"Nach wie vor steht der Kampf gegen den internationalen Terrorismus weit oben auf der Agenda der NATO. Der im November zu verabschiedenden neuen Strategie muss es gelingen, die Rolle von Streitkräften im Rahmen einer vernetzten Sicherheitsarchitektur zu bestimmen und den militärischen Beitrag für die Unterbindung des internationalen Terrorismus zu definieren. Eine Intensivierung des Dialogs mit Nicht-NATO-Staaten sowie die Harmonisierung mit wichtigen Akteuren, vorrangig der EU, im Sinne des Comprehensive Approach ist wünschenswert." (Autorenreferat)
"Eine Ausdehnung des Selbstverteidigungsrechts auf 'vorbeugende Verteidigung' ist unnötig. Das bestehende Völkerrecht bietet einen hinreichenden Rahmen, um dem internationalen Terrorismus zu begegnen. Unilaterale Antworten sind kontraproduktiv, denn sie spielen dem terroristischen Angriff auf die internationale Ordnung in die Hände." (Autorenreferat)
Die Anschläge am 11. September und die weltweiten Reaktionen darauf stehen im Zentrum des neuesten Berichts zur Entwicklung des internationalen Terrorismus (»Patterns of Global Terrorism«), den das Department of State am 21. Mai 2002 vorgelegt hat. Gleichwohl bestätigt das Dokument eine Reihe von längerfristigen Entwicklungen, auf die die Terrorismus-Forschung seit Jahren hinweist. Die wichtigsten Trends sind das wachsende Zerstörungspotential, über das Terroristen verfügen, der Anstieg von Anti-US-Anschlägen weltweit, die Dominanz religiös motivierter Terroristen, die zunehmende Vernetzung von Terrororganisationen, der langsame Rückgang des staatlich geförderten Terrorismus und die zunehmende Bedeutung nicht-staatlicher Unterstützung. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß der 11. September zwar - schon aufgrund der hohen Zahl an Opfern - ein Novum in der Geschichte des Terrorismus darstellt, sich aber letztlich als eine dramatische Zuspitzung seit längerem absehbarer Trends begreifen läßt. (SWP-aktuell / SWP)
Der internationale Terrorismus ist zwar - aus historischer Perspektive betrachtet - eine seit langem bestehende Geißel der Menschheit, die angesichts der Ereignisse vom 11. September 2001 zu Unrecht in den Hintergrund getreten ist. Der von nichtstaatlichen Akteuren praktizierte Terrorismus bietet jedoch ganz neue Herausforderungen, die darin begründet liegen, dass das Völkerrecht als vor allem zwischenstaatliches Recht bestimmte Rechtsregeln entwickelt hat, die die Beziehungen zwischen Staaten regeln. Dies hat zur Folge, dass sich die zentralen Begriffe des Völkerrechts wie Frieden, Krieg, Gewaltverbot und Selbstverteidigung auf das zwischenstaatliche Verhältnis beziehen, d.h. dass darunter Frieden und Krieg zwischen den Staaten sowie Selbstverteidigung eines Staates gegen einen anderen angreifenden Staat verstanden werden. Ist das bestehende Völkerrecht in der Lage, über diesen Bereich hinauszugreifen oder hört es hier auf? Diese Frage wird im vorliegenden Beitrag unter dem Aspekt des Selbstverteidigungsrechts und der Menschenrechte erörtert. Untersucht wird, ob das prinzipiell staatenfixierte Völkerrecht auch Regeln zum Vorgehen gegen international agierende nichtstaatliche Terrororganisationen einschließlich ihrer militärischen Bekämpfung bereitstellen kann oder ob es die Staaten bei ihren Reaktionen gegen nichtstaatliche Terrorgruppen in (völker-)rechtlicher Ungebundenheit lässt. (ICI2)
In: Countering modern terrorism: history, current issues and future threats ; proceedings of the Second International Security Conference, Berlin, 15-17 December 2004, p. 313-320
In der UN-Charta (Art 2, Abs. 4) wird eines der Grundprinzipien des internationalen Rechts wie folgt formuliert: "Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede Androhung oder Anwendung von Gewalt, die gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet ist, da dies mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar ist." Das internationale Recht kennt drei Ausnahmen von diesem Prinzip: (1) Wenn der Sicherheitsrat feststellt, dass der Frieden bedroht ist oder gebrochen wurde oder dass es zu einem Angriff gekommen ist, legt er die Maßnahmen fest, die zu ergreifen sind. Dies kann bis hin zu einem militärischen Einsatz gehen (Art. 42 der UN-Charta). (2) Die Selbstverteidigung mit militärischen Mitteln (sowohl als Maßnahme eines Einzelnen als auch als gemeinsames Vorgehen) sowie das Recht eines Staates, sich gegen den Aggressor zu verteidigen (Art. 51 der UN-Charta), sind legitim und garantiert. (3) Den Fall des Krieges zum Zwecke der Befreiung einer Nation kann im Grunde genommen als militärisches Mittel angesehen werden, um das Recht auf Selbstbestimmung für alle Völker zu sichern. Der vorliegende Beitrag geht auf die Frage ein, was unter Selbstverteidigung zu verstehen ist. Dazu wird Art. 51 der UN-Charta interpretierthinsichtlich seiner Relevanz für den Terrorismus: "Bei einem bewaffneten Angriff gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen schränkt diese Charta in keiner Weise das naturgegebene Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung ein, bis der Sicherheitsrat die Maßnahmen getroffen hat, die erforderlich sind, um den Frieden in der Welt und die internationale Sicherheit zu gewährleisten. Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Rechts auf Selbstverteidigung trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen". (ICA2)
In: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht: ZaöRV = Heidelberg journal of international law : HJIL, Volume 65, Issue 4, p. 819-835