Open Access BASE2014

Zwei Schritte vor und einen zurück? Repräsentation von Frauen in der Bremischen Bürgerschaft nach der Wahl am 22. Mai 2011

Abstract

Im Frühjahr 2011 wurde rechtzeitig zur Wahl der Bremischen Bürgerschaft ein neues Wahlrecht eingeführt, das eine bessere Sichtbarkeit des Willens der Wählerinnen und Wähler gewährleisten soll: An die Stelle der reinen Listenwahl trat die Möglichkeit, Stimmen zu kumulieren und zu panaschieren und damit Listen und Personen gleichermaßen zu wählen. Dieses neue personalisierte Verhältniswahlrecht wurde von einem Großteil der WählerInnenschaft auch angenommen. Aber inwiefern erfüllt es auch den Anspruch, die Repräsentation von Frauen und Männern gleichermaßen zu fördern? Dies ist die klare und interessante Frage, der sich Larissa Krümpfer in dieser Arbeit widmet. Schon durch ihre Fragestellung und Anlage leistet sie damit einen originellen und empirisch sehr gut fundierten Beitrag zu einer hochaktuellen Diskussion. Die Arbeit beginnt mit einer Klarstellung der Grundbegriffe der â deskriptiven Repräsentationâ und der Parität und einer Darstellung der Faktoren, die sich auf die Repräsentation von Frauen auswirken: Auf Basis der Forschungsansätze von Hoecker (2006) und Holtkamp (2008) wird argumentiert, dass für die Repräsentation von Frauen nicht nur das Wahlrecht ausschlaggebend ist, sondern ebenso die Verfahren der Nominierung, d.h. die Regeln und Prozesse der Erstellung von Wahllisten, in denen â weicheâ Faktoren zum Tragen kommen, wie etwa die politische Kultur und Sozialisation. Die Parteien, so die nun fundierte theoretische Annahme, fungierten als â gate-keeperâ bei der Förderung einer paritätischen Repräsentation von Frauen. Diesen theoretischen Überlegungen folgen eine konzise Darstellung des Bremischen Landeswahlrechts, und eine Analyse der Landeswahlergebnisse vom Mai 2011. Es wird deutlich herausgearbeitet, dass Frauen in geringerem Maße vom neuen personalisierten Verhältniswahlrecht profitiert haben (nur fünf der 17 allein durch die Personenwahl gewählten Abgeordneten sind Frauen). Zudem wird argumentiert, dass das Wahlrecht möglicherweise sogar Rückwirkungen auf die Vergabe der Listenplätze zu Ungunsten der Frauen hatte. Die Regeln und Prozesse der Listenerstellung für jede der in der Bremischen Bürgerschaft vertretenen Parteien werden im Einzelnen daraufhin untersucht, inwiefern sie die Beteiligung der Frauen fördern oder erschweren. Die Analyse kommt zu folgendem Ergebnis: Das neue Wahlrecht erfordert, um die paritätische Repräsentation zu gewährleisten und nicht Bemühungen der Parteien zu unterminieren, eine Revision der Nominierungsverfahren der meisten Parteien. Allein die Kombination einer â harten Quoteâ in den Kandidierendenlisten, mit einem Nominierungsverfahren durch eine Mitgliederversammlung, die die Benennung von KandidatInnen aus dem lokalen Kontext herauslöst, wie sie bei den Grünen zur Anwendung kommen, könne eine paritätische Repräsentation fördern. Überraschend ist zum einen der Befund, dass gerade die WählerInnen der Grünen im unterdurchschnittlichen Maße vom personalisierten Wahlrecht Gebrauch machten â obwohl die Grünen zu den Betreibern der Wahlrechtsreform gehörten. Zum anderen waren bei den Grünen als einziger Partei die allein durch die Personenwahl gewählten Personen zu gleichen Anteilen Frauen und Männer (2:2). Ist ein â frauenfreundlichesâ Nominierungsverfahren, das anscheinend zu einer höheren Akzeptanz der Kandidierendenliste durch die WählerInnen führt, demnach ein besserer Weg zur paritätischen Repräsentation als eine geschlechtersensible Revision des Landeswahlrechts? Interessanterweise widerlegen die Ergebnisse der Analyse einen Befund einer aktuellen Untersuchung im Auftrag der Bremischen Bürgerschaft, die einen negativen Effekt des neuen Wahlrechts auf die Repräsentation von Frauen verneinte. Die von Frau Krümpfer angewandte Vorgehensweise, die Geschlechterstruktur v.a. über die Personenwahl in die Bürgerschaft gewählter Personen zu betrachten und außerdem die Nominierungsverfahren kritisch zu beleuchten, stellt diese Erkenntnis jedoch in überzeugender Weise in Frage. Die Arbeit verbindet theoretische Überlegungen mit einer konzisen Darstellung von Sachverhalten und einer eigenen empirischen Analyse und bietet zudem neue und interessante Erkenntnisse zu einem aktuellen Thema der Bremischen Politik. ; Bremen

Sprachen

Deutsch

Verlag

Hochschule Bremen; Gesellschaftswissenschaften; Internationaler Studiengang Politikmanagement

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