Das Verhältnis von Religionen zur Moderne erscheint heute zumeist prekär. Auf der einen Seite ist man konfrontiert mit massiver Gewalt und aggressiver Ablehnung von Demokratie und säkularem Verfassungsstaat. Auf der anderen Seite treten Religionsgemeinschaften als Protagonisten einer Politik der Menschenrechte auf.Was ermöglicht und begünstigt nun die Annahme der Moderne? Orientierung kann hier der schwierige Weg des Katholizismus bieten, der von einem strikt antimodernistischen Widerspruch gegen Menschenrechte und Demokratie zu deren vorbehaltloser Anerkennung in den 1960er Jahren geführt hat. Dieser Weg zeigt: Nur wenn Religionsgemeinschaften in modernen Gesellschaften anerkannt und respektiert werden, werden sie umgekehrt die normativen Grundlagen der Moderne - nämlich Menschenrechte und Demokratie sowie die Trennung von Religion und Politik - anerkennen.
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Nach dem "Ehe für alle"-Beschluss des Bundestages ist, so die These des Beitrages, nicht nur eine Debatte beendet, sondern muss auch eine neue Debatte über die Frage der gesetzlichen Regulierung und Privilegierung von dauerhaften Lebensgemeinschaften beginnen. Den Rahmen bietet eine sozialethische Argumentation: Es werden zwei unterschiedliche anthropologische Zugänge zum Phänomen der Geschlechtlichkeit des Menschen nebeneinandergestellt sowie zwei Möglichkeiten, die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ethisch zu beurteilen. Der Beitrag plädiert zunächst dafür, gleichgeschlechtliche Partnerschaften der bisherigen Ehe gleichzustellen. Allerdings ergeben sich sowohl aus den anthropologischen als auch aus den ethischen Überlegungen erhebliche Fragen: Warum bewegen sich auch die neuen Regelungen im heteronormativen Maßstab der Geschlechterdichotomie? Warum wird der Ehebegriff zwar ausgeweitet, aber im Grunde nur auf die Gruppe homosexueller Personen, während andere Lebensgemeinschaften weiterhin ausgeschlossen bleiben? Müssten nicht auch andere – und zwar auch nicht über die Sexualität definierte – Partnerschaften und Lebensgemeinschaften gleichgestellt werden? Aber wie weit ist der Begriff der Ehe eigentlich dehnbar? After the endorsement of the law on "gay-marriage" in the german parliament (Bundestag) put an end on the debate on "gay marriage", this article's thesis is that a new debate on the regulation and privilege of long-lasting partnership has to be started. The frame therefore is provided by social-ethical argument: two different anthropological approaches to the phenomenon of human sexuality are juxtaposed, as well as two possibilities to assess the legal recognition of same-sex partnerships ethically.This article firstly advocates equating same-sex partnerships with marriage. However, serious questions arise both from the anthropological and from ethical considerations: Why are the new regulations set in the heteronormative scale of gender dichotomy? Why is the concept of marriage extended, but basically only to the group of homosexual persons, while other forms of partnership are still excluded? Should not other partnerships, especially those not defined through sexuality, be equated with partnerships and life-communities? But how far is the concept of marriage really stretchable?
Während sich die Rede von den »jüdisch-christlichen Wurzeln« der Menschen- rechte bleibender Popularität erfreut, ist die Geschichte der katholischen Kir- che von einer eigentümlichen Ambivalenz geprägt: Während die Päpste des 19. und der ersten beiden Drittel des 20. Jahrhunderts (einige) Menschen- rechte und Demokratie scharf ablehnten und als Irrweg verurteilten, hat die Kirche mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) Menschenrechte und Demokratie anerkannt, und zwar auf der Grundlage der unverfügbaren Menschenwürde. Der Beitrag versucht, die Position der Kirche und deren Wandel darzustellen und auf einige Differenzierungen auch im Hinblick auf die antimodernistische Haltung im 19. Jahrhundert hinzuweisen. Am Beispiel der Veränderung der Haltung der katholischen Kirche zum normativen Pro- jekt der Moderne zeigt sich, dass Religionsgemeinschaften offensichtlich sehr gut in der Lage sein können, ihre Tradition vor den Herausforderungen der jeweiligen Zeit zu modifizieren, – dass religiöse Traditionen also nicht »starr« sein müssen, sondern recht »beweglich« sein können. While the idea of human rights frequently is associated with the Judeo-Christian tradition, the Catholic church itsself experienced an era of anti-modernism in- cluding harsh damnation of human rights, in particular of most of the civil liberties. But, while the popes in the 19th and the 20th century until the 1960s pushed the denial of civil liberties, the Second Vativan Council (1962-1965) approved human rights und democracy completely and emphatically. This essay illustrates the change of the Catholic Church while having regard to some dis- parities in the Catholic social teaching, theology, political Catholicism et cetera of the 19th and early 20th century. The change of the Catholic church, of course, shows quite plainly that a denomination basically is able to adapt its teaching to historical changes - thus religions and denominations are not trapped in their religious tradition but able to accept the challanges of the present age.
Wohlfahrtspolitik gehört seit dem 19. Jahrhundert zum Kerngeschäft des modernen Staates, bewegte sich von Beginn an aber auch im Kontext der christlichen Kirchen. Protestantismus und Katholizismus standen an der Wiege des Bismarckschen Sozialversicherungsstaats. Der brüchige Wohlfahrtsstaat der Weimarer Republik und der deutlich robustere Wohlfahrtsstaat der frühen Bundesrepublik wären ohne die Kirchen und ihre Soziallehren nicht denkbar gewesen. Wie aber eine angemessene und kluge Politik der Wohlfahrt genauer bestimmt werden könnte, bleibt Gegenstand von Kontroversen. So setzen sich die Beiträge dieses Bandes mit den normativen Grundlagen des Sozialstaats im Kontext religiöser Traditionen in Zeiten zunehmender Säkularisierung auseinander.
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Wohlfahrtspolitik gehört seit dem 19. Jahrhundert zum Kerngeschäft des modernen Staates, bewegte sich von Beginn an aber auch im Kontext der christlichen Kirchen. Protestantismus und Katholizismus standen an der Wiege des Bismarckschen Sozialversicherungsstaats. Der brüchige Wohlfahrtsstaat der Weimarer Republik und der deutlich robustere Wohlfahrtsstaat der frühen Bundesrepublik wären ohne die Kirchen und ihre Soziallehren nicht denkbar gewesen. Wie aber eine angemessene und kluge Politik der Wohlfahrt genauer bestimmt werden könnte, bleibt Gegenstand von Kontroversen. So setzen sich die Beiträge dieses Bandes mit den normativen Grundlagen des Sozialstaats im Kontext religiöser Traditionen in Zeiten zunehmender Säkularisierung auseinander
Front Matter -- Copyright page /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Foreword /José Casanova -- Introduction /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Dignitatis humanae: Development of the Text /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Modernity – Religion – Catholicism /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Religious Freedom /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Continuity – Change – Break? /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Factors of Change /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- The Path to Recognizing Religious Freedom as a Two-stage Learning Process /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Back Matter -- References /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler -- Acknowledgements /Karl Gabriel , Christian Spiess and Katja Winkler.
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