Gemeinsam in der Sitzung: parlamentarische Rituale und symbolische Kommunikation in der Tweede Kamer
In: Parlamentarische Kulturen in Europa: das Parlament als Kommunikationsraum, p. 105-125
Die Autorinnen gehen anhand von teilnehmenden Beobachtungen in der "Tweeden Kamer" der Niederlande der Frage nach, welche Symbole, Bräuche, Traditionen und Rituale auszumachen sind, wenn das Parlament zusammentritt. Im ersten Teil ihres Beitrages gehen sie auf Aspekte ein, die direkt ins Auge springen, wenn man sich im Parlament umsieht, wie z. B. Symbole und Kleidung. Im zweiten Teil richten sie das Augenmerk auf die Sitzungen selbst: Was fällt in einem Parlament auf, das sich in einer offiziellen Sitzung befindet? Welche Rituale und welche Sitzungsdisziplin hat es? Und wie ist die Stimmung in einem beratenden Parlament? Den Autorinnen fiel erstens auf, wie wenig äußerlichen Glanz es in der niederländischen Volksvertretung gibt. Symbole gibt es kaum oder fehlen fast vollkommen. Die Sitzungen werden ohne jegliches Zeremoniell eröffnet, eine Kleiderordnung gibt es nicht und im Saal fehlen Hinweise auf die niederländische Nation. Nur die Saaldiener strahlen mit ihrer traditionellen Kleidung und ihren Abzeichen eine besondere Würde aus. Das Ritual der Vereidigung verlief nüchtern und "unter laufendem Betrieb". Zweitens fiel die straffe Geschäftsordnung bei den Debatten, wie auch deren spezieller Charakter auf. Die Abgeordneten müssen sich an eine große Anzahl von Regeln halten, wenn sie sich aktiv an den Sitzungen beteiligen wollen. Der Parlamentspräsident ist voll beschäftigt, um die Ordnung zu bewahren und die Einhaltung der Regeln und der Zeit zu überwachen. So gesehen feiert die niederländische Demokratie ihre tägliche Existenz nicht sehr überschwänglich: Im Zentrum der Demokratie gibt es nur wenig Festliches zu erleben. (ICI2)