Ethik im Horizont der Künstlichkeit
In: Heidegger: Technik - Ethik - Politik, S. 89-97
Der Autor skizziert zunächst mit Heidegger Grundzüge einer phänomenologischen Ethik. Eine phänomenologische Ethik ist nicht normenorientiert und geht von keiner Autorität aus, sondern vollzieht sich als Phänomenologie gelebter Ethik. Heideggers "Ethik des Wohnens" vermeidet das Sollen. Wohnen erfahren wir immer, in jedem geglückten Moment des eigenen Lebens. Das Verschwinden von (ethischen) Autoritäten, so die These des Autors, hat das unscheinbare Gelingen einer Ethik des Wohnens überhaupt erst fühlbar gemacht. "Wer aber wohnt? Wir selbst. Ich allein. Mit solch einer Ethik des Wohnens scheinen wir unweigerlich auf uns selbst zurückgeworfen zu sein, auf das ohnmächtige Ich." Als Erfahrung des Werdens und als Nähe zum Tod (gesteigert durch AIDS) gibt uns Leben einen Hinweis, wie wir sind. Die Leitfrage einer hier anschließenden lebensphilosophischen Bioethik - Wie lebt das Leben menschlich? - skizziert der Autor sodann hinsichtlich des Problems der Tierversuche und der Immunschwäche AIDS. "Künstlich leben heißt, die Kunst des Lebens vermögen, menschlich sein ohne doch gegen andere Weisen der Natur sich stellen zu müssen. Bioethik enthält Beispiele aus der Praxis der Humanität (auch Horrorbeispiele). Denn unser Verhalten zu unserem Mitgetier ist ebensowenig zweitrangig wie unsere Reaktionen auf eine Seuche wie AIDS. Wir sind, wie wir mit Tieren umgehen, und AIDS ist der unbestechlichste Spiegel unseres Selbstverständnisses, über den wir heute verfügen." (ICD)