The article focuses the interaction of information technology and new accounting practices in the everyday clinical practice. Relating to an ethnographical study in intensive care medicine it shows how the use of the electronic patient record allows the clinical management to influence the medical and nursing decision-making process on the ward in an economic way. The article ends with the argument that an elaborated analysis of the interaction between the informatization- and economization process in practice needs special scientific methods: Beside managerial and organizational knowledge, research in nursing needs to open up for theoretical and methodological results of science and technology studies.
This study analyzes the decentralization of the health sector in Colombia by exploring the characteristics of Institutional Development and Community Participation and their relationship with the socio-economic conditions of Colombian municipalities, as well as the administrative and political issues that affect the implementation processes at the municipal level. The analysis is framed in the context of health sector reform, and decentralization is understood as a public policy which interacts strongly with the political, social, economic and administrative environments. The methodology involves qualitative and quantitative methods; three case studies and a survey of 91 municipalities were carried out. The findings from different sources and methods suggest that the level of progress in the health sector is not consistent with the socio-economic categories in which the municipalities have been classified. This is closely related to the quality of the staff working within the health sector, which is, in turn, connected with the patronage system and the political will of the municipal, regional and national governments.
'Dieser Beitrag beschäftigt sich mit solchen Kindern, deren Menschenrechte in Folge von Kriegen und Konflikten oft vergessen werden. Dies sind Kinder, die als Folge einer Beziehung zwischen einem ausländischen Soldaten und einer einheimischen Frau geboren wurden. Im ersten Teil dieses Beitrags werden Informationen zu Kriegskindern ('children born of war') aus verschiedenen Ländern vermittelt sowie unterschiedliche Kategorien solcher Kinder vorgestellt. Im zweiten Teil, werden auf Basis einer Umfrage einige Aspekte der Lebensverläufe dänischer und norwegischer Kinder präsentiert, die während des Zweiten Weltkrieges von deutschen Soldaten in diesen Ländern gezeugt wurden. Schließlich wird diskutiert, inwieweit die Informationen, die bis jetzt über das Leben dieser Kinder verfügbar sind, zur Erklärung für andere Konflikte im späteren Leben dieser Kinder herangezogen werden können, und inwieweit die vorhandenen Kenntnisse als Basis für die Ausarbeitung von bestimmten Richtlinien dienen können, die grundlegenden Menschenrechte dieser Kinder sichern sollen.' (Autorenreferat)
Auf dem Hintergrund einer deutlichen Zunahme flexibler Arbeitsformen in dem meisten OECD-Staaten seit den 80er und 90er Jahren befasst sich der Beitrag mit gesundheitsbezogenen Präventionsproblemen und Risikopotenzialen flexibler Arbeitsstrukturen, die exemplarisch anhand der Arbeitssituation von hoch qualifizierten Angestellten und Alleinselbstständigen in der IT-Branche näher untersucht werden. Unterflexiblen Arbeitsstrukturen werden hier zeitlich diskontinuierliche, organisationsübergreifendeFormen der projektförmigen Kooperation zwischen fokalen Unternehmen und ihren Beschäftigtenauf der einen Seite und rechtlich selbstständigen Klein- bzw. Kleinstunternehmen oder Alleinselbstständigen auf der anderen Seite verstanden. Eine Kernthese geht davon aus, dass existente Ansätze der betrieblichen und individuumszentrierten Prävention und Gesundheitsförderung nur sehr begrenzt dazu in der Lage sind, gesundheitliche Herausforderungen im Kontext flexibler Arbeitsstrukturen zu bewältigen. Die zweite Kernthese basiert auf der Annahme, dass sich etablierte, vor allem arbeitspsychologisch geprägte Konzepte der menschengerechten Arbeitsgestaltung nur begrenzt tragfähig erweisen, um eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung imKontext flexibler Arbeitsstrukturen zu ermöglichen. Zunächst wird die begrenzte Reichweite betrieblicher Ansätze der Prävention bzw. der Gesundheitsförderung mit Blick auf flexible Arbeitsstrukturen analysiert.Vorhandene rechtliche Innovationspotenziale werden demnach lediglich im Sinne einer "halbierten Modernisierung" genutzt. Danach folgt eine Diskussion über gesellschaftlichen Flexibilitätsdiskurs. Auf dieser Basis werden Grundtypen der Flexibilität auf derEbene von Unternehmen skizziert. Die IT-/Medienbranche wird danach als paradigmatisches Feldflexibler Arbeitsstrukturen vorgestellt. Gesundheitsförderliche Gestaltungsperspektivenmit Blick auf flexible Arbeitsstrukturen werden erörtert und in den konzeptionellen Vorschlageines präventionsorientierten Mehrebenenansatzes eingebettet. Der Ausblick dieses Beitrags befasst sich schließlich mit der Frage nach den Voraussetzungen für die Realisierung eines solchen arbeits- und gesundheitspolitischen Mehrebenenansatzes. (ICH)
Der Beitrag befasst sich mit den psycho- und soziosomatischen Störungen von Kindern und Jugendlichen, die in den letzten 20 Jahren immer stärker um sich greifen. Psycho- und soziosomatische Störungen ergeben sich aus einem mangelnden Gleichgewicht der Systeme von Körper, Psyche und Umwelt. Sind sie nicht im Einklang miteinander, kommt es zu Fehlsteuerungen in jedem Einzelbereich und in der Gesamtkoordination dieser Systeme. Die wesentlichen Störungen umfassen die folgenden Aspekte: (1) Fehlsteuerung des Immunsystems, (2) Störungen der Nahrungsaufnahme und des Ernährungsverhaltens, (3) Fehlsteuerung der Sinneskoordination, (4) unzureichende Bewältigung von psychischen Beanspruchungen und sozialen Anforderungen sowie (5) Konsum psychoaktiver Substanzen. Diese Alarmsignale zeigen, wo und wie heute die meisten Krankheiten von Kindern und Jugendlichen entstehen: Durch die Fehlanpassung von körperlich-physiologischen, psychisch-seelischen und sozialökologischen Systemen. Der elementare Ausgleich zwischen den Anforderungen der inneren und äußeren Welt gelingt nicht, es kommt zu keinem befriedigenden Ausgleich von Risiko- und Schutzfaktoren. Psychosomatische und mentale Gesundheitsstörungen lassen sich nur begrenzt mit medizinischer Behandlung und Arzneimitteln eindämmen. Die eigentliche Antwort liegt in der zwischenmenschlichen Beziehung und Erziehung. Das 'magische Erziehungsdreieck', das jeder Vater und jede Mutter zu lösen hat, hat es in sich. Erziehung ist die richtige Dosierung von drei Polen, nämlich Anerkennung, Anregung und Anleitung. An allen drei Polen tun sich Eltern heute schwer: (1) Das richtige Maß von Anerkennung mit Wärme und Zuwendung ist schwer zu finden, wenn eine Mutter oder ein Vater selbst unter voller Anspannung steht und durch das Kind beansprucht wird. (2) Anregung soll die Selbstständigkeit fördern und Impulse setzen, die dem Kind zur Weiterentwicklung gegeben werden. Hier machen fast alle Eltern heute den Fehler, überehrgeizig auf die schulische Entwicklung zu achten und nervös auf jedes kleine Versagen zu reagieren. (3) Das Setzen von Regeln, Grenzen und Vereinbarungen fällt Vätern und Müttern heute ebenfalls schwer. Die meisten versuchen, einem autoritären Stil auszuweichen und ohne feste Vereinbarungen und Sanktionen auszukommen, übersehen aber, dass sie damit das Kind ins Leere laufen lassen und eine verbindliche Beziehung verweigern. Viele gesundheitliche Störungen der Kinder haben hier ihre Ursachen. Psychosomatische und mentale Gesundheitsstörungen erfordern nach Einschätzung des Autors die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Fachleuten für körperliche, psychische und soziale Probleme. Daran hapert es in Deutschland noch. Jede Berufsgruppe hütet ihre Zuständigkeit. Die 'neuen' Kinderkrankheiten können so nicht zurückgedrängt werden. Es wird Zeit, neben den Pädagoginnen und Pädagogen andere Berufe in die Gesundheitsförderung mit einzubeziehen: Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Arbeitstherapeuten, Architekten, Raumgestalter und Physiotherapeuten. (ICG2)
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den professionellen Welten und dem professionellen Handeln von Gesundheitsversorgungsanbietern unter einer kulturellen Perspektive. Es wird davon ausgegangen, dass der/die einzelne Professionelle notwenig an den Schnittstellen von multiplen persönlichen, professionellen und Organisationskulturen agiert. Es soll gezeigt werden, dass qualitative Verfahren für diejenigen, die solche Versorgungseinrichtungen beforschen, besser zur Beschreibung von Kulturen und von den Schnittstellen zwischen ihnen geeignet sind als quantitative Methoden. Dies wird konzeptuell am Beispiel von psychiatrischem Pflegepersonal dargestellt. Professionelles Handeln wird hier als Handeln zwischen Pflege-, Psychiatrie- und spezifischer Organisationskultur verstanden. Als empirisches Material werden die niedergeschriebenen Berichte von 25 Psychiatrischen Krankenschwestern aus verschiedenen staatlichen Gesundheitseinrichtungen hinzugezogen.
In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, p. 206-214
In: Materialien aus der soziologischen Forschung: Verhandlungen des 18. Deutschen Soziologentages vom 28. September bis 1. Oktober 1976 in Bielefeld, p. 954-972
Die European Values Study ist ein groß angelegtes, länderübergreifendes und längsschnittliches Umfrage-Forschungsprogramm zu der Frage, wie Europäer über Familie, Arbeit, Religion, Politik und Gesellschaft denken. Die Umfrage wird alle neun Jahre in einer wachsenden Zahl von Ländern wiederholt und bietet Einblicke in die Ideen, Überzeugungen, Präferenzen, Einstellungen, Werte und Meinungen der Bürger in ganz Europa.
Wie die vorhergehenden Erhebungen in den Jahren 1981, 1990, 1999 und 2008 konzentriert sich auch die fünfte EVS-Welle weiterhin auf ein breites Spektrum von Werten. Die Fragen sind zwischen den Wellen und Regionen in hohem Maße vergleichbar, so dass sich der EVS für Forschungsarbeiten zur Untersuchung von Trends im Zeitverlauf eignet.
Mit der neuen Welle wurden die methodischen Standards gestärkt. Das full release des EVS 2017 enthält Daten und Dokumentationen von insgesamt 37 teilnehmenden Ländern. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des EVS.
Moralische, religiöse, gesellschaftliche, politische, berufliche und familiäre Werte der Europäer.
Themen: 1. Wahrnehmungen des Lebens: Bedeutung von Arbeit, Familie, Freunden und Bekannten, Freizeit, Politik und Religion; Glück; Selbsteinschätzung der eigenen Gesundheit; Mitgliedschaften in Freiwilligenorganisationen (religiöse oder kirchliche Organisationen, kulturelle Aktivitäten, Gewerkschaften, politische Parteien oder Gruppen, Umwelt, Ökologie, Tierrechte, Berufsverbände, Sport, Freizeit oder andere Gruppen, keine); aktive oder inaktive Mitgliedschaft in humanitären oder karitativen Organisationen, Verbraucherorganisationen, Selbsthilfegruppen oder gegenseitige Unterstützung; Freiwilligenarbeit in den letzten sechs Monaten; Toleranz gegenüber Minderheiten (Menschen anderer Rassen, starke Trinker, Einwanderer, Ausländer, Drogenabhängige, Homosexuelle, Christen, Muslime, Juden und Zigeuner - soziale Distanz); Vertrauen in Menschen; Einschätzung von fairem und hilfsbereitem Verhalten; interne oder externe Kontrolle; Lebenszufriedenheit; Bedeutung von Bildungszielen: wünschenswerte Eigenschaften von Kindern.
2. Arbeit: Einstellung zur Arbeit (Arbeit wird zur Entwicklung von Talenten benötigt, Geld ohne Arbeit zu erhalten, ist demütigend, Menschen werden faul, wenn sie nicht arbeiten, Arbeit ist eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft, Arbeit steht immer an erster Stelle); Bedeutung ausgewählter Aspekte der beruflichen Arbeit; Vorrang von Einheimischen vor Ausländern sowie Männern vor Frauen im Job.
3. Religion und Moral: Religionsgemeinschaft; aktuelle und ehemalige Religionsgemeinschaft; Kirchgangshäufigkeit derzeit und im Alter von 12 Jahren; Selbsteinschätzung der Religiosität; Glaube an Gott, Leben nach dem Tod, Hölle, Himmel und Wiedergeburt; persönlicher Gott vs. Geist oder Lebenskraft; Bedeutung Gottes im eigenen Leben (10-Punkte-Skala); Häufigkeit von Gebeten; Moralvorstellungen (Skala: Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen ohne Anspruch, Steuerbetrug, Einnahme von weichen Drogen, Annehmen von Bestechungsgeldern, Homosexualität, Abtreibung, Scheidung, Sterbehilfe, Selbstmord, Barzahlung zur Vermeidung von Steuern, Gelegenheitssex, Schwarzfahren im öffentlichen Verkehr, Prostitution, In-vitro-Fertilisation, politische Gewalt, Todesstrafe).
4. Familie: Vertrauen in die Familie; wichtigste Kriterien für eine erfolgreiche Ehe oder Partnerschaft (Treue, angemessenes Einkommen, gutes Wohnen, Aufteilung der Haushaltsarbeit, Kinder, Zeit für Freunde und persönliche Hobbys); Ehe ist eine veraltete Institution; Einstellung zum traditionellen Verständnis der Rolle von Mann und Frau in Beruf und Familie (Geschlechterrollen); homosexuelle Paare sind ebenso gute Eltern wie andere Paare; Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, Kinder zu bekommen; Verantwortung von erwachsenen Kindern für ihre Eltern, wenn sie langfristig betreut werden müssen; Hauptziel im Leben die eigenen Eltern stolz zu machen.
5. Politik und Gesellschaft: Politikinteresse; politische Partizipation; Präferenz für individuelle Freiheit oder soziale Gleichheit; Selbsteinschätzung auf einem Links-rechts Kontinuum (10-Punkte-Skala); individuelle vs. staatliche Verantwortung für die Bereitstellung; Übernahme jedes Jobs vs. Recht auf Ablehnung eines Jobs durch Arbeitslose; Wettbewerb gut vs. schädlich für Menschen; gleiche Einkommen vs. Anreize für individuelle Anstrengungen; privates vs. Staatseigentum von Wirtschaft und Industrie; Postmaterialismus (Skala); wichtigste Ziele des Landes für die nächsten zehn Jahre; Bereitschaft, für das Land zu kämpfen; Erwartung der zukünftigen Entwicklung (weniger Bedeutung der Arbeit und größere Achtung der Autorität); Institutionenvertrauen; wesentliche Merkmale der Demokratie; Bedeutung der Demokratie für den Befragten; Bewertung der Demokratie im eigenen Land; Zufriedenheit mit dem politischen System im Land; bevorzugte Art des politischen Systems (starker Führer, Expertenentscheidungen, Armee sollte das Land regieren, oder Demokratie); Wahlbeteiligung bei Wahlen auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene; politische Partei mit der größten Anziehungskraft; andere politische Partei, die am besten gefällt; Bewertung der Wahlen des Landes (Stimmen werden fair ausgezählt, Oppositionskandidaten werden am Arbeiten gehindert, Fernsehnachrichten begünstigen die Regierungspartei, Wählerbestechung, faire Berichterstattung über Wahlen, faire Wahlbeamte, reiche Menschen kaufen Wahlen, Wähler werden von Gewalt bei den Wahlen bedroht); Meinung zum Recht auf Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen, Überwachung aller E-Mails und aller anderen im Internet ausgetauschten Informationen, Sammeln von Informationen über jeden im Land ohne dessen Wissen; Interesse an Politik in den Medien; Besorgnis über die Lebensbedingungen der Menschen in der Nachbarschaft, der Menschen in der Region, der Landsleute, der Europäer, aller Menschen weltweit, älterer Menschen, Arbeitsloser, Einwanderer, kranker und behinderter Menschen; gesellschaftliche Ziele (Beseitigung von Einkommensungleichheiten, Grundsicherung für alle, Anerkennung von Menschen nach Verdiensten, Schutz vor Terrorismus).
6. Nationale Identität: Vertrauen in Menschen aus verschiedenen Gruppen (Nachbarschaft, persönlich bekannte Personen, Menschen, die man zum ersten Mal trifft, Menschen einer anderen Religion und Menschen einer anderen Nationalität); geografische Gruppe, der sich der Befragte zugehörig fühlt (Stadt, Region, Land, Europa, Welt); Staatsbürgerschaft; Nationalstolz; Bewertung des Einflusses von Einwanderern auf die Entwicklung des Landes; Einstellung gegenüber Einwanderern und ihren Bräuchen und Traditionen (Arbeitsplatzabbau, zunehmende Kriminalitätsprobleme, Belastung des Sozialsystems des Landes, ihre unterschiedlichen Bräuche und Traditionen erhalten vs. Bräuche übernehmen); wichtige Aspekte der nationalen Identität (im Land geboren worden zu sein, die politischen Institutionen und Gesetze des Landes zu respektieren, Abstammung des Landes, Landessprache sprechen, nationale Kultur teilen); wichtige Aspekte der europäischen Identität (in Europa geboren worden zu sein, europäische Abstammung, Christ sein, europäische Kultur teilen); Einstellung gegenüber der Erweiterung der Europäischen Union.
7. Umwelt: Einstellung zur Umwelt (Skala: Bereitschaft, einen Teil des eigenen Einkommens für die Umwelt zu geben, zu schwierig, viel für die Umwelt zu tun, wichtigere Dinge im Leben als der Umweltschutz, eigene Aktivitäten sind nutzlos, solange andere nicht das Gleiche für die Umwelt tun, Behauptungen über Umweltgefahren sind übertrieben); Schutz der Umwelt vs. Wirtschaftswachstum.
Demographie: Geschlecht; Alter (Geburtsjahr); im Land des Interviews geboren; Geburtsland; Einwanderungsjahr; aktueller rechtlicher Familienstand; Zusammenleben mit dem Partner vor der Heirat oder vor der Eintragung der Partnerschaft; Zusammenleben mit einem Partner; feste Beziehung; Zusammenleben mit Eltern oder Schwiegereltern; Anzahl der Kinder im Haushalt und außerhalb des Haushalts; Anzahl der Personen im Haushalt (Haushaltsgröße); Alter der jüngsten Person im Haushalt; Alter bei Abschluss der Ausbildung; höchster Bildungsgrad (ISCED 97); Beschäftigungsstatus; Beschäftigung oder Selbständigkeit in der letzten Beschäftigung; derzeitige oder letzte Haupttätigkeit; Beruf (ISCO-08, SIOPS-08, ISEI-08, ESEC-08, EGP-11); Anzahl der Mitarbeiter (Unternehmensgröße); Vorgesetztenfunktion und Anzahl der beaufsichtigten Personen; Berufssektor (Regierung oder öffentliche Einrichtung, Privatwirtschaft oder Industrie oder private gemeinnützige Einrichtung); Arbeitslosigkeit länger als drei Monate; Abhängigkeit von der sozialen Sicherung in den letzten fünf Jahren; Höhe des Haushaltseinkommens (wöchentlich, monatlich, jährlich).
Angaben zum Partner/Ehepartner: im Land des Interviews geboren; Geburtsland; höchster Bildungsstand (ISCED 97); Beschäftigungsstatus; Beschäftigung oder Selbständigkeit in der letzten Stelle; derzeitige oder letzte Haupttätigkeit; Beruf (ISCO-08, SIOPS-08, ISEI-08, ESEC-08, EGP-11); Anzahl der Mitarbeiter (Unternehmensgröße); Vorgesetztenfunktion und Anzahl der beaufsichtigten Personen.
Informationen über die Eltern des Befragten: Vater und Mutter im Land des Interviews geboren; Geburtsland von Vater und Mutter; Höhe des Haushaltseinkommens; höchster Bildungsstand von Vater und Mutter (ISCED 97); Beschäftigungsstatus von Vater und Mutter, als der Befragten 14 Jahre alt war; Berufsgruppe des Hauptverdieners im Alter von 14 Jahren; ; Charakterisierung der Eltern, als der Befragte 14 Jahre alt war (Skala: las gerne Bücher, diskutierte mit seinem Kind zu Hause über Politik, verfolgte gerne die Nachrichten, hatte Probleme, über die Runden zu kommen, hatte Probleme, kaputte Dinge zu ersetzen).
Interviewer-Rating: Interesse des Befragten während des Interviews.
Zusätzlich verkodet wurde: Befragten-ID; Fallnummer-ID; Erhebungsjahr; Beginn und Ende der Feldarbeit (Jahr und Monat); Ländercode (ISO 3166); Länderkürzel (ISO 3166); Land und Jahr der Feldarbeit (ISO 3166); Art der Datenerhebung; Region (NUTS); Ortsgröße (NUTS); Interviewdatum; Uhrzeit des Interviews (Stunde und Minute des Beginns und des Endes); Sprache des Interviews; Interviewer-Nummer; Mixed mode and matrix design Variablen; Duplizierung von Fällen nach Zusammenführung von Haupt- und Add on Datensätzen; Flag-Variable: Inkonsistenzen; Flag-Variable: vollständiger/unvollständiger Fall; monatliches Haushaltsnettoeinkommen (x1000), korrigiert um ppp in Euro; Gewichtungsfaktoren.
In diesem nationalen Datensatz sind weitere länderspezifische Variablen enthalten.
Die European Values Study ist ein groß angelegtes, länderübergreifendes und längsschnittliches Umfrage-Forschungsprogramm zu der Frage, wie Europäer über Familie, Arbeit, Religion, Politik und Gesellschaft denken. Die Umfrage wird alle neun Jahre in einer wachsenden Zahl von Ländern wiederholt und bietet Einblicke in die Ideen, Überzeugungen, Präferenzen, Einstellungen, Werte und Meinungen der Bürger in ganz Europa.
Die EVS 2008 Erhebung konzentriert sich weiterhin auf ein breites Spektrum von Werten. Die Fragen sind zwischen den Wellen und Regionen in hohem Maße vergleichbar, so dass sich der EVS für Forschungsarbeiten zur Untersuchung von Trends im Zeitverlauf eignet. Eine wesentliche Verbesserung in dieser vierten Welle ist der umfangreiche Satz an soziodemografischen Hintergrundvariablen, der dem Fragebogen hinzugefügt wurde und weitreichende Analysen der Determinanten von Werten ermöglicht.
Moralische, religiöse, gesellschaftliche, politische, ökonomische und soziale Wertvorstellungen der Europäer.
Themen: 1. Wahrnehmung des Lebens: Wichtigkeit der Lebensbereiche: Arbeit, Familie, Freunde und Bekannte, Freizeit, Politik und Religion; Häufigkeit von politischen Gesprächen mit Freunden; Glücksempfinden; Selbsteinschätzung der eigenen Gesundheit; Mitgliedschaften in Vereinigungen und Ableisten unbezahlter Arbeit (ehrenamtliche Tätigkeit) in Sozialeinrichtungen, religiösen oder kirchlichen Organisationen, Bildung oder kulturellen Aktivitäten, Gewerkschaften, politischen Parteien, lokalen politischen Maßnahmen, Menschenrechts- oder Umweltschutzgruppen, Berufsverbänden, Friedensbewegung, Jugendarbeit, Sportvereinen, Frauengruppen, freiwillige Verbände des Gesundheitswesens; Toleranz (soziale Distanz) gegenüber Minderheiten (Personen mit Vorstrafen bzw. anderer Rasse, linke bzw. rechte Extremisten, Alkoholabhängige, kinderreiche Familien, emotional instabilen Menschen, Muslime, Einwanderer, Aidskranke, Drogensüchtige, Homosexuelle, Juden, Zigeuner und Christen); Personenvertrauen; Einschätzung des Verhaltens der meisten Menschen als fair und hilfsbereit; interne oder externe Kontrolle; Lebenszufriedenheit (Skalometer).
2. Arbeit: Wichtigste Ursache für die Bedürftigkeit von Menschen; Bedeutung ausgewählter Aspekte der betrieblichen Arbeit; Erwerbsstatus; allgemeine Arbeitszufriedenheit; selbstbestimmtes Arbeiten im Job; Arbeitsorientierung (Arbeits-Ethik-Skala); wichtige Aspekte von Freizeit; Einstellung zur kritiklosen Befolgung von Arbeitsanweisungen; Arbeitsplätze vorrangig für Landsleute vor Ausländern sowie für Männer vor Frauen.
3. Religion: Individuelle oder allgemeingültige klare Leitlinien für Gut und Böse; Konfession; aktuelle und ehemalige Konfession; derzeitige Kirchgangshäufigkeit sowie im Alter von 12 Jahren; Bedeutung von religiösen Feiern bei Geburt, Heirat und Begräbnis; Selbsteinschätzung der Religiosität; Kirchen geben adäquate Antworten auf moralische Fragen, bei Problemen des Familienlebens, auf spirituelle Bedürfnisse und soziale Probleme des Landes; Glaube an Gott, ein Leben nach dem Tod, Hölle, Himmel, Sünde und Wiedergeburt; persönlicher Gott versus Geist oder Lebenskraft; persönliche Verbindung mit dem Göttlichen ohne Kirche; Interesse am Übernatürlichen; Einstellung zur Existenz einer einzigen wahren Religion; Bedeutung von Gott im eigenen Leben (10-Punkte-Skala); Erlebnis von Wohlbefinden und Kraft aus Religion und Glauben; Momente des Gebetes und der Meditation; Häufigkeit von Gebeten; Glaube an Glücksbringer oder Talisman (10-Punkte-Skala); Haltung gegenüber der Trennung von Kirche und Staat (ungläubige Politiker gehören nicht in die Regierung, religiöse Führer sollten Entscheidungen der Regierung nicht beeinflussen).
4. Familie und Ehe: Wichtigste Kriterien für eine erfolgreiche Ehe (Skala); Einstellung zur Kinderbetreuung (ein Kind braucht ein Zuhause mit Vater und Mutter, eine Frau braucht Kinder zur eigenen Erfüllung, Ehe ist eine veraltete Institution, Frau als Alleinerziehende); Einstellung zur Ehe, zu Kindern, zur traditionellen Familienstruktur, Kinder als gesellschaftlicher Auftrag, Elternpflege, Adoption für homosexuelle Paare (Skala); Haltung gegenüber dem traditionellen Rollenverständnis von Mann und Frau in Beruf und Familie (Skala) Respekt und Liebe für die Eltern; Verantwortung der Eltern für ihre Kinder und Verantwortung erwachsener Kinder für ihre Eltern, wenn diese der Langzeitpflege bedürfen; Wichtigkeit von Erziehungszielen für Kinder in der Familie; Haltung gegenüber Abtreibung (außerehelich und in der Ehe).
5. Politik und Gesellschaft: politisches Interesse; politische Partizipation (Skala); Präferenz für individuelle Freiheit oder soziale Gleichheit; Selbsteinschätzung auf einem Links-Rechts-Kontinuum (10-Punkte-Skala); Präferenz für mehr Eigenverantwortung oder staatliche Lenkung; freie Entscheidung eines Arbeitslosen für die Akzeptanz eines angebotenen Arbeitsplatzes; Wettbewerb stimuliert den Willen zur Arbeit; Freiheit von Unternehmen oder staatliche Kontrolle (Neoliberalismus); Präferenz für Einkommensangleichung oder Anreize für individuelle Bemühungen; Präferenz für Marktwirtschaft oder Staatswirtschaft; Postmaterialismus; gewünschte gesellschaftliche Entwicklung (Schwerpunkt auf materiellen Besitztümer, mehr Respekt vor Autorität); Institutionenvertrauen (Skala); Demokratiezufriedenheit; Bewertung des politischen Systems des Landes als gut oder schlecht (10-Punkte-Skala); bevorzugte Art des politischen Systems (starke Führungspersönlichkeit, Expertenentscheidungen, Armee sollte das Land regieren oder Demokratie); Einstellung zur Demokratie (Skala).
6. Moralische Haltungen und Wertorientierungen (Skala: Einstellung zu unberechtigter Inanspruchnahme staatlicher Leistungen, Steuerhinterziehung, unbefugte Nutzung eines fremden Fahrzeugs, Konsum weicher Drogen, Lügen, Ehebruch, Bestechung, Homosexualität, Abtreibung, Scheidung, Euthanasie, Selbstmord, Schwarzarbeit, Gelegenheitssex, Schwarzfahren, Prostitution, Experimente mit menschlichen Embryonen, genetische Veränderung von Lebensmitteln, Insemination oder In-vitro-Fertilisation und Todesstrafe).
7. Nationale Identität: geografische Gruppe, der der Befragten sich zugehörig fühlt (Stadt, Region, Land, Europa, Welt); Staatsangehörigkeit; Nationalstolz; mit der Europäischen Union assoziierte Ängste (Verlust der sozialen Sicherheit und der nationalen Identität, wachsende Ausgaben des eigenen Landes, Machtverlust des eigenen Landes in der Welt und den Verlust von Arbeitsplätzen); Einstellung zu einer Erweiterung der Europäischen Union (Skalometer); Wahlabsicht bei der nächsten Wahl und Parteipräferenz; Partei, die am meisten zusagt; präferierte Einwanderungspolitik; Einstellung zu Terrorismus; Haltung gegenüber Einwanderern und ihren Bräuchen sowie Traditionen (nehmen Arbeitsplätze weg, untergraben das kulturelle Leben des Landes, verschlimmern Kriminalitätsprobleme, belasten das Wohlfahrtssystem des Landes, Bedrohung für die Gesellschaft, unterschiedliche Bräuche und Traditionen aufrechterhalten); Fremdheitsgefühl im eigenen Land; zu viele Einwanderer; wichtige Aspekte der nationalen Identität (im Land geboren sein, Respektieren der politischen Institutionen und Gesetze des Landes, Abstammung, Sprechen der Landessprache, lange Zeit im Land gelebt haben); Interesse an Politik in den Medien; Informieren der Behörden um der Gerechtigkeit willen; Kümmern um eigene Angelegenheiten; Nähe zu: Familie, Nachbarschaft, den Menschen in der Region, Landsleuten, Europäern und zur Menschheit; Besorgnis über die Lebensbedingungen von älteren Menschen, Arbeitslosen, Migranten und kranken oder behinderten Menschen sowie Kindern in armen Familien.
8. Umwelt: Einstellung zum Umweltschutz (Skala: Bereitschaft zur Abgabe eines Teils des eigenen Einkommens für die Umwelt, Überbevölkerung, verheerende Konsequenzen menschlicher Eingriffe in die Natur, menschlicher Scharfsinn erhält die Erde bewohnbar, das Gleichgewicht der Natur ist stark genug, um die Auswirkungen der modernen Industrienationen zu bewältigen, Menschen sind dazu bestimmt, über den Rest der Natur zu herrschen, eine ökologische Katastrophe ist unvermeidlich).
Demographie: Geschlecht; Alter (Geburtsjahr); geboren im Land des Interviews; Geburtsland; Jahr der Einwanderung in das Land; Herkunftsland des Vaters und der Mutter; Familienstand; Zusammenleben mit dem Partner vor der Ehe oder vor der Eintragung der Partnerschaft; Zusammenleben mit einem Partner derzeit bzw. in der Vergangenheit; fester Partner; verheiratet mit dem früheren Partner; Ende der Beziehung; Kinderzahl; Geburtsjahr des ersten Kindes; Haushaltsgröße und Haushaltszusammensetzung; traumatische Ereignisse: der Tod eines Kindes, von Vater oder Mutter, Scheidung eines eines Kindes, Scheidung der Eltern oder anderer Verwandter; Alter des Befragten zum Zeitpunkt dieser Ereignisse; Alter bei Schulabschluss; höchster erreichtes Bildungsniveau; Beschäftigungsstatus; Arbeitnehmer oder Selbständige im letzten Job; Beruf (ISCO-88) und berufliche Stellung; Leitungsfunktion und Kontrollspanne.
Soziale Herkunft und Charakteristik des Partners: Partner des Befragten oder Ehegatte: Partner ist im Land geboren bzw. Herkunftsland des Partners; höchster Bildungsabschluss; Erwerbsstatus des Partners; Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit der Partner in seinem bzw. ihrem letzten Job; Beruf des Partners (ISCO-88) und berufliche Stellung; Leitungsfunktion des Partners und Kontrollspanne; Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von sozialer Sicherung des Befragten und seines Partners länger als drei Monate in den letzten fünf Jahren; Höhe des Haushaltseinkommens; Zusammenleben mit den Eltern, als der Befragte 14 Jahre alt war; höchstes Bildungsniveau von Vater und Mutter; Beschäftigungsstatus von Vater und Mutter, als der Befragte 14 Jahre alt war; Beruf von Vater und Mutter (ISCO-88); Anzahl der Beschäftigten (Unternehmensgröße bei Selbständigen); Leitungsfunktion und Kontrollspanne von Vater und Mutter, Charakterisierung der Eltern als der Befragte 14 Jahre alt war (Skala: gerne Bücher gelesen, politische Diskussionen zu Hause mit ihrem Kind, gerne die Nachrichten verfolgt, Probleme über die Runden zu kommen, Probleme Unbrauchbares zu ersetzen); Region, in der der Befragten im Alter von 14 Jahren lebte; derzeitiger Wohnort; Ortsgröße; Region.
Interviewerrating: Interesse des Befragten am Interview.
Zusätzlich verkodet wurde: Interviewernummer; Interviewdatum; Interviewlänge; Zeitpunkt des Interviews: Interviewbeginn (Stunde und Minute) und Interviewende (Stunde und Minute); Sprache, in der das Interview durchgeführt wurde.
Zusätzliche länderspezifische Variablen sind in den nationalen Datensätzen enthalten.
Mein Vater, seine Schwester und ich vor dem Haus der kurz zuvor verstorbenen Großmutter, 2014. Eine gemeinsame oberschlesische ErkundungsreiseDas Anliegen, einen persönlichen Text zum Thema "Oberschlesien" [1] zu schreiben, brachte mich zuerst in ein Dilemma. In erster Linie verbinde ich Oberschlesien mit meinem Vater – einem von dort aus Volkspolen in die Bundesrepublik eingewanderten Aussiedler. Was erlebte er und seine Familie aber in der Nachkriegszeit in seiner Herkunftsregion und wie sehr prägt das mich heute? Es begann eine gemeinsame Erkundungsreise durch seine oberschlesischen Erinnerungen, wobei ich meinen Vater vertieft interviewte. Recherchen in privaten und öffentlichen Archiven ergänzten das Bild und brachten uns interessante, teilweise neue Erkenntnisse.Mein Vater Marian Mansfeld, Jahrgang 1950, wurde wie viele seiner Vorfahren in Siemanowice Śląskie (Siemianowitz/-Laurahütte) geboren, ist dort aufgewachsen und arbeitete immer wieder vor Ort. Oberschlesien wurde zuvor besonders tragisch durch die zwei Weltkriege und Revolten gezeichnet, die selbst Familien auseinanderrissen. 1919-1921 gab es drei oberschlesische Aufstände, die letztlich nach einer Volksabstimmung zu der Teilung Oberschlesiens führten, bei der auch Siemianowice und Katowice (Kattowitz) Polen zugeteilt wurden. Es scheint, als verdichtete sich die deutsch-polnische Geschichte in dieser Region grausam, obwohl es neben allen Animositäten vielfach gutes menschliches Zusammenleben gab.Im Leben meines Vaters hinterließ der Zweite Weltkrieg tiefe Spuren:"Die Geschichte meiner Familie ist sehr mit den Kriegserlebnissen in Oberschlesien[2] verbunden und davon erschüttert – ich habe durch den Krieg meinen Vater so gut wie verloren, meinen durch den Krieg nach England geratenen Onkel mütterlicherseits traf ich nie persönlich, meine Cousins nicht. Die Familie meiner Großtante wurde in die Sowjetunion verschleppt und nie mehr gesehen... Mein Glück war: Ich war der erste in meiner Familie nach den Generationen zuvor, der nicht in den Krieg musste."Meine Mutter stammt von der polnischen Ostseeküste. Ich bin selbst kam 1978 in Poznań (Posen) zur Welt, wo sich meine Eltern während des Studiums kennengelernt hatten. Eine märchenhafte Kindheit verbrachte ich in Janowice Wielkie (Jannowitz) im niederschlesischen Riesengebirge. Dort leitete mein Vater ab 1980 eine große Ferien- und Erholungsanlage für Werktätige aus den "Kattowitzer Reparaturbetrieben der Kohleindustrie" sowie ihre Familien. Meine Mutter arbeitete dort mit; in der Gegend wurde mein Bruder geboren.Die Ferien- und Erholungsanlage in Janowice mit mir eingekreist, etwa 1983.Als meine Eltern diese Arbeit 1986 aufgeben mussten, ging es für uns in den väterlichen Heimatort, wo wir in typischen sozialistischen Plattenbauten wohnten. Meine Mutter arbeitete im Kultur- und Bildungsbereich, mein Vater in der Verwaltung der Reparaturbetriebe. Meine Oberschlesien-Zeit sollte nur bis 1989, unserer "Aussiedlung" in die Bundesrepublik Deutschland, dauern. Nach dem für meine Eltern zu dieser Zeit überraschenden Fall des Eisernen Vorhangs folgten regelmäßige Reisen nach Oberschlesien. Vor allem das Haus meiner Tante in Katowice bildete zu Ostern, zu Weihnachten und zu Familienfesten einen festen Ankerpunkt in Polen.Ostern 1995 bei meiner Tante in Katowice-Janów.Die Kindheit meines Vaters: Armut, Zusammenhalt und AbenteuerDie Kindheit meines Vaters hatte sich im alten Teil von Siemianowice abgespielt, direkt in der Nähe der Bergwerke und Hütten, deren 16 Schornsteine er von seinem Haus aus zählen konnte. Dort gab es keine Hochhäuser, sondern ehemalige deutsche Backsteinbauten (oberschlesisch: "familoki", etwa: Familienblocks). Zu den dürftigen Wohnverhältnissen sagt mein Vater:"Die Bergbau-Wohnungen hatten geringe Mieten. Am Anfang gab es in den Wohnungen nicht einmal fließend Wasser, nicht zu sprechen von Toiletten – nur im Hausflur für mehrere Wohnungen zusammen, wo das Wasser im Winter manchmal sogar einfror."Mein Vater bei seiner Erstkommunion, 1959.Durch diese Not wurde ein besonders gemeinschaftliches Zusammenleben gefördert:"Die Menschen [...] lebten solidarisch zusammen, halfen sich – uns wurde viel geholfen, weil wir dort zu den Ärmsten zählten [...] An die 40-50 Kinder [...] waren in einem Hof, spielten Fußball oder turnten an den Teppichklopfstangen. Einwanderer nach Oberschlesien aus [dem übrigen] Polen waren Tierhaltung gewohnt und haben zunächst sogar Schweine in die engen Haushöfe mitgebracht [...] Wir gaben ihnen dann Kartoffelschalen für die Schweine oder Kaninchen, sie uns später Fleisch oder Wurst. "Grundsätzlich zog das Gebiet der florierenden oberschlesischen Industrie die dort dringend benötigte Arbeitskraft aller ländlicher Gegenden Polens an. Einige kamen schon allein deshalb, um dem zweijährigen Militärdienst zu entgehen, erzählt mein Vater. Ansonsten waren die Gründe für die Arbeit "in den Gruben" pragmatisch, wie die vergünstigte Kohle "zum Heizen der Wohnung und zum Kochen".In Oberschlesien waren nach dem Krieg entgegen mancher Mythen nicht alle Deutschen weggegangen, vertrieben oder interniert worden. Autochthone wurden in der unmittelbaren Nachkriegszeit vor die "Wahl" gestellt, entweder die polnische Staatsangehörigkeit anzunehmen und in der oberschlesischen Industrie zu arbeiten oder das Land Richtung Deutschland zu verlassen. Sog. "Volksdeutsche" bzw. Menschen, die mehr oder weniger freiwillig auf der "Deutschen Volksliste" [3] als "Volksdeutsche" verzeichnet wurden[4], konnten unter Umständen rehabilitiert werden, mussten allerdings im Alltag oft Verfolgung und Diskriminierungen in Kauf nehmen.[5] Manche widersetzten sich der Vertreibung, wie die Großmutter meines Vaters, die auf ihren Sohn warten wollte.Darüber hinaus sind in der Nachkriegszeit die Sowjets hart gegen Oberschlesier:innen ins Gericht gegangen und internierten diese in Lagern.[6] Zwangsansiedlungen von Menschen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten, die von der Sowjetunion annektiert wurden, waren ebenso an der Tagesordnung.Besonders sind meinem Vater die wilden Seiten seines damaligen Daseins im Gedächtnis geblieben:"Uns Kinder hat die Straße erzogen, nicht immer gut. [...] Es herrschte das Recht des Stärkeren. Es wurde auch gestohlen, vor allem Kohle oder Altmetall zum Verkauf oder wir betrieben Mundraub – klauten Obst, Gemüse oder Eier aus den nahgelegenen Schrebergärten."Meine Großmutter – eine Bergbau-Arbeiterin und alleinerziehende MatriarchinDie Nachkriegszeit war nicht einfach für meine Großmutter Gertruda Mansfeld (geb. Moczygęba, Jahrgang 1929). Ihr späterer oberschlesischer Mann Paul, der für Deutschland in den Krieg zog, dessen genaue deutsche Biografiebezüge aber weder für meinen Vater noch mich recherchierbar sind, kehrte nach dem Krieg 1947 aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft zurück. Sie heirateten und hatten dann vier Kinder, als zweites Kind meinen Vater. Von der Kriegszeit seines Vaters weiß mein Vater übrigens kaum etwas, außer, dass er in der Panzertruppe eingesetzt war und 1943 in Griechenland, wo er Malaria bekam. Eine Grußkarte meines Großvaters von der Kriegsfront inGriechenland aus dem Jahr 1943 mit aufgeklebten Porträtsvon seiner Mutter und ihm.Einige Jahre nach seiner Rückkehr wurde mein Großvater durch einen miterlebten tödlichen Grubenunfall stark traumatisiert und musste von meiner Großmutter immer wieder in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht werden, während sie erzwungenermaßen die Rolle des Alleinverdieners im Steinkohlebergwerk Siemianowice übernahm. Es war harte Arbeit, im Schnitt sechs Tage die Woche. Bis heute bleibt es ein Rätsel, wie sie es schaffte, in dieser Situation nebenbei vier Kinder großzuziehen. Mein Vater sagt dazu:"Sie hat, um das alles zu vereinbaren, viel – auch nachts – gearbeitet, immer nur kurz geschlafen und sich um uns gekümmert. Das hielt sie nur durch starken Kaffeekonsum durch; sie löffelte sogar den Kaffeesatz aus! Das hätte sie neben der harten Arbeit fast die Gesundheit gekostet."Ihre Zuneigung zeigte sie ihren Kindern so gut wie nie. Selbst als ihr Lieblingskind, zu dem mein Vater avancierte, da er weniger Probleme machte als sein Bruder und später sogar schulisch aufstieg, bekam er mehr Schläge als Lob. Das Angebot eines kinderlosen Ehepaars, meinen Vater gegen Geld zu übernehmen, lehnte seine Mutter jedoch klar ab.Meine Großmutter 1965.Das traditionelle Familienmodel in Oberschlesien war weitverbreitet. Selbst wenn der Mann präsent war, blieb die Frau das eigentliche Familienoberhaupt:"Der Mann war zum Arbeiten da, aber durch das Matriarchat wurde ihm jeden Monat [...] alles abgenommen. Damit war seine Rolle erschöpft. Sein einziges Vergnügen war es, sich zu betrinken."Was im Leben meiner Großmutter familiär als Kuriosität galt, war, dass sie als 14-Jährige im damaligen Reichsgebiet bei Grünberg (Zielona Góra) auf "Landarbeit" – wie die Online-Datenbank "straty.pl" [7] verifiziert, faktisch Zwangsarbeit in der Landwirtschaft – eine wohl angenehmere Zeit als in Oberschlesien der Kriegszeit verbrachte. Das erzählte sie uns nicht nur einmal in ihrer kleinen Wohnung mit dem Taubenschlag gegenüber, in der früher bis zu sechs Familienmitglieder wohnten. Später wunderte ich mich über ihre etwas skurrile, nur durch die Kriegserfahrung verständliche Angewohnheit: Sie hatte die meisten unserer Mitbringsel aus Deutschland auf den Schränken gehamstert – einige Lebensmittel sogar lange nach dem Verfallsdatum...Weihnachtszeit 1998 in Großmutters Wohnküche: Sie und ich links im Bild, rechts meine Mutter, in der Mitte die Schwestern meines Vaters.Bei unseren Recherchen fand mein Vater zu unserem Erstaunen heraus, dass seine Mutter nicht in durchgehend die polnische Staatsangehörigkeit besessen hat, sondern ab einem noch unbekannten Zeitpunkt auch zur Kriegszeit in der Gruppe 4 der Deutschen Volksliste – also ohne Möglichkeit des Ausweiserhalts – gelistet wurde. Diese vermutlich wie bei vielen Menschen in Oberschlesien nicht freiwillig erfolgte Eintragung war sicherlich pragmatisch motiviert und schützte sie und die ganze Familie letztlich vor Repressalien oder gar Lebensgefahr.[8]Zur Fortsetzung [1] Oberschlesien ist das Jahresthema 2021 des Deutschen Polen-Instituts. S. https://www.deutsches-polen-institut.de/jahresthema/.
[2] Mein Vater sprach auf Polnisch von "Śląsk" / "śląski" etc. (dt.: Schlesien, schlesisch etc.), da der Begriff "Schlesien" vor allem durch Oberschlesier:innen synonym mit "Oberschlesien" verwendet wird.
[3] Siehe dazu z. B. https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/begriffe/deutsche-volksliste.
[4] Vgl. Kaczmarek, Ryszard (2010): Polacy w Wehrmachcie [Polen in der Wehrmacht], S. 54.
[6] 2020 hat der polnische Sejm die sog. "oberschlesische Tragödie" zum 75. Jahrestag mit einem Beschluss gewürdigt: https://www.sejm.gov.pl/sejm9.nsf/komunikat.xsp?documentId=877504676ADCFD4FC12584F80070B3CE.