In Open Source-Projekten entwickeln Hochqualifizierte Software als rechtlich abgesichertes öffentliches Gut auf dezentrale, über das Internet vernetzte, freiwillige und kooperative Weise. Das wohl bekannteste Beispiel ist das Betriebssystem Linux, aber in den letzten Jahren sind neben Entwicklungs- und Programmierwerkzeugen, Internet- und Informationsmanagementprogrammen auch Anwendungen für Nicht-Fachleute (und sogar für Windows) entstanden. Aus diesem Grund stellt Open Source-Softwareentwicklung wissenschaftlich spannende Fragen nach dem Funktionieren von Innovationsprozessen, den Grenzen des Marktes und seinen Alternativen, und nach den Fragen der gesellschaftlichen Organisation von wissensintensiver und immaterieller Produktion. Wir gehen diesen Fragen am Beispiel des Open-Source-Projekts KDE nach – um so empirisch gegründete, soziologisch gehaltvolle Aussagen darüber zu machen, wie non-profit-Innovationen im Ineinandergreifen von technischen Artefakten, sozialen Beziehungen, Normen, Institutionen und Identitäten entstehen und weiter entwickelt werden – und wie die Praxen der Regulierung diese Wissensressourcen wiederum konstituieren.
'PRSP (Poverty Reduction Strategy Papers) - so lautet die neueste entwicklungspolitische Formel der Armutsbekämpfung. Mit dem Konzept erhoben IWF und Weltbank 1999 die Prinzipien nationaler ownership und gesellschaftlicher Partizipation zu den zentralen Grundlagen ihrer Arbeit. Die Empfängerländer selbst sind für die Erstellung ihrer Armutsbekämpfungsstrategien zuständig, und dies unter Mitwirkung 'der Zivilgesellschaft' und insbesondere 'der Armen'. Grundsätzlich hat mit PRSP die Demokratisierung als entwicklungspolitisches Paradigma Eingang in die Programmatik von IWF und Weltbank gefunden. Nach der Reichweite dieses Wandels fragt der vorliegende Report. Tatsächlich weist das Konzept weit reichende Chancen auf, die jedoch in der Umsetzung an enge Grenzen stoßen. Ownership bricht sich an der weiterhin dominanten Rolle von IWF und Weltbank, Partizipation zeigt sich als von den jeweiligen Regierungen gesteuerte Konsultation und die 'große Wirtschaftspolitik' wird weitgehend aus den Diskussionen ausgeklammert. Die Inkonsistenzen, Widersprüche und Begrenzungen in der PRSP-Umsetzung gehen dabei soweit, dass sie durchaus geeignet sind, das Konzept selbst in Frage zu stellen, wie die Autoren in einer allgemeinen Zwischenbilanz der Initiative sowie anhand von zwei Fallstudien zu Bolivien und Tansania aufzeigen. Aus ihrer Analyse leiten die Autoren Empfehlungen ab. So sollten nicht IWF und Weltbank, sondern ein Runder Tisch der Geber über die Annahme der PRSP entscheiden. Auch die Auflagenpolitik bedarf einer gründlichen Erneuerung. Der Report plädiert für auf das Notwendigste begrenzte, länderspezifisch ausgelegte und verstärkt an Prozessen orientierte Konditionen. Dies würde eine Abkehr von harten makroökonomischen Vorgaben bedeuten. An die bilateralen Geber - und namentlich an die deutsche Regierung - richtet sich die Aufforderung, sich mit ihrer Entwicklungszusammenarbeit in die nationalen Armutsstrategien einzuordnen.' (Autorenreferat)
Im Rahmen der Diskussion um die Einführung, Umsetzung und Verankerung von Gender Mainstreaming taucht zunehmend auch der Begriff des Gender Budget bzw. des Gender Budgeting als Instrument des Gender Mainstreaming auf. Vor diesem Hintergrund diskutiert die Autorin, was unter Gender Budgeting zu verstehen ist, woraus sich Gender Budgeting entwickelt hat und welche Umsetzungsbestrebungen bisher bekannt sind. Gender Budgeting bezieht sich auf Finanz-, Steuer- und Haushaltspolitik und geht von der Grundlage aus, dass die Verwendung einzelner Teile eines Gesamtbudgets (ob auf institutioneller, kommunaler, regionaler, nationaler oder internationaler Ebene) unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer haben kann. Damit wird eine geschlechtsneutrale Zuwendung von Mitteln in Frage gestellt. Der Begriff Gender Budgeting lässt sich in zwei Teile untergliedern: Der erste Teil eines kompletten Gender Budgetings umfasst dabei das Verfahren der Untersuchung eines Haushalts auf geschlechtsspezifische Auswirkungen, die Gender-Budget-Analyse. Ein sich anschließender zweiter Teil, für den hier der Begriff Gender-Budget-Plan vorgeschlagen wird, gibt einen Ausblick auf zukünftige Haushaltsaufstellungen und macht Veränderungsvorschläge für einen geschlechtergerechten Haushalt. Die erste Initiative für ein Gender Budgeting geht Mitte der 1980er Jahre von der Ökonomie-Professorin R. Sharp aus und führt in Australien zunächst zu einer 5-Jahres-Agenda für Frauen, mit der versucht wird, staatliche Mittel gerechter zwischen Frauen und Männern aufzuteilen. Ähnlich wie Gender Budgeting hat auch Gender Mainstreaming seine 'Karriere' in der Entwicklungshilfepolitik begonnen. Als ein zentrales Jahr für die Weiterentwicklung von Gleichstellungsbestrebungen und die Umsetzung von frauenpolitischen Zielen kann dabei das Jahr 1995 angesehen werden. Die zahlreichen Diskussionen, die in der Vorbereitung auf die 4. UN-Weltfrauenkonferenz in Peking stattfinden, und die Beschlüsse, die dort gefasst werden, ebnen den Weg zur Implementierung von Gender Mainstreaming als Strategie und Methode zur Verbesserung der Gleichstellung. Bei der Durchführung des Gender Budgeting sind zwei Grundvoraussetzungen zu beachten: (1) Eine Gender-Budget-Analyse kann nur durchgeführt werden, wenn gender-differenzierte Statistiken über Einnahmen und Ausgaben, über Begünstigte und Betroffene vorliegen. (2) Der länderspezifische Kontext muss beachtet werden, d.h. (unterschiedliche) ökonomische und soziale Probleme und gesellschaftliche Aufgabenzuschreibungen, die Frauen und Männer im untersuchten Land betreffen, müssen in die Bewertung von Maßnahmen, Steuern, finanziellen Unterstützungen u.a. einbezogen werden. Gender-Budget-Initiativen in Deutschland gibt es bereits in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen. Die Entwicklungshilfe als einer der Motoren für die Verbreitung von Gender Budgeting spiegelt sich in der geographischen Verteilung der Länder, in denen bisher Gender-Budgeting-Initiativen aktiv sind: Von den 2002 rund 50 Staaten liegt ein großer Teil in Afrika, Lateinamerika, der Karibik und den ärmeren Regionen Asiens. In den letzten Jahren haben sich aber vermehrt auch Initiativen in Europa gegründet. Gender Budgeting ist nach Einschätzung der Autorin ein vielschichtiger, weitreichender Prozess, der sich trotz seiner mittlerweile gut 20-jährigen Existenz häufig noch in den Kinderschuhen befindet. Mit der stärker werdenden Betonung des Gender Mainstreaming-Ansatzes rückt Gender Budgeting aber auch in Deutschland immer mehr in den Blickpunkt einzelner Gruppen, Organisationen und Parteien. Die bisherige Geschichte des Gender Budgeting hat aber auch gezeigt, wie schwierig es ist, neue Ansätze nachträglich in bestehende Prozesse einzubauen. (ICG2)
'Politikbegriffe und Methodenbegriffe bedingen einander: Wo sich politologische Forschung auf die Suche nach 'dem Wirksamwerden von Politik' außerhalb der Institutionen und Foren klassischer enger Politikdefinitionen begibt (ins Feld des Populären/ Populären und Alltäglichen), muss sie zu neuen methodischen Herangehensweisen finden. In den Cultural Studies hat sich in dieser Hinsicht, wenn auch aus anderen Gründen, das Postulat ethnographischer Forschung durchgesetzt. Die Implikationen wie auch Schwierigkeiten dieser Forderung für unser Fach gilt es in diesem Beitrag zu beleuchten. Zunächst werden in dieser Hinsicht einige politikrelevante Traditionslinien ethnographischer Theorien in den Sozialwissenschaften rekapituliert. Daran anschließend versucht der Aufsatz die Umsetzung der theoretischen Prämissen an Hand eines konkreten Untersuchungsfelds, dem Bereich der Jugendkulturen, exemplarisch aufzeigen. Darüber hinaus wird die Verbindung einer Rekonzeptualisierung 'des Politischen' und ihre Auswirkungen auf ethnographische Praxis am Beispiel einer möglichen Forschungsagenda zu 'jugendlichen' regierungs- und globalisierungskritischen Protestformen in Österreich dargelegt.' (Autorenreferat)
Der Beitrag geht der Frage nach, wie die Generation der 60er- und 70er-Jahre in den letzten Jahrzehnten die empirische Politikforschung ausgebaut hat. Welche Schwerpunkte wurden dabei gesetzt? Welche Herausforderungen folgen aus diesen Entwicklungen für die jüngeren Generationen? Zur Beantwortung dieser Fragen werden zunächst die wichtigsten Themen der empirischen Politikwissenschaft betrachtet sowie die Einflussfaktoren, welche zu ihrer Anpassung und Neudefinition beigetragen haben. Der Autor zeigt, dass der Versuch, eine verhaltensorientierte empirische Politikwissenschaft aufzubauen, eine weithin akzeptierte Integration der allgemeinen Politikwissenschaft verhindert hat. Die starke Fragmentierung der deutschen Politikwissenschaft ist auch heute noch wirksam. Die wichtigste Herausforderung stellt für den Autor nicht nur die Integration der nächsten Generationen in die eigenen Netzwerke und Institutionen dar, sondern deren Öffnung für Kollegen anderer Schulen und Disziplinen. (ICA2)
In: Jahrbuch internationale Politik: Jahrbücher des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Volume 1999/2000, p. 290-300
"Gegenstand dieses Beitrag sind die Arbeitsbeziehungen in Belgien und Frankreich. In diesen Ländern erfolgt die Interessenvertretung der Arbeitnehmer auf der Grundlage eines rechtlich eingeschränkten Pluralismus unterschiedlicher Richtungsgewerkschaften. Es wird zwischen einem offenen und einem geschlossenen Pluralismus unterschieden. Im Gegensatz zu einem geschlossenen Gewerkschaftspluralismus wird die gewerkschaftliche Repräsentativität in einem offenen Gewerkschaftspluralismus aufgrund von transparenten Bestimmungsmerkmalen bestimmt, die exakt quantifizierbarer sind und flexibel an Umweltänderungen anpasst werden. Die Repräsentativität bleibt auf spezifische Funktionsbereiche beschränkt und kann substituiert werden. Es wird weiterhin gezeigt, wie es dem Staat auf der Grundlage der Anwendung schließender Bestimmungsmerkmale gewerkschaftlicher Repräsentativität gelingt, auf die Löhne und Arbeitsbedingungen inoffiziell Einfluss zu nehmen, während er offiziell vorgibt, die Tarifautonomie stabilisieren zu wollen." (Autorenreferat)