Übergang, Kontrollverlust oder Belohnung?: Eine Deutungsmusteranalyse zur Legitimation der Verlegungspraxis in den offenen Vollzug
In: Soziale Probleme: Zeitschrift für soziale Probleme und soziale Kontrolle, Heft 2, S. 306-325
ISSN: 2364-3951
Ziel des vorliegenden Artikels ist eine soziologische Analyse von Deutungsmustern sozialer Kontrolle am Beispiel institutioneller Problembearbeitung im Strafvollzug. Der offene Vollzug stellt eine besondere Form der unbedingten Freiheitsstrafe zwischen den totalen Strukturen im Inneren und der Öffentlichkeit dar und bietet verstärkt Freiräume. Mit dieser Öffnung sind aber neben vielfachen Möglichkeiten der Wiedereingliederung auch Risiken verbunden, die die Entscheidung einer Unterbringung im offenen Vollzug für das Vollzugspersonal erschweren. Da sich die Mitarbeitenden dauerhaft in einem Spannungsfeld zwischen der Freiheit der inhaftierten Menschen und der Sicherheit der Gesellschaft befinden, wurden Deutungsmuster rekonstruiert, auf die die verantwortlichen Personen zurückgreifen, um ihre Entscheidung zu begründen. Auf Basis von 16 Expert*inneninterviews wurden soziale Probleme identifiziert, die der Legitimation sozialer Kontrolle dienen und den offenen Vollzug als Grenzsituation zwischen drinnen und draußen konstruieren. Die Interviews wurden sequenzanalytisch ausgewertet und konnten zu drei Deutungsmustern verdichtet werden: Der offene Vollzug als Übergang, als Kontrollverlust und als Belohnung.