Das Unterwegssein als konstituierendes Element der Praktiken multilokalen Wohnens wird anhand empirischer Befunde thematisiert: Hierzu gehören neben den Mühen des Unterwegsseins und den Ritualen des Übergangs auch die soziale Einbettung und Fragen der Nutzung von Unterwegszeit. Abschließend werden Konnotationen des Unterwegsseins dargestellt.
Mit Transnationalität werden Verflechtungen adressiert, die sich im Zuge von Migrationsprozessen zwischen Orten herausbilden. In Abgrenzung zu Multilokalität sind diese Prozesse inhärent ländergrenzenübergreifend, also transnational. Anders als z.B. beim multilokalen Wohnen liegt der analytische Schwerpunkt nicht auf den konkreten (Wohn-)Arrangements zwischen zwei Orten, sondern stärker auf den wechselseitigen Beziehungen zwischen Ankunfts- und Herkunftskontext und der Konstitution transnationaler sozialer Räume.
Für jede wissenschaftliche Arbeit, mit der auf empirischem Wege neue Erkenntnisse generiert werden sollen, sind zuvor methodologische Überlegungen anzustellen, die den geplanten Erkenntnis- bzw. Forschungsprozess leiten. Im Bewusstsein, dass Welterkennen nur in einem Wechselspiel zwischen Erkenntnisgegenstand und Erkenntnissubjekt erfolgen kann, werden - abendländischer Denktradition folgend - drei Ebenen systematischer Betrachtung vorgestellt, die auch für die Erforschung multilokaler Lebensführung wegweisend sind.
Der Beitrag gibt einen Überblick zur Angemessenheit und Fruchtbarkeit praxistheoretischer Perspektiven auf die mehrdimensionalen sozialen Phänomene von multilokaler Lebensführung. Im Fokus stehen die Entscheidungen der Akteure, wie sie in kontemporären Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften ausgehandelt und ausagiert werden. Für die Beteiligten liegen sie diesseits des Horizontes der erstrebenswerten Möglichkeiten und jenseits von unerträglichen Zumutungen. Die von Fall zu Fall ausgehandelten Entscheidungen und ihre Wirkungen im Alltagshandeln der Leute reproduzieren und modifizieren zugleich die urbanen Muster von Siedlungen und Territorien. Das bisher verfügbare Wissen zu geographischen Dimensionen der Arrangements, zu den Formen und Inhalten der Lebenstätigkeiten, die die Mitglieder der mobilen Gemeinschaften an den verschiedenen Orten übernehmen, zu den Rhythmen der Anund Abwesenheiten und damit verbundene Effekte u. a. m. weist derzeit noch erhebliche Lücken auf und forciert so die Interessen an weitergehenden Forschungen zu multilokaler Lebensführung.
Der Beitrag beschäftigt sich mit unterschiedlichen Facetten des Wohnens in Bezug auf multilokales Wohnen: Ausgehend von der Auseinandersetzung mit dem Wohnbegriff wird der Wandel des Wohnens im Kontext der Spätmoderne skizziert. Dabei wird multilokales Wohnen als ein Aspekt der Ausdifferenzierung von Wohn- und Lebensformen thematisiert. Mit dem Wandel des Wohnens geht auch der Wandel von Wohnbiografien einher, die weniger linear verlaufen als früher und zunehmend auch Phasen vielfältigen multilokalen Wohnens beinhalten. Und so vielfältig wie die Ausprägungsformen des multilokalen Wohnens sind, so vielfältig sind auch die dafür genutzten Behausungsformen. Vor diesem Hintergrund kann Wohnen als multidimensionale sozialräumliche Praxis beschrieben werden.
Zentral gelegene Stadtteile bieten in der Regel besonders günstige Rahmenbedingungen zur Realisierung multilokaler Lebensformen. Im Beitrag wird am Beispiel der HafenCity Hamburg beschrieben, welchen Stellenwert der lokale Kontext des Wohnorts für Haushalte mit multilokaler Ausrichtung hat. Basierend auf einer Serie qualitativer Interviews mit multilokal lebenden Haushalten wird gezeigt, welche Ortsbindungen diese aufbauen. Abschließend wird die Frage diskutiert, inwieweit eine starke Präsenz multilokaler Lebensentwürfe eine Hypothek für die soziale Entwicklung von Stadtteilen sein kann.
Dieser Beitrag thematisiert multilokale Lebensführung in Österreich. Die quantitative Relevanz des Phänomens wird über den Indikator (Haupt- und Neben)wohnsitz sichtbar gemacht und die Vielfalt der multilokal lebenden Personen entlang ihres Lebenszyklus gezeigt. Daran schließt eine Darstellung der räumlichen Verflechtungen zwischen den Wohnsitzen an, durch die einerseits regional unterschiedliche Bedeutung von Multilokalität selbst, andererseits die Motive für die multilokale Lebensführung erkennbar werden. Anschließend werden die Konsequenzen von Multilokalität für die zukünftige Entwicklung strukturschwacher ländlicher Regionen angerissen und Forschungsbedarf identifiziert.
Haushalte überdauern als widerstandsfähige Strukturen oft Krisenzeiten. Auch im Rahmen der heutigen Gesellschaften handeln die Repräsentantinnen und Repräsentanten ihrer Haushalte in erster Linie nach Markt- und Leistungsprinzipien in den Außenbeziehungen, während sie in den Binnenbeziehungen nach den Prinzipien der Pflege und Selbstversorgung vorgehen können, um die Reproduktion der Gemeinschaft und ihrer Mitglieder zu gewährleisten. Multilokale Arrangements erhalten oder erweitern die Möglichkeiten für die gesamte Haushaltsgemeinschaft, die wünschenswerten Lebensziele oder die benötigte Nahrung zu erreichen, zu teilen und zu genießen. Die Optionen und Zumutungen der Multilokalität sind zwischen den Mitgliedern empirisch meist ungleich verteilt, so dass die Dynamiken der Aushandlungen die Verlaufsformen der sozialen Praxis bestimmen und auf die Phasen der (multilokalen) Verortungen wirken.
Telekommunikation ist für multilokal lebende Personen von besonderer Bedeutung. Die Gründe liegen zum einen in den temporären Abwesenheiten von einem (Haupt)wohnsitz, zum anderen in den mit der Multilokalität häufig verbundenen langen Wegen. Telekommunikation dient dabei verschiedenen Funktionen: (1) der Pflege privater Kontakte, (2) der wirtschaftlichen, im weiteren Sinne auch der kulturellen und politischen Teilhabe, (3) der Nutzung der Zeit unterwegs und (4) der Organisation des Reisens selbst. Insgesamt bestehen zwischen Multilokalität und Telekommunikation enge Wechselbeziehungen. Einerseits wird Multilokalität durch Telekommunikation erleichtert oder (teils) erst möglich. Andererseits trägt Multilokalität zu einer weiteren Durchdringung der sozialen und ökonomischen Sphären mit Telekommunikation bei.
Die Möglichkeit zur multilokalen Lebensführung (ML) hängt von der Erreichbarkeit der Wohnstandorte relativ zueinander ab. Diese wiederum ergibt sich aus der zu überwindenden Distanz und den Verkehrsangeboten (Infrastrukturen und Services). Die spezifischen Ansprüche multilokal lebender Personen sind von ihrem Mobilitätsverhalten bestimmt, das wiederum teilweise von den miteinander verbundenen Orten abhängt (z.B. Stadt/Stadt oder Stadt/Land). Zu unterscheiden ist weiterhin zwischen lokalen und regionalen Verkehrsangeboten an den Wohnorten und Reisen zwischen den Wohnorten. Auch der öffentliche Charakter der meisten Verkehrsangebote macht die Anforderungen multilokal Lebender an Verkehrsplanung und politik schwer bestimmbar. Sie können spezifisch werden, wenn Verkehrsangebote etwa mit Wohnangeboten für Multilokale verbunden werden, sich an bestimmte Gruppen multilokaler Personen richten oder besondere lokale Bedingungen vorliegen (z.B. Tourismusregionen).
Für ein Studium verlassen viele junge Menschen ihr Elternhaus, wobei sie häufig dort noch über ein Zimmer verfügen und somit multilokal leben. Die Ergebnisse einer Befragung von Studierenden des Karlsruher Instituts für Technologie zeigen, dass immerhin ein Viertel der Befragten mit einem Zweitwohnsitz am Studienort auch im Melderegister als Multilokale zu erkennen ist. De facto hält sich aber rund ein Drittel während der vorlesungsfreien Zeit hauptsächlich nicht am Studienort auf. Während des Studiums verschiebt sich der Anteil derjenigen, die ein multilokales Leben praktizieren, zunehmend zugunsten derer, die sich ausschließlich am Studienort aufhalten. Dies schlägt sich auch in den Besuchsrhythmen am elterlichen Wohnort nieder, was auf eine kontinuierliche Ablösung vom elterlichen Umfeld hinweist. Eine räumliche Konzentration der Multilokalen in der Nähe der Hochschule führt zu typischen Nutzungsmustern in diesen Quartieren.
Im soziologischen Forschungsprojekt "Multilokalität, raumbezogene Einstellungen und lokales Handeln" wurde untersucht, unter welchen Bedingungen multilokale Akteure kognitiv-emotionale Identifikationen mit ihren Wohnorten entwickeln und wie diese lokale Handlungen, etwa lokalen Konsum und politisches Engagement, beeinflussen. Ausgehend von soziologischen und sozialpsychologischen Einstellungs- und Handlungstheorien wurden auf der Grundlage einer Online-Befragung multilokale und unilokale Akteure in einer multivariaten Vergleichsgruppenanalyse betrachtet. Demnach entwickeln multilokalisierte Akteure auf der Basis sozialer Interaktionen (Sozialisationshypothese), der Bewertung der Wohnorte (Kalkulationhypothese) und über kognitive Angleichungsprozesse (Adaptionshypothese) (multiple) lokale Identifikationen. Es wurden direkte, indirekte und rahmende Effekte der raumbezogenen Einstellungen auf ortsbezogene Handlungen gefunden. Insgesamt weisen die Ergebnisse auf aktive Strategien der De- und Relokalisierung hin.
Ein Rückblick auf Konzeption und Ergebnisse der empirischen Studie 'Neue multilokale Haushaltstypen' von 2006-2008 reflektiert diese als anfängliche und frühe Erkundungen eines zu strukturierenden Forschungsfeldes und verortet sie methodologisch in der Startphase der Multilocality Studies. Haushalte erwiesen sich als anhaltend relevante Untersuchungseinheiten im Kontext gesellschaftlicher Transformationen, an denen sie als mobile Gemeinschaften aktiv teilnehmen. Als sozialer Sinn dieser komplexen Arrangements erwiesen sich ihre Vermittlungen zwischen individuellen und gesellschaftlichen Chancen und Restriktionen. Anfangs war als Ergebnis die Ermittlung empirisch begründeter Muster mehrörtiger Haushaltsführungen in kontemporären modernen Gesellschaften als distinktive Typen avisiert. Darüber hinausgehend konnten die Daten zu einer Typologie formiert werden. Diese stellte (auch reversible) Sequenzen zwischen Uni- und Multilokalität der Lebensführung dar.
Die Multilokalen standardisieren die Orte innerhalb ihrer alltäglichen Lebenswelt. Es handelt sich hier um eine subjektive Standardisierung von Orten, die nicht zwangsläufig den physischen Raum verändert. Dieser Beitrag stellt "Plug&Play Places" als heuristisches Konzept vor, welches ein besseres Verständnis von Praktiken der Verortung im Kontext multilokaler Lebenswelten ermöglicht. Das auf der Basis von 25 qualitativen Interviews mit kreativen Wissensarbeiterinnen und Wissensarbeitern entwickelte Konzept umschreibt die besondere Eigenschaft von Orten, dass diese nach einer initialen Konfiguration durch die Multilokalen bei der Erstankunft in folgenden Momenten des Wieder(an)kommens sofort funktionsbereit im Rahmen ihrer Lebenswelt sind. Damit ergänzt das Konzept der "Plug&Play Places" die bestehenden Konzepte der objektiven Standardisierung von Orten.
Ein umfangreiches empirisches Forschungsprojekt zur Multilokalität des Flugpersonals und zur Lebensführung speziell von Pilotinnen und Piloten zeigt verschiedene Formen des multilokalen Wohnens und unterschiedliche Bewältigungsstrategien, deren Vielfalt es - trotz unterschiedlicher Vor- und Nachteile - zu erhalten gilt. Eine besondere Rolle spielt dabei die betriebliche Gestaltung der Mobilität zum Beispiel mittels abgestimmter Unterstützungsmaßnahmen.