Aufsatz(gedruckt)1999

Politische Sozialisation der staatsnahen Intelligenz in der DDR

In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 12, S. 3-14

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Abstract

"Im Beitrag werden einige herausragende Ergebnisse einer empirisch-qualitativen Untersuchung des Autors vorgestellt, die auf Gruppengesprächen mit Angehörigen der Intelligenz aus drei Altersgruppen basieren. Thematischer Ausgangspunkt war die Feststellung, daß in der DDR einerseits das Erziehungs- und Bildungssystem zentralstaatlich organisiert und einem bestimmten ideologischen Erziehungsziel verpflichtet war, daß aber andererseits die tatsächlichen Sozialisationsprozesse, in die sowohl Erfahrungen in der Kindheit und Familie wie mit der politischen Realität im Erwachsenenalter eingehen, diesen Zielen keineswegs entsprachen. Die Ergebnisse zeigen ein gegenüber verbreiteten Vorurteilen und Stereotypen in mehreren Punkten abweichendes und differenzierteres Bild: Selbst innerhalb der staatsnahen Intelligenz bestand ein breites Spektrum von Typen des politischen Habitus, das von unkritischer Identifikation über verschiedene Stufen innerer Distanzierung bis zu offener Kritik und Auflehnung reichte. Äußere Konformität und innere Einstellung hängen nicht unmittelbar zusammen-, erstere konnte sowohl mit einer Identifikation als auch mit Gleichgültigkeit oder auch tiefreichenden Zweifeln zusammengehen. Bei zum Teil vehementer Kritik an Mißständen wurden jedoch die Grundlagen des Systems selbst nicht in Frage gestellt. Der Untergang der DDR wird in personalisierenden Kategorien mit einer auf Altersdemenz beruhenden Inkompetenz der Führungsspitze erklärt; ein eigener Anteil am Geschehen wird nicht gesehen. Die Bundesrepublik Deutschland wurde als ein kapitalistisches Land neben anderen mit einer entsprechenden ablehnenden Wertkonnotation wahrgenommen. Die Ergebnisse deuten auf interessante Unterschiede zwischen den Altersgruppen hin. Um 1940 Geborene waren, auch wenn sie sich arrangiert haben, distanzierter, während um 1950 Geborene, die in der Aufbauphase des Sozialismus sozialisiert worden waren, sich stärker mit der DDR identifiziert zu haben scheinen. Die um 1960 geborenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Untersuchung sind besonders kritisch gegenüber der Parteikultur -und der Führungsspitze, doch impliziert dies nicht eine 'prowestliche' Einstellung, sondern ihren Anspruch, einen besseren Sozialismus zu realisieren." (Autorenreferat)

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