Aufsatz(gedruckt)1991

Das zweifache Scheitern der DDR-Schule

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 37/38, S. 27-36

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Abstract

"Die Sprache, in der bildungspolitische Texte der DDR verfaßt sind, ist grundsätzlich doppeldeutig. Hinter dem Konzept der 'Herausbildung allseitig und harmonisch entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten' ist ein politisches Konzept der Verfügbarkeit über das Individuum erkennbar. Die DDR-Schule scheiterte insofern, als sie diesem Verfügbarkeitskonzept nicht genügte. Der Grund dafür lag im Fehlen einer dem Verfügbarkeitsanspruch adäquaten Pädagogik, die aus systematischen Gründen unmöglich ist, sowie im Rückgriff pädagogischen Handelns auf naive Theorien und Stereotype. In diesem Rückgriff ist einerseits ein gegenüber politischen Ansprüchen subversives Moment der DDR-Schule zu sehen, andererseits ist er mitverantwortlich für die Kultivierung provinzieller Weltsicht resp. Fremdenangst und Ausländerfeindlichkeit. Die DDR-Schule war einer Harmonieverpflichtung ausgesetzt. Konflikte zwischen der politischen Führung der Schule, die die Verfügbarkeit über Individuen zu realisieren hatte, und dem sich auf naive Theorien und Stereotype gründenden pädagogischen Handeln wurden nicht thematisiert und bearbeitet, sondern stets mit Mitteln der Machtausübung zugunsten der Politik entschieden. Die Lehrer unterlagen in diesem Konflikt insofern, als sie den Schülern als Bezugspersonen verlorengingen. Der in der Schule nicht ausgetragene Konflikt führte zur Polarisierung in Lehrerkollegien und Schülergruppen. Er potenzierte sich im gesellschaftlichen Rahmen, weil er für die prinzipielle Unfähigkeit, Konflikte als aushandelbare und auszuhandelnde Interessenunterschiede wahrzunehmen und sie anders als durch Machtausübung zu bewältigen sowie für undifferenziertes, polarisierendes Schwarz-Weiß-Denken verantwortlich scheint." (Autorenreferat)

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