Alltag der städtischen Arbeiterschaft in Sowjetrußland 1918-1921: die Funktion der Fabrik für Arbeit und Freizeit
In: Archiv für Sozialgeschichte, Band 1985, Heft Bd. 25, S. 137-157
Abstract
In der von G. Gorzka untersuchten Periode des 'Kriegskommunismus' entwickelte sich die Fabrik zur zentralen Versorgungsinstanz und gewann als Ort für den Freizeitbereich eine dominate Stellung. Dies war für die Arbeiter in den Industriezentren mit einer tiefgreifenden Umstrukturierung ihres Alltags verbunden, wie die Autorin anhand von älterer und neuerer sowjetischer und westlicher Sekundärliteratur nachweist. Die Betriebe büßten ihre eigentliche Funktion der Produktion zugunsten der Übernahme von Zuständigkeiten in Bereichen der gesellschaftlichen Reproduktion immer mehr ein. Die dezentralen Entscheidungen wurden von den Organen der Arbeiterselbstverwaltung getragen, dann jedoch in dem Maße eingeschränkt, wie von seiten der staatlichen Organe eine zentrale Strukturierung des Wirtschaftslebens durchgesetzt werden konnte. In den Betrieben "bewußt oder unbewußt sich entwickelnden Ansätzen zu einer Aufhebung der Trennung von Arbeits- und Privatbereich lag ein Potential zur Revolutionierung der gesellschaftlichen Beziehungen." Mit Beginn der NÖP 1921 verlor der Betrieb als zentrale Instanz für die Organisation des Arbeiteralltags jedoch entscheidend an Gewicht, was zu einer erneuten Reprivatisierung und einer erneuten Individualisierung der Alltagserfahrung führte. (STR)
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Deutsch
ISSN: 0066-6505
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