Conflict of interests as a research-analytical category
In: Informal relations from democratic representation to corruption: case studies from central and Eastern Europe, S. 41-52
Ein Interessenkonflikt ist entgegen der allgemeinen Auffassung nicht nur eine Situation, in der zwei verschiedene Akteure widerstreitende Interessen haben. Er kann auch entstehen, wenn Menschen gezwungen sind, einander zu vertrauen, und das Vertrauen kann immer verletzt werden. Es ist auch möglich, den Interessenkonflikt als eine Situation der "doppelten Loyalität" zu verstehen, wobei Ziele verfolgt werden, die unter den gegebenen Umständen nicht gleichzeitig erreicht werden können. Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist eine kritische Überprüfung des Konzepts des Interessenkonflikts, insbesondere die Art und Weise, wie es in rechtlichen Untersuchungen verstanden und angewendet wird. Die Autoren argumentieren, dass der Interessenkonflikt auch einen analytischen Rahmen für eine normative, rechtliche und soziologische Analyse von Situationen bietet, in denen das Individuum entweder den formalen Regeln zur Unterstützung des öffentlichen Gutes oder persönlichen Interessen bei Verletzung dieser Regeln folgen kann. Sie verdeutlichen dies am Beispiel des Zusammenhangs zwischen Interessenkonflikten und den Phänomenen von Korruption, Vetternwirtschaft, illegalem Lobbying und Drehtür-Syndrom. Sie entwickeln vor diesem Hintergrund ein Konzept des strukturellen Interessenkonflikts unter Einbeziehung der wichtigsten staatlichen Institutionen in den gegenwärtigen Ländern Mittel- und Osteuropas. (ICI)