Aufsatz(gedruckt)1993

Das Übergewicht des niedrigen Bürgerstandes: von der Honoratiorenverwaltung zur hauptamtlichen "Fürsorge" im Armenwesen

In: Archiv für Kommunalwissenschaften: AFK ; Grundlagen, Konzepte, Beispiele, Band 32, Heft Hjb. 2, S. 245-260

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Abstract

"Durch die preußische Städteordnung von 1808 wurde auch in Berlin die städtische Verwaltung von 'Honoratioren' übernommen. Das geschah zunächst in einer informellen Art und Weise: Selbstverantwortung, freier Ermessensspielraum und Überschaubarkeit auf nachbarschaftlicher Ebene waren Spielregeln dieses Systems, dessen Träger sich in der Mehrheit aus kleinen Gewerbetreibenden, Handwerksmeistern und Hausbesitzern rekrutierten. Am Beispiel der lokalen Armenkommissionen läßt sich dieses System der lokalen Macht - konkret als Verfügungsgewalt über die Lebensverhältnisse anderer verstanden - plastisch nachvollziehen. Die Idee der Kontrolle, die mit dem 'Visiting' der Armen seitens benachbarter Bürger verknüpft war, schlug oft ins Gegenteil um: aus einer Kontrolle wurde eine Patronage, aus einer Verwaltung ein Netz persönlicher Beziehungen. Die Honoratioren des Viertels brauchten genauso sehr ihre Armen, um weiterhin ihre angesehene Stellung zu bewahren, wie diese ihre Honoratioren. Die Honoratiorenverwaltung entwickelte in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens ein Erfahrungspotential, das sich als festes 'Verfahren' in einer immer komplizierteren und spezialisierteren Verwaltung behauptete, doch schließlich durch abstrakte Verwaltungsstrukturen im letzten Drittel des Jahrhunderts ersetzt wurde. In diesem Prozeß erfolgte eine stetige Einengung des Handlungsspielraums der Honoratioren durch Eingriffe verschiedener zentraler Verwaltungsinstanzen. Die Macht der Honoratioren, die vom Gemeinwesen immer konkret nachvollziehbar war, wurde von der nicht greifbaren, zentral gesteuerten, abstrakten Macht abgelöst." (Autorenreferat)

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