Zuversichtlich leben im Angesicht einer von Menschen gemachten Endzeit? Auf sehr persönliche Weise erprobt Geiko Müller-Fahrenholz Wege zu einem Denken, das Kraft und Mut freisetzt und die Herzen der Menschen erreicht. Die Kategorie des Friedens wird zu einem Schlüsselbegriff. Dieser wird aus dem theologischen Verständnis des Schöpfungsfriedens heraus gewonnen. Damit bekommt er dynamische, schöpferische und konstruktive Züge und eröffnet neue Perspektiven für eine umweltverträgliche, gerechte und lebensfreundliche Zivilisation.
Die Religion stellt in der ganzen Welt einen wichtigen Faktor für das Verständnis internationaler und ethnischer Konflikte dar. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Auffassung, dass religiöse Überzeugungen Konflikte noch schwerer handhabbar machen, versucht dieser Beitrag zu zeigen, dass religiöse Konzepte - hier "Versöhnung" - auch zum Abbau von Konfliktpotenzial beitragen können. Ein Prozess der Versöhnung setzt die Einsicht voraus, dass jede schwerwiegende Ungerechtigkeit eine doppelte Wirkungsgeschichte hat. Versöhnungspolitik wird als Realpolitik gesehen. Sie geht davon aus, dass "Verzicht" der Schlüssel zur Konfliktlösung ist, vor allem angesichts der Tatsache, dass die Menschheit sich der immer dringender werdenden Aufgabe gegenübersieht, die Welt gemeinsam zu bewohnen. (ICEÜbers)
Mit Blick auf die Probleme im früheren Jugoslawien geht der Autor der Frage nach, inwieweit sich "innere Schäden" als Folge der ethnischen Konflikte lösen lassen. Der Friedensvertrag von Dayton konnte vermutlich nur die äußeren Rahmenbedingungen eines Friedensprozesses definieren, lautet eine These. Doch es müßten intensive Versuche unternommen werden, auch die "seelischen Verwüstungen" zu beseitigen. Er setzt sich mit dem christlichen Begriff der "Vergebung" auseinander, mit der Auslegung Bonhoeffers und den Überlegungen von Hannah Arendt. Vergebung ist danach Ausdruck von Freiheit. Er entwickelt aus der Kritik an beiden Ansätzen Überlegungen, warum Vergebung so schwer fällt und geht auf die Rolle von Erinnerungen und Trauer im Prozeß der Vergebung ein. Er stellt die Frage, ob Frauen besser mit diesen Erfahrungen umgehen könnten und sich eher der Trauerarbeit stellen, weil sie ein "ursprünglicheres Wissen um die Kostbarkeit" des Lebens haben. Vergebung als nationale Aufgabe ist auf viele Akteure angewiesen und stellt sich auf langwierige Heilungsprozesse und unvermeidliche Rückschläge ein. sie ist ein "immer wieder neu aufzunehmender Kampf um die Bewahrung der Menschlichkeit", lautet ein Fazit. (rk)