Sammelwerksbeitrag(gedruckt)1998

Die "kritische Theorie" als Erbin der geisteswissenschaftlichen Soziologie der Zwischenkriegszeit

In: Erkenntnisgewinne, Erkenntnisverluste: Kontinuitäten und Diskontinuitäten in den Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften zwischen den 20er und 50er Jahren, S. 223-246

Abstract

Inmitten der seit den späten 50er Jahren vorherrschend gewordenen forschungstechnischen und methodologischen Orientierung der Soziologie haben vor allem die Vertreter der "kritischen Theorie" in Grenzen das noch hochgehalten, was als Weimarer historische Soziologie bezeichnet wird. Daß die 1952 aus der Emigration in den USA in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehrenden Hauptvertreter der Frankfurter Schule der Nachkriegszeit, Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, nur im beschränkten Umfang die Ansätze und Fragestellungen der historischen Soziologie weiterkultivierten, hat damit zu tun, daß Nationalökonomie und Rechtswissenschaft aus den Untersuchungen der Frankfurter Soziologen weitestgehend ausgespart blieben. In der Bundesrepublik Deutschland ereignete sich in der Soziologie der Bruch mit der Tradition der deutschen Geisteswissenschaft. Die Soziologie der Zwischenkriegszeit wird pauschal als "Sozialphilosophie" abgewertet, welche, wenn nicht politisch verdächtig, so doch für die praktischen Fragen des Aufbaus der neuen Gesellschaft ungeeignet sei. Diesem Bruch mit der Vergangenheit fielen die Verwandten und potentiellen Konkurrenten der "kritischen Theorie" zum Opfer. Einerseits fiel ihr damit ihre Führungsrolle in Sachen Zeitdiagnose wie eine reife Frucht in den Schoß, andererseits verfügte sie jedoch auch über ein für die Zeit- und Generationslage der 60er Jahre besonders geeignetes Deutungspotential und vielseitige Aktualisierungsmöglichkeiten, die zu ihrem außergewöhnlichen Erfolg beitrugen. (prb)

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