Entwicklungspolitik und Menschenrechte
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B48, S. 23-32
ISSN: 0479-611X
"Die politische Rhetorik hat seit langem eine Beziehung zwischen Entwicklungspolitik und Menschenrechten hergestellt, ohne daß in der Praxis eindeutig zu klären war, wie die Verwirklichung von Menschenrechten durch bevorzugte Vergabe bzw. Entzug z.B. von Entwicklungshilfe gefördert werden kann. Die ständige Diskussion über Begriff und Inhalt von 'Entwicklung' wird durch Argumente zugunsten der Verwirklichung von Menschenrechten positiv beeinflußt, weil dadurch neben herkömmlichen Entwicklungszielen wie etwa wirtschaftlichem Wachstum immaterielle Werte wie Stärkung des Selbstvertrauens, Solidarität, Partizipation und kulturelle Identität mehr Aufmerksamkeit erhalten. Die Betonung der Menschenrechtsgesichtspunkte in der Entwicklungspolitik gehört zum Bestand der Gemeinsamkeiten aller Fraktionen des Deutschen Bundestags, obwohl reale Beiträge der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der für die Sicherung von Menschenrechten unverzichtbaren inhaltlichen und organisatorischen rechtlichen Rahmenbedingungen bisher in Entwicklungsländern kaum sichtbar geworden sind. Der Zusammenhang zwischen Entwicklung und Menschenrechten wird offen und lebhaft noch am ehesten zwischen Christen aller Erdteile erörtert und nicht ohne kritische Auseinandersetzung mit z.T. widersprüchlichen theologischen Stellungnahmen zu den Menschenrechten in der Kirchengeschichte. Bei den Verhandlungen der (demnächst drei) Lome-Verträge zwischen der EG und den AKP-Staaten ist es zu einer bis heute nicht abgeschlossenen Kontroverse darüber gekommen, ob Menschenrechtsklauseln zumindest in Präambeln von Handelsverträgen eingefügt werden sollten - ein Teil der Problematik von wirtschaftlichen Sanktionen zur Durchsetzung ethischer Ziele. Allgemeine Menschenrechtserklärungen sind besonders in den beiden Menschenrechtspakten der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 konkretisiert worden. Aus letzteren wird nach und nach ein 'Recht auf Entwicklung' abgeleitet, das eher ein Recht der Völker als eins der Regierungen sein soll und auf allgemeine politische Partizipation abzielt, also ein Stück 'Demokratie-Politik' ist. Eines Tages werden vielleicht die beiden großen Stränge in der Arbeit der Vereinten Nationen, Entwicklung und Menschenrechte, miteinander vereint sein und zu einer globalen Konzeption von Friede und Gerechtigkeit beitragen." (Autorenreferat)