In dem Beitrag wird gezeigt, daß sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz historisch betrachtet eng mit der Entwicklung der Frauenerwerbstätigkeit und den damit verbundenen patriarchalen Geschlechterstrukturen und Arbeitsbedingungen verknüpft sind. Vor diesem Hintergrund wird sexuelle Belästigung als soziales Problem und als Barriere für gleiche Berufschancen für Frauen betrachtet. Anhand von amerikanischen Studien werden Ursachen und begünstigende Faktoren für sexuelle Belästigung herausgearbeitet. Mit Hilfe von Organisationstheorien bzw. einem organisationsbezogenen Modell wird die Sexualisierung scheinbar geschlechtsneutraler Arbeitsstrukturen aufgezeigt und so sexuelle Belästigung in relevanten Dimensionen erfaßt. Die wichtigsten soziokulturell bedingten Aspekte, die sexuelle Belästigung beeinflussen, werden untersucht. Die strukturellen Auswirkungen der sexuellen Belästigung werden als Barriere für Chancengleichheit gesehen. Auf zwei Ebenen werden schließlich Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung gefordert: durch Förderung des Problembewußtseins sowie durch berufliche Gleichstellungspolitik. (ICA)
Donna Haraways Cyborg-Figuren und ihre Angriffe auf alle vermeintlichen Gewissheiten (westlicher) wissenschaftlicher Denktraditionen inspirierten die feministische Theoriediskussion nachhaltig und ihre provokativen Thesen stellten alle naturalisierten Grenzen radikal in Frage. Demgegenüber greifen frauenzentrierte Ansätze auf stabile Kategorien von "Frau" und "Mann" zurück. Das ethnologische Konzept der Verletzlichkeit der Frauen beruht auf der Vorstellung fixierter Kategorien und homogener Gruppeninteressen, Lebenslagen und Eigenschaften von Frauen und greift damit gerade diejenigen Ansätze auf, die neuere feministische Theorien dekonstruieren wollen. Diese scheinbar unvereinbaren Konzepte werden im vorliegenden Beitrag - Haraways Aufforderung zum "respektlosen" Umgang mit Grenzen folgend - mit dem Ziel zusammengeführt, die Potenziale einer solchen neuen Synthese auszuloten. Als empirisches Anwendungsfeld wird die HIV/AIDS-Prävention in Afrika und die ethnologische Forschung zu dieser Thematik betrachtet. Die vorgestellten "respektlosen Quergänge" sind als Aufforderung zu verstehen, neue Wege in der feministischen Theoriediskussion um "Differenz und Dekonstruktion" einzuschlagen. (ICI2)
"Seit Foucaults (1977) Entschlüsselung der 'Biomacht' als zentralem Regulativ moderner Gesellschaften wurde die diskursive Konstruktion des Körpers von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick genommen. Der Körper, bevorzugter Austragungsort postmoderner Theoriebildung, fungiert als 'Text', als Schauplatz der Dekonstruktion vertrauter Gewissheiten und Begriffe oder als ein hochkomplexes Informationssystem. Diese Entwicklungen werden kontrovers diskutiert. So finden wir einerseits kritische Metaphern vom 'Verschwinden der Körper', von der 'Entkörperung' und ähnlichem, andererseits aber Versprechungen in neue Einsichten von bisher ungeahnter Tragweite, die an die Versuche der Dekonstruktion, an die Entschlüsselung des 'Bio-Logos' und die artifiziellen Substitutionsmöglichkeiten des Körpers geknüpft sind. Diese Ungewissheiten über den Körper als die Schlüsselkategorie feministischer Theorien stellen zugleich die Kategorie Geschlecht zur Disposition. Die Heftigkeit, mit der die Kontroversen insbesondere um die Arbeiten Judith Butlers (1991a,1995) ausgetragen werden, verweist darauf, dass die Reformulierungen des Körpers einen neuralgischen Knoten feministischer Theoriebildung tangieren. Galten der Körper und die Körperlichkeit in den 70er Jahren als stabile Bezugspunkte und als viel versprechender Gegenentwurf zu einem cartesianischen Geist-Körper Modell, so erweist sich die Suche nach gemeinsamen Bezugspunkten feministischer Theorien nun als weitaus widersprüchlicher und komplexer. Mit der Ausdifferenzierung feministischer Theorien stellt sich auch die Frage nach dem Verhältnis zwischen Frauen- und Geschlechterforschung und Frauengesundheitsforschung neu. Die Frauengesundheitsbewegung und -forschung entwickelte sich synchron mit der Frauenbewegung und -forschung, bisweilen erwies sie sich gar als richtungsweisend. Gordon und Thorne betrachten z.B. das in viele Sprachen übersetzte Buch 'Our Bodies, Our Selves' (The Boston Women's Health Book Collective 1973) ex post als wegweisend: - 'Our Bodies' exemplifies feminism's subversive theoretical influence in its insistance that body and sexual norms are politically constructed - (1996: 323). So eindeutige Impulse sind derzeit kaum auszumachen. Zwar erfasst die Frauengesundheitsforschung insgesamt ein facettenreiches Forschungsfeld, doch bleiben die Arbeiten empirisch orientiert. Neuere feministische Theoriekonzepte werden nur in wenigen Untersuchungen explizit aufgegriffen und systematisch für die Frauengesundheitsforschung nutzbar gemacht. Auf der Ebene der Empirie finden wir allerdings zahlreiche Belege für Verknüpfungen, so z.B. die Differenzierungen zwischen und innerhalb der Genusgruppen (vgl. z.B. Hunt/ Annandale 1999; Klesse et al. 1992). Dieses Verhältnis spiegelt sich auch in der umgekehrten Perspektive wider: die Biologie, das medizinische Versorgungssystem und seine Deutungsmuster werden in feministischen Konzepten verhandelt, ohne jedoch die Ergebnisse und Ansätze der Frauengesundheitsforschung zu reflektieren. Mit dem Infragestellen des einst gemeinsamen Bezugssystems Körper und Geschlecht geht ein Abkoppelungsprozess zwischen der Frauen- und Geschlechterforschung und der Frauengesundheitsforschung einher, der sich bisher allerdings weitgehend unbeachtet vollzieht und in den Körperdebatten nicht verhandelt wird. Ziel dieser Arbeit ist es, diesen Prozess und die dahinter liegenden theoretischen Implikationen in den Blick zu rücken und die Potenziale und Grenzen der jeweiligen Perspektiven auf Körper und Geschlecht zu untersuchen. Welche Implikationen haben die neueren feministischen Körperdiskurse für die Frauengesundheitsforschung als einem Feld, das in doppelter Weise dem Kategoriensystem 'Körper' und 'Geschlecht' verpflichtet ist? Welche Bezugspunkte stehen zur Verfügung? Wie werden diese theoretisch und empirisch konzipiert? In einem Perspektivenwechsel soll ebenso heraus gearbeitet werden, welche Erklärungsangebote die gesundh