, political, economic and clerical conditions. Chapter III "The faith and the culture of the people of Cajamarca" treats the andine pre-christian cosmovision, whose fundamental characteristic forms the relationality of all reality, into which also the man is merged. Popular religiosity and andine cosmovision could serve to legitimate political and clerical rule and they could support themselves mutually. Chapter IV treats "The social and pastoral work of bishop Dammert". He was the charismatic figure of the second evangelization in Cajamarca. Dammert, however, stands also exemplary for the clerical renewal in Peru and Latin America after the council at all. He was considerably involved in the conference of Medellín and he was president of the Peruvian bishop conference Chapter V "The gospel of the Campesinos of Bambamarca" treats the conversion of the new pastoral concept in the parish San Carlos de Bambamarca. It had an example function and was the pilot project of the diocese. For the first time for 400 years the emphasis of pastoral activity has been focused on the native Campesinos, who have always been neclected by the conquistadors and their descendants. The first pastoral class in 1963 was the beginning of a liberation history. The re-evangelization changed the social order of the Campesinos. This departure can be found journalistically in the newspaper "El Despertar de los Campesinos". The faith book "Vamos Caminando" written by the Campesinos made internationally a great stir. A further innovation represented the institution of the Ronda. The present dissertation of Knecht fulfils its objective to accomplish an authentic documentation of the post-council re-evangelization in the diocese Cajamarca in an excellent way. The specified detailed informations are extremely extensive and they prove objectively and experienced the consequence of the pastoral concept by bishop Dammert. His importance is not proven at least by the fact that Gustavo Gutiérrez took this liberating pastoral as the basis for his work "The theology of liberation". Knecht succeeds brilliantly to describe descriptively the difference between the first and second evangelization. The variety of the material he consulted is impressing. In spite of a clear positioning, the difficulties and conflicts are also focussed. The clerical-historical meaning of bishop Dammert not only for Peru, but for completely Latin America is impressively stated. The independent practice of the andine basis communities emphasized by Knecht was so far not treated in this detailedness.
Ziele und Befunde der Arbeit Das durchgeführte Forschungsvorhaben zeigt durch einen holistischen, gleichzeitig politikwissenschaftlichen wie auch historischen Ansatz Folgendes: Nämlich, warum und wie das liberale, regelbasierte Weltordnungssystem im Untersuchungsraum der US-Präsidentschaften von Clinton bis Obama kontinuierlich durch ein System der realistischen, kurzfristig wirkenden Durchsetzung vitaler Interessen mittels militärischer Instrumentenpräferenz unter fortlaufender militärischer Optimierung ergänzt bzw. ersetzt wird. Dies erklärt auch, warum die "transaktionale Führung Trumps"(1), die nach dem Untersuchungsraum von 1993 bis 2017 mit Außenwirkung die Reduktion idealistischer "Grand Strategy"-Elemente bzw. wohlwollender Ordnungsmacht unter Kostenabwälzung und Vorteilsverringerung europäischer Nato-Verbündeter vornimmt, in Kontinuität zur ausgeübten Führungsmacht der Amtsvorgänger steht. Ergebnisse dieser Dissertation wie die sich ab 1993 immer nachdrücklicher abzeichnende Auflösung der multilateralen Grundordnung legen damit nahe, Trumps bisherige Außen- und Sicherheitspolitik als deutlich spürbares Krisensymptom und nicht als Ursache dieses Abbaus der nach 1945 eingerichteten Weltordnung einzustufen. Diese Auflösung ist mit einer Erosion des letztlich transatlantisch angestoßenen bipolaren "amerikanischen Systems" gleichzusetzen. Die Implementierung dieses Systems erfolgte als "Lernstunde zweier Weltkriege" auf Basis der mit der Aufklärung und den amerikanischen Gründungskennziffern eingeleiteten neuzeitlichen Ordnungskonzeptionen: Daher ist diese Auflösung auch ein Indikator für das Scheitern neuzeitlicher Ordnungskennziffern, die sich im "American way of life" entfalten konnten. Als ursächlich für die geschilderte Entwicklung wird eine von Clinton bis Obama konstant ansteigende Gesamtbedrohung nachgewiesen, mit der die konsequente Schwächung amerikanischer Vormacht verknüpft ist. Diese fußt u.a. auf der Basis von seit 1979 postulierten Klimawandeleffekten als Bedrohungsverstärker bei erreichter amerikanischer Förderspitze in fossilen Rohstoffen und ansteigendem Ressourcenbedarf im Kontext schrumpfender Rohstoffvorkommen. Weiter sind für den Untersuchungsraum die zunehmende Einwirkung der in den 1980er Jahren begonnenen "US-Konservativen Revolution" auf die Ausübung der Außen- und Sicherheitspolitik unter Einflusszugewinn von Konzernen und Lobbygruppen auf beispielsweise policy-Implementierung sowie die neuen Rahmenbedingungen zu addieren. Darunter fallen die sich ausformende Digitalisierung, die hohen Ressourcenverbrauch mit sich bringt, und die ansteigende Weltbevölkerung unter spezifischen demographischen Vorzeichen. Darüber hinaus sind beispielsweise die Beibehaltung des bipolar angewachsenen Rüstungssektors als ökonomische Basis militärischer Vormacht und das langsame Abbröckeln der Dollar-Hegemonie seit etwa 1973 zu berücksichtigen. Durch komplexes Zusammenspiel von "Grand Strategy"-Umsetzung gemäß der Prämisse amerikanischen Führungsmachtausbaus unter neokonservativem bzw. christlich-rechtem Einfluss mit asymmetrischen sowie reaktivierten konventionellen Bedrohungsgegenständen, Bedrohungsverstärkern und neuen Rahmenbedingungen wird der lineare Verlauf der Gesamtbedrohung im Zeitraum von 1993 bis 2017 verständlich: Im Kontext der "Grand Strategy"-Ausführungen erklären insbesondere das Bedrohungsabwehr-, Bedrohungsverstärker- und Marktwirtschaftsverständnis der US-Far Right in komplexer Wechselwirkung mit erstarkenden transnationalen Konzernen, Lobbygruppen, Individuen(2), informellen Netzwerken und staatlichen Akteuren in Bezug auf Bedrohungsgegenstände sowie Bedrohungsverstärker(3) im Zusammenhang mit der post-bipolaren, globalen Verankerung amerikanischer Wirtschafts- und Konsummuster das Folgende: Nämlich die Anpassung der amerikanischen Bedrohungsabwehr - unter Aufbau der "imperial presidency"(4) bzw. Einhegung des Systems von "checks and balances" - samt deren Implikationen auf das bipolare liberale Ordnungssystem. Sodann wird die notwendige Weiterführung in der Nato durch amerikanisch aufgeworfenen Nato-Umbau zur entsprechenden Umsetzung transformierter amerikanischer Bedrohungsabwehr bzw. Legitimierung der systemischen Anpassung begreifbar. Genauso wird nachvollziehbar, dass die so eingerichtete Bedrohungsabwehr nur kurzfristig abwehrt: Stattdessen verstärkt sie asymmetrische und konventionelle Bedrohung wie auch Bedrohungsverstärker - unter Einleitung von Rüstungsspiralen bzw. Demontierung der Rüstungskontrolle - und damit die Gesamtbedrohung. Dies lässt einen Konfliktausbruch jenseits des bisher Vorstellbaren konstant näher rücken. Gleichzeitig ist der dringende Bedarf an Mobilisierung der transatlantischen Zusammenarbeit im Hinblick auf Förderung der globalen Kooperation staatlicher, aber auch nichtstaatlicher Akteure hinsichtlich der Bedrohungswurzeln samt der sich verschlechternden Voraussetzungen illustriert: Denn mit jedem Anstieg der Gesamtbedrohung ist durch die eingeleitete amerikanische sicherheitspolitische Anpassung und deren Weiterführung in der Nato ein Abbau der regelbasierten Basiskennziffern im Untersuchungsraum verknüpft. Dies reduziert in fortlaufender Konsequenz die Grundlage für oben genannte, konstant zentraler werdende Zusammenarbeit, um eine sukzessive Erosion des bipolaren "amerikanischen Systems" unter künftigen Dystopien zu verhindern bzw. zumindest zu begrenzen. Durch die Forschungsergebnisse wird der bisherige Forschungsstand auf den Kopf gestellt, da so beispielsweise gezeigt werden kann, dass mittels der Transformation der Nato keine gleichberechtigte transatlantische Lastenteilung oder eine Weiterentwicklung der Nato gemäß der Nato-Gründungskennziffern erzeugt wird. Dies gilt auch für den europäischen Widerstand gegenüber der tatsächlichen Verankerung der Natotransformationspositionen(5), der auf die Erosion des bipolaren liberalen Ordnungssystems bzw. der US-Vorteilsgewährung sowie so begünstigter Partikularinteressensicherung abhebt. Außerdem wird deutlich, dass eine Kontinuitätslinie in der Bedrohungsabwehr von Clinton bis Obama unter unterschiedlicher Außenwirkung und dem Grundmuster "Battleship America" vorliegt - und eben nicht eine multilateral ausgerichtete Außen- und Sicherheitspolitik unter Clinton, die als Folge von 9/11 in einen unilateralen Pendelausschlag unter G. W. Bush 43 mündet, der durch die Obama-Administration wieder zurückgenommen wird. Die Arbeit basiert auf einer umfassenden Fülle an Literatur, die das aufwendige Literaturverzeichnis widerspiegelt: Darunter fallen vielfältige amerikanische und europäische Publikationen, Monographien und entsprechende Sekundärliteratur, wie Biographien, Veröffentlichungen unterschiedlichster Natur wichtiger Vertreter der transatlantischen Forschungselite, Akteure der entsprechenden Politikplanung und -ausführung und wissenschaftliche Artikel aus Fachzeitschriften zu allen Forschungsbereichen bzw. politikwissenschaftlicher Methodik und Theorie. Weiter wurden u.a. Veröffentlichungen bzw. relevante Dokumente von Regierungen, Außenministerien, Verteidigungsministerien, Regierungsorganen, Denkfabriken, universitären Forschungszentren sowie der Nato verwendet. Struktur der Arbeit Konkret ist die vorliegende Dissertation in zwei Bände sowie einen Anhangsband unterteilt: Band 1 umfasst Schwerpunkt 1, eine Prozessanalyse unter offensiver neorealistischer Verortung, Band 2 den darauf aufbauenden Schwerpunkt 2, einen Vergleich ("structured focussed comparison") unter defensiver neorealistischer Verortung. Im Anhangsband finden sich ergänzende Ausführungen zu Kapitel 1, Band 1 in Bezug auf den Forschungsstand, Literatur und Quellenlage, theoretische Verortung sowie Wahl des Untersuchungsraumes bzw. ausgewählter europäischer Nato-Partner. Weiter sind ein historisches Kapitel als Voraussetzung zum "process-tracing" in Kapitel 2, Band 1 und ein Abbildungs- und Abkürzungsverzeichnis wie auch ein Literaturverzeichnis enthalten. Insgesamt ermitteln die beiden aufeinander aufbauenden Schwerpunkte mittels qualitativer Methoden das Folgende: Nämlich die übergeordnete amerikanische sicherheitspolitische Reaktion auf eine neue Gesamtbedrohung sowie deren Weiterführung und Legitimierungschance in der Nato im Untersuchungsraum von Clinton bis Obama. Auf Basis des ersten Teils der Hypothese wird in Schwerpunkt 1, Band 1 ein Zusammenhang zwischen der Beibehaltung des bipolaren "US-Grand Strategy"-Ziels amerikanischer Führungs- und Ordnungsmacht sowie bipolarer außenpolitischer "Grand Strategy"-Kennziffern bzw. einer sich komplex entwickelnden neuen Gesamtbedrohung, amerikanischer sicherheitspolitischer Anpassung und der notwendigen Weiterführung in der Nato durch Natotransformation mittels amerikanisch aufgeworfener Natotransformationspositionen hergestellt. In Schwerpunkt 2, Band 2 wird auf Basis des zweiten Teils der Hypothese der transatlantische Aushandlungsprozess zur Etablierung der amerikanisch vorgeschlagenen Natotransformationspositionen in Augenschein genommen: Vor diesem Hintergrund wird überprüft, ob diese tatsächliche Verankerung bzw. Konkretisierung des Ausbaus amerikanischen Vormacht am Widerstand der ausgewählten europäischen Nato-Bündnispartner Frankreich, Deutschland und Großbritannien scheitert. Im Gesamtergebnis zeigt sich, dass aufgrund einer sich entwickelnden komplexen, linear ansteigenden Gesamtbedrohung die Chance zum Ausbau amerikanischer Führungsmacht konstant abnimmt. Dies muss mittels amerikanischer sicherheitspolitischer Anpassung kompensiert werden. Die daher erfolgende amerikanische sicherheitspolitische Neuausrichtung auf Basis der eingeleiteten "Revolution im Militärwesen" modifiziert wiederum die Kennziffern bipolarer kollektiver Sicherheitsgewährleistung. Alles wird mittels tatsächlicher Verankerung der amerikanischen Natotransformationspositionen ermöglicht bzw. legitimiert. Das tatsächliche Erreichen der - die sicherheitspolitische amerikanische Anpassung konsequent weiterführenden - Transformation der Nato ermöglicht eine missionsorientierte, reaktionsbeschleunigende, flexible und globale Sicherheitsprojektion. Außerdem ist die Voraussetzung für "alliances of choice" innerhalb der Nato geschaffen. Weiter zementiert die Modifikation der "bipolaren Nato" die mittels sicherheitspolitischer amerikanischer Anpassung eingeleitete Erosion zentraler zivilisatorischer Errungenschaften bzw. Aufgaben bipolarer kollektiver Sicherheitsgewährleistung unter Vorteilsverringerung europäischer Nato-Bündnispartner. Die tatsächliche Verankerung der Natotransformationspositionen erfolgt mittels der Reaktivierung konventioneller Bedrohung im Kontext der Ukraine-Krise von 2014 und der Erweiterung der Nato-Partnerschaftsringe auf globaler Ebene, ohne diesen den Status eines Nato-Mitgliedsstaates zu gewähren. Damit wird der Bündnisfall nicht globalisiert. Der ausgeübte deutsch-französische Widerstand wird besonders intensiv durch den Einbezug der europäischen Gründungsstaaten befördert, dagegen unterbleibt die Ausbildung einer europäischen Führungstroika durch Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Darüber hinaus zeigt insbesondere die entsprechende Ursachenermittlung, dass trotz konstanter, aufeinander aufbauender amerikanischer sicherheitspolitischer Reaktion unter unterschiedlicher Außenwirkung sowie tatsächlicher Weiterführung in der Nato die Gesamtbedrohung nicht langfristig abgebremst wird: Dies führt zu einem konstanten Anstieg der Gesamtbedrohung unter fortlaufendem Einflussverlust staatlicher Akteure bzw. Machtdiffusion und -konzentration samt einer sukzessiven Chancenerhöhung reaktivierter konventioneller, nuklearer, Cyber- und ökologischer Zerstörungsszenarien. Auf dieser Basis entsteht die Konsequenz einer immer umfassenderen und die Reaktion beschleunigende Präzisionsabwehr unter ansteigender Versicherheitlichung, um die kontinuierliche Einengung amerikanischer Vormacht auszugleichen. Dies erzeugt im Fortlauf einen konstanten Abbau der Strahlungs- und Schlagkraft des liberalen, regelbasierten, bipolaren "amerikanischen Systems" sowie der Etablierung "idealistischer, liberaler" "Grand Strategy"-Elemente. Weiter ist damit - auf der Grundlage der aufeinander aufbauenden Natotransformationspositionen sowie Obamas "smart power"(6) im Untersuchungsraum - eine zunehmende Vorteilsverringerung der europäischen Nato-Verbündeten bzw. ein ansteigender Bedarf an US-Kostendämpfung verquickt. Zudem entwickelt sich eine immer geringer werdende Chance zur Entfaltung des postbipolar als "nicht verhandelbar" postulierten und global ausgebreiteten amerikanischen Lebensentwurfes in individueller, innerstaatlicher Ausprägung: Deren Artikulation erfolgt beispielsweise mittels zunehmendem Rechtspopulismus, Wahl von Außenseiterkandidaten, Zerfall traditioneller Parteiensysteme, isolationistischen Tendenzen unter ethnischer, regionaler Erstarkung, und Ablehnung von Supranationalität oder religiösem Fundamentalismus. Gleichzeitig ist die fortlaufende Erosion der globalen öffentlichen Güter identifizierbar. Damit ebnet all das oben Genannte den Boden für die Begrenzung amerikanischer wohlwollender Ordnungsmacht bzw. der Handlungsspielräume staatlicher Akteure - und für die Rückkehr zu klassischer Machtpolitik im Kontext entstandener Machtdiffusion bzw. -konzentration. Dies erschwert angesichts der Dringlichkeit einer langfristigen Eindämmung asymmetrischer bzw. konventioneller Sicherheitsbedrohungsgegenstände, -verstärker, -cluster und globalen Rahmenbedingungen folgende Chance: Nämlich die zu transatlantischer Zusammenarbeit in der Nato unter Wiederbelebung der politischen Organisation derselben sowie Erweiterung auf zusätzliche Ebenen und Akteure im Sinne von Vorbeugung bzw. vernetzter Sicherheit zur Erreichung entsprechender globaler Kooperation in Bezug auf Einhegen der Bedrohungswurzeln. Insgesamt wird durch diese Forschungsarbeit transparent, wie und warum die für den Untersuchungsraum von 1993 bis 2017 antizipierte "Friedensdividende" und das durch Präsident Clinton postulierte "age of hope" kaum spürbar wurden. Fußnoten (1) Vgl. Braml, Josef (2018), Trumps transaktionaler Transatlantizismus, in: Jäger, Thomas (Hrsg.), Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik, Oktober 2018, Volume 11, Ausgabe 4, S. 439-448, Wiesbaden. (2) Vgl. National Intelligence Council (Hrsg.) (2012), Global Trends 2013: Alternative Worlds (NIC 2012-001), https://publicintelligence.net/global-trends-2030/, letzter Zugriff: 12.04.19. Vgl. dazu auch das "international financial leadership, self-selected at Davos" bei McCoy, Alfred W. (2017), In the Shadows of the American Century. The Rise and Decline of US Global Power, Chicago. (3) Vgl. zu Bedrohungsverstärkern beispielsweise Mazo, Jeffrey (2010), Climate Conflict. How global warming threatens security and what to do about it, London, Abingdon. 1990 wurde bereits in Bezug auf den Bedrohungsverstärker Klimawandel für die entstehenden asymmetrischen bzw. konventionellen Bedrohungsgegenstände komplexe Cluster konstatiert: "Over the next half century, the global average temperature may increase by approximately 4 degrees C. (…) All nations will be affected. (…) How much time will there be to confirm the amount of change and then to act? (…) However, many believe that we will have waited too lang to avoid major dislocation, hardship and conflict - on a scale not as yet seen by man". Vgl. Kelley, Terry P. (1990), Global Climate Change. Implications For The United States Navy (The United States Naval War College, Newport, RI), http://documents.theblackvault.com/documents/weather/climatechange/globalclimatechange-navy.pdf, letzter Zugriff: 30.03.19. Dies lässt Hinweise auf die sich entwickelnde, konstant ansteigende Gesamtbedrohung im Untersuchungsraum von 1993-2017 zu. (4) Vgl. Schlesinger, Arthur M., Jr. (1973), The Imperial Presidency, Boston. (5) Die amerikanisch vorgeschlagenen Positionen zur Anpassung der Nato, die Nato Response Force sowie die Global Partnership Initiative, werden als "Natotransformationspositionen" bezeichnet: Mit deren tatsächlicher Etablierung war eine Transformation der Nato in konsequenter Weiterführung amerikanisch erfolgter sicherheitspolitischer Anpassung verknüpft. (6) Smart power geht auf Suzanne Nossel, Mitarbeiterin des UN-Botschafters Holbrooke während der Clinton-Administration, zurück: Vgl. Nossel, Suzanne (2004), Smart Power. Reclaiming Liberal Internationalism, http://www.democracyarsenal.org/SmartPowerFA.pdf, letzter Zugriff: 26.08.17. Weiter wird er Joseph Nye im Jahre 2003 als Reaktion auf die unilaterale Konzentration auf das militärische Instrument der G.W. Bush–Ära zugeschrieben. Vgl. Nye, Joseph S. Jr. (2011), The Future of Power, New York bzw. Nye, Joseph S. Jr. (2011), Macht im 21sten Jahrhundert. Politische Strategien für ein neues Zeitalter, München. Vgl. Rodham Clinton, Hillary (2010), Leading Through Civilan Power. Redefining American Diplomacy and Development, in: Foreign Affairs, November/December 2010, Vol. 89, No.6, S. 13-24. ; Aims and findings of the dissertation The completed research uses holistic, politological and historical approaches to present how, during the studied period of the administrations of Clinton to Obama, the liberal, rule-based world order system is gradually supplemented and replaced by a system of realist imposition of vital interests that have short-term effects, preferring military means combined with continuous military optimisation. This also explains a continuity between the leading-power policy of administrations in this study (1993-2017) and the subsequent period of the "transactional leadership of Trump"(1), with its recognizable, far-reaching effects of aiming to reduce idealistic Grand Strategy elements and measures of a benevolent order by passing on costs to and reducing the benefits of European NATO allies. The results of this dissertation, such as the increasingly evident dissolution of a multilateral fundamental order, therefore indicate that Trump's foreign and security policy to date should be regarded as a clearly noticeable crisis symptom, rather than the cause of a decline in the world order established after 1945. This decline is synonymous with the erosion of the transatlantically initiated bipolar "American system". Its implementation was the result of the "lesson of two world wars", based on modern concepts of order introduced by the Enlightenment and the founding criteria of the United States: thus its dissolution is also an indicator of the failure of contemporary criteria of order that thrive in the "American way of life". The cause of the described development is shown to be a constantly exacerbating overall threat, from Clinton to Obama, which is connected to the consistent erosion of US supremacy. Among other aspects, this is based on climate change effects postulated in 1979, which multiply the threat while coinciding with American peak production of fossil fuels and increased demand on resources in the context of dwindling raw material resources. Furthermore, during the period of this study, the "US conservative revolution", which began in the 1980s, increasingly affected foreign and security policy, combining with a consolidation in the influence of corporations and lobby groups in fields such as policy implementation and new underlying conditions. They include the onset of digitisation, entailing a high consumption of resources, and a growing world population faced with specific demographic indicators. Additionally, the maintenance of the armaments sector, originally a result of bipolar development, as the economic basis of military supremacy and the slow decline of the Dollar hegemony since around 1973, should also be taken into account. Complex interaction between Grand Strategy implementation according to the premise of expanding US-American dominance under neoconservative and Christian Right-wing influences, as well as asymmetrical and reactivated conventional security threats and threat multipliers clearly indicate the linear development of the overall threat in the period between 1993 and 2017: in the context of Grand Strategy statements, above all the understanding of defence against this threat, of the latter's multiplying factors and the market economy explains the following with respect to the US far-right in a complex interaction with the growth of transnational corporations, lobby groups, individuals(2), informal networks and state actors with respect to objects of threat and threat multipliers(3) in connection with the post-bipolar, global anchoring of US economic and consumer patterns: US adaptation of its reaction to this threat – while consolidating imperial presidency(4) and weakening the system of checks and balances – including its implications of a bipolar liberal order. In this way, the necessary continued leadership within NATO through the US-proposed NATO reform can be seen as an appropriate implementation of transformed threat-reaction measures and the legitimisation of systemic adaptation. It equally becomes clear that the established threat reaction measures only provide a short-term defence: instead, they enhance the asymmetric and conventional threat, as well as threat multipliers – by introducing arms races and breaking down arms control – thereby heightening the overall threat. The consequence is the consistently growing likelihood of a conflict of hitherto unimaginable proportions. At the same time, the urgent need to mobilise transatlantic cooperation with respect to supporting global cooperation between state and non-government actors is illustrated with respect to the roots of the threat and its deteriorating underlying conditions: each increase in the overall threat, the adapted US security policy and its continuation in NATO is connected to an erosion of rule-based underlying criteria during the studied period. This continuously and consistently undermines the basis of the above-stated, ever-increasingly important cooperation, to prevent or at least limit the successive erosion of the bipolar "American system" under future dystopias. The research results completely overturn the state of research to date, since for instance it is possible to show that, by means of NATO transformation findings, no transatlantic sharing of burdens on an equal footing and no NATO reform in accordance with its founding principles can be achieved. The same also applies to European opposition to the actual anchoring of NATO transformation positions(5), which is based on the erosion of the bipolar liberal order system and the maintenance of US advantages as well as the consolidation of particular interests they facilitate. Furthermore, it is apparent that a line of continuity in the threat-reaction measures from Clinton to Obama exists with varying external effects, along with an underlying pattern of "Battleship America" – as opposed to a multilaterally orientated foreign and security policy under Clinton, which merged into a unilateral, radical swing under G. W. Bush 43 following 9/11, but was reverted by the Obama administration. A comprehensive wealth of literature was used of the doctoral thesis, as reflected by the extensive bibliography: they firstly include diverse American and European publications, monographs and relevant secondary literature, including biographies, publications of various kinds of important political planning and implementation, as well as collected volumes and research articles from specialist journals on all fields of research and politological methodology and theory. The same applies to publications by leading European and American institutions, research centres and think tanks. Furthermore, this author used publications and documents by governments, foreign ministries, defence ministries, other government bodies and Nato. Dissertation structure This dissertation is divided into two volumes and one Appendix: Volume 1 discusses Focus 1, namely a process-tracing in the context of offensive neorealist positioning. Volume 2 presents Focus 2, which is based on the preceding focus in making a structured, focussed comparison in the context of defensive neorealist positioning. The Appendix volume contains further discussion of Chapter 1, Volume 1 with respect to the state of research, literature and sources, theoretical positioning and the choice of the region of study and selected European NATO partners. Furthermore, a historical chapter provides underlying information for process-tracing in Chapter 2, Volume 1, an index of images and abbreviations, and a bibliography. The entire dissertation uses qualitative methods to focus on these two mutually supporting, building on each other, themes to investigate the following from a US-perspective: firstly the overriding US security-policy reaction to a new overall threat and secondly, its continuation combined with the opportunity of for enabling and legitimising it within and through NATO during the studied period from Clinton to Obama. Based on the first part of this hypothesis, Focus 1 (Volume 1) establishes a connection between, on the one hand, maintaining the bipolar Grand Strategy target of consolidating the USA as a leading, regulating power, bipolar foreign-policy Grand Strategy indicators and a new overall threat that is developing in a complex way, and, on the other, the necessity of its continued leadership within NATO and the required NATO transformation according to US-proposed NATO transformation positions. Focus 2 (Volume 2) is based on the second part of the hypothesis, investigating the transatlantic negotiation process to establish these US-proposed NATO transformation positions: in this context, Volume 2 investigates whether the attempt to actually secure and consolidate such US supremacy was unsuccessful in the face of resistance from selected European NATO partners, namely France, Germany and the United Kingdom. The overall result shows that due to a complex, developing, linear increase in the overall threat, the chance for the USA to consolidate its status as a leading power is steadily diminishing. This must be compensated by adapting US security policy. The resulting American security-policy realignment based on the initiated "revolution in military affairs" in turn modifies the indicators of bipolar collective security guarantees. Everything is enabled and legitimised by means of actually securing US NATO-transformation positions. The actual implementation of such NATO transformation – representing the consistent adaptation of US security policy – enables a mission-orientated, rapid response, flexible, global security projection. It also creates conditions for "alliances of choice" within NATO. Furthermore, the modification of a "bipolar NATO" exacerbates the erosion of key achievements of civilisation as a result of adapted US security policy, as well as undermining the tasks of bipolar collective security guarantees through diminished benefits to European NATO partners. The actual anchoring of NATO transformation positions is achieved by reactivating the conventional threat in the context of the Ukraine crisis of 2014 and the extension of NATO partnership rings on a global level, without providing them with NATO membership status, thus avoiding globalisation in a mutual defence case. The German and French resistance is particularly intensive through the involvement of European founder states, while the formation of a European leadership triumvirate consisting of France, Germany and the United Kingdom does not take place. Moreover, a relevant investigation of causes particularly shows that despite constant mutually supporting US security reaction measures with varying international effects and actual continued leadership within NATO, the overall threat is not receding: this leads to a constant increase in the overall threat, a loss of influence of state actors, the diffusion and concentration of power and the increased probability of reactive conventional, nuclear, cyber and ecological destruction scenarios. On this basis, the consequence is an increasingly comprehensive and rapidly responding precision defence combined with growing securitization to compensate for the ongoing containment of US supremacy. This developing process steadily diminishes the reach and power of a liberal, rule-based, bipolar "American system" and the establishment of "idealistic, liberal" elements of US-Grand Strategy. This entails a further reduction in benefits for European NATO allies and increasing US cost-cutting demands – based on the successive NATO transformation positions that build on each other and Obama's "smart power"(6) during the period studied in this dissertation. Thus the chance is receding of developing the post-bipolar, globally adopted American way of life with individual national character, which is regarded as "non-negotiable": for instance its articulation is expressed through increasing right-wing populism, the election of outsider-candidates, the dissolution of traditional party systems, isolationist tendencies combined with burgeoning ethnic, regional movements, the rejection of supranationalism, and religious fundamentalism. At the same time, the ongoing erosion of global public goods is apparent. This all paves the way to limiting the benevolent American regulating power and state actors' leverage – and therefore to a return to classic power politics in the context of a resulting diffusion and concentration of power. In view of the urgency of a long-term containment of asymmetrical or conventional threats to security, or aspects that exacerbate such threats or clusters thereof, as well as underlying global conditions, this undermines the ability to achieve the following: to achieve transatlantic cooperation by broadening the range of levels and actors in the spirit of proactive and expanded, networked security to achieve according global cooperation with respect to containing the root causes of threats. Overall, this research work reveals how and why the anticipated "peace dividend" and the notion of an "age of hope", as postulated by President Clinton, were hardly perceptible during the period of study between 1993 and 2017. Notes (1) Cf. Braml, Josef (2018), Trumps transaktionaler Transatlantizismus, in: Jäger, Thomas (Hrsg.), Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik, Oktober 2018, Volume 11, Ausgabe 4, S. 439-448, Wiesbaden. (2) Cf. National Intelligence Council (Ed.) (2012), Global Trends 2013: Alternative Worlds (NIC 2012-001), https://publicintelligence.net/global-trends-2030/, last accessed: 12.04.19. See also the "international financial leadership, self-selected at Davos" cit. McCoy, Alfred W. (2017), In the Shadows of the American Century. The Rise and Decline of US Global Power, Chicago. (3) In 1990, the threat-enhancing nature of climate change was already postulated with respect to asymmetric objects of threat as well as conventional and complex clusters: "Over the next half century, the global average temperature may increase by approximately 4 degrees C. (…) All nations will be affected. (…) How much time will there be to confirm the amount of change and then to act? (…) However, many believe that we will have waited too long to avoid major dislocation, hardship and conflict – on a scale not as yet seen by man". Cf. Kelley, Terry P. (1990), Global Climate Change. Implications For The United States Navy (The United States Naval War College, Newport, RI), http://documents.theblackvault.com/documents/weather/climatechange/globalclimatechange-navy.pdf, last accessed: 30.03.19. Cf. Mazo, Jeffrey (2010), Climate Conflict. How global warming threatens security and what to do about it, London, Abingdon. This supports the thesis of a developing, constant overall threat during the period between 1993 and 2017. (4) Cf. Schlesinger, Arthur M., Jr. (1973), The Imperial Presidency, Boston. (5) In this dissertation, the proposed US positions on NATO adaptation, the NATO Response Force and the Global Partnership Initiative are described as "NATO transformation positions": Their actual establishment was connected to a NATO transformation with the consistent continuation of adapted US security policy. (6) Cf. Nossel, Suzanne (2004), Smart Power. Reclaiming Liberal Internationalism, http://www.democracyarsenal.org/SmartPowerFA.pdf, last accessed: 26.08.17, Nye, Joseph S. Jr. (2011), The Future of Power, New York, Nye, Joseph S. Jr. (2011), Macht im 21sten Jahrhundert. Politische Strategien für ein neues Zeitalter, München, Rodham Clinton, Hillary (2010), Leading Through Civilan Power. Redefining American Diplomacy and Development, in: Foreign Affairs, November/December 2010, Vol. 89, No.6, S. 13-24.
Supplementary material: Tierfutter von einheimischen Wiesen und Feldern - Recherchebericht Nr. 1 zum Forschungsprojekt «Schweizer Futtermittelimporte» https://doi.org/10.5281/zenodo.4572514 Tierfutter aus anderen Ländern (Importe) - Recherchebericht Nr. 2 zum Forschungsprojekt «Schweizer Futtermittelimporte» https://doi.org/10.5281/zenodo.4572534 Soja – das global wichtigste Eiweissfutter für die Tierproduktion - Recherchebericht Nr. 3 zum Forschungsprojekt «Schweizer Futtermittelimporte» https://doi.org/10.5281/zenodo.4572541 Brasilien – Sojaproduzent im Rampenlicht - Recherchebericht Nr. 4 zum Forschungsprojekt «Schweizer Futtermittelimporte» https://doi.org/10.5281/zenodo.4572547 Kalorienverluste durch die Tierproduktion - Recherchebericht Nr. 5 zum Forschungsprojekt «Schweizer Futtermittelimporte» https://doi.org/10.5281/zenodo.4572664 ; The aim of this research project is to demonstrate the many dimensions of importing feedstuff, to clarify the significance of imported feedstuff for animal production in Switzerland, as well as to assess the negative environmental impacts of such importation both within Switzerland and in the countries of origin. In particular, the importance of soy as an element in feedstuff is examined in depth. The analysis is centred around the misleading statement that 84% of the feedstuff in Switzerland comes from 'native meadows and fields'. This percentage is based on the combination of roughage and concentrated feed, two categories of feedstuff that must not be added because they have limited substitutability and are therefore not directly comparable. Roughage is eaten mainly by ruminants. Meat, however, comes primarily from pigs and poultry which are both dependent on concentrated feed. Roughage is almost 100% domestically sourced, while more than 50% of concentrated feed comes from abroad. Protein is particularly scarce: around 70% of the protein in concentrated feed comes from imports (mainly soy). Therefore, if today's feedstuff were not imported, livestock populations would decline significantly, particularly those that are dependent on concentrated feed. According to model calculations, it would be possible to keep 94% of sheep and goats, 85% of cattle, 39% of pigs and 17% of poultry on the basis of domestic feed alone. At 21 kg per capita per year, meat production would be halved in comparison to the present day. Pork would remain the most important type of meat, although it would be over 50% less compared to today. Poultry meat would virtually disappear. However, around 350 kg of milk could still be produced per capita annually. Swiss agriculture specialises in the production of livestock. About 90% of agricultural land is used for animal feed, in addition to the at least 200,000 hectares of arable areas abroad which are used for the cultivation of animal feedstuff for the Swiss market. Soybeans, wheat, corn, etc. grow on these areas. Since the mid-1990s, the importing of feedstuff has increased sharply, most of which is imported from Europe. The most important protein feed which is imported is soy, which, due to public criticism, now tends to increasingly come from Europe. Most of the imported feedstuffs are in direct competition with human foods. This is because they come from crops that we humans can eat directly, including not only all cereals such as wheat, corn, rice, oats and barley, but also soybeans. In intensive livestock farming, the calorie content present in plant-based foods that we humans are able eat directly is converted into a lot less in animal food products. In this process, the production of meat 'destroys' significantly more plant-derived calories than that of milk. This is because milk still contains a lot of grass that only cows and other ruminants can digest. Soy is the world's most important animal protein feedstuff. Originally, soybeans were cultivated in Asia for human consumption. Today, about 75% of global production is used to feed livestock, more than half of which is used for chicken fattening. While poultry consume by far the most soy protein feed on a global scale, in Switzerland it is cattle which rank first in this regard. This is the result of the central importance of milk production and the breeding of performance breeds that depend on protein-rich concentrated feed. Global soy production has grown steadily in recent years, and in Brazil even exponentially. Approximately half of all soy is used for feeding or consumption purposes in growing countries, while the other half is traded internationally. The main producing and exporting countries are the U.S. and Brazil while the main importing countries are China and the EU. Brazil is still the most important source region for Swiss soybean imports. The country grows soybeans for the global market: around 90% of production is exported. Only 5% of Brazil's farms cultivate soybeans and only 16% of soybean farms are family-owned. In the past 20 years production has expanded, especially in the ecologically valuable Cerrado and Amazon biomes. There, the average soybean acreage is 930 ha (Amazonas) and 550 ha (Cerrado). The supply chains for soy imported into Switzerland are not transparent. The description 'responsibly produced' glosses over soy production in Brazil and the soy trade. According to research, Swiss soy imports from Brazil come from specialised, large-scale farms with intensive soy cultivation, monotonous crop rotations and high pesticide use. Most of these farms are located in the state of Mato Grosso, i.e. in the Cerrado or Amazon biome, where most land has been cleared in recent decades. ProTerra-certified soy also comes from original rainforest (Amazon) or savanna (Cerrado) areas. 'Zero deforestation' refers only to the last decade. Animal food products constitutes a billion-dollar business in Switzerland. The supply chains show a high market concentration in inputs (feedstuff), in processing (meat, dairy milk) and in wholesale and retail trade. A few companies, especially the conglomerates Coop, Migros and fenaco, dominate the markets. The industrialisation of production in efficient international supply chains is most advanced in the production of eggs and chicken. Here, too, the supply chains are not very transparent. According to model calculations, more than 50% of the total greenhouse gas emissions due to Swiss agriculture are directly attributable to livestock farming, 20% to the rest of agriculture and about 30% occur in the countries where animal feedstuff is grown. If feedstuff were not imported, greenhouse gas emissions would be reduced by 40%. The nitrogen surpluses in Swiss agriculture are also largely a result of livestock farming. More than 90% of the surpluses occur in Switzerland. Without feedstuff imports, the nitrogen surpluses in Switzerland would be reduced by 26%. The results of the research and model calculations thus lead to five conclusions: I. The industry's advertising images and messages are misleading and gloss over livestock farming in Switzerland and its dependence on imports. They shape the perceptions of the population and increase the demand for animal food products "from Switzerland". II. Governmental agencies do little to educate the population about Swiss livestock farming. They support the misleading images and messages through official terminology and reporting. Political interests favour production and sales interests over the many other societal concerns (e.g. health, environment, animal welfare, transparency, economic costs, reliability of supply). III. It is not Swiss agriculture that benefits most from fedstuff imports. This is because agriculture does not depend solely on production for its income; it receives income-securing direct payments. Rather, imports are in the interest of upstream and downstream industries. They are the ones who mainly benefit from a high rate of livestock farming at discounted prices. IV. Swiss chicken production is a clear example: the doubling of production in the last 20 years has benefited a few upstream and downstream companies, a handful of global breeding companies and only a very small proportion of farms. The expansion of chicken fattening is a questionable development in Swiss livestock farming. It is further encouraged by the current debate concerning the environment and the climate as chicken is considered resource-efficient and 'climate friendly'. V. As a guiding principle for the future, it is proposed that Swiss livestock farming be adapted to the local ecosystem boundaries in Switzerland, and that the consumption by the Swiss population be adapted to global ecosystem boundaries. This would mean being able to halve meat consumption at the very least.
Die Nachfrage nach Holz wird im Zeitraum der nächsten 15 Jahre bis 2030 sowohl in der EU als auch global zunehmen. Bedarfsabschätzungen zeigen Nachfrageüberhänge in der EU von jährlich 300 Mio. m³, eine Prognose spricht sogar von Holzfehlmengen von 430 Mio. m³. Der Anstieg der Weltbevölkerung bei wachsender Wirtschaft wird den Holzbedarf erhöhen, auch wenn derzeit weltweit in etwa ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage besteht. Die Nachfrage nach Holz unterliegt vielen Treibern. Die Langfrist-Prognosen bis zum Jahre 2030 sagen vor allem bei der energetischen Holznutzung eine permanente, über den Verbrauch von Holz zur stofflichen Nutzung liegende, hohe Nachfragesteigerung voraus. Der Trend der Bioökonomie mit der sukzessiven Reduktion des Anteils der fossilen Energieträger beim Primärenergieverbrauch zur Reduktion der Emissionen von Treibhausgasen wurde durch das Paris-Abkommen, das 2015 durch die internationale Gemeinschaft mit dem Ziel des Klimaschutzes verabschiedet wurde, noch verstärkt. Auch die Tendenz zur dezentralen Energieversorgung vor allem in den Kommunen, die besonders die Nachfrage nach Energieholz und schwachen Sortimenten wachsen lässt, das Bestreben zur Verringerung von nationalen Abhängigkeiten zu Russland als Lieferant bei Erdgas und Erdöl haben auf eine steigende zukünftige Nachfrage ebenso einen bedeutenden Einfluss wie die Substitution des Rohstoffes Erdöl durch Holz bei der Herstellung von Chemikalien und Treibstoffen. In den Wäldern der Mitgliedstaaten sind nach Einschätzung der EU größere stehende Holzvorräte vorhanden, die mobilisiert werden müssten, um das Ziel der EU, 20 % der Primärenergie aus erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2020, zu erreichen. Die Produktion und die Nutzung von Holz im Rahmen einer nachhaltigen Forstwirtschaft hat über den gesamten Lebenszyklus eine ausgeglichene CO2 Bilanz. Durch die erhöhte Nutzung von Holz im Energiemix vermindert sich die CO2 Belastung der Atmosphäre. Wald-Inventuren, wie z.B. die in Deutschland vorliegenden Ergebnisse der 3. Bundeswaldinventur, bestätigen die Einschätzung der EU über die bestehenden Ressourcen. Die Verwendbarkeit dieser Ressourcen wird allerdings in zunehmendem Maße durch die Herausnahme von Wäldern aus der Produktion aus ökologischen oder sozioökonomischen Gründen beeinträchtigt. Unternehmer, deren Geschäftsmodell die Produktion von Holz auf landwirtschaftlichen Flächen ist, evaluieren mögliche Standorte zur Produktion von Holz im Kurzumtrieb nach der politisch-rechtlichen Sicherheit, nach der Verfügbarkeit von Ressourcen und den Faktorpreisen. Günstige Voraussetzungen für die Anlage von Baumplantagen für die Produktion von Holz bestehen im Baltikum. In den drei Staaten sind die wesentlichen Parameter für den Holzanbau in Plantagen auf landwirtschaftlichen Flächen gegeben: Gesichertes Rechtssystem mit dem Schutz des Eigentums, barrierefreier Zugang zu den Märkten innerhalb der EU, keine Währungsrisiken, günstige klimatischen Bedingungen mit ausreichend Niederschlag und freie Ressourcen bei Arbeit und Boden. Die EU-rechtliche Klassifizierung einer KUP als landwirtschaftliche Tätigkeit auf landwirtschaftlicher Fläche und als landwirtschaftliche Dauerkultur eröffnet die grundsätzliche Möglichkeit der Teilnahme der Kurzumtriebswirtschaft an den EU-Förderprogrammen der Direktförderung, der 1. Säule, und der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes, der 2. Säule. KUP ist in das Ziele-Cluster Europa 2020/GAP 2020 der EU einbezogen. Für die KUP-Bauern sind auf nationaler Ebene die in das jeweilige Recht der baltischen Staaten transformierten EU Bestimmungen und die jeweils dazu gehörende Verwaltungsauffassung maßgebend. Der Umweltleistung der Dauerkultur "Niederwald im Kurzumtrieb" wurde in den rechtlichen Bestimmungen der EU grundsätzlich Rechnung getragen. KUP sind von der Greening-Verpflichtung befreit. Es überrascht allerdings, dass KUP als "gleichwertige Methode zur Flächennutzung im Umweltinteresse" bei der Anrechnung auf eine ökologischen Vorrangfläche nur mit Faktor 0,3, hingegen die Agroforstsysteme mit Faktor 1,0 Berücksichtigung fanden. Der KUP-Landwirt kann nur, wenn er Abweichungen beim Verwaltungshandeln zu den übergeordneten nationalen Gesetzen oder EU-Regeln zu seinem Nachteil erkennt, sein Recht im Widerspruchsverfahren suchen. Sowohl bei der Direktförderung wie auch bei der Strukturförderung wurden in allen drei baltischen Staaten Verwaltungsauffassungen identifiziert, die KUP im Vergleich zur Förderung der herkömmlichen Landwirtschaft mit annuellen Feldfrüchten benachteiligen oder weitgehend von der Förderung ausschließen. Im Bereich der Direktförderung gilt dies im besonderen Maße bei meliorierten Flächen. Die Detailanalyse zeigt, dass die Etablierung von KUP auf solchen Böden entweder, wie in Lettland, zur Versagung der Direktförderung führt, oder, wie in Estland und Litauen mit Auflagen verbunden ist, die die Bereitschaft der Landwirte für die Anlage einer KUP stark hemmen. Bedeutend ist dies vor dem Hintergrund, dass in Estland rund 54 %., in Lettland rund 62 % und in Litauen rund 78 % der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen mit Drainagen versehen sind. Im Bereich der Förderung nach der 2. Säule, insbesondere die Gewährung von Zuschüssen bei Auf- und Ausbau der Hofstelle sowie beim Ankauf von Maschinen und anderen Ausrüstungen, ist der KUP-Landwirt von der Förderung ausgeschlossen. Die Festlegung der Rotationszeiten verursacht ein weiteres Hemmnis. Die Produktion von Holz in KUP wird dadurch in den baltischen Staaten in Richtung bestimmter Holzsortimente, nämlich hauptsächlich Energieholz und schwache Sortimente, gelenkt. Die Bestimmungen legen in der Regel fünf Jahre als Umtriebszeit fest. Versuche, diese restriktiven Vorgaben aufzuweichen, waren bisher erfolglos. Zusätzliche Lenkungsimpulse in Richtung bestimmter anderer, stärkerer Holzsortimente gehen auch durch die Förderung der Aufforstung im Rahmen der Strukturförderung aus. Auf den baltischen Faktormärkten stehen für die Holzproduktion auf landwirtschaftlichen Flächen im Kurzumtrieb Boden und Arbeitskräfte zu günstigen Preisen in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Restriktionen beim Bodenerwerb in den ab dem Jahre 2014 geltenden nationalstaatlichen Bodenverkehrsrechtssystemen können für die Neu-Etablierung eines KUP-Betriebes hinderlich sein. Zu den realen Holzerträgen liegen für die baltischen Staaten noch keine Ernteergebnisse aus KUP auf größeren Flächen vor. Abschätzungen der Erntemengen waren deshalb anhand von Vergleichszahlen für KUP in klimatisch ähnlichen Regionen, anhand von Wuchsleistungen gängiger Klone und unter Einbeziehungen von Messungen auf Versuchsplantagen in Estland, Lettland und Litauen vorzunehmen. Die so taxierten realen Holzerträge liegen bei einem Durchschnitt von 10,00 tatro ha-1 a-1. Das Niveau der Marktpreise für das im Kurzumtrieb produzierte Hauptsortiment Hackschnitzel deutet auf einen aufnahmebereiten Markt mit für die Wirtschaftlichkeit der Produktion ausreichenden Preisen hin. Vergleiche mit längeren Zeitreihen, bei denen aktuelle Preisschwankungen geglättet sind, für Estland zwischen 2003 bis 2013, für Lettland zwischen 2009 bis 2014 und für Litauen zwischen 2008 bis 2014, bestätigen diese Aussage. Durch die Ermittlung der Annuitäten wird die Wirtschaftlichkeit einer KUP am Beispiel eines Betriebes in Lettland untersucht. Auf der Aufwandsseite konnten tatsächliche Kosten-Größen für eine Fläche von 100 ha in die Berechnungen einbezogen werden. Damit steht für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung eine Datenbasis zu den Kosten zur Verfügung, die nicht ausschließlich für kleine Versuchsflächen in Estland, Lettland und Litauen erhoben wurde. Auf der Marktseite kann auf aktuelle Marktpreise für Hackschnitzel, bestätigt durch langfristige Zeitreihen, zurückgegriffen werden. In dieser, mit realen Zahlen fundierten Berechnung sind die Zahlungsströme dargestellt. Nicht in diese Kalkulation wurden wegen der Unsicherheit eines positiven Bescheides durch den LAD die Fördergelder einbezogen. Die Berechnungen zeigen positive Annuitäten, dem Indikator für den profitablen Betrieb einer KUP. Eine Sensitivitätsanalyse mit Veränderungen aller Kosten- und Ertragsfaktoren um jeweils 10 % bestätigt die Ertragsstabilität. Schließlich wird durch den Vergleich des Ergebnisses der Annuitätenberechnung mit einem landwirtschaftlichen Betrieb, der als Hauptkultur Weizen produziert, aufgezeigt, dass die Produktion von Holz auf landwirtschaftlichen Flächen mittels KUP die wirtschaftlich sinnvollere Alternative ist. Als agrarpolitischer Ausblick für die EU lässt sich aus der Gesamtanalyse resümieren, dass eine "Arbeitsteilung", Feldfrüchte in den Mitgliedsländern zu erzeugen, in denen die Produktionsbedingungen aufgrund von klimatischen Aspekten und Standortparametern optimal sind, nicht gefördert, sondern eher gebremst wird. Wenn die Betriebsergebnisse aus der Produktion von Holz in KUP weiter zunehmen, wird der Markt durch die Aussicht auf höhere monetäre Erträge die Strukturanpassung, auch gegen die restriktive nationale Auslegung der EU-Förderrichtlinien in Estland, Lettland und Litauen bewirken.:Danksagung I Inhaltsverzeichnis III Abbildungsverzeichnis VII Tabellenverzeichnis VIII Abkürzungsverzeichnis XII 1 Einleitung 1 1.1 Diskrepanz bei der Abschätzung der zukünftigen Holznachfrage und der tatsächlichen Entwicklung 1 1.2 Tendenzen bei der Nachfrage und dem Angebot von Holz in der Europäischen Union 4 1.3 Positive Voraussetzungen für die Produktion von Holz in Estland, Lettland und Litauen 7 2 Zielstellung der Arbeit 11 3 Vorgehensweise 14 4 Stand des Wissens 17 4.1 Europarechtliche Bestimmungen für die Holzproduktion auf landwirtschaftlichen Flächen 17 4.1.1 Begriffsabgrenzungen 18 4.1.1.1 Abgrenzungen des Begriffs der Kurzumtriebsplantage von Wald 18 4.1.1.2 Waldbegriff der Europäischen Union 19 4.1.2 Kurzumtriebswirtschaft als landwirtschaftliche Tätigkeit 19 4.1.2.1 Erlaubte Baumarten für den Kurzumtrieb in der Europäischen Union 20 4.1.2.2 Agroforstsysteme im Vergleich zu Kurzumtriebsplantagen in der Terminologie der Europäischen Union 20 4.1.3 Gemeinsame Agrarpolitik 2020 21 4.1.3.1 Organe der Gemeinsamen Agrarpolitik auf Ebene der Europäischen Union und der Verwaltungsunterbau in den Mitgliedstaaten 21 4.1.3.2 Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 im Rahmen des Zielsystems Europa 2020 24 4.1.3.3 Instrumentarien der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 26 4.1.3.4 Finanzmittel zur Agrarstrukturförderung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 36 4.2 Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Flächen in Estland, Lettland und Litauen 37 4.2.1 Derzeitiger Bestand und Betrieb von Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 37 4.2.2 Entwicklung der Plantagenflächen zur Produktion von Holz im Kurzumtrieb in Estland, Lettland und Litauen bis 2014 40 4.2.2.1 Estland 40 4.2.2.2 Lettland 41 4.2.2.3 Litauen 41 5 Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen in Estland, Lettland und Litauen zur Holzproduktion in Kurzumtriebsplantagen 43 5.1 Begriffs-Präzisierungen als Ausdruck der nationalen Verständnisse der Vorschriften der Europäischen Union 43 5.1.1 Waldbegriff in Estland, Lettland und Litauen 43 5.1.1.1 Waldbegriff in Estland 43 5.1.1.2 Waldbegriff in Lettland mit der Besonderheit der Forstplantage nach dem lettischen Waldgesetz 44 5.1.1.3 Waldbegriff in Litauen 50 5.1.2 Umtriebszeiten bei Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 51 5.1.3 Zugelassene Baumarten für Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 52 5.1.4 Unbestimmte Rechtsbegriffe für Nachhaltigkeit in den Waldgesetzen von Estland, Lettland und Litauen 53 5.2 Umsetzung der Förderbestimmungen nach der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 in Estland, Lettland und Litauen 55 5.2.1 Direktförderung (Säule 1) in Estland, Lettland und Litauen 56 5.2.1.1 Ausgestaltungen der Voraussetzungen für die Direktförderung 57 5.2.1.2 Instrumentarien der Direktförderung 60 5.2.2 Strukturförderung (Säule 2) in Estland, Lettland und Litauen 69 6 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die Produktion von Holz in Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Flächen in Estland, Lettland und Litauen 74 6.1 Parameter zur Definition der Angebotsseite: Verfügbare Produktionsfaktoren 74 6.1.1 Verfügbarkeit der Ressource Arbeit 74 6.1.2 Verfügbarkeit der Ressource Boden 77 6.1.2.1 Eignung von Flächen in Estland, Lettland und Litauen zur Produktion von Holz in Kurzumtriebsplantagen 77 6.1.2.2 Möglichkeit des Bodenerwerbs 79 6.1.2.3 Maßnahmen zur Erhöhung des Flächenangebotes auf den Bodenmärkten in Estland, Lettland und Litauen 82 6.1.2.4 Entwicklung der Preise für landwirtschaftliche Flächen in Estland, Lettland und Litauen 84 6.1.3 Verfügbarkeit der Ressource Kapital 85 6.1.3.1 Infrastruktur als maßgebliche Größe des volkswirtschaftlichen Sozialkapitals 85 6.1.3.2 Betriebliches Privatkapital als Investitionsvoraussetzung 86 6.2 Marktsegment für in Kurzumtriebsplantagen erzeugtem Holz in Estland, Lettland und Litauen 87 6.2.1 Potenzialabschätzungen für die Holzmärkte in Estland, Lettland, Litauen und für die Europäische Union 87 6.2.2 Nachfrage nach Holz in der Zielplanung für die Energiebedarfsdeckung in Estland, Lettland und Litauen 91 6.2.2.1 Planerische Ansätze zur Energieversorgung in Estland 94 6.2.2.2 Planerische Ansätze zur Energieversorgung in Lettland 95 6.2.2.3 Planerische Ansätze zur Energieversorgung in Litauen 96 6.3 Business Case für ein reales Unternehmen in Lettland 97 6.3.1 Naturale und monetäre Erträge von Weidenplantagen 98 6.3.1.1 Mengenerträge in Kurzumtriebsplantagen 99 6.3.1.2 Preisniveaus auf dem Markt für Hackschnitzel in Lettland 104 6.3.1.3 Preisniveauvergleich für Litauen und Estland 107 6.3.2 Kosten der Bewirtschaftung von Kurzumtriebsplantagen 108 6.3.3 Ermittlung der Annuitäten als Entscheidungsgrundlage 113 6.3.4 Betrachtung von Veränderungen von Parametern anhand einer Sensitivitätsanalyse 118 6.3.5 Betrachtung des Ergebnisses der Business Case-Berechnung 120 7 Diskussion der Ergebnisse 126 7.1 Hypothese: Das Regelwerk und die darin enthaltenen Fördermaßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020/Europa 2020 begünstigen die Produktion von Holz in Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen. 126 7.2 Hypothese: Die nationalen Ausgestaltungen der Bestimmungen der EU favorisieren nicht die Anlage und Nutzung von Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 135 7.3 Hypothese: Die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital stehen in Estland, Lettland und Litauen in ausreichendem Maße zur Verfügung. 143 7.4 Hypothese: Die Märkte für in Kurzumtriebsplantagen erzeugtem Holz sind zu Preisen aufnahmefähig, die einen rentablen Betrieb von Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen erlauben. 145 7.5 Hypothese: Die Holzproduktion auf Kurzumtriebsplantagen führt zu höheren monetären Erträgen als der Anbau von annuellen Feldfrüchten in Estland, Lettland und Litauen 149 8 Zusammenfassung 152 9 Abstract 157 10 Literaturverzeichnis 161 10.1 Quellennachweis nach Autoren 161 10.2 Rechtsquellen 194 10.2.1 Völkerrechtliche Verträge 194 10.2.2 Rechtsquellen der Europäischen Union 194 10.2.2.1 Grundlagen für die Europäische Union 194 10.2.2.2 Verordnungen der Europäischen Union in chronologisch-numerischer Reihenfolge 194 10.2.2.3 Richtlinien der Europäischen Union in chronologisch-numerischer Reihenfolge 197 10.2.2.4 Delegierte Verordnungen der Europäischen Union in chronologisch-numerischer Reihenfolge und Entscheidungen 197 10.2.3 Rechtsquellen der Bundesrepublik Deutschland 199 10.2.4 Rechtsquellen der Republik Estland 199 10.2.5 Rechtsquellen der Republik Lettland 200 10.2.6 Rechtsquellen der Republik Litauen 201 ; The demand for timber will rise over the prognosis timeframe of the next 15 years until 2030. For Europe, demand forecast shows a deficit of supply of 300 mio. m³ per year; one study even states the amount at 430 mio. m³. The growth of the world population in combination with a growing economy will further increase the demand for wood, despite the current situation of equilibrium between demand and supply as shown by figures regarding the actual wood production. The demand is driven by many factors. Long-term prognoses to the year 2030 predict a permanent rise in demand for energetic use, which is above the rise of wood for material use. The bio economic trend, including the reduction of greenhouse gas emissions through the gradual reduction of fossil energy sources as a primary energy supply, has been reinforced through the Paris Agreement, adopted by the international community in 2015 with the aim of climate protection. Also other factors will strengthen future demand: the tendency towards decentralised energy production, especially within municipalities, which will particularly grow the demand for fuel wood and weak assortments; the tendency towards reducing dependence on Russia as a supplier of natural gas and oil; and the substitution of fossil energy sources for wood in the production of chemicals and fuel. The EU sees in the forests of its member states a large standing wood supply, which would need to be activated to reach the goal of substituting 20% of primary energy with renewable energy sources by 2020. Wood production and use has a neutral CO2 footprint throughout its lifecycle; if produced sustainably, it only emits as much CO2 as it had previously bound within itself through photosynthesis. Increasing the use of timber in the energy mix reduces the pollution of the atmosphere with CO2 Forest-inventories like the recently published 3rd German National Forest Inventory underline this assumption of the EU regarding the reserves. However, not all of the stock in the forests can be activated, as some forests are taken out of production due to ecological and socio-economic reasons. Entrepreneurs whose business model is determined by the production of wood on agricultural land evaluate possible locations for the production of wood in short rotation according the political and legal security, the availability of resources and the factor prices. The Baltic States offer favorable preconditions. All three states fulfill the major parameters for wood production on coppices on agricultural land: protection of the liberal order; secured legal system with the protection of property; barrier-free access to the markets within the EU; no currency risks; favorable climatic conditions with sufficient precipitation; and large amounts of resources in land and labor. The classification as agricultural activity on agricultural land and as an agricultural permanent crop makes SRC principally entitled to EU funding programs through direct support, the so-called 1st pillar, as well as though the funding of the agricultural structures, the so-called 2nd pillar. SRC are included in the goal cluster of Europe2020/CAP2020. For the SRC farmers on a national level, the applicable legislation derived from the EU-regulations and their administrative interpretations are crucial. The environmental performance of SRC was especially recognised, while excluding them from the Greening-Commitment. Surprisingly however, SRC is recognised with the factor 0.3 as a substitute for the compulsory creation of ecological compensation conservation areas, whereas argoforest systems with a lower soil regeneration period are recognised with the factor 1. The SRC agriculturist can request an appeal proceeding only if he feels there are discrepancies between the administrative acting and the superior national laws or EU rules. In comparison to the funding of traditional agriculture with annual crops, interpretations were identified in both pillars which discriminate against SRC by diminishing it or excluding it all together. In the direct funding sector this is especially applicable to meliorated land. A detailed analysis has shown that the establishment of SRC on such land leads to the complete denial of direct funding, like in Latvia, or subjection to strict conditions which hinder any SRC, like in Estonia and Lithuania. This is significant because in Estonia roughly 54%, in Latvia roughly 62% and in Lithuania roughly 78% of agricultural land has a drainage system. Within the 2nd pillar, the SRC farmer is excluded from support, especially in granting subsidies for building construction, acquisition of machines and other equipment. The definition of the rotation periods is causing another hurdle. The production of wood on SRC is steered towards certain market segments, mainly fuel wood and weak assortments, through the predefined rotation periods within the different Baltic States. These are generally set to five years. Efforts to soften this restrictive rule have so far been unsuccessful. Further stimulus guiding towards certain segments comes from the subsidies provided for reforestation by the structural funding. In the Baltic factor market, land and labour for wood production in SRC on agricultural land are available for reasonable prices and in sufficient quantities.Restrictions in purchasing land could arise from the "land-mobilisation" legal systems valid from 2014 for the new establishment of SRC. There are no authoritative figures available for the harvest yields on large scale SRC in the Baltic States. Estimations of the crop volume had to be made in comparison to regions with similar climatic conditions and the growth performance of common clones, taking into account measures from test facilities in Estonia, Latvia and Lithuania. Assessed like this, the average wood production lies at 10.00 tovd ha-1 a-1. The price levels for the wood sales in the market segment of SRC wood is robust for the internal market, as is the export demand. This is confirmed by a time-series analysis in which price fluctuations are evened out, for Estonia between 2003 and 2013, for Latvia between 2009 and 2014 and for Lithuania between 2008 and 2014. By calculating the annuity, the profitability of a SRC is evaluated using the example of an enterprise in Latvia. On the expenses side, real cost-figures for an area of 100ha could be used for the calculation, thus providing a data base which does not derive from only small experimental areas in Estonia, Latvia and Lithuania. On the market side, actual current market prices, backed up with long-term data series regarding the price level of wood chips, could be resorted to. In this calculation based on real figures, the cash-flow was illustrated. Money from the 1st and 2nd pillar was not added into the calculation due to the uncertainty of a positive decision by the LAD. The calculations show a positive result, indicating that a profitable management of a KUP is possible. A sensitivity analysis in which all cost and dendromass production figures where changed by 10% shows the stability of the calculation. Finally, a comparison of the annuity results to the income of a large company which produces annual field crops in crop rotation shows that the production of wood on agricultural land with SRC is the more economically sound alternative. Considering the agricultural outlook for the EU, one can draw from the overall analysis that a "division of labor" in which field crops are produced in the member states in which the climate aspects and the soil parameters are optimal is not supported, but rather inhibited. When the profits from the production of wood on agricultural land rise further, the market will, driven by the higher return of investment, cause that structural adjustment, despite EU subsidies.:Danksagung I Inhaltsverzeichnis III Abbildungsverzeichnis VII Tabellenverzeichnis VIII Abkürzungsverzeichnis XII 1 Einleitung 1 1.1 Diskrepanz bei der Abschätzung der zukünftigen Holznachfrage und der tatsächlichen Entwicklung 1 1.2 Tendenzen bei der Nachfrage und dem Angebot von Holz in der Europäischen Union 4 1.3 Positive Voraussetzungen für die Produktion von Holz in Estland, Lettland und Litauen 7 2 Zielstellung der Arbeit 11 3 Vorgehensweise 14 4 Stand des Wissens 17 4.1 Europarechtliche Bestimmungen für die Holzproduktion auf landwirtschaftlichen Flächen 17 4.1.1 Begriffsabgrenzungen 18 4.1.1.1 Abgrenzungen des Begriffs der Kurzumtriebsplantage von Wald 18 4.1.1.2 Waldbegriff der Europäischen Union 19 4.1.2 Kurzumtriebswirtschaft als landwirtschaftliche Tätigkeit 19 4.1.2.1 Erlaubte Baumarten für den Kurzumtrieb in der Europäischen Union 20 4.1.2.2 Agroforstsysteme im Vergleich zu Kurzumtriebsplantagen in der Terminologie der Europäischen Union 20 4.1.3 Gemeinsame Agrarpolitik 2020 21 4.1.3.1 Organe der Gemeinsamen Agrarpolitik auf Ebene der Europäischen Union und der Verwaltungsunterbau in den Mitgliedstaaten 21 4.1.3.2 Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 im Rahmen des Zielsystems Europa 2020 24 4.1.3.3 Instrumentarien der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 26 4.1.3.4 Finanzmittel zur Agrarstrukturförderung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 36 4.2 Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Flächen in Estland, Lettland und Litauen 37 4.2.1 Derzeitiger Bestand und Betrieb von Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 37 4.2.2 Entwicklung der Plantagenflächen zur Produktion von Holz im Kurzumtrieb in Estland, Lettland und Litauen bis 2014 40 4.2.2.1 Estland 40 4.2.2.2 Lettland 41 4.2.2.3 Litauen 41 5 Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen in Estland, Lettland und Litauen zur Holzproduktion in Kurzumtriebsplantagen 43 5.1 Begriffs-Präzisierungen als Ausdruck der nationalen Verständnisse der Vorschriften der Europäischen Union 43 5.1.1 Waldbegriff in Estland, Lettland und Litauen 43 5.1.1.1 Waldbegriff in Estland 43 5.1.1.2 Waldbegriff in Lettland mit der Besonderheit der Forstplantage nach dem lettischen Waldgesetz 44 5.1.1.3 Waldbegriff in Litauen 50 5.1.2 Umtriebszeiten bei Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 51 5.1.3 Zugelassene Baumarten für Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 52 5.1.4 Unbestimmte Rechtsbegriffe für Nachhaltigkeit in den Waldgesetzen von Estland, Lettland und Litauen 53 5.2 Umsetzung der Förderbestimmungen nach der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020 in Estland, Lettland und Litauen 55 5.2.1 Direktförderung (Säule 1) in Estland, Lettland und Litauen 56 5.2.1.1 Ausgestaltungen der Voraussetzungen für die Direktförderung 57 5.2.1.2 Instrumentarien der Direktförderung 60 5.2.2 Strukturförderung (Säule 2) in Estland, Lettland und Litauen 69 6 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die Produktion von Holz in Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Flächen in Estland, Lettland und Litauen 74 6.1 Parameter zur Definition der Angebotsseite: Verfügbare Produktionsfaktoren 74 6.1.1 Verfügbarkeit der Ressource Arbeit 74 6.1.2 Verfügbarkeit der Ressource Boden 77 6.1.2.1 Eignung von Flächen in Estland, Lettland und Litauen zur Produktion von Holz in Kurzumtriebsplantagen 77 6.1.2.2 Möglichkeit des Bodenerwerbs 79 6.1.2.3 Maßnahmen zur Erhöhung des Flächenangebotes auf den Bodenmärkten in Estland, Lettland und Litauen 82 6.1.2.4 Entwicklung der Preise für landwirtschaftliche Flächen in Estland, Lettland und Litauen 84 6.1.3 Verfügbarkeit der Ressource Kapital 85 6.1.3.1 Infrastruktur als maßgebliche Größe des volkswirtschaftlichen Sozialkapitals 85 6.1.3.2 Betriebliches Privatkapital als Investitionsvoraussetzung 86 6.2 Marktsegment für in Kurzumtriebsplantagen erzeugtem Holz in Estland, Lettland und Litauen 87 6.2.1 Potenzialabschätzungen für die Holzmärkte in Estland, Lettland, Litauen und für die Europäische Union 87 6.2.2 Nachfrage nach Holz in der Zielplanung für die Energiebedarfsdeckung in Estland, Lettland und Litauen 91 6.2.2.1 Planerische Ansätze zur Energieversorgung in Estland 94 6.2.2.2 Planerische Ansätze zur Energieversorgung in Lettland 95 6.2.2.3 Planerische Ansätze zur Energieversorgung in Litauen 96 6.3 Business Case für ein reales Unternehmen in Lettland 97 6.3.1 Naturale und monetäre Erträge von Weidenplantagen 98 6.3.1.1 Mengenerträge in Kurzumtriebsplantagen 99 6.3.1.2 Preisniveaus auf dem Markt für Hackschnitzel in Lettland 104 6.3.1.3 Preisniveauvergleich für Litauen und Estland 107 6.3.2 Kosten der Bewirtschaftung von Kurzumtriebsplantagen 108 6.3.3 Ermittlung der Annuitäten als Entscheidungsgrundlage 113 6.3.4 Betrachtung von Veränderungen von Parametern anhand einer Sensitivitätsanalyse 118 6.3.5 Betrachtung des Ergebnisses der Business Case-Berechnung 120 7 Diskussion der Ergebnisse 126 7.1 Hypothese: Das Regelwerk und die darin enthaltenen Fördermaßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik 2020/Europa 2020 begünstigen die Produktion von Holz in Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen. 126 7.2 Hypothese: Die nationalen Ausgestaltungen der Bestimmungen der EU favorisieren nicht die Anlage und Nutzung von Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen 135 7.3 Hypothese: Die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital stehen in Estland, Lettland und Litauen in ausreichendem Maße zur Verfügung. 143 7.4 Hypothese: Die Märkte für in Kurzumtriebsplantagen erzeugtem Holz sind zu Preisen aufnahmefähig, die einen rentablen Betrieb von Kurzumtriebsplantagen in Estland, Lettland und Litauen erlauben. 145 7.5 Hypothese: Die Holzproduktion auf Kurzumtriebsplantagen führt zu höheren monetären Erträgen als der Anbau von annuellen Feldfrüchten in Estland, Lettland und Litauen 149 8 Zusammenfassung 152 9 Abstract 157 10 Literaturverzeichnis 161 10.1 Quellennachweis nach Autoren 161 10.2 Rechtsquellen 194 10.2.1 Völkerrechtliche Verträge 194 10.2.2 Rechtsquellen der Europäischen Union 194 10.2.2.1 Grundlagen für die Europäische Union 194 10.2.2.2 Verordnungen der Europäischen Union in chronologisch-numerischer Reihenfolge 194 10.2.2.3 Richtlinien der Europäischen Union in chronologisch-numerischer Reihenfolge 197 10.2.2.4 Delegierte Verordnungen der Europäischen Union in chronologisch-numerischer Reihenfolge und Entscheidungen 197 10.2.3 Rechtsquellen der Bundesrepublik Deutschland 199 10.2.4 Rechtsquellen der Republik Estland 199 10.2.5 Rechtsquellen der Republik Lettland 200 10.2.6 Rechtsquellen der Republik Litauen 201
Trotz des erheblichen Ausmaßes der Bodenerosion in vielen Entwicklungsländern ist bislang weitgehend unklar, welches ihre wesentlichen anthropogenen Ursachen sind, und damit auch, wo Politiken und Maßnahmen für den Erhalt der Nahrungs- und Produktionsressource Boden ansetzen sollten. Jenseits unmittelbarer natürlicher und landnutzerischer Ursachen stehen heute sozioökonomische Faktoren im Mittelpunkt der Diskussion, von denen angenommen wird, daß sie die Anbau- und Bodenschutzentscheidungen der Landnutzer und darüber das Ausmaß an Bodenerosion beeinflussen, insbesondere: (i) verstärkte Armut, (ii) zunehmender Bevölkerungsdruck, (iii) verzerrte Agrarpreise, (iv) unangepaßter technischer Fortschritt sowie (v) unsichere Landbesitzverhältnisse. Der Bedeutung dieser Bestimmungsfaktoren wird vorwiegend im Rahmen produktionsökonomischer Ansätze und der Theorie der Induzierten Innovation nachgegangen. Allerdings wird die Wirkung einzelner Ursachen in der Literatur sehr unterschiedlich eingeschätzt. So wird beispielsweise in eher optimistischen Szenarien davon ausgegangen, daß Armuts- und Bevölkerungsdruck langfristig zur Entwicklung und Verbreitung bodenschonender Innovationen führen. In negativen Szenarien überwiegen hingegen Stimmen, die gerade in diesem Druck bei gleichzeitigem Preisdruck die wesentlichen Ursachen für die kurzsichtige Übernutzung des Bodens sehen. Empirische Studien zur Fundierung der kontrovers diskutierten Hypothesen liegen bislang nur für einen jeweils begrenzten lokalen Kontext vor und sind kaum verallgemeinerbar. Vor diesem Hintergrund bieten die Daten der ersten weltweiten Erhebung zum Stand der Bodenerosion (GLASOD, UNEP/ISRIC, 1991) nunmehr die Möglichkeit, sozioökonomische und landnutzerische Determinanten der Bodenerosion auf überregionaler Ebene empirisch zu untersuchen. Anhand der Aggregation und Analyse der im GLASOD enthaltenen Informationen wird zunächst deutlich, daß Afrika und Südostasien flächenmäßig mit jeweils rd. 4,5 Mio km2 am meisten zur Degradation durch Bodenerosion und Nährstoffverluste[1] in Entwicklungsländern beitragen, während der Anteil erodierter Fläche an der jeweiligen Gesamtfläche des Subkontinents[2] in Südwestasien (37%), Mittelamerika und Südostasien (jeweils rd. 25%) am höchsten ist. Extrem stark erodierte Länder finden sich v.a. in Mittelamerika und Afrika: In El Salvador, Haiti und Costa Rica sind zwischen 60% und 90% der jeweiligen Landesfläche betroffen. In Afrika sind vor allem die nord- und westafrikanischen Sahelländer Tunesien, Mauretanien, Libyen, Niger, Burkina Faso und Mali, im Osten die Hochlandstaaten Burundi und Rwanda sowie schließlich die Kapverdischen Inseln, besonders stark erodiert (40% bis 80% der Landesfläche). Wassererosion hat den größten Anteil an der Erosionsfläche, in Mittelamerika und Südostasien sind sogar mehr als 70% der erodierten Fläche von Wassererosion betroffen. Für die empirische Analyse der Zusammenhänge zwischen Bodenerosion und möglichen Bestimmungsfaktoren wird ein exploratives, ökonometrisches Vorgehen auf Grundlage nationaler Daten gewählt[3]. Die spezifische Aufeinanderfolge verschiedener Korrelations-, Faktoren- und Regressionsanalysen wird der großen Anzahl in Frage kommender Indikatorvariablen für mögliche Erosionsdeterminanten sowie den zu erwartenden Problemen der Multikollinearität und Modellspezifizierung in besonderem Maße gerecht. Letztere ergeben sich einerseits aus anzunehmenden Abhängikeiten unter verschiedenen Erosionsdeterminanten. Andererseits macht der latente Charakter[4], den die aus einem mikroökonomischen Kontext abgeleiteten Erosionsursachen auf aggregierter Ebene haben, es notwendig, für jede der angenommenen Determinanten verschiedene, u.U. korrelierte Indikatorvariablen zu definieren, was zusätzlich Kollinearität bedingt. Für Bodenerosion werden auf der Basis der national aggregierten GLASOD-Daten verschiedene Erosionsindizes definiert, die prinzipiell den von Wasser- und Winderosion sowie durch Nährstoffverluste betroffenen Anteil der nutzbaren Landesfläche wiedergeben. Die Datengrundlage für mögliche Erosionsdeterminanten wird ausgehend von Datensammlungen internationaler Organisationen für den Zeitraum 1961-1990 zusammengestellt. Für eine große Anzahl der in der Literatur diskutierten sozioökonomischen, landnutzerischen und auch natürlichen Rahmenbedingungen können repräsentative Indikatorvariablen definiert werden. Mangels geeigneter Indikatoren und Daten bleiben allerdings die Art und Sicherheit der Landbesitzverhältnisse unberücksichtigt. Insgesamt umfaßt die Datengrundlage rund 150 Variablen. Die Ergebnisse der Einfachkorrelationsanalysen zwischen den Erosionsindizes und möglichen Determinanten dienen einer ersten Einschätzung der Zusammenhänge. Sie zeigen, daß länderübergreifend insbesondere Variablen des Bevölkerungsdrucks sowie der durchschnittliche Waldanteil mit dem Ausmaß Bodenerosion in Zusammenhang stehen. Die Abholzungsraten in den 80er Jahren sind vor allem mit dem Ausmaß der Wassererosion korreliert. Bei Betrachtung der Länder mittleren Klimas[5] können Zusammenhänge mit Variablen nachgewiesen werden, die die Landnutzungsintensität und die Ausdehnung der tatsächlichen Nutzfläche in Relation zur potentiellen Nutzfläche wiedergeben. Weiterhin stehen in der mittleren Klimazone tendenziell sinkende Produzentenpreise für Agrarprodukte in Zusammenhang mit dem Ausmaß der Erosion. Erwartungsgemäß ist die Bedeutung natürlicher Faktoren für einzelne Erosionsformen und Klimazonen charakteristisch. Insgesamt scheinen Variablen, die das Ergebnis einer vermutlich längerfristigen Entwicklung wiedergeben, mehr Bedeutung für das Ausmaß der Erosion zu haben als solche, die Veränderungen im Referenzzeitraum 1961-1990 erfassen. Anhand verschiedener Faktorenanalysen für 62 Variablen und 73 Länder mit annähernd vollständigen Datensätzen können sodann strukturelle Zusammenhänge unter der Vielzahl möglicherweise relevanter Erosionsdeterminanten aufgedeckt und die Variablenanzahl auf Grundlage dieser Zusammenhänge auf eine geringere Anzahl weitgehend voneinander unabhängiger Größen reduziert werden. Es zeigt sich, daß die Struktur der Variablen durch etwa zehn gut interpretierbare Faktoren bei rd. 75% erklärter Gesamtvarianz klar wiedergegeben werden kann, und daß diese Faktoren auch bei Variation der Ausgangsvariablen sowie der Faktorextraktions- und Rotationsmethode stabil bleiben. Bemerkenswert ist, daß viele der Faktoren einen deutlichen Bezug zu den in der Literatur diskutierten Wirkungsketten unter möglichen Erosionsdeterminanten haben. So werden in dem für die Erklärung der Gesamtvarianz wichtigsten Faktor Variablen gebündelt, die die langfristige Intensivierung der Landnutzung im Zusammenhang mit strukturellem Bevölkerungsdruck und begrenzter Verfügbarkeit landwirtschaftlich nutzbarer Flächen erfassen. Weitere wichtige Faktoren beziehen sich auf strukturelle Armut in Verbindung mit erhöhtem ländlichen Bevölkerungswachstum; auf die mit Bevölkerungsdruck einhergehende langfristige wie auch rezente Expansion der landwirtschaftlichen Nutzfläche und Abholzung von Naturwald; auf Entwicklungswege, die eher auf die Produktion hochwertiger Produkte statt auf eine Flächenexpansion abzielen. Für die Preisentwicklung im Referenzzeitraum kann anhand einer Faktorenanalyse mit reduzierter Länderanzahl[6] gezeigt werden, daß ein Zusammenhang zwischen langfristig geringen oder negativen Preiszuwächsen im Agrarsektor und dem Faktor "Rezente Abholzungsraten" besteht. Um die relative Bedeutung dieser Faktoren für Bodenerosion zu quantifizieren, werden schrittweise Regressionsanalysen mit Bodenerosion als abhängiger Variablen und ausgewählten Repräsentantenvariablen für jeden Faktor als angenommenen unabhängigen Variablen durchgeführt[7]. Es lassen sich drei besonders relevante anthropogene Entwicklungen identifizieren, anhand derer das Erosionsausmaß bis zu rund 75% erklärt werden kann: (1) die langfristige, historische Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Kosten des Waldbestandes in Zusammenhang mit einem Gesamtbevölkerungsdruck, der gegen Ende der 80er Jahre die agrar-ökologische Tragfähigkeit überschreitet; (2) die rezente Abholzung von Naturwald, die in Zusammenhang mit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung zu sehen ist. Hier scheinen weniger der Druck der Agrarbevölkerung und die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche - also die Produktionsseite - im Vordergrund zu stehen, als vielmehr der Druck der Nachfrageseite, in Kombination mit einem tendenziell sinkenden Agrarpreisniveau, das den Expansionsdruck auf das Land verstärkt hat. (3) Die langfristige, bevölkerungsdruckinduzierte Intensivierung der Agrarproduktion, vor allem durch Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland, verkürzte Brachezeiten und erhöhte Viehbesatzdichten. Ein weiteres Ergebnis ist, daß in keinem Fall ein wesentlicher Einfluß von Armut auf das landesweite Ausmaß der Bodenerosion nachgewiesen werden kann - wie bereits die Ergebnisse der Einfachkorrelationsanalysen für immerhin 15 verschiedene Armutsindikatoren vermuten lassen. Es bestehen Unterschiede in den Erklärungsmustern für verschiedene Erosionsformen und Klimazonen. Die rezenten Abholzungsraten haben für Wassererosion, insbesondere in Ländern der extrem humiden Klimazone, herausragende Bedeutung. Zusätzlich zu den Faktoren (1) und (2) ist die Intensität der landwirtschaftlichen Produktion (3) vor allem für Wassererosion und in Ländern der mittleren Klimazone von Bedeutung. Hier ist auch die negative Wirkung einer sinkenden Agrarpreisentwicklung am stärksten. Gleichzeitig gilt hier: je eher der eingeschlagene Entwicklungsweg auf die Produktion hochwertiger Produkte im Gegesatz zur reinen Flächenexpansion abzielt, desto geringer ist das Erosionsausmaß. Für das Ausmaß der Winderosion und der Degradation durch Nährstoffverluste hingegen sind insbesondere die agroklimatischen Bedingungen ausschlaggebend. Die als erosionsrelevant identifizierten anthropogenen Rahmenbedingungen sind mit zentralen theoretischen Hypothesen konsistent. Fraglos gehören sie eher zu den Größen, deren kurzfristige Beeinflussung durch politische Maßnahmen schwierig ist. Dennoch können folgende Ansätze für eine Schwerpunktsetzung bei der Gestaltung von Politikmaßnahmen zur wirksamen Erosionsverminderung abgeleitet werden: Die Reduktion des Bevölkerungsdrucks durch eine an die natürlichen Bedingungen und relativen Faktorknappheiten angepaßte Erhöhung des Produktionspotentials, gerade auch in Regionen mit relativ niedrigem Potential. Eine stärkere Fokussierung auf Forstpolitiken bzw. auf eine Regulierung der kommerziellen Nutzung von Wäldern, vor allem in humiden Klimazonen. .Eine selektive, langfristig angelegte Verbesserung der incentive-Struktur für bodenschonende Produkte und Anbaumethoden über wirtschaftspolitische Eingriffe sowie durch verbesserte institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen. Von Politiken zur Armutsbekämpfung ist hingegen nicht zu erwarten, daß sie maßgebliche Impulse zur Verminderung der Bodenerosion geben können. Es muß jedoch immer präsent bleiben, daß arme Landnutzer sicherlich am stärksten und häufig existentiell von Erosionsschäden betroffen sind. Die Qualität zukünftiger Forschungsbemühungen auf globaler Ebene wird vor allem von der zukünftigen Datenverfügbarkeit und -qualität bestimmt: Für den Stand der Bodenerosion sind Informationen für verschiedene Zeitpunkte erforderlich; für anthropogene Erosionsdeterminanten eröffnen georeferenzierte Daten der Forschung gänzlich neue Perspektiven. Parallel zu überregionalen Analysen sind weitere lokale, sub-nationale Studien unbedingt notwendig, um umfassend zu ergründen, warum und welche Landnutzer die Ressource Boden in einem konkreten sozioökonomischen Kontext degradieren. Fußnoten: [1]Neben der Wasser- und Winderosion wird eine weitere Degradationsform, der Verlust von Nährstoffen und organischer Substanz, mitberücksichtigt und vereinfachend mit "Nährstoffverluste" bezeichnet.[2]Gemeint ist die nutzbare Landesfläche, Ödland ausgenommen. [3]Georeferenzierte Daten liegen derzeit für sozioökonomische Erosionsdeterminanten noch nicht vor.[4]D.h. Größen, von denen a priori nicht bekannt ist, wie sie beobachtet und gemessen werden können. [5]Dies sind Länder, in denen weder extrem aride noch extrem humide Bedingungen vorherrschen. [6]Für die entsprechende Variable liegen nur Daten für 56 Länder vor.[7]Umgekehrte Wirkungen der Erosion auf die als unabhängig angenommenen anthropogenen Variablen sind im Betrachtungszeitraum - bis auf die Armutswirkung starker Erosion - unwahrscheinlich. ; By the end of this century, soil erosion has reached an alarming extent in many developing countries. Still, uncertainty prevails regarding the human-induced causes of soil erosion. In consequence, many efforts to design efficient anti-erosion policies and instruments remain erratic. The actual discussion about human-induced causes of soil erosion focusses on socioeconomic factors that assumably influence the land users´ decisions on agricultural production and soil protection, and, hence, the degree of soil erosion. The most frequently discussed factors are: (i) poverty, (ii) population pressure, (iii) biased agricultural prices, (iv) the introduction of inadequate technical innovations and (iv) insecurity of land tenure. They are basically deduced from and discussed on base of production theory and the theory of induced innovation. Nevertheless, the different views on the importance to be assigned to the single factors are quite controverse. For example, in a rather optimistic scenario, it is argued that poverty and population pressure lead to the development of soil-conserving innovations in the long run. On the other side, poverty and population pressure, in combination with falling agricultural prices, are assumed to lead to a short-termist overuse of the soil. Empirical evidence that supports some of the controverse hypotheses on the causes of soil erosion is restricted to local studies based on local data on soil erosion, their results can hardly be generalized. In this context, the spatial data compiled within the global assessment of human-induced soil degradation (GLASOD; UNEP/ISRIC, 1991) for the first time permits a large-scale empirical analysis of socioeconomic and landuse factors relevant to erosion. By aggregating the information of the GLASOD data, countries and regions whith marked soil erosion can be identified. While Africa and Asia most contribute to the extent of soil erosion and the loss of nutrients[8] in absolute terms (4,5 mio sqkm each), it is in Southwest Asia (37%), Central America and Southeast Asia (25% each), where the proportion of of the land area - excluding wastelands - that is affected reaches the highest levels. Looked at on a national level, countries with an extreme extent of soil erosion are to be found in Central America and Africa: In El Salvador, Haiti and Costa Rica, 60 to 90 percent of the land area[9] are affected. In Africa, Sahelian Countries as Tunesia, Mauretania, Libya, Niger, Burkina Faso and Mali, as well as the eastafrican highlands of Burundi and Rwanda, and also Cape Verde show the highest proportions of eroded land area2 (40 to 80 %). Water erosion is the most widespread type of erosion, in Central America and Southeast Asia it even contributes with about 70% to the area affected by erosion and the loss of nutrients1. The methodological approach chosen for the empirical analysis of human-induced causes of soil erosion is an explorative, econometric one, based on national cross-country data[10]. A specific combination of correlation analyses, factor analysis, and regression analysis is designed, that can handle the great number of possible indicators for the assumed causes of erosion, and cope with related problems of multicollinearity and model specification. Those problems result from supposed interrelationships among different human-induced causes of soil erosion. At the same time, many of the causes of erosion have a latent character when considered on a national level[11], since they are deduced from a microeconomic context. This makes it necessary to define various indicator variables for each of them, which, again, implies additional multicollinearity. On the basis of the aggregated GLASOD data, a set of operational variables for soil erosion is defined. They basically indicate the proportion of a country´s degradable land area (i.e. land area minus wastelands) that is eroded through wind, water, or degraded by the loss of nutrients and organic matter by the end of the 80´s. In turn, the database for possible determinants of erosion is compiled departing from standard international data sets for the time span 1961-1990. Representative indicators can be defined for many of the causative factors discussed in literature, as well for socioeconomic ones, as for landuse, and also for natural factors. They are adapted in a way that they not only best fit and capture the hypothesized determinants, but also the ecological and timely dimension of the analysis. One important field that is not covered is land tenure. The resulting database comprises about 150 variables for possible causative factors, with a varying number of country-data available. The results of correlation analyses between the indicator variables for soil erosion and for possible causative factors facilitate a first assesion of relevant relationships. They show, that variables that quantify population pressure and the proportion of forested area are correlated with soil erosion for all countries. Deforestation rates in the 80´s are especially related to water erosion. Considering only countries without extreme climatic conditions[12] correlations are found between soil erosion and variables for the intensity of land use and the degree of expansion of the agricultural frontier. Producer price declines for relevant agricultural products are also found to be correlated with soil erosion in these countries. Corresponding to theoretical assumptions, the importance of different natural factors vary for different types of erosion and climatic zones. Altogether, variables that express structural conditions and can be regarded as the outcome of historical, long-term developments, seem to have stronger correlation with the extent of soil erosion than variables that quantify changes that took place within the time span under consideration, 1961 to 1990. The next methodological step consists in different factor analyses for 62 of the variables that express possible causative factors and for 73 countries with approximatively complete data sets. The principal objectives are to detect structural interrelationships among the multitude of variables and to reduce their number on the basis of these interrelations, in a way to obtain a set of variables that are largely independent of each other. It turns out that the structure of the 62 variables under consideration can clearly be reproduced by about 10 factors, with about 75% of their total variance being explained. These factors prove to be robust with respect to changes in the set of included variables, and in the methods of extraction and rotation. It is noteworthy, that many of the identified factors refer to cause-effect relationships that are discussed in literature. For instance, the factor that explains the greatest part of total variance, combines variables that quantify the long-run intensification of land use with others that stand for structural population pressure and a limited buffer for the expansion of the agricultural area. Other important factors relate to structural poverty, in combination with high rates of rural population growth; to the long-term and recent deforestation and to total population pressure; to development paths that aim at sopisticated animal procuction and permanent culture rather than at a mere expansion of the agricultural area. Other factors stand for the prevailing natural conditions. Based on a factor analysis for a reduced number of countries, it can be shown that declinig aggregate agricultural producer prices[13] are associated with the factor ´recent deforestation rates´. To quantify the relative importance of the identified factors, stepwise regression analyses are then carried out, with soil erosion as the dependent variable and selected representative variables for each of the factors as presumed independent variables[14]. Three human-induced factors, or developments, show to have particular relevance for the extent of soil erosion, that they can explain to up to 75%: (1) the long-run historical expansion of the agricultural frontier at the expense of the forested area, in combination with a population pressure well above the corresponding supporting capacities in the 80´s; (2) recent deforestation rates in conjunction with total population growth. This effect can rather be associated with a growth of demand for agricultural and forestral products and declining agricultural prices than with pressures directly resulting from agricultural population and expansion; (3) the long-run intensification of land use, mainly throug the conversion of permanent pastures to arable land, the shortening of fallow periods, and the increase of animal densities. This type of intensification is associated with and possibly induced by high structural population pressure in agricultural areas. Another important result is that poverty seems to have minor impact on the extent of soil erosion at the aggregate, national level. None of the included variables that represent the factor ´poverty´ shows a significant relative impact, neither in the models for the sum of erosion nor for specific types of erosion or climatic zones. This fact supports the low correlation coefficients for altogether 15 different poverty indicators that were calculated in the context of simple correlation analysis. Specific models for specific types of erosion and climatic zones show that there exist characteristic patterns of explanation for each type and zone. Recent deforestation rates and the associated features (factor (2))are particularily important in the explanation of water erosion, especially in countries with predominant humid climate. The impact of production-intensity in terms of factor (3) is specific for water erosion, and for countries without extreme climatic conditions, together with the factors (1) and (2). This is also where the negative effect of declinig agricultural prices appears to be strongest. At the same time, the development of sopisticated animal procuction and the growth of the area under permanent culture in contrast to a mere expansion of the agricultural area seem to be favourable to the soil in this context. In the explanation of wind erosion and loss of nutrients, natural factors are in the foreground. The identified, human-induced pressures related to long-term population growth, intesification, agricultural price decline and recent deforestation are consistent with important theoretical hypotheses. Those pressures are clearly not of the type that can be overcome over night through political intervention. Nevertheless, they lead to the following areas of intervention that should be given priority in the design of policy measures for the reduction of soil erosion: A reduction of population pressure through an increase in site-specific production potentials, based upon innovations that match the prevailing agro-ecological and economic conditions. Special attention should be given to low potential areas.A stronger focus on forest policy and the regulation of commercial forest use especially in the humid zone.A selective, long-term improvement of economic incentives for the production of soil-conserving crops with soil-conserving methods, by means of economic policy as well as through improved institutional conditions. Policies that aim at the reduction of poverty can not be expected to play a decisive role in the reduction of soil erosion. In spite of that, it is most necessary that policy makers keep in mind that the poor certainly are most affected by and vulnerable to erosion damages. At a global scale, the quality of future research on the topic will largely be determined by data availability and quality: concerning soil erosion, information at different points in time is necessary; for anthropogenic factors, spatial datasets will bring a new dimension into scientific research. Parallel with global analyses, further in depth local studies are necessary for a comprehensive and detailed insight into why and which land users degrade the resource they depend on in a specific socioeconomic context. footnotes: [8]The loss of nutrients and organic matter, independent of soil erosion, is also considered and is abbreviated with the term ´loss of nutrients´ in this text. [9]Again, it is the land area excluding wasteland that is being referred to. [10]Spatial data sets are not avaiable yet for socioeconomic factors related to soil erosion. [11]I.e. it is not known a priori, how these causes can be measured and quantified. [12]I.e. countries without predominant arid, hyper-arid or humid agroclimatioc conditions. [13]The availability of data for the variable in cause is limited to 56 coutries. [14]Reciprocal effects that soil erosion might have on anthropogenic factors are not very likely to occurr within the considered time span, except a possible increase of poverty due to erosion.
Ziel der Arbeit ist eine Bewertung der deutschen Politik der Vermeidung von CO2-Emissionen. Zur Bewertung werden sowohl die Kriterien herangezogen, die in der Konvention zum Klimawandel der Vereinten Nationen (UN) aufgestellt wurden als auch die Kriterien der Umwelttheorie für einen kostenminimale Emissionsvermeidung (Teil I). In einem empirischen Teil (II) werden die absoluten und relativen Kosten ausgewählter Instrumente der deutschen Vermeidungspolitik ermittelt. Im ersten Teil (I) der Arbeit wird zunächst dargestellt, welche Probleme CO2-Emissionen zugeschrieben werden, was als Ursache der Emissionen angenommen wird und welche weltweiten Lösungen zur Vermeidung der Emissionen vereinbart wurden. Im einzelnen werden die in der Konvention der UN zum Klimawandel und den nachfolgenden Klimakonferenzen der UN aufgestellten Ziele einer globalen Klimapolitik beschrieben. Diesen Zielen werden die von der Europäischen Union (EU) und von Deutschland erklärten Ziele gegenübergestellt. Im weiteren werden die Ziele dann als gegeben betrachtet und es geht nur noch um die Analyse der Instrumente der Emissionsvermeidung. Aus der Theorie der Umweltökonomik werden die Allokationseffekte und die dynamischen Wirkungen von First-best und Second-best Steuerungsinstrumente vorgestellt, Weltmarkteffekte der Emissionsvermeidung großer Länder diskutiert, Anpassungskosten und Verteilungswirkungen analysiert und Grenzen der Instrumente aufgezeigt. Besonderes Augenmerk wird auf die Frage gerichtet, wie sich die Rangfolge der Vorteilhaftigkeit von Instrumenten ändert, wenn Unvollkommenheiten - Marktunvollkommenheiten sowie politische Unvollkommenheiten – berücksichtigt werden. Die theoretischen Befunde dienen als Referenzrahmen für die Bewertung der Vermeidungsinstrumente, die die Konvention der UN zum Klimawandel vorsieht. Auch werden sie für die Bewertung der Instrumente herangezogen, die von der Europäischen Union und von Deutschland durchgeführt oder geplant werden. Es wird gezeigt, daß die Instrumente der UN recht gut mit den von der First-best Theorie aufgestellten Normen vereinbar sind. Dagegen gibt es eine große Diskrepanz der europäischen und deutschen Instrumente zu den First-best Instrumenten der Umwelttheorie und damit auch zu den Völkerrechtsnormen. Bemerkenswert ist, daß die europäische und die deutsche Klimapolitik nur auf die Ziele der Konvention der UN und der nachfolgenden Konferenzen zum Klimawandel bezogen wird, nicht aber auch auf das Wirtschaftlichkeitskriterium der Konvention für die Instrumentenwahl. Im Teil II der Arbeit werden zwei ausgewählte Instrumente der Klimapolitik Deutschlands untersucht: zum einen das Programm zur Förderung von erneuerbaren Energien, welches insbesondere im Interesse des Klima-, Natur und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung verfolgt, neben dem Klimaschutzziel aber auch die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien fördern und einen Beitrag zur Vermeidung von Konflikten um fossile Energieressourcen leisten soll. Zum anderen das Programm zur Förderung der Energieeffizienz im Raumwärmemarkt. Von beiden Programmen werden signifikante Beiträge zur Reduktion von CO2-Emissionen erwartet. Das Programm zur Förderung erneuerbarer Energien soll zur Emissionsreduktion bis zum Jahr 2010 einen Beitrag von rund 10 Mio. Tonnen, leisten. Die Untersuchung ergab, daß das Programm durchschnittliche Grenzvermeidungskosten in Höhe von rund 95 € je Tonne CO2 (2003) verursacht; diese Kosten werden voraussichtlich bei Realisierung der Mengenziele der Bundesregierung bis zum Jahr 2010 steigen. Das Instrument weist intra- und intersektorale Ineffizienzen auf: - Die Grenzvermeidungskosten könnten niedriger sein, wenn für alle Erzeugungstechniken von Strom aus erneuerbaren Energien gleich hohe Mindestpreise – und nicht nach Techniken differenzierte Preise - festsetzen würde. Das Kriterium der Allokationseffizienz, wonach die Grenzvermeidungskosten bei jeder Quelle, hier Erzeugungstechnik, gleich sein müssen, wird nicht erfüllt. - Da die Bundesregierung de facto ein Mengenziel für die Nutzung erneuerbarer Energien vorgibt, ist das benutzte Instrument der Mindestpreisgarantie nicht zweckrational. Das zu einem Mengenziel passende Instrument ist die Ankaufspflicht für eine definierte Menge (Quote), mit dem sich das gesetzte (Mengen-) Ziel effizienter erreichen lassen würde. Von den untersuchten Alternativen der Mengesteuerung ist dem Ausschreibungsmodell der Vorzug zu geben. Mit ihm könnte das Erzeugungsziel mit dem geringsten Mittelaufwand erreicht werden. Wenn die beobachteten intrasektoralen Ineffizienzen vermieden würden, könnten die Vermeidungskosten des Programm zur Förderung erneuerbaren Energien niedriger sein. Das Programm zur Förderung der Energieeffizienz in Gebäuden bedient sich des Instruments des Gebots bezüglich des Energieverbrauch bei der Nutzung von Gebäuden, z.B. durch Vorschreiben der Wärmedämmung der Gebäude. Der Gesetzgeber hat die Gebote (Standards) im Zeitablauf verschärft. Die Untersuchung zeigt, daß die jüngste Verschärfung der Energieverbrauchshöchstwerte - gegenüber der alten Wärmeschutzverordnung - nicht zu Mehrkosten für Investoren geführt hat. Der Grund hierfür besteht in der Verfügbarkeit effizienterer Dämmstoffe, verbesserter Heizkessel sowie Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Bereits eine einzelwirtschaftliche Kostenminimierung führte bei Annahme vollständiger Information zu Verbrauchswerten von Gebäudes, die unter denen der Energieeinsparverordnung lägen; insoweit wäre der Energieeffizienzstandard redundant. Betrachtet man die neue Verordnung jedoch als ein Instrument zur Überwindung von Informationsdefiziten unvollständig informierter Investoren oder als Instrument zur Beschleunigung von Anpassungsprozessen, so hat die Verordnung doch Verhaltensänderungen zur Folge. Diese ergeben bei Neubauten mit einer bestimmtem Gebäudegeometrie (kompakte Bauweise) negative Grenzvermeidungskosten; für offene Bauweisen wurden positive, wenn auch geringe Vermeidungskosten ermittelt. Der Vergleich von Standards, die Höchstwerte auf den Primärenergieverbrauch je m² eines Gebäudes oder Höchstwerte für die Emissionen vorschreiben, mit einer Emissionssteuer im Gebäudesektor ergab, daß die aus den Standards resultierenden Grenzkosten der Vermeidung insbesondere von der Gebäudegeometrie sowie dem eingesetzten Energieträger abhängig sind. Demgegenüber würde sich bei einer CO2-Steuer im Gebäudesektor Gleichheit der Vermeidungskosten unabhängig vom eingesetzten Energieträger oder von der Gebäudegeometrie einstellen. Bezüglich der untersuchten nationalen Instrumente Deutschlands ergibt sich somit eine große Spanne der Vermeidungskosten. Während die Emissionsminderung im Gebäudesektor mit Nettoerträgen verbunden ist, verursacht sie im Bereich der erneuerbaren Energien hohe Kosten. Auch bei den anderen 62 Instrumenten des nationalen Klimaschutzprogramms ist zu vermuten, daß die Vermeidungskosten nicht gleich hoch sind. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit in der Emissionsvermeidung verlangt aber eine Auswahl der kostengünstigsten Maßnahmen. Befolgte man dies, so müßte die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für den Klimaschutz aufgegeben werden müssen, zum Beispiel zugunsten des beschlossenen europaweiten Emissionsrechtshandels. Der gesamte Mittelaufwand für die Förderung der erneuerbaren Energien im Jahre 2003 in Höhe von rund 2,8 Milliarden Euro würde ausreichen, um bei einem erwarteten Preis für ein europäisches Emissionszertifikat in Höhe von rund 14 Euro gehandelte Rechte für Emissionen in Höhe von mindestens 200 Millionen Tonnen CO2 zu erwerben. Diese Menge erreichte beinahe das Reduktionsziel von 213 Millionen Tonnen CO2, das nach einem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls anzustreben wäre. Wenn das Wirtschaftlichkeitsgebot der Konvention der UN zum Klimawandel beachtet würde und neben einem weltweiten Zertifikatshandel die flexiblen Instrumente - in Form des Clean Development Mechanism (CDM) oder Joint Implementation (JI) - genutzt würden, so könnte dieses Reduktionsziel mit noch geringeren Kosten erreicht werden. Anders gewendet: Deutschland könnte bei unverändertem Ressourceneinsatz seinen Beitrag zur weltweiten Reduktion von CO2 Emissionen um ein Vielfaches steigern. Der wissenschaftlichen Klarheit halber sei aber erwähnt, daß für die anderen oben erwähnten Ziele des EEG es geboten erscheinen mag, dieses weiterhin zu nutzen. ; The aim of this thesis is an assessment of the German CO2-abatement policy. Criteria used for the evaluation are those which were put forth by the United Nations as well as those provided by the economic theory concerning cost minimal emission abatement. In the empirical part of the thesis, relative and absolute costs of selective instruments of the German abatement policy are ascertained. The first part of the thesis illustrates the problems attributed to CO2-emissions, names the causes of these emissions and what kind of global remedies for emission avoidance were agreed upon. The goals of a global climate policy named in the UN convention on climate change and the following UN conferences on climate change are circumstantiated in detail. These global objectives are confronted with the goals of the European Union and the goals specified by Germany. In the following these abatement targets are taken as given and the further analysis aims solely on the appraisal of abatement policy instruments. Special attention is put on the question how the ranking of environmental policies changes when imperfections – market imperfections as well as political imperfections - are accounted for. The theoretical findings serve as a reference for an appraisal of abatement policies suggested by the UN as well as those carried out or planned by the EU and Germany. It will be shown that the policies foreseen by the UN are quite compatible with the norms put up by the first-best theory. In contrast, there is a high discrepancy of the European and German abatement policies compared to the first-best instruments of environmental economics and therefore with the norms of the international law. The fact is noteworthy that the European and German climate policy bases on the goals of the UN convention and the following climate change conferences, but not on the criterion of economic efficiency of abatement policies which is also defined in the convention. The second part of the thesis deals with two selective instruments of the German climate change policy: for one the programme for energy conservation in buildings and second the programme to promote the use of renewable energies. Of both programmes policy makers anticipate significant contributions to the reduction of CO2-emissions. The analysis of the German feed in tariff for renewable energies shows that the programme entails average marginal abatement costs of 95 € per ton CO2 in 2003. These costs are likely to rise until 2010 if the reduction goals of the Bundesregierung are realized. The instrument holds intra- and intersectoral inefficiencies: - The marginal abatement costs could be lower by setting an identical minimum price for all renewable power generation technologies instead of a price differentiated for each generation technology. The allocation efficiency criterion for which the marginal abatement costs for each source (here power generation technology) has to be equal is not met. - As the Bundesregierung de facto provides a set amount for the power generation from renewable sources the used instrument of a minimum price guarantee is not rational for the purpose. The instrument suitable to reach a quantity goal would be a purchase obligation for a defined quantity (quota) which would guarantee an efficient achievement of the appointed quantity. Of the analysed alternatives of a quantity approach, the bidding model is to be preferred. The abatement costs of the programme to promote the power generation from renewable sources could be lower by avoiding the observed intrasectoral inefficiencies. The programme for energy conservation in buildings uses standards on the energy use in buildings, e.g. by stipulating thermal insulation for buildings. The examination shows that the latest tightening of the energy performances values did not cause additional costs for investors. Assuming complete information concerning the consumption values of buildings, the individual cost minimization already leads to an energy performance of new buildings that are lower than the values required by the German EnEV. Thus the new energy performance standard would be redundant. Considering the new regulation as a means to overcome information deficits of incompletely informed investors or as an instrument to speed up adjustment processes, the regulation entails attitude changes. These result in negative marginal abatement costs for new buildings featuring a certain architecture (compact design) while other building designs (open constructions) show positive while low abatement costs. Concerning the analysed German national abatement policy instruments the results show a high range of abatement costs. While the emission reduction in the building sector is linked with net gains it generates high costs in the area of renewable energies. It stands to assume that the abatement costs of the other 62 instruments of the German national climate protection programme will not be equally high. But the precept of economic efficiency requires choosing least cost options. By following this requirement the promotion of power generation from renewable sources to aim for an emission abatement has to be abandoned, e.g. in favour of the agreed European Emission rights trading scheme. Following the requirement of cost effectiveness set by the UN convention on climate change and by utilizing not only the emission trading but also other flexible instruments - like clean development mechanisms (CDM) and joint implementation (JI) - this reduction goal could be reached with an even lower outlay. Differently put: Germany could increase its contribution to the global CO2-abatement by a multiple at an unchanged employment of resources.
Forschungskonzept Das Nachhaltigkeitsleitbild der Agenda 21 und die damit verknüpften Rollenerwartungen an die Privatwirtschaft sind ein Bezugsrahmen der vorliegenden Doktorarbeit. Die Agenda 21, ein zentrales Dokument der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED 1992), und Dokumente der Folgekonferenzen weisen der Privatwirtschaft eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung zu: Wirtschaftsunternehmen sollen Wertschöpfung auf der Grundlage umweltverträglichen Umgangs mit natürlichen Res-sourcen erreichen. Als verantwortungsvolle Unternehmen sollen sie die Interessen ihrer Anspruchsgruppen berücksichtigen, und diese Gruppen sollen ihrerseits die Privatwirt-schaft bei der Realisierung nachhaltiger Entwicklung unterstützen. Regierungsunabhängige Umweltorganisationen erwarten von der Privatwirtschaft umwelt-verträglichen Umgang mit natürlichen Ressourcen und üben entsprechend Druck auf Unternehmen aus. Die Literatur dokumentiert jedoch Konflikte zwischen dem Rollenver-ständnis der Privatwirtschaft und den Erwartungen internationaler Organisationen und zivilgesellschaftlicher Anspruchsgruppen. Seitens der Unternehmen bestehen Zweifel, ob die Anforderungen dieser Akteure angemessen sind und inwieweit sie die ihnen zuge-wiesene Verantwortung übernehmen sollen. Auf diese Problematik bezieht sich die vor-liegende, 2006 bis 2008 durchgeführte qualitative empirische Untersuchung. Das Ziel der Forschungsarbeit war, den Wissensstand zum Umgang kleiner bis mittelgro-ßer Produktionsunternehmen mit ihren Rohstoff liefernden natürlichen Ressourcen zu erweitern - ihrer Rolle in Marktketten, ihrer Beziehungen zu Stakeholdern und die Berück-sichtigung natürlicher Ressourcen durch ihr Management. Als Beispiel ausgewählt wur-den Holzmöbel erzeugende Unternehmen (Möbelhersteller), eine mittelständische Bran-che der holzverarbeitenden Industrie. Da Möbelproduktion hohe Wertschöpfung aus Roh-holz ermöglicht, erschien dieses Beispiel aufschlussreich im Hinblick auf die allgemeine Annahme der Agenda 21, hohe ökonomische Wertschöpfung aus Holz lasse Impulse für nachhaltige Waldwirtschaft erwarten. Die Untersuchung wurde in Regionen mit unter-schiedlichen gesellschaftlichen, volkswirtschaftlichen und insbesondere forst- und holz-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durchgeführt. Forschungsfragen waren: Wie stellt sich "Forst" aus der Sicht von Möbelherstellern dar? In welcher Beziehung stehen Möbelhersteller zu ihren Anspruchsgruppen und wie kom-munizieren sie "Forst" gegenüber diesen Gruppen? Wie berücksichtigen Möbelhersteller "Forst" in ihren Entscheidungen? Der Verfasser stellt diese Forschungsfragen unter den Oberbegriff "Forstrationalität". Das Konstrukt "Forstrationalität" umreißt, wie Entscheidungsträger in der Holzindustrie Wald-bewirtschaftung als ihre Rohstoffbasis wahrnehmen und in Entscheidungen einbeziehen. Es umfasst alle Aspekte der Wahrnehmung und Interpretation sowie des Verhaltens holz-verarbeitender Industrieunternehmen bezüglich ihrer Rohstoffquelle "Forst". Grundlagen hierfür sind Theorien der Ressourcenabhängigkeit (Pfeffer und Salancik 1978/2003; Steimle, 2008) und des Sensemaking (Weick 1995, 2001). Informationen zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden in drei Zentren der Möbel-industrie mit unterschiedlichen gesellschaftlichen und forstlichen Rahmenbedingungen in Brasilien und in Deutschland gewonnen: in Rio Branco do Acre (RBA) im brasilianischen Amazonasgebiet; in São Bento do Sul (SBS) in Südbrasilien und in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Deutschland. Die drei Regionen in zwei Ländern vergleichende Feldforschung stellte besondere Anforderungen an die Forschungsmethodik. Vorgehen und Aufbau der Erhebungsinstrumente waren in den drei Regionen identisch: Grundlegendes empirisches Wissen vermittelten Inhaltsanalysen von Fachzeitschriften der Möbelwirtschaft (1) sowie die Auswertung von Sekundärinformationen (2). Telefonische Leitfadeninterviews mit Ex-perten (3) beleuchteten die Unternehmensumfelder und gaben allgemeine Hinweise zum Verhalten von Entscheidungsträgern der Möbelindustrie. Das Spektrum der "Forstrationa-litäten" der Entscheidungsträger erschloss sich im persönlichen Kontakt bei Betriebsbesu-chen; in jeder Region wurden zwei Hersteller von Massivholzmöbeln und ein Hersteller von Möbeln aus Holzwerkstoffen ausgewählt (4). Ergebnisse der Fachzeitschriftenanalyse Die quantitative Inhaltsanalyse von Fachzeitschriften diente dazu, das Gesamtspektrum der für den Wirtschaftszweig Möbelindustrie relevanten Fachthemen kennen zu lernen und die relative Bedeutung der Themenfelder "Umweltschutz" sowie "Waldressour-cen/Forstwirtschaft" einzuschätzen. Zusammenfassend konnten folgende Schlüsse gezo-gen werden: 1. Die Themenfelder "Umwelt" und "Forst" interessieren in der Möbelindustrie, erhalten aber in der Fachpresse weniger Raum als Themenfelder wie Wirtschaft, Technologie und Wettbewerb. 2. Im Themenfeld "Umwelt" sind in Deutschland wie in Brasilien Aspekte des eigenen Produktionsstandortes (innerbetrieblicher Umweltschutz) die bedeutendsten Themen der Möbelindustrie. 3. In der brasilianischen Möbelindustrie stehen "forst"-bezogene Aspekte stärker im Fo-kus als in Deutschland. Ergebnisse der regionalen Fallstudien Ergebnisse der Untersuchungsphasen (2) bis (4) stellt die Dissertation in Form von drei regionalen Fallstudien mit identischer Gliederung vor: a) Rahmenbedingungen der Möbel-hersteller b) Nicht-marktliche Anspruchsgruppen c) Lieferanten von Holzprodukten d) Mö-belabnehmer e) Interaktion der Möbelhersteller untereinander f) Forst- und Umweltmana-gement. Die regionalen Fallstudien bestätigen die Einsicht aus der Fachzeitschriftenanalyse, dass die spezifische Situation des gesamten regionalen Sektors "Forst- und Holzwirtschaft" die brasilianischen Möbelhersteller stärker prägt als die in NRW. So fanden in RBA in jünge-rer Zeit einschneidende forst- und umweltpolitische sowie institutionelle Veränderungen statt, die neue Rahmenbedingungen für alle holzbe- und -verarbeitenden Unternehmen gesetzt haben. In der Region SBS beschäftigt "Forst" die Möbelhersteller ebenso wie an-dere Zweige der Holzwirtschaft wegen eingetretener oder in der Zukunft erwarteter Holz-knappheiten sowie angesichts staatlicher Kontrolle der Verwendung von Holz aus legaler Waldnutzung. In NRW werden hingegen die einheimische Waldbewirtschaftung ebenso wie die Verarbeitung von Vorprodukten aus nichttropischen Holzarten als unproblematisch wahrgenommen, forstliche Themen erscheinen nicht als kritisch im Makroumfeld der Mö-belindustrie. In NRW wie in SBS dominiert die Auseinandersetzung mit gesamt- und bran-chenwirtschaftlichen Kerndaten, mit nationalen und internationalen Markttrends sowie mit technologischen Entwicklungen die Agenda der Möbelhersteller. Die Möbelhersteller unterliegen der Aufsicht von Umweltbehörden. Die Kontrolle des in-nerbetrieblichen Umweltschutzes, zum Teil verknüpft mit Arbeitsschutz, zeigte sich in al-len drei Regionen als Schwerpunkt der Aktivität dieser Behörden. Anders als in Deutsch-land unterliegt in Brasilien die Holzbeschaffung durch holzbe- und -verarbeitende Betriebe behördlicher Kontrolle. Die Fachverbände der Möbelindustrie in allen drei Fallstudienregionen definieren als ihre zentrale Aufgabe die Vertretung der Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen gegenüber Politik und Gesellschaft. In beiden brasilianischen Fallstudienregionen, in denen forstbe-zogene Probleme die Möbelindustrie intensiv beschäftigen, sehen die Möbelindustriever-bände forstbezogene Angelegenheiten auch als ihre Aufgabe. In RBA agiert der Verband mit dem Ziel, die behördliche Registrierung von Möbelproduzenten des informellen Sek-tors voranzubringen und diese zur Verarbeitung von Holz aus legaler Waldnutzung zu verpflichten. In SBS haben die Möbelfachverbände in Perioden der Holzknappheit der Entwicklung der regionalen Forstwirtschaft und der Holzversorgung der Möbelindustrie große Aufmerksamkeit gewidmet; zur Zeit der Untersuchung drängten andere wirtschaftli-che Probleme die Waldthematik in den Hintergrund. Die durch die Forschungsarbeit erfassten Möbelhersteller stehen selten in direktem Kon-takt mit privaten Umweltorganisationen. Sie nehmen jedoch wahr, dass diese Organisa-tionen die Rahmenbedingungen der Möbelindustrie durch Verbraucherkampagnen, An-forderungen an die ersten Stufen der Forst-Holz-Wertschöpfungsketten und durch politi-sches Lobbying indirekt beeinflussen. Die Abhängigkeit der Möbelhersteller von Holzproduktlieferanten variiert in den drei Un-tersuchungsregionen. In NRW ist diese Abhängigkeit schwach ausgeprägt, weil die Mö-belhersteller Vorprodukte regional wie überregional problemlos einkaufen können und weil auch große Holzlieferanten Ansprüche der Möbelindustrie etwa bezüglich der Qualität, Abmessungen und Vorfertigung von Schnittholz und Holzwerkstoffen berücksichtigen. In Brasilien stellt sich die Situation anders dar. In SBS haben große bis mittelgroße Möbel-hersteller wegen der Unsicherheit der Holzversorgung und der Qualität von Vorprodukten aus Holz Schritte zur Rückwärtsintegration unternommen (eigene Sägewerke, vereinzelt eigene Bewirtschaftung von Kiefern-Plantagen) oder alternative Vorproduktquellen ge-sucht. In RBA stellt die behördlich kontrollierte Forderung, nur Holz aus "ordentlicher Waldwirtschaft" zu verarbeiten, die zu einem großen Teil staatlich geförderten Möbelher-steller des formellen Sektors vor Probleme. Denn ein hoher Anteil des entsprechenden regional verfügbaren Tropenholzes wird in Form von Holzhalbwaren in andere Regionen Brasiliens verkauft oder exportiert. Für die Möbelhersteller in RBA sind die Einkaufspreise hochwertiger Holzvorprodukte, insbesondere wenn diese aus zertifiziertem Holz erzeugt werden, deshalb in den letzten Jahren stark gestiegen, während die Möbelpreise aufgrund der Konkurrenz zahlreicher kleiner informeller Produzenten, aber auch durch das Angebot kostengünstig produzierter Serienmöbel aus Südbrasilien unter Druck stehen. Nur wenige gut organisierte Möbelhersteller in RBA scheinen bislang tragfähige Strategien zu verfol-gen, um diesem Dilemma zu begegnen. Die Beziehung von Möbelherstellern zu ihren Abnehmern ist in allen drei Fallstudienregio-nen durch Abhängigkeiten der Möbelhersteller geprägt. In RBA hängen formell registrierte Möbelhersteller stark von öffentlichen Aufträgen ab. In SBS sind Möbelhersteller von der Serienproduktion für den Exportmarkt abhängig; vielfach geben Auslandskunden die Mo-delle vor und haben großen Einfluss auf die Möbelpreisbestimmung. Beim Möbelabsatz im Inland stehen die Hersteller in NRW wie in SBS großen Einkaufsverbänden oder Kon-zernunternehmen des Möbeleinzelhandels gegenüber. In allen drei Regionen erhält die Möbelindustrie von ihren unmittelbaren Möbelabnehmern wie von Endverbrauchern nur schwache "Forst"-Signale - die Herkunft des für die angebo-tenen Möbel verarbeiteten Holzes aus "legaler" oder "nachhaltiger" Waldbewirtschaftung ist allenfalls ein nachrangiges Einkaufskriterium bzw. ist sie nur in Marktnischen relevant. Eine Ausnahme bilden die öffentlichen Auftraggeber in RBA, deren Möbelbeschaffung explizit den Aufbau nachhaltiger regionaler Forst-Holz-Wertschöpfungsketten in Acre stüt-zen soll. Experten der drei Untersuchungsregionen bezeichneten die Interaktion von Möbelherstel-lern untereinander als wenig kollegial, sondern wettbewerbsgeprägt. Unternehmen koope-rierten primär in für den Wettbewerb wenig relevanten Bereichen (z.B. gemeinsame Mes-sebesuche im Ausland). Die Initiative zu intensiverer Kooperation gehe häufig von Ver-bänden oder staatlichen Organisationen aus. Die Unternehmensbesichtigungen und Gespräche mit Experten zeigten, dass die in die Untersuchung einbezogenen Möbelhersteller nicht über ein systematisch aufgebautes Umweltmanagement verfügen. Die Beschäftigung mit Umweltproblemen orientiere sich vorwiegend an den für sie relevanten umweltrechtlichen Vorschriften. In NRW befolgen die Möbelhersteller nach Experteneinschätzung durchweg die Umweltauflagen; ihre Pro-duktionsbetriebe unterliegen strengen Kontrollen der Umweltbehörden. In Brasilien um-fassen behördliche Umweltschutzanforderungen für Möbelhersteller zusätzlich zum inner-betrieblichen Umweltschutz auch die Auflage, die Holzherkunft aus legaler Waldnutzung nachzuweisen. Bezüglich der Umsetzung der Umweltschutzanforderungen auf betriebli-cher Ebene ergab sich in beiden brasilianischen Regionen ein differenziertes Bild. Theoriebezogene Ergebnisinterpretation Der Verfasser versuchte zu verstehen, wie Unternehmer und Manager in der holzverar-beitenden Industrie das eigene Umfeld wahrnehmen und deuten, wie sie Entscheidungen treffen und begründen. Im Fokus stand die Forstrationalität von Entscheidungsträgern in möbelerzeugenden Unternehmen. Von ihm verfolgte Interpretationsansätze waren: 1. die Unterscheidung von Anlässen forstbezogenen Verhaltens der Möbelhersteller; 2. die Unterscheidung von Verhaltensbezugsebenen und Zeithorizonten; 3. die Prüfung, inwieweit das spezifische Verhalten bezüglich der für die Möbelher-stellung beanspruchten natürlichen Ressource Wald generellen Verhaltensmu-stern von Entscheidungsträgern in Produktionsunternehmen entspricht. Zu (1) Anlässe forstbezogenen Verhaltens Gefragt werden kann nach der wahrgenommenen Dringlichkeit forstbezogener Signale, die ein Möbelhersteller aus seinem Umfeld erhält: Können Anspruchsgruppen aus seiner Sicht ein bestimmtes forstbezogenes Verhalten verlangen bzw. erzwingen? Die Fallstudi-en legen den Schluss nahe, dass Möbelhersteller Einflüsse von Produktketten-externen Anspruchsgruppen wahrnehmen und reflektieren. Die Intensität wahrgenommener An-sprüche ist jedoch offenbar nur selten so hoch, dass sie Reaktionen der Möbelhersteller auslöst. In der Untersuchung erkennbar waren aber Verhaltensänderungen brasilianischer Möbelhersteller nach Einführung der DOF-Dokumentation zum Nachweis der Beschaffung von Holz aus legalen Quellen. Im Umkehrschluss lässt sich vermuten, dass Möbelherstel-ler forstbezogene Themen aus ihren Umfeldern vorwiegend als Signale wahrnehmen, die sie ihrem Selbstverständnis entsprechend individuell bewertet mit ihren Strategien ver-knüpfen, die sie aber auch ignorieren können. Die Art der für die Herstellung eines Möbelstücks verwendeten Holzvorprodukte bzw. die Materialkombination lenkt die Aufmerksamkeit von Möbelkäufern mehr oder minder stark auf den Bezug zum "Forst", wodurch auch die Forstrationalität der Möbelhersteller beein-flusst wird. In der Untersuchung ergaben sich diesbezüglich Unterschiede des Selbstver-ständnisses und der Marketingkommunikation zwischen Herstellern von Möbeln aus Holzwerkstoffen und aus Massivholz, bei den letzteren wiederum bezüglich der Möbelher-stellung aus Tropenholz oder nicht-tropischen Holzarten. Hersteller von Massivholzmö-beln stellten häufig einen Bezug ihrer Möbel zur Natur oder zum Wald her. Dabei betonten Hersteller von Tropenholzmöbeln die Individualität einzigartiger Holzarten aus artenrei-chen Naturwäldern; Hersteller von Möbeln aus nicht-tropischen Holzarten hingegen hoben die Herkunft der Möbelhölzer aus nachhaltig bewirtschafteten "nicht-tropischen" Wäldern hervor. Hersteller von Holzwerkstoffmöbeln argumentierten "ökologisch" mit den Vorteilen hoher Holzausbeute bei der Herstellung und Verarbeitung von Holzwerkstoffen, wodurch Waldressourcen geschont würden. Die brasilianischen Möbelhersteller sehen sich mit Ungewissheiten der Holzversorgung konfrontiert; sie interpretieren diese unterschiedlich, auch innerhalb der beiden Fallstudi-enregionen. In allen drei Untersuchungsregionen bekannten sich die in die Untersuchung einbezogenen Möbelhersteller zur Verarbeitung von Holz aus unbedenklichen Quellen. Sie erwarten Absatzrisiken für den Fall diesbezüglicher Zweifel ihrer Abnehmer. Gegen-wärtig sei kritisches Hinterfragen der Herkunft von Möbelhölzern seitens der Möbelab-nehmer jedoch selten und beziehe sich vorwiegend auf Tropenholz. Zu (2) Verhaltensbezugsebenen und Zeithorizonte Waldbewirtschaftung ist nur in wenigen Fällen ein eigenes Tätigkeitsfeld von Möbelher-stellern. Mit ihrem forstbezogenen Verhalten ergreifen Möbelhersteller folglich in der Re-gel nicht unmittelbar forstwirtschaftliche Maßnahmen, sondern beeinflussen diese indirekt oder reagieren auf die von anderen Akteuren gesetzten Forstthemen. Dies erfolgt zum einen durch Auswahl der für die Möbelproduktion eingesetzten Materialien und deren Be-schaffung, also durch ein direkt an die Möbelproduktion gebundenes Verhalten. Zum an-deren geschieht dies durch den Umgang und die Kommunikation mit Anspruchsgruppen im unmittelbaren Umfeld und im Makroumfeld. Materialorientiertes Verhalten und die Be-ziehungen zu Anspruchsgruppen stehen jedoch nicht isoliert nebeneinander, sondern können miteinander verknüpft sein, etwa weil bei Materialwahl-Entscheidungen das Ver-trauen zu Lieferanten und Abnehmerpräferenzen berücksichtigt werden. Mit Blick auf die Zeithorizonte der Entscheidungen von Möbelherstellern machte die Ana-lyse deutlich, dass in deren Kurzfristperspektive Forstrationalität von untergeordneter Be-deutung ist und andere Aspekte der Unternehmensumfelder im Vordergrund stehen (z.B. Holzversorgung für das aktuelle Produktionsprogramm und Wettbewerb). In der mittel- und langfristigen Zeitperspektive hingegen erhalten forstbezogene Überlegungen und Maßnahmen (wie Einsatz alternativer Holzvorprodukte oder Verwendung von Holz aus zertifizierter Waldbewirtschaftung) größeres Gewicht. Zu (3) Spiegelt Forstrationalität generelle Verhaltensmuster? Etliche der in der Forschungsarbeit registrierten Ausprägungen von Forstrationalität der Möbelhersteller lassen sich allgemeinen Verhaltensmustern von Entscheidungsträgern in Wirtschaftsunternehmen zuordnen: Legitimation: Die in die Untersuchung einbezogenen Möbelhersteller in allen drei Unter-suchungsregionen hoben hervor, ihr eigenes forstbezogenes Verhalten, insbesondere die Wahl der verarbeiteten Holzvorprodukte, sei gesetzeskonform und ökologisch unbedenk-lich. Diesen Standpunkt vertraten sie unabhängig von ihren jeweiligen Möglichkeiten, die Rohstoffquellen der beschafften Materialien zu beurteilen und zu beeinflussen. Anpassung: Die Möbelhersteller reagieren auf Anforderungen aus ihren Umfeldern, etwa auf behördliche Vorschriften und Kontrollen, Kritik von Umweltschutzverbänden, Nachfra-ge von Verbrauchern oder veränderte Wettbewerbsbedingungen. Solche Reaktionen schließen auch das forstbezogene Verhalten ein, wobei Vermeidung (zum Beispiel Ver-zicht auf die Verarbeitung von Tropenholz) ein alternatives oder komplementäres Verhal-ten sein kann. Antizipation: Unternehmen entwickeln Antizipationsstrategien, um sich auf erwartete zu-künftige Herausforderungen, Risiken und Chancen frühzeitig einzustellen. Dieses Verhal-ten zeigten Möbelhersteller in allen drei Untersuchungsregionen, etwa in ihrem Umgang mit der Forst-Holz-Produktketten-Zertifizierung oder der Erprobung neuer Holzarten und Holzwerkstoffe. Innovation: Sie ist eine Form der Umsetzung von Anpassung und Antizipation, ist aber für die Massivholz-Möbelhersteller auch eine eigenständige Verhaltensform. Zum Teil haben sie dabei Aspekte der Waldbewirtschaftung (besonders deutlich bei den Möbelherstellern in SBS, die Plantagenbewirtschaftung als neues Geschäftsfeld integriert haben) und der Weiterentwicklung ihrer Rohstoffbasis von vornherein im Blick, zum Teil ergeben sich se-kundäre Effekte für die Forstwirtschaft. Die vorliegende Untersuchung zur "Forstrationalität" holzverarbeitender Unternehmen hat gezeigt, dass Möbelhersteller Stärken und Schwächen der Waldnutzung in ihrer Standort-region wahrnehmen und forstbezogene Entscheidungen reflektiert treffen. Wie sie ent-scheiden, hängt von den Rahmenbedingungen der Industrie, dem Verhalten ihrer An-spruchsgruppen, von den spezifischen Unternehmensstrategien, auch von Wertvorstel-lungen der Eigentümer und Manager ab. Ihnen stehen bestimmte staatliche und private Anspruchsgruppen mit Erwartungen gegenüber, die dem Konzept nachhaltiger Entwick-lung der Agenda 21 entsprechen. Die Unternehmensbeispiele der Fallstudien zeigen ein-zelne Ansatzpunkte für die Verwirklichung nachhaltiger Entwicklung in waldreichen Re-gionen durch die Herstellung von Möbeln. Jedoch erscheint das gegenwärtige forstbezo-gene Verhalten der Möbelhersteller nicht umfassend nachhaltigkeitsorientiert, sondern pragmatisch selektiv abgestimmt auf die Erfordernisse, Interessen und Handlungsmög-lichkeiten der Unternehmen. Potenzial der Möbelindustrie, höhere Wertschöpfung durch immaterielle Phasen der Produktion (ihr Marketing, speziell die Produktgestaltung) zu erreichen, ist vorhanden. Auf der Grundlage neutraler Nachhaltigkeitsüberprüfung in der Holzwertschöpfungskette durch anerkannte Forstzertifizierungs-Systeme könnten von Holzmöbelherstellern durchaus stärkere Impulse für die Entwicklung und Aufrechterhal-tung nachhaltiger Forstwirtschaft ausgehen. Abschließend seien die theoretischen Erklärungsansätze Ressourcenabhängigkeit und Sensemaking angesprochen, denen in dieser Forschungsarbeit gefolgt wurde. Der Zu-sammenhang zwischen beiden ist bereits aus Pfeffer (1978) ableitbar. Steimle (2008) stellt diesen Zusammenhang explizit her, um das Nachhaltigkeitsverhalten von Unter-nehmen theoretisch zu erklären. Auch der Verfasser kombinierte beide Ansätze: Das Konzept der Ressourcenabhängigkeit war hilfreich bei der Analyse der Umfeldeinbettung der Möbelhersteller und bei der Interpretation ihrer Beziehungen zu bestimmten An-spruchsgruppen; der Sensemaking-Ansatz erleichterte es, die Umfeldwahrnehmung aus Sicht der Entscheidungsträger in der Möbelindustrie und ihr forstbezogenes Verhalten zu verstehen. ; Research concept The guideline to sustainability provided by Agenda 21, and the associated expectations of private enterprise with respect to their role in sustainability, represent a frame of reference for the study presented in this Ph.D. thesis. Agenda 21, a central document of the United Nations Conference on Climate and Development (UNCED 1992), and documents pro-duced by the following conferences attribute a central role to private enterprise in the real-isation of sustainable development. Commercial enterprises are expected to create value on the basis of an environmentally acceptable use of natural resources. Responsible en-terprises should accommodate the interests of the respective stakeholder groups, and these groups should in turn support private enterprise in the achievement of sustainable development. Non-governmental environmental organisations' expectations of private enterprise revolve around the environmentally appropriate use of natural resources and, accordingly, they exert pressure on businesses to do so. Nevertheless, the literature documents conflicts between commercial enterprise's understanding of its role and the expectations of interna-tional organisations and civil stakeholder groups. From the perspective of enterprise, doubts exist over whether the demands of these actors are reasonable and over the ex-tent to which commercial enterprise should assume the responsibility attributed to it. The objective of this study was to deepen the knowledge of the use by small and medium sized enterprises (SMEs) of the natural resources providing the raw materials necessary for their production activities – their role in market chains, their relationships with stake-holders and the consideration given to the management of natural resources. Enterprises manufacturing wood furniture were chosen for the study, as a representative example of an SME branch within the wood processing industry. As furniture production facilitates high value creation from raw wood, this example was deemed to be revealing with respect to the general assumption of Agenda 21 that high economic value creation from wood generates impulses for sustainable forestry. The investigation was carried out in regions with contrasting social, economic and especially forest and wood industry framework con-ditions. The research questions were: How do furniture manufacturers perceive 'forestry'? What is the relationship between furniture producers and the corresponding stakeholder groups, and how do they communicate 'forestry' to these groups? How do furniture producers ac-count for 'forestry' in their decisions? The author posed these questions under the overarching concept 'forest rationality.' The 'forest rationality' construct outlines how decision makers in the wood industry perceive forest management as the basis of their raw material supply, and how they account for it within decision making. It incorporates all aspects of the perception and interpretation, as well as the behaviour of wood processing enterprises with respect to the source of their raw material, 'forestry.' The basis for this is theories relating to resource dependence (Pfeffer and Salancik 1978, 2003; Steimle, 2008) and 'sensemaking' (Weick 1995, 2001). The information used to answer the research questions was obtained from three centres of the furniture industry in Brazil and in Germany, each with different social and forestry framework conditions. The three centres were in Rio Branco do Acre (RBA) in the Bra-zilian Amazon, in São Bento do Sul (SBS) in southern Brazil and in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Germany. The comparative data collection carried out in the three regions posed particular demands in terms of the research methods. The approach chosen and the design of the data collection instruments were identical in the three regions. Funda-mental empirical knowledge was provided by means of a content analysis of furniture in-dustry journals (1) and the evaluation of secondary information (2). Guided telephone interviews with experts (3) illuminated the environments in which the enterprises operate and provided general insights into the behaviour of decision makers in the furniture in-dustry. The spectrum of forestry reasoning of the decision makers was further developed through personal contact made during visits to companies. In each region two producers of solid wood furniture and a producer of furniture from derived timber products were se-lected (4). Results of the journal analysis The quantitative content analysis of industry journals served to provide information about the overall spectrum of issues relevant for the furniture industry, and allowed for an as-sessment of the relative significance of the issues 'environmental protection' and 'forest resources/forestry.' The conclusions may be summarised as follows: 1. The issues 'environment' and 'forestry' are of interest within the furniture sector, but receive less attention in the industry press than topics such as economics, technology and competition. 2. In the furniture industry in both Germany and Brazil, the most important themes under the heading 'environment' are aspects concerning the local production site (enterprise-internal environmental protection). 3. 'Forestry'-related aspects are the focus of greater attention within the Brazilian fur-niture industry than the German. Results of the regional case studies The results of the research phases (2) to (4) are presented in the dissertation in the form of three regional case studies with an identical structure, namely a) the framework condi-tions affecting furniture manufacturers, b) non-market stakeholder groups, c) suppliers of wood products, d) furniture consumers, e) interaction between furniture manufacturers, f) forest and environmental management. The regional case studies confirmed the view provided by the analysis of the industry press that the specific situation of the entire regional 'forestry and wood industry' affects the Brazilian furniture manufacturers more so than those in NRW. In RBA there have re-cently been drastic changes in forestry and environmental policy, as well as institutional changes, which have generated new framework conditions for all wood producing and processing enterprises. In the SBS region 'forestry' occupies furniture manufacturers as much as other branches of the wood sector due to existing or expected future shortages of wood, and as a consequence of state control over the use of wood from legitimate forestry. In NRW, on the other hand, native forest management and the processing of materials derived from non-tropical tree species are considered to be unproblematic, and forestry-related themes do not appear to be critical in the macro-environment of the furni-ture industry. In NRW and in SBS the issue of core economic data for the sector as a whole, and branches within the sector, of national and international market trends and of technological developments dominate the agenda of the furniture manufacturers. The furniture manufacturers are subject to restrictions imposed by environmental authori-ties. The control of enterprise-internal environmental protection, linked in part with work safety, was identified as a focus of the activities of these authorities in all three regions. Unlike in Germany, in Brazil the sourcing of wood by wood processing enterprises is sub-ject to official control. The representative associations within the furniture industry in all three case study regions define as their central task the representation of the interests of their member organisa-tions to policy makers and society. In both Brazilian case study regions, in which forestry-related problems greatly occupy the furniture industry, the furniture industry associations also view forestry-related matters as being within their remit. In RBA the responsible as-sociation is seeking to advance the official registration of furniture manufacturers within the informal sector and to oblige them to process only wood obtained from legal sources. In SBS the furniture associations have focused considerable attention on the development of regional forestry and the supply of wood to the furniture industry in periods of wood shortage. At the time of this study, however, other economic problems had pushed the issue of forestry into the background. It was observed that the furniture producers studied as part of the research are rarely in direct contact with private environmental organisations. However, they are aware that these organisations indirectly influence the framework conditions affecting the furniture industry through consumer campaigns, by placing demands on the first links of the forest-wood value chain and through political lobbying. The dependence of the furniture producers on the suppliers of wood products varies be-tween the three study regions. This dependency is weak in NRW because the furniture manufacturers can source materials regionally and beyond without any difficulties, and because large wood suppliers take into consideration the demands of the furniture in-dustry with respect to quality, dimensions and the preparation of sawn wood and derived timber materials. This contrasts with the situation in Brazil. In SBS large to moderately large furniture manufacturers have taken a number of steps towards backward vertical integration (establishment of own sawmills, in some cases resorting to the management of pine plantations) or have sought alternative sources of pre-finished materials. The rea-sons for this are the uncertainty of the wood supply and the quality of the pre-finished wood products. In RBA the statutory requirement that only wood derived from 'legitimate sources' be used in manufacturing poses problems for the largely state-sponsored furni-ture manufacturers in the formal sector. A large proportion of the regionally available tropical wood is sold in or exported to other regions of Brazil in the form of part-wood goods. The prices paid by furniture manufacturers for high quality pre-finished wood pro-ducts, particularly those made of certified wood, have increased considerably in recent years, whereas furniture prices are under great pressure due to competition from numer-ous small, informal manufacturers and as a result of the supply of cheaply manufactured, mass produced furniture from southern Brazil. As yet, only a few well-organised furniture manufacturers in RBA appear to have adopted a strategy capable of countering this di-lemma. In all three regions the relationship between furniture manufacturers and their customers is characterised by dependencies of the furniture manufacturers. In RBA formally regis-tered furniture manufacturers are greatly dependent upon public contracts. In SBS furni-ture manufacturers are dependent upon mass production for the export market, with inter-national customers often specifying the models and exerting a considerable influence on price setting. In terms of national sales, the manufacturers in NRW and in SBS are pitted against the large purchasing associations and groups within the furniture retail industry. In all three regions the furniture industry receives only weak 'forestry' signals from its di-rect costumers and end users – that the wood used in the furniture provided is sourced from 'legal' or 'sustainable' forest management is, at best, a subordinate purchase cri-terion, or is only relevant in niches within the market. The public clients in RBA are an exception as their furniture acquisitions are explicitly intended to support the development of sustainable regional forest-wood value chains in Acre. Experts from the three research regions characterised the interaction between furniture manufacturers as competitive, with little cooperation evident. Any cooperation between the enterprises occurs primarily in those areas that are of little relevance for competition (e.g., visits to exhibitions abroad). Initiatives prompting intensive cooperation often stem from associations or governmental organisations. The visits to the enterprises in the three regions and discussions with the experts revealed that the furniture manufacturers involved in the study do not possess a systematically de-veloped system of environmental management. Consideration of environmental problems is oriented primarily towards the relevant environmental regulations. According to the ex-perts, in NRW the furniture manufacturers adhere to the rules. Their production facilities are subject to strict controls by the environmental authorities. In Brazil the statutory envi-ronmental regulations for furniture manufacturers include not only the enterprise-internal environmental protection stipulations but also the means to demonstrate that the wood used stems from legal sources. The implementation of the environmental protection re-quirements at operational level was found to be variable in the two Brazilian regions. Interpretation of the results in a theoretical context The author sought to understand how entrepreneurs and managers in the wood process-ing industry perceive and interpret their own environment; how they make and justify deci-sions. The focus was on the forestry reasoning exhibited by decision makers in furniture manufacturing enterprises. The interpretative approaches followed were: 1. The differentiation of motives for forestry-relevant behaviour displayed by furniture manufacturers; 2. The differentiation of behavioural planes of reference and time horizons; 3. The examination of the extent to which the specific behaviour with respect to the forest resource, as the principal source of the raw material used in the manufac-ture of furniture, corresponds to the general behavioural patterns of decision mak-ers in manufacturing enterprises. On (1) motives for forestry-related behaviour One might enquire as to the perceived urgency of the forestry-related signals that a furni-ture manufacturer receives from his environment: can, as far as the manufacturer is con-cerned, stakeholder groups demand or even force a certain forestry-related behaviour? The case studies suggest that furniture manufacturers perceive and take into consider-ation influences exerted by stakeholder groups external to the product chain. It would ap-pear, however, that the intensity of the perceived demands is rarely so high as to cause a reaction on the part of the manufacturers. Changes in the behaviour of Brazilian manufac-turers did become evident in the study after the introduction of the DOF documentation requiring that they be able to prove the wood they use is sourced legally. Conversely, it can be assumed that furniture manufacturers predominantly perceive forestry-related themes within their environment as signals, which they assess individually on the basis of their own beliefs and either integrate within their strategies or ignore. The type of pre-finished wood product – or combination of materials – used in the manu-facture of a piece of furniture serves to focus the attention of furniture buyers onto the relationship with 'forestry' to a greater or lesser extent, through which the forestry reason-ing of the manufacturers is also influenced. The investigation revealed differences in understanding and in marketing approaches between the manufacturers of furniture made of derived timber products and those of furniture made from solid wood; and in the latter case there was a further distinction between users of tropical and non-tropical tree spe-cies. The manufacturers of solid wood furniture often draw a link between their furniture and nature or the forest. Manufacturers of furniture made with tropical wood emphasise the individuality of unique types of wood stemming from natural forests rich in species. The manufacturers of furniture using non-tropical species, alternatively, accentuate the fact that their wood stems from sustainably managed 'non-tropical' forests. Manufacturers using derived timber products base their 'ecological' arguments on the advantages of the low levels of waste in the production and processing of derived timber products, as a re-sult of which forest resources are used more efficiently. The Brazilian furniture manufacturers are concerned by the uncertainties surrounding the supply of wood. The associated problems are perceived differently by different manufac-turers, even within the two case study regions. In all three study regions the furniture manufacturers involved in the study avowed the use of wood from legitimate sources, and expect risks to their sales if their customers were to have doubts in this regard. At present there is little critical scrutiny of the origins of the wood used in furniture by the consumer, however, and that which exists focuses predominantly on the use of tropical wood. On (2) behavioural planes of reference and time horizons In only very few cases is forest management an activity undertaken by furniture manufac-turers. The forestry-related behaviour of the furniture manufacturers does not involve di-rect participation in forest management operations, but rather in influencing these indi-rectly, or in reacting to the forest issues taken up by other actors. This is expressed in the choice of the materials used in furniture manufacture, and in their procurement; that is, through behaviour linked directly to furniture manufacture. It is also expressed in the communication with stakeholder groups situated in the enterprises' immediate surround-ings and in their macro-environment. Material-oriented behaviour and the relationship with stakeholder groups are not independent issues but may be linked; for example, because in decisions concerning material selection the manufacturer's trust in the supplier and the preferences of the consumers are taken into consideration. In terms of the time horizons of the decisions made by furniture manufacturers, the analy-sis made clear that forestry reasoning plays a subordinate role in their short term perspec-tive, and that other aspects are of greater importance for the enterprises in question (e.g., wood supply for the current production programme and competition). Forestry-related considerations and measures (e.g., the use of alternative pre-finished wood products or the use of certified wood) are afforded greater weighting in the medium to long term. On (3) whether forest rationality reflects general patterns of behaviour Many of the forms of forest rationality of the furniture manufacturers identified in the re-search can be matched to general behavioural patterns of decision makers in commercial enterprises: Legitimacy: The furniture manufacturers from all three regions involved in the study em-phasised that their own forestry-related behaviour complies with the law and is ecologi-cally sound, particularly the choice of pre-finished wood products. They adopted this posi-tion irrespective of their abilities to judge or influence the sources of the raw materials pro-cured. Adaptation: The furniture manufactures react to demands from their environment, such as statutory regulations and controls, criticism from environmental protection associations, requests from customers and altered competition conditions. Such reactions also incorpo-rate their forestry-related behaviour, with avoidance (e.g., avoiding the use of tropical wood) a possible alternative or complementary behaviour. Anticipation: Enterprises develop anticipation strategies in order to prepare in advance for expected future challenges, risks and opportunities. This behaviour was exhibited by furni-ture manufacturers in all three study areas; for example, in their manner of dealing with forest-wood product chain certification and in the testing of new wood types and derived timber products. Innovation: Innovation is a form of manifestation of adaptation and anticipation, but is also a distinct form of behaviour in the case of the manufacturers of solid wood furniture. They have, to a certain extent, aspects of forest management (particularly evident in the case of the furniture manufacturers in SBS that have integrated plantation management as a new area of operations) and the further development of their raw material base firmly in focus from the outset. There are also secondary effects for forestry. This study of the 'forest rationality' of wood processing enterprises shows that furniture manufacturers perceive the strengths and weaknesses associated with forest utilisation in their regions, and that they reflect carefully on forestry-related decisions. The decisions they make depend on the framework conditions within the industry, the behaviour of the associated stakeholder groups, the strategy of the specific enterprise and on the ideals of the owners and managers. They are confronted by the expectations of certain state and private stakeholder groups; expectations that correspond with the concept of sustainable development espoused by Agenda 21. The enterprises included in the case studies re-vealed individual starting points for the achievement of sustainable development in forest-rich regions through the production of furniture. However, the current forestry-related be-haviour of the manufacturers is not comprehensively geared towards sustainability. Rather it is pragmatically selective, tailored to the needs, interests and possible courses of action available to the respective enterprise. The potential for furniture manufacturers to achieve greater value creation in the non-material phases of the production process (marketing, and especially product design) exists. On the basis of neutral sustainability assessments in the wood value creation chain, carried out by recognised forestry certification systems, it is certainly possible for manufacturers of wood furniture to create greater impulses for the development and maintenance of sustainable forestry. Finally, to the theoretical approaches offering a potential explanation considered in the study, namely resource dependence and 'sensemaking.' The connection between the two could already be inferred from Pfeffer (1978). Steimle (2008) revealed the link between the two explicitly, in order to explain theoretically the sustainability behaviour of enter-prises. The author of this study also combined both approaches. The concept of resource dependence was helpful in the analysis of how embedded manufacturers are in their envi-ronment, and in the interpretation of their relationship with certain stakeholder groups. The 'sensemaking' approach rendered it easier to understand the perception by decision mak-ers in the industry of their business environment and their forestry-related behaviour.
Ein leistungsstarkes, international wettbewerbsfähiges Innovationssystem setzt voraus, dass Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ihre Kräfte in neuartigen Innovationsprozessen vereinen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die nur im Zusammenwirken ihrer unterschiedlichen Perspektiven, Kompetenzen und Ressourcen möglich werden. Dieses Innovationsparadigma entwickelte sich erst im Laufe des letzten Jahrzehnts, ist heute auf deutscher und europäischer Ebene jedoch bereits prägend für die politische Steuerung des Innovationsgeschehens. Es gründet auf den heute gesteigerten Leistungsanforderungen an Forschung und Innovation, deren Güte sich nicht mehr alleine an Erkenntnisgewinn und Neuartigkeit bemisst, sondern zunehmend an ihrem weitreichenderen Nutzen. Forschung und Innovation sollen durch effektiven Wissens- und Technologietransfer die Wirtschaft stärken, mit disruptivem Potenzial und gleichsam auf verantwortliche Weise gesellschaftsrelevante Fragestellungen adressieren, transformativen Wandel anstoßen und damit zur Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen beitragen. Der Schlüssel, um all diesen Ansprüchen gerecht zu werden – darin stimmen politische Steuerungskonzepte und die Innovationsforschung überein –, heißt Kollaboration. Dem theoretischen Modell der Quadruple Helix folgend, sollen Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft im Zusammenspiel ihrer jeweiligen Stärken eine neue Qualität in Forschung und Innovation erzielen. In der Praxis bedeuten der Einbezug neuer Akteure in das Innovationsgeschehen und die Weiterentwicklung traditioneller organisationaler Innovationskonzepte hin zu einer kollaborativen Logik jedoch eine fundamentale Veränderung der Innovationsziele, der Innovationspraktiken und damit auch der Rolle jedes einzelnen Akteurs im Gefüge des Innovationssystems. Für diesen Transformationsprozess liefern weder der politische noch der wissenschaftliche Diskurs, die sich vor allem auf die Ebene des Innovationssystems beziehen, konkrete Ansatzpunkte, an denen sich die Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft orientieren können. Welche Rolle können und sollen Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Start-ups, Ministerien oder Bürgerinnen und Bürger heute und zukünftig in den neuen, kollaborativen Innovationsprozessen einnehmen? An dieser Frage setzt die vorliegende Dissertation an. Ihr Ziel ist es, ein tiefgehendes Verständnis dafür zu schaffen, in welcher Weise die zahlreichen und heterogenen Akteure in kollaborativen Innovationsprozessen nach dem Modell der Quadruple Helix zusammenwirken. Dazu wird das kollaborative Innovationshandeln unter einer Geschäftsmodell-Perspektive betrachtet: Mittels einer qualitativen empirischen Analyse von 17 Quadruple-Helix-Netzwerken wird zum einen erforscht, in welcher Architektur aus funktionalen Rollen die 184 in den Netzwerken involvierten Akteure zusammenwirken, um einen Innovationsmehrwert im Sinne der eingangs dargestellten neuen Leistungsanforderungen zu erzielen. Zum anderen wird untersucht, welche Ertragsmodelle die einzelnen Akteure zur Übernahme ihrer jeweiligen Rolle incentivieren. Durch einen neuen, für diese Arbeit eigens entwickelten methodischen Ansatz der empirisch begründeten Typenbildung gelingt es erstmals, 25 typische Rollen und deren Ertragsmodelle zu beschreiben und damit aufzuzeigen, wie kollaborative Forschungs- und Innovationsprozesse auf Akteurs-Ebene funktionieren. Dies bildet den empirischen Kern der Dissertation. In drei daran anschließenden empirischen Studien wird das Verständnis bezüglich des Geschäftsmodells kollaborativer Innovation weiter vertieft: Mit einem Blick in unterschiedliche, auf Forschung und Entwicklung ausgerichtete Unternehmen und Forschungseinrichtungen untersucht die erste Studie, inwieweit das kollaborative Innovationsparadigma aus Innovationsforschung und Innovationspolitik bereits Eingang in die Innovationspraxis gefunden hat. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass organisationale Logiken das Innovationshandeln in den untersuchten Unternehmen und Forschungseinrichtungen weiterhin prägen. Jedoch besteht ein deutliches Bewusstsein für die eingeschränkte Leistungsfähigkeit derartiger Innovationsprozesse sowie für die Mehrwerte kollaborativer Ansätze. Aus dem Bestreben, die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der eigenen Organisation zu sichern, resultiert ein hohes Interesse – insbesondere der Unternehmen – an kollaborativer Innovation. Dieses Interesse mündet in der Praxis jedoch in ein Phänomen, welches in der Studie als neue lineare Innovationsprozesse bezeichnet und bezüglich seines Innovationsmehrwertes kritisch reflektiert wird. Die zweite Studie analysiert die Rolle der Gesellschaft als neustes der vier Teilsysteme der Quadruple Helix und beleuchtet vor allem das kontroverse Rollenverhältnis zwischen wissenschaftlichen Expertinnen und Experten und außerwissenschaftlichen, gesellschaftlichen Akteuren. Die Ergebnisse zeigen auf, dass das gesellschaftliche Bedürfnis nach Partizipation in Forschung und Innovation nicht als Wunsch nach deren Demokratisierung fehlinterpretiert werden sollte. Stattdessen erhoffen sich die befragten gesellschaftlichen Akteure den bidirektionalen Dialog mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung über mögliche und wünschbare Zukünfte. Sich selbst sehen sie dabei in der Rolle eines "gesellschaftlichen Sensors". Die Studie trägt durch die Klärung der durch die Gesellschaft in kollaborativen Innovationsprozessen favorisierten Rolle dazu bei, Abwehrhaltungen gegen partizipative Ansätze – insbesondere auf Seiten der Wissenschaft – zu verringern. Mit einer Typologie von gesellschaftlichen Teilnehmenden kollaborativer Prozesse gibt sie darüber hinaus Hinweise zur Gestaltung geeigneter Ertragsmodelle für den Einbezug der Zivilgesellschaft in Forschung und Innovation. In der dritten Studie werden die Herausforderungen und Potenziale des neuen Innovationsparadigmas für Forschungseinrichtungen beleuchtet, die traditionell als zentraler Akteur des Forschungs- und Innovationsgeschehens fungierten. In der Analyse zeigt sich, dass sich Universitäten und Forschungsorganisationen bereits in unterschiedlichen Rollen in kollaborative Innovationsprozesse einbringen. Jedoch wird auch deutlich, dass heute heterogene Akteure des Innovationssystems Funktionen im Innovationsprozess übernehmen, die vormals alleine den Forschungseinrichtungen vorbehalten waren. In Konkurrenz mit außerwissenschaftlichen Wissensquellen wächst der Druck auf die etablierten Forschungseinrichtungen, ihr eigenes Geschäftsmodell für Forschung und Innovation weiterzuentwickeln und in kollaborativen Prozessen auch neue Rollen zu übernehmen. Die starre Logik des Wissenschaftssystems und das Fehlen für kollaborative Innovationsprozesse geeigneter Ertragsmodelle, die sich an den Relevanzen der Forschung orientieren, führen jedoch dazu, dass der Sprung von bilateralen Push- und Pull-Kooperationen zu Quadruple-Helix-Kollaborationen für Forschungseinrichtungen eine große Herausforderung darstellt. Die Ergebnisse der Untersuchung verweisen auf mögliche neue Rollen für Universitäten und Forschungsorganisationen, deren künftige Übernahme ein Potenzial für die Qualität kollaborativer Innovation und die Leistungsfähigkeit des Innovationssystems darstellt. Durch ihren hohen empirischen Gehalt schafft die vorliegende Arbeit ein Verständnis für das Geschäftsmodell kollaborativer Forschung und Innovation und liefert Erkenntnisse über die Akteurs-Ebene der Quadruple Helix, die deutlich über bisherige wissenschaftliche Arbeiten hinausgehen. Die Analyse und Beschreibung des Zusammenspiels heterogener Rollen veranschaulicht die Funktionsweise kollaborativer Innovationsprozesse und weist gleichzeitig auf deren Herausforderungen hin. Damit leistet die vorliegende Dissertation einen entscheidenden Beitrag, um das theoretische Quadruple-Helix-Modell zu einem empirischen Modell weiterzuentwickeln. Aus den empirischen Ergebnissen werden Implikationen für Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft abgeleitet, die aufzeigen, wie eine kollaborative Geschäftsmodell-Logik zukünftig nicht nur theoretisch, sondern praktisch im deutschen Innovationssystem verankert werden kann. Mit einem wissenschaftlich fundierten Tool zur Analyse und Gestaltung von Innovationsnetzwerken, wird die Innovationspraxis darin unterstützt, ihrem kollaborativen Innovationshandeln zukünftig eine reflektierte Geschäftsmodell-Logik zugrunde zu legen und alle relevanten Potenziale des Innovationssystems auszuschöpfen. ; An effective, internationally competitive innovation system depends on novel innovation processes through which academic research, business, government and society combine their respective perspectives, expertise and resources in the joint development of solutions that would not have come about otherwise. Despite only having arisen in the course of the past decade, this innovation paradigm is already shaping not only German but also European innovation policy. This is in keeping with the increased demands placed on research and innovation, the value of which is no longer measured purely in terms of knowledge gain and technological novelty, but rather in terms of broader impact. Research and innovation are expected to strengthen the economy through effective knowledge and technology transfer, to harness disruptive potential in addressing socially relevant issues while doing so responsibly, and to instigate transformative change, thus helping to solve major societal challenges. The key to meeting all of these demands – and here research policy and innovation research are in agreement – is collaboration. In accordance with the theoretical Quadruple Helix model, the interplay of the respective strengths of academic, business, government and societal actors should improve the overall quality of research and innovation. In practice, the involvement of new actors and the move away from traditional organisation-centric approaches towards a collaborative understanding of innovation entail certain fundamental changes – to the goals of innovation, to the ways innovation is realised in practice, and to the roles of individual actors within the innovation system. Yet when it comes to this transformation process, specific practical guidance for academic, business, government and societal actors is conspicuously absent from policy and academic discourse, both of which primarily deal with innovation systems at the macro level. In these new, collaborative innovation processes, what roles can and should be taken up by research institutions, start-ups and other companies, government departments and members of the public, both now and in the future? This question forms the starting point of this dissertation, which aims to establish a deeper understanding of the ways in which the numerous heterogeneous actors involved in collaborative innovation processes cooperate in accordance with the Quadruple Helix model. To this end, collaborative innovation practices are examined from a business model perspective. A qualitative empirical analysis of 17 Quadruple Helix networks is used to identify the architecture of functional roles via which the 184 involved actors aim to meet the aforementioned current demands placed on innovation, as well as the profit models that incentivise individual actors to take up their respective roles. A new method of empirically grounded typology construction, specially developed for this project, makes it possible to describe 25 typical roles and their accompanying profit models, and thus to demonstrate for the first time how collaborative research and innovation processes function on actor level. This forms the empirical core of the dissertation. Three subsequent empirical studies provide an even deeper understanding of the business model underlying collaborative innovation. Looking at various research and development-oriented companies and research institutions, the first study examines the extent to which the collaborative innovation paradigm has made its way from innovation research and policy into innovation practice. The findings clearly show that within the investigated companies and research institutions, innovation processes are still shaped by organisation-centric principles. At the same time, there is a marked awareness of the limited efficacy of such innovation processes, and of the value that can instead be created via collaborative approaches. Respondents' desire to ensure the competitiveness and future viability of their respective organisations can be seen to result in a pronounced interest in collaborative innovation, especially on the part of the companies that form part of the study. Nonetheless, in practice this has given rise to what can be called new linear innovation processes, which are likely to be of limited benefit with respect to the creation of new value within innovation. The second study analyses the role of society as the newest of the four subsystems of the Quadruple Helix, looking in particular at the controversial distribution of roles between experts from the academic sector on the one hand, and non-specialist societal actors on the other. The findings indicate that the societal sector's desire to participate in research and innovation should not be misinterpreted as a wish for these processes to be democratised. Instead, the societal actors who took part in the study express an interest in bidirectional dialogue regarding possible and desirable futures with experts from the field of academic research. In this kind of exchange, they see their own role as that of "societal sensor", reflecting and giving voice to society's needs and ethical concerns with respect to innovation. In thus clarifying the preferred role of societal actors in collaborative innovation processes, this study should help diminish resistance to participatory approaches, especially on the part of academic actors. Moreover, the resultant typology of societal participants in collaborative processes can aid in the creation of appropriate profit models for the inclusion of civil society in research and innovation. In the third study, the focus falls on challenges and opportunities the above-mentioned new innovation paradigm holds for research institutions, which have traditionally occupied a central position in research and innovation. The analysis reveals that universities and research organisations have been contributing to collaborative innovation processes in a variety of roles. At the same time it becomes clear that current innovation systems see a range of heterogeneous actors performing functions that were previously the exclusive domain of research institutions. Given that they are now competing with sources of knowledge from outside the academic sector, established research institutions find themselves under increasing pressure to rethink their research and innovation business models and to take up new roles in collaborative processes. However, due to the rigid nature of the academic system and a lack of suitable incentive models for collaboration that take the realities of said system into account, the leap from bilateral push-pull cooperation to Quadruple Helix-collaboration poses a significant challenge for research institutions. Nonetheless, the study's findings point towards potential new roles through which universities and research organisations could in future contribute to improved collaborative innovation, and thus to the establishment of a more effective innovation system. Thanks to its extensive empirical basis, this dissertation is able to construct an understanding of the business model underlying collaborative research and innovation, and to attain insights into Quadruple Helix systems at actor level that far exceed the state of research on the topic. The presented analysis and description of the interplay between heterogeneous roles illustrate how collaborative innovation processes function, while simultaneously highlighting the challenges these processes entail – thus constituting an important contribution towards further development of the theoretical Quadruple Helix model into an empirical model. The implications of the empirical findings for academic research, business, government and society show how in future, collaborative innovation strategies can be not only theoretically but above all practically embedded in the German innovation system. Lastly, the scientifically sound tool for analysing and shaping innovation networks presented herein can aid the establishment of well-founded business model principles to govern future collaborative innovation processes, which would in turn make it possible to harness the full potential of the innovation system.
To analyse and compare the big powers' perspective on a Nordic country seems to require at least as much consideration for their economic as for the political interests. Whilst the British legation was predominantly concerned with Britain's economic interests the German legation focused on political issues. This does not mean that German-Finnish economic relations carried less weight but reflects a different organisation of the German foreign policy establishment and a different perception of mischief. Public opinion in Finland, culture and propaganda figure as secondary issues in both of the legations' sources. Whereas the British were apprehensive of German activity in the North the German conservative minister noted damage to the German image resulting from repugnant Nazi policy at home and abroad. Despite rising continental power German political influence in Finland suffered a substantial setback at the turn of 1936/1937. By the choice of Finnish voters a parliamentary majority on the left was established bringing to power a Centre-Left government and disposing a conservative president. The politics of the new foreign minister, Holsti, were disliked by the disposed Conservatives. The German minister in Finland, von Blücher, immediately adapted the Conservative's negative attitude. He also developed a strong personal aversion against Holsti perverting his reports continuously. Criticising Holsti's initiative to normalise strained relations with the Soviet Union Blücher aligned his position with that of Erkko – a right wing party fellow of Holsti. He had to acknowledge, however, the widely accepted political will to normalise eastern relations. The reports of the legations were characterised by opportunistic distortions. Whereas the British were quick to report a decline in German political influence, the German minister qualified the meaning of the political change in Finland by questioning the stability of the Centre-Left government and Holsti's position therein. The Germans readily acknowledged the weight of Finnish-British notably economic relations. Beyond that acknowledgement there was German frustration with the new Finnish foreign policy that did not always find its way into official reporting. In looking for the information opportune to their interests both legations had no difficulties finding influential Finns that provided the desired assessments of Finland's affairs. Central in the concern of the big powers about Finland was Finnish foreign policy. In spite of an official assertion of an unchanged foreign policy the Finnish prime minister speaking in private labelled the United Kingdom a 'protecting power'. Finns across the political spectrum, even Conservatives who traditionally stood for a close relationship with Germany, also desired a closer relationship with the UK. High-ranking political and weighty English business representatives descended in large numbers on Finland. Blücher, however, saw no sign of a formal political alignment and only acknowledged some concerns regarding future access to Finland's natural recourses. This relaxed attitude must not have been universal since the British legation perceived nervousness and distress among junior members of the German legation. According to indirect evidence the German leadership was disgruntled. The German-Finnish relationship had supporters in both countries including Göring and the grand old man of Finland, Mannerheim. While a rather forced visit of Holsti in Berlin did not solve political contradictions there were other unofficial high-level contacts that tried to alleviate stress in the relations. In observing closely and trying to influence by various means the opinion of ordinary Finns and the capital's elite a rivalry between German and British influence manifested itself. The reports about the official celebrations of the birthday of Finland's revered Mannerheim are an example of the diplomat's scrutiny. Their contrasting depictions and interpretations reveal conscious and unconscious whitewashing stemming sometimes from biased informants. Germany's perversion in the 1930s was initially perceived through the lenses of the inner-Finnish split between conservatives and social-democrats with the latter criticising fascism across Europe vigorously. As German policy became more radical – especially with the endangerment of peace in Europe during the Sudeten-Crisis, the pogroms of 1938 and the occupation of Prague – the conservative parts of the population and politicians were willing to criticise it and did so, though mostly in private. The German minister went as far as possible for a Reich's civil servant in outlining the negative repercussions for Germany's public and also more tangible interests in Finland in reporting to his foreign ministry. This is remarkable in light of previous whitewashing of reports. While there was ever more reason to criticise Germany the concurrent threat of war and entanglement which Finland wished to avoid at any price demanded a more radical interpretation of neutrality. Thus just when criticism of Nazi policy was spreading the government and the media consented to toning down their criticism of Germany in accordance with German diplomatic pressure to that end. Britain's role in the world of rising fascism enjoyed high respect in Finland. British foreign policy and the Finnish population shared the desire for maintaining peace in Europe. Absent from British official reports is how the UK's role in undermining the integrity of another small state – Czechoslovakia – in Munich marred its image temporarily. Germany went further than the UK in actually trying to shape her image in Finland. Propaganda was seen as a substitute for cooler political relations. Speedily transmitted German news items were placed in receptive Finnish conservative newspapers and used by the German minister as a basis for argumentation. Visits of outstanding speakers and the German radio's ordinary broadcasts had an effect limited to a German speaking elite which also proved ambivalent. To reach the general public the German legation promoted military visits. The German propaganda efforts attracted disproportionate attention in the British legation. Events including official German guests were carefully scrutinised and considerable room was devoted to evaluate the German propaganda's motive and effect. German propaganda was not seen as threatening but rather as futile, however. The German minister, on the other hand, was jealous at the strong interest in 'everything English' as compared to the modest efforts of Britain, whose British Council had only recently been founded. The success was disproportionate: promotion of English culture and the advent of Anglo-American cinema attracted a comparatively high degree of interest among the wider Finnish public. The establishment of an Anglo-American share in popular culture became discernible. The crises of 1938, especially the Sudeten crisis, brought about by German policy damaged the German moral reputation but served to increase her political clout also in the North. The League of Nations- and UK-orientated foreign policy of the despised Finnish foreign minister Holsti and came under attack by the still formidable conservative opposition. His position seemed increasingly unstable. A renewed commitment to western values by the Finnish Prime Minister in the run-up to the Sudeten crisis did not save him. The German minister seized upon the political constellation and helped to bring Holsti down. The minister's subsequent euphoria was understandable in light of his long-harboured aversion against Holsti and close relationship with Holsti's successor, Erkko. Such euphoria, however, proved not justifiable. Instead the German minister had to avoid inconsequential criticism of Erkko's anglophile policies as he was told frankly that English desire for increased exports was well founded. The British had no reason to worry. Erkko promised to defend the independence of the Finnish media against German pressure and put all his considerable clout behind supporting Finnish purchase of English goods. The gross predominance of economic issues in British reports is contrasted by the German ministers almost complete disinterest in the issue. British economic difficulties in the thirties made trade a contentious issue that received much more attention than politics. Most noted was the contribution of trade with Finland to the general trade-deficit which seemed enormous considering the size of the countries' respective markets. Meanwhile German-Finnish trade grew in volume while British-Finnish trade stagnated. British industrialists highlighted the unfair methods that Germany employed for steering trade. The possibility of their subsequent demands for protectionism and control of trade being adapted by British politicians frightened Finnish industry. Some British officials were willing to employ scare tactics but diplomats on the ground recognised that the competitive disadvantages were home-grown. However, they eagerly supported their exporters. Pressure was exercised to influence public spending whenever the legation learned about planned acquisitions. Finnish politicians tried to meet such demands although this often meant paying more than for comparable German goods. Diplomats reported correctly that interventions in the public sector worked due to the Finns' willing co-operation. Germany's efforts to secure rights of usage to a Finnish harbour in the polar sea were rejected. The most efficient contact person for economic interventions was the new and more powerful foreign minister to whose the Germans ironically had helped by bringing his predecessor down. Public spending was, however, too small a factor to revert the general trend in favour of German industry. A high frequency of mutual visits by traders and industrialists was a sign of willingness to widen economic relations. They resulted in declarations of good-will but were sometimes overshadowed by protectionist grumbling of English traders. Given a protectionist penchant in the Foreign Office and the difficulty of directing trade by mere declarations of good will the legation did a superb job in preventing conflict. The legation gave its reports a positive spin, alerted their superiors to the sensibilities of Finnish partners and sometimes meditated carefully between British and Finnish parties. A last high-level political visit of a Finnish cabinet minister in Finland passed smoothly in contrast to his visit in Sweden. By virtue of foreign minister Erkko, liked both with the German and the British ministers, Finland was well positioned to avoid being caught in the differences between Germany and the western powers. This ability to stay neutral was put on test in 1939 when Germany offered a non-aggression pact to serve its propaganda aims at a time when no country wanted to be closely associated with her, least of all neutrality-minded Finland. The Finns put Scandinavian unity over adherence to Germany's wishes by declining the offer. The legation could not avoid dissatisfaction at home. At the same time Finnish-British political relations began to suffer from talks on guaranteeing Finland in alliance with the Soviet Union. Finland's vehement opposition was a far more serious concern to the British than the symbolic German pact offer. In analogy to the pattern in dealing with economic relations it was the legation that defended Finnish interests whereas the London Foreign Office argued in favour of the Soviet alliance. Before the German minister could rejoice in the discontent the British created by negotiating with Moscow his own country signed Finland away in the Hitler-Stalin Pact without even informing him. From now on the threat of entanglement in a war forced Finland to heed German demands scrupulously. A purely political analysis is insufficient and economic relations are essential for a comprehensive and proper history of the big powers policy towards Finland in the time between the wars. On the purely political plane German influence grew relentlessly although orientation towards Germany was not desired by the Finnish government. The stronger Germany grew the more its demands for absolute political neutrality had to be heeded. On the other hand, a look at Finnish-British economic relations reveals a squarely pro-British orientation. Germany by contrast was denied access to the Finnish polar sea port of Petsamo. For the UK with its vast trade deficit increased exports to Finland were of paramount importance. Especially the reshaped Finnish government with Erkko as foreign minister directed public expenditure in favour of English industry wherever possible. Even Finnish conservatives who appreciated the value of retaining close ties with Germany were not opposed to expand Finnish-British relations. A comprehensive look at economics, politics and culture makes German pressure on Finland appear like a futile effort to prevent an outdated state of international relations by intimidation and control.
Die vorliegende Forschungsarbeit zeigt die Ursachen und Folgeprobleme von Landnutzungsänderungen, die in den letzten 40 Jahren auf den Naturraum von Almonte wirkten. Dieser im Südwesten von Andalusien in Spanien gelegenen ca. 86.000 ha großen Gemeindefläche kommt eine besondere Bedeutung zu. Im Westen grenzt die Nutzfläche an den Nationalpark Doñana, einem international bekannten Feuchtgebiet. Veränderungen in der Landnutzung können dadurch unmittelbar auf dieses Schutzgebiet wirken. Darüber hinaus stehen die Entwicklungen, die in Almonte einen Wandel hervorriefen beispielhaft für die Landschaften in der Küstenregion der Provinz Huelva. Die Ausdehnung des bewässerten Anbaus, vor allem für den Anbau von Erdbeeren, führte dazu, dass sich diese Region zur Erdbeerkammer Europas entwickelte. Zusammen mit der Bevölkerungszunahme und dem Ausbau des Tourismus belasten diese Veränderungen zunehmend den Aquifer Almonte-Marismas. Mittlerweile werden mit seinem Wasser ca. 250.000 Menschen versorgt und auf seiner Fläche ca. 14.000 ha Land bewässert. Nicht nur durch den bewässerten Anbau sondern auch den Beitritt zur EU- erfuhr dieser einst ökonomisch schwach entwickelte Raum deutliche Impulse, die einen Wandel in der Landnutzung hervorriefen. Ziel dieser Forschung war es die Veränderungen in der land- und Forstwirtschaftlichen Nutzung, ihre Ursachen sowie ihre Auswirkungen auf den Landschaftshaushalt zu untersuchen. Um die Impulse herauszufinden, die eine Nutzungsänderung induziert haben, wurden sozioökonomische und naturgeographische Aspekte sowie der Einfluss von agrarpolitischen Maßnahmen und hier hauptsächlich der EU-Agrarpolitik (GAP) untersucht. Die Veränderungen in der Landnutzung und ihre Auswirkungen wurden für den Raum Almonte durch Literatur- und Kartenauswertungen erfasst. Ergänzend erfolgte für die Dokumentation der Probleme in der Nutzung von Wasserreserven eine Recherche von Messdaten zur Grundwasserabsenkung sowie der Salz- und Nitratbelastung bei den spanischen Behörden. In drei ausgewählten Testgebieten wurden im Rahmen von Geländeerhebungen die Untersuchungen von Veränderungen und Auswirkungen vertieft. Dabei war es Aufgabe mit einfachen Geländemethoden flächenhaft zu prüfen, welche Auswirkungen die einzelnen Nutzungen auf die Boden- und Wasserpotenziale sowie auf die Kulturlandschaft haben. Der Schwerpunkt dieser Geländeerhebungen lag in der Erfassung der Nitratbelastungen in Boden und Wasser, in der Prüfung der Eignung des Wassers für die Bewässerung sowie in der Aufnahme von Bodenerosion und Landschaftsschäden. Die Untersuchungen der Nitratbelastungen wurden mit den Reflecto-quant Nitratschnelltests der Firma Merck, KGaA, Darmstadt in situ durchgeführt. Insgesamt wurde Nitrat auf ca. 30 km² (Quadratkilometer) Fläche mit 482 Messungen an 48 Probenahmepunkten im Grundwasser und mit 133 Messungen in einer Herbst und 159 Messungen in einer Frühjahrsbeprobung im Boden nachgewiesen. In den Fließgewässern wurde die Nitratkonzentration an 25 Messpunkten mit 281 Messwerten gemessen. Die Messungen erfolgten monatlich von 1996 bis 1997 und wurden durch eine Stichprobenmessung im Mai 2005 ergänzt. Die Bewertung der Ergebnisse erfolgte unter Anwendung von verschiedenen Methoden der Gewässerbeurteilung (u.a. SchALVO, 2001; LAWA, 1998; FAO; 1994 und Nitratrichtlinie, 91/676/EWG). Darüber hinaus wurde im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Gewässerreinhaltung die Umsetzung der EU-Wasser-Rahmenrichtlinie (EU-WRRL) analysiert. Die Ergebnisse dieser Forschung zeigen, dass das Naturpotenzial, die sozioökonomischen Verhältnisse, die Rentabilität der Anbauprodukte sowie die agrarpolitischen Maßnahmen einen beträchtlichen Einfluss auf die Flächennutzungen haben. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass diese Veränderungen zum Teil erhebliche Landschaftsschäden hervorrufen. Die Untersuchung der Auswirkungen auf den Boden- und Wasserhaushalt zeigen, dass von einigen Nutzungen zum Teil nicht wiederherzustellende Gefährdung und Schädigung von Naturraumpotenzialen entstehen. Die Nitratnachweise an den Grundwassermesspunkten ergaben eine mittlere Belastung von 54 mg/l und überschreiten damit den Schwellenwert von 50 mg/l der EU-Nitratrichtlinie. Die Stichprobenmessung vom Mai 2005, die an der Mehrzahl der Brunnen dieses Messnetzes durchgeführt wurde ergab, dass die mittlere Nitratkonzentration fast gleich hoch geblieben ist. Hingegen zeigen die Nitratnachweise, die von der Landwirtschaftsbehörde im Rahmen der Nitratrichtlinie an wenigen Messpunkten erhoben werden mit einer mittleren Nitratkonzentration von 5 mg/l (1999) und 8,7 mg/l (2001) eine deutlich geringere Belastung (CONSEJE-RIÁ DE MEDIO AMBIENTE, 2002 und 2000). Die Ergebnisse zeigen, dass mit einer hohen Anzahl von Nitratmessungen eine wesentlich höhere Belastung nachgewiesen werden konnte, als an den 8 bzw. 9 Messpunkten, die von Seiten der Behörden für den Nitratnachweis beprobt werden. Bei den Fließgewässern wurde im Vorfluter Rocina der Median der Nitratkonzentration von 6 mg/l für den Santa Maria der Median der Nitratkonzentration von 18 mg/l ermittelt. Nach den Gewässergütekriterien der LAWA (1998) konnte der Santa Maria als kritisch belastet, der Rocina nach Hütter (1992) als unbelastet festgestellt werden. Die Stichprobenmessungen im Mai 2005 ergaben ähnliche Belastungen wieder. Die Auswertungen der Nitratgehalte im Boden ergaben dass die SchALVO-Überwachungswerte im bewässerten Anbau am häufigsten überschritten werden. Insgesamt ergaben die Erhebungen, dass im Grundwasser, den Fließgewässern sowie im Boden bei allen Nitratmessungen die Standorte mit bewässertem Anbau von Erdbeeren die höchsten Belastungen zeigten. Im Trockenfeldbau wurden erhöhte Nitratwerte in den Brunnen und Stickstoffgehalte in Böden vorgefunden in deren Einzugsgebiet einjährige Kulturen standen. Die höchsten Stickstoffgehalte wurden dann vorgefunden, wenn Getreide angebaut war. Die Untersuchung der Auswirkungen von Landnutzungsänderungen auf den Boden ergab im Trockenfeldbau, dass der Anbau von einjährigen Kulturen auf sandig-schluffigen, im Untergrund verfestigten tonig-lehmigen Böden, bei Hangneigungen von 3 % zu einem erhöhten Erosionsrisiko beiträgt. Es konnte gezeigt werden, dass die EU- Programme zur Förderung des Anbaus von einjährigen Kulturen gerade in den neunziger Jahren zu weitreichenden Bodendegradierungen auf diesen Standorten führte, die bis heute das Ertragspotenzial dieser Böden beeinträchtigt. Von den agrarischen Nutzungen wurden der Wein- und der Olivenanbau als diejenigen Anbaukulturen vorgefunden, die am Besten an den Naturhaushalt angepasst sind. Alle Nachweise, die im Rahmen dieser Untersuchung geführt wurden, um Auswirkungen von Landnutzungen festzustellen: Bodendegradation, Erosion, Nitratbelastung im Grundwasser und den Vorflutern, Wirkungen auf die Wasserreserven sowie Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes ergaben, dass diese Kulturen zu keiner nennenswerten Beeinträchtigung führen. Hingegen zeigen die Entwicklungen im bewässerten Anbau und der Anbau von einjährigen Kulturen zu erheblichen Beeinträchtigungen in den Landschaftshaushalt führen kann. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass sowohl innerhalb der EU- als auch der nationalen spanischen Agrarpolitik die landwirtschaftliche Nutzung dringend Vor Ort auf Standorteignung und Nachhaltigkeit zu prüfen ist. Hier sind umfangreiche Kontrollen notwendig, um sicherzustellen, dass die in der neuen GAP eingeführten Umweltstandards umgesetzt werden. Um eine nachhaltige Nutzung des Agrarraums und seiner Wasserreserven zu gewährleisten, ist ein intensiver Schutz notwendig. Dieser könnte umfassend geleistet werden, wenn der gesamte Aquifer als Wasserschutzgebiet ausgewiesen würde. ; This research project addresses the causes of changes in land use over the last 40 years in the community of Almonte and related problems in respect of the soil and water balance. In order to determine the factors that led to these changes, farming problems and agrarian policies are analysed with special consideration of EU agricultural policy. In addition, attention is paid to the current conflict between preserving the protected area of the Doñana National Park on the one hand and promoting agricultural development on the other. The environmental investigation focuses on problems related to water usage, identifying the nitrogen (N) content in soil and water and the extent of soil erosion. Agroecological and agropolitical conditions und their effectiveness as development motors in this region are also described. This research represents a contribution to the understanding of land use change and land degradation in Mediterranean areas. It has been conducted within the scope of the working group "Applied Geography of the Tropics and Subtropics (APT)" at the Department of Physical Geography of the University of Freiburg, Germany. It was funded by a scholarship from the special "University Program II of the State of Baden-Württemberg for Women Resuming their Studies" and a doctoral scholarship from the Heinrich-Böll-Foundation in Berlin. Almonte is located in the coastal region of the province of Huelva, South West Andalusia. The agriculturally utilised zone of this community comprises the area adjacent to the Cota Doñana National Park to the west. This park consists, apart from sandy areas like dunes, of wetlands formed by the Guadalquivir marshes and ecozones which are characterized by high groundwater levels. The water influenced zones play a uniquely important role as resting and breeding sites for migratory birds in Europe. However, the preserve's existence is increasingly coming under threat from economic developments in the sectors of agriculture, forestry, tourism and ur-ban development in the surrounding region. These changes have, on the one hand, contributed to an urgently needed economic upturn in this underdeveloped area. On the other hand, they are having an increasingly significant effect on natural re-sources. In Almonte, the principal factors under discussion in connection with these changing land use practices are overuse of groundwater reserves causing the groundwater horizon to fall, water contamination (fertilizers, pesticides) and huge sand deposits left by fluvial soil erosion (JUNTA ANDALUCIA, 2003 und 2003 A, GONZALES RUIZ & VILLA DIAZ, 2003, CUSTODIO, 2001 und 1995, COROMINAS, 1999, CASTELLS, 1992). These effects result primarily from land use changes due to: – increasing irrigated cultivation of crops for export (mainly strawberries and oranges) – abandoning areas traditionally used to grow crops, and – clearing forests and replanting with eucalyptus trees. Farming practices have also changed, primarily shifting from extensive, low-yield dry farming of grapes, olives and grain to intensive farming with the aim of maximum productivity. This productivity is achieved by applying new agricultural methods and equipment and large amounts of fertilizer either in dry or irrigation farming. Especially in the case of irrigation farming, which is predominantly practiced on sandy soils with a low nutrient storage capacity, the danger of fertilizers leaking into the groundwater and tributaries is very great. To study aspects of land use change and how they are affecting the environment, current and historical land use was charted by cartography and field work and documented for the community of Almonte and, in a more differentiated manner, at three test sites exhibiting the typical processes that are influencing land use change in this region. The environmental problems affecting the investigation areas of the community of Almonte were studied by documenting the general problems caused by land use change and extended data research concentrating mainly on water contamination (nitrogen and salinity) and declining water reserves. At the three test sites located on a total of about 30 km² erosion and soil degradation processes were intensively stud-ied, nitrogen levels in the groundwater and soil were measured in-situ by reflectometric methods using nitrate test sticks and the associated Reflectometer RQflex supplied by the Merck company (MERCK KGAA, Darmstadt). Additionally, the electrical conductivity and the pH value of the water were measured. The groundwater parameters were measured monthly at 48 fixed locations over a period of one year, whilst the soil nitrogen levels were determined at 68 sites at various depths, once in the spring and once in the fall. To determine nitrogen pollution in rivers and streams, these were monitored once a month at 31 riverside locations in the course of one year. All these studies were carried out between 1996 and 1998 and were supplemented for purposes of comparison by a review of the results consisting of two sam-ple measurements in June and May 2005. The results revealed that the highest nitrate levels in groundwater and streams and the highest soil nitrogen levels occurred at locations where strawberries are produced with artificial irrigation. In areas with dry farming, nitrate levels measured in groundwater and nitrogen levels in soils were higher where annual crops were cultivated. The highest levels in dry farming areas were found in grain growing areas. The results from the measurements of groundwater nitrate levels in the year 1996/97 in an area of about 30 square kilometers returned average nitrate levels above the 50 mg/l ceiling imposed by the EU nitrates directive ((91/676/EWG). In 2005, the aver-age value was close to 40 mg/l. The monthly nitrogen load measurements carried out in river courses during 1996/97 returned a median nitrate value of 6 mg/l for the Rocina, representing a natural nitrate level for surface waters according to HÜTTER (1992), and 18 mg/l for the Santa Maria, which represents a critical load (LAWA, 1998). Further, a clear relationship between agricultural usage and nitrate input into drainage water was established. As for the case of groundwater, the highest nitrate loads were found in receiving streams which drain irrigated areas. Regarding the methodology, the results indicate that with simple in situ measurements it is possible to cover a large investigation area quickly and effectively with dense coverage and a large number of measurements. The program was able to reveal a significantly higher degree of nitrate pollution than is indicated by official fig-ures based on just a few selected measurements (CONSEJERIÁ DE MEDIO AMBIENTE, 2002 and 2000). In addition, the results show that there is a need to expand the nitrate monitoring network by increasing the number of measurement points in the aq-uifer. With respect to the effects of land use change on soils in dry farming systems, it was found that in this region, annual crops can increase the risk of erosion on slopes of three percent gradient or more with a sandy-silty substratum. It was also possible to show that agro-political programs to encourage the growing of annual crops (for example wheat and sunflowers) were major contributors to severe soil degradation at these locations. As a result, the potential yields of these soils remain low to this day. The study also showed that grapes and olives are the agricultural products that are best adapted to this natural environment. Neither of these crops adversely affects the quality of the soil or water. This conclusion is valid in respect of all the factors investigated in the course of this research: land degradation, erosion, nitrate load in groundwater and receiving streams, effects on water reserves and disturbance of the natural landscape. Irrigated cultivation, in contrast, significantly disturbed the natural equilibrium. Various pressures on natural resources and extensive damage have resulted from factors such as high soil nitrogen and high levels of nitrate in water caused by irrigated agriculture, massive soil relocation and erosion in various areas, construction of artificial ponds for irrigation purposes and overexploitation of water reserves. The results, which have been elaborated using the coastal region of Huelva in Al-monte as a model show that there is an urgent need to revise agricultural practices based on the suitability of locations and sustainability as defined by the EU's agricultural policy and the Spanish agricultural authorities. In addition, an awareness of the local natural conditions in the growing regions must be seen as a prerequisite for establishing the necessary special programs. Also, it is necessary to develop programs to take account of the socioeconomic situation of the agricultural zone. The region's economic growth, which is urgently needed, is closely linked to the availability of water reserves. Besides being an important economic factor, water plays a crucial role in protecting wetlands. It is therefore vital to assign adequate im-portance to the quantity and quality of water for the entire Almonte-Marisma aquifer. This aquifer is the main source of water for some 250.000 people and an area of about 14.000 ha irrigation land. Good quality water is also needed to develop tourism. In view of the fact that we have been able to demonstrate that nitrate levels in the Almonte-Marismas irrigation area have tripled over the last 15 years – despite the fact that irrigated agriculture has only been practiced for the last 20 years – it is probable that these levels will continue to rise unless effective steps are taken to counteract the trend. This is to be underlined by an urgent call for action to provide better protection for this aquifer than is afforded by present EU-nitrate guidelines. A possible solution that could ensure sustainable use and adequate conservation of these water reserves would be to turn the entire aquifer into a water protection area. This would include legally binding rules on appropriate land use and a strict program of water and soil monitoring. With such a declaration the degree of compliance in re-spect of conserving or restoring groundwater quality could be monitored. A possible example which illustrates this kind of water monitoring is the German Water Protec-tion Ordinance of the State of Baden-Württemberg (SchALVO, 2001)). In contrast, the EU nitrates directive only prescribes programs aimed at reducing nitrate pollution without legally binding rules for farmers. Experience gained in Germany has shown how long it can take and how difficult it is to bring about a reduction in groundwater nitrate levels. Continuous efforts have been made for over 20 years to lower nitrate levels in German groundwater, and yet only in the last few years have some modest improvements been observed (LUBW, 2005; BMU, August 2004; FLAIG & LEHN, 2002).