Buch(elektronisch)1996

Auf der Suche nach außenpolitischen Alternativen: die 'Dritte Welt' in den russischen Vorstellungen

In: Berichte / BIOst, Band 31-1996

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Abstract

'Es gibt einen Bereich der russischen Außenpolitik, der bislang weniger Beachtung - im Vergleich z. B. zur russischen Politik gegenüber dem Westen - fand, nämlich die Haltung Rußlands gegenüber der sogenannten Dritten Welt - den Entwicklungsländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas -, einer Region, welche in der sowjetischen außenpolitischen Doktrin einen hohen Stellenwert innehatte. Diese Länder rücken jedoch allmählich wieder ins Blickfeld russischer Politiker und Diplomaten und gewinnen an Bedeutung in den russischen außenpolitischen Vorstellungen. Es wäre zwar übertrieben zu behaupten, daß die Dritte Welt den Stellenwert in der russischen Politik hat, welchen sie in der sowjetischen außenpolitischen Doktrin genoß. Eine russische Politik gegenüber der Dritten Welt gibt es erst in Ansätzen. Aber die Versuche, den russischen Einfluß in manchen Regionen der Dritten Welt bemerkbar zu machen und (wieder)herzustellen, sind bereits unverkennbar. Im Mittelpunkt der vorliegenden Studie steht vor allem die facettenreiche innerrussische Diskussion um die Dritte-Welt-Problematik, sowie deren konzeptionelle Auslegung im Rahmen eines breiteren Diskurses um die russische Identität. Die Bedeutung dieses Diskurses geht über die rein akademischen Grenzen weit hinaus. Erstens schafft er einen bestimmten intellektuellen Hintergrund, eine Stimmung, welche die offizielle Politik direkt oder indirekt beeinflussen. Zweitens sind viele Protagonisten der andauernden Diskussion unmittelbar in der russischen Politik engagiert und bringen ihre Vorstellungen in die tägliche Politik ein. Einer der prominentesten 'Dritte-Welt-Lobbyisten' in der russischen Regierung ist beispielsweise Außenminister Jewgenij Primakow selbst, der vor allem zur arabischen Welt seit Jahrzehnten sehr gute Kontakte aufweisen kann und an der Gestaltung zuerst der sowjetischen, dann der russischen Nahost-Politik direkt beteiligt war und ist. Es muß allerdings bemerkt werden, daß es immer noch keine konsistenten Vorstellungen über die Rolle Rußlands, kein einheitliches Konzept der russischen Politik in der Dritten Welt gibt. Die ganze Diskussion darüber verläuft in einem Kontext - die russische Identität, Rußlands Platz in der Welt -, der genauso widersprüchlich und umstritten ist wie die Politik selbst.' (Autorenreferat)

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