ZusammenfassungSchaut man auf den politikwissenschaftlichen Büchermarkt der letzten Jahre, so fällt eine deutliche Zunahme von Titeln ins Auge, die eine "Regression", eine "Krise", einen "Zerfall" oder auch Anzeichen eines "Sterbens" der liberalen Demokratie zum Gegenstand haben. Es handelt sich um Abhandlungen, die vor dem Hintergrund der aktuellen Welle des Populismus verfasst worden sind. Die These dieses Besprechungsessays lautet, dass in diesen Büchern mehr eine Ratlosigkeit über die Zukunft der Demokratie beziehungsweise eine nostalgische Sehnsucht nach einer vermeintlich intakten liberalen Demokratie, als es die Populisten noch nicht gab, zum Ausdruck kommt, als dass es den Autorinnen und Autoren gelingt, überzeugende Auswege aus der gegenwärtigen "Krise" aufzuzeigen. Kompensiert wird diese Leerstelle zumeist mit normativen Vergewisserungsfloskeln, etwa, dass gegen die Krise der Demokratie nur "mehr Demokratie" helfe oder wir alle gemeinsam gegen die Feinde der Demokratie aufstehen müssten.
All dem zum Trotz, was Tag für Tag das Ansehen der Demokratie beschädigt, bleibt das Wort "Demokratie" doch zweifellos das Wahrzeichen der gegenwärtigen politischen Gesellschaft. Ein Wahrzeichen ist das Unantastbare eines Symbolsystems. Um überhaupt an das Reale der Gesellschaft heranzukommen, so die These, muss man sich - gleichsam als apriorisches Manöver - von ihrem Wahrzeichen verabschieden. Man wird der Welt, in der man lebt, nur dann gerecht, wenn man das Wort "Demokratie" einmal beiseite lässt und das Risiko eingeht, kein Demokrat zu sein und damit tatsächlich von "aller Welt" missbilligt zu werden. Denn "alle Welt" ist ohne jenes Wahrzeichen nicht zu denken: "Alle Welt" ist demokratisch. Man könnte dies das Axiom des Wahrzeichens nennen. Wenn die Demokratie eine leere Geldwelt ist, deren Ordnung durch den Todestrieb bestimmt ist, dann kann ihr Gegenteil mitnichten der Despotismus oder der "Totalitarismus" sein. Das wirklich Andere wäre ein Modell, das versucht, die kollektive Existenz dem Einfluss dieser Ordnung zu entreißen. (ICF2)
The energy sector is regarded as one of the decisive subsystems influencing the future of sustainable development. Consequently, there is a need for a comprehensive transformation of energy generation, conversion and use. The importance of building capacities for energy policy development in developing countries is bound up with the need to formulate global strategies to meet the challenges that humanity face, especially to achieve the targets manifested in the Agenda 2030 and Paris Agreement. The aim of this research is to better understand how to empower marginalised key societal actors, co-produce alternative discourses about energy futures and articulate those discourses to influence policy change within a context of illiberal democracies in Latin America. The research concerns the design, function and effectiveness of scientifically grounded participatory process, which has been justified theoretically and tested empirically. The process presupposes theoretical perspectives relating to theory, method and empirical application. The first draws on theories of sustainability transition and transformation, including transition management. The second draws on ideas taken from the knowledge co-production and transdisciplinary sustainability research. The empirical application, concerns the implementation of a Transdisciplinary Transition Management Arena (TTMA) and its effectiveness, measured by potential for the co-production of knowledge and for stimulating collective action. As result of the process, a conceptual model of the energy system, long-term visions and transformation strategies were developed. The TTMA processes demonstrated that cross-sectoral and inter-institutional, combined efforts, can help actors visualize possible, future alternatives for sustainable energy development and how to realize such alternatives. The structures provided were helpful for the emergence and empowerment of new sustainable-energy-transition coalitions in both Ecuador and Peru. Chapter 1 describes the general context in which this scientific project is developed and presents a synthesis of the processes and its main outcomes. The research results are described in detail in the scientific papers presented in chapters 2,3 and 4. ; Der Energiesektor gilt als einer der entscheidenden Einflussfaktoren für die Zukunft einer nachhaltigen Entwicklung. Folgerichtig besteht die Notwendigkeit einer umfassenden Transformation der Bereiche Energieerzeugung, -umwandlung und -nutzung. Die Bedeutung der Schaffung von Grundlagen für die (Weiter-)Entwicklung der Energiepolitik in sog. Entwicklungsländern steht im Zusammenhang mit dem Erfordernis, globale Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen zu formulieren, mit denen die Menschheit insbesondere im Rahmen der Erreichung der UN Agenda 2030 und den Zielen des Pariser Übereinkommens konfrontiert ist. Ziel dieser Forschung ist es, besser zu verstehen, wie marginalisierte gesellschaftliche Schlüsselakteure befähigt werden können, alternative Diskurse über die Zukunft der Energie mitzugestalten und ob und wenn ja wie solche Diskurse, einen politischen Wandel in illiberalen Demokratien in Lateinamerika katalysieren können. Diese Arbeit befasst sich mit der Gestaltung, Funktion und Wirksamkeit eines wissenschaftlich fundierten Partizipationsprozesses, der theoretisch begründet und empirisch getestet wurde. Der Partizipationsprozess setzt drei Perspektiven in Bezug auf Theorie, Methode und empirische Anwendung voraus. Die erste Perspektive stützt sich auf Theorien zu nachhaltigen Transitionen und Transformationen, einschließlich des Transition Management. Die zweite Perspektive stützt sich auf Forschungsergebnisse zur Ko-Produktion von Wissen in Gruppenprozessen und Ideen aus der transdisziplinären Nachhaltigkeitsforschung. Die dritte Perspektive betrifft die Implementierung einer "Transdisciplinary Transition Management Arena" (TTMA) und die Bestimmung deren Effektivität, gemessen am Potenzial für die gemeinschaftliche Produktion von Wissen und der Stimulierung kollektiven Handelns. Als Ergebnis des Prozesses wurden ein konzeptionelles Modell des Energiesystems, langfristige Visionen und Transformationsstrategien entwickelt. Die TTMA-Prozesse haben gezeigt, dass gemeinsame Sektor übergreifende und interinstitutionelle Anstrengungen den Akteuren helfen können, mögliche zukünftige Alternativen für eine nachhaltige Energieentwicklung aufzuzeigen und zu realisieren. Die bereitgestellten Strukturen haben in Ecuador und Peru zur Entstehung neuer Koalitionen für den Übergang zu nachhaltigen Energien beigetragen. Kapitel 1 beschreibt den allgemeinen Kontext, in welchen diese Forschungsarbeit einzuordnen ist und stellt eine Synthese des Prozesses und seiner wichtigsten Ergebnisse dar. Die Forschungsergebnisse werden in den wissenschaftlichen Artikeln in den Kapiteln 2, 3 und 4 vorgestellt und ausführlich beschrieben.
Der Verfasser demonstriert anhand einer Reihe von Beispielen "Risiken und Nebenwirkungen" der direkten Demokratie in der Schweiz, die heute vielfach "ganz absichtslos zur eigenen Karikatur" gerät. Er benennt vier strukturelle Defizite, die die Realität der direkten Demokratie belasten: (1) das Pervertieren des Plebiszits zum Geschäft; (2) Überforderung und Lähmung des Staates; (3) Überforderung der Stimmbürger; (4) Schwächung der repräsentativen Kräfte. Das Plebiszit, so der Verfasser, ist kein Allheilmittel für die Übel der modernen Demokratie. (ICE)
Der Beitrag geht von der These aus, dass die heutigen Demokratien von einer Krise formaldemokratischer Repräsentation erfasst sind. Die "Krise" betrifft die bürgerliche "repräsentative Demokratie". Die Wahlbeteiligung in den meisten Ländern mit einer längeren Geschichte "repräsentativer Demokratie" sinkt kontinuierlich, in den traditionellen bürgerlichen Parteien und Gewerkschaften organisieren sich immer weniger Menschen. Große Parteien mit jahrzehntelanger Tradition verschwinden sogar in der Bedeutungslosigkeit, wie das in Italien oder auch Venezuela der Fall war. Die "Krise der Repräsentation" ist letztlich eine Krise des (traditionell) Politischen. Diese Krise des Politischen drückt sich auch im zunehmenden Legitimitätsverlust politischer Institutionen aus. Der Autor verfolgt die radikaldemokratischen Antworten, die auf diese Krise repräsentativer Demokratie gegeben werden, am Beispiel des bolivarianischen Prozesses in Venezuela und der zapatistischen Bewegung in Chiapas. In beiden Fällen besteht die wesentliche Antwort in der Vertiefung partizipativer, radikaldemokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene bei gleichzeitiger translokaler Vernetzung. (ICA2)
Der Verfasser stellt die prinzipielle Alternative von diktatorischer Herrschaft und freiheitlicher Demokratie in den Mittelpunkt seines Essays. Er vertritt die Auffassung, dass sich in der DDR das positive Bild der "Diktatur des Proletariats" mit einer ideologisch begründeten "Verniedlichung" des diktatorischen Charakters des NS-Regimes verband. Nicht die Gegenüberstellung von Demokratie und Diktatur prägte das offizielle Denken, sondern diejenige von Kapitalismus und Sozialismus. Der Verfasser ruft abschließend zu einem antitotalitären Grundkonsens aller sich zu einer freiheitlichen Demokratie bekennenden Kräfte auf. (ICE2)
Die Aufgabe einer Revolutionierung der Demokratie, die mit der Revolution von 1848 Realität wurde, gilt es weiterhin zu erfüllen, damit die Kritik der tatsächlich existierenden parlamentarischen Demokratie nicht in Richtung autoritärer Lösungen und mythischer Gemeinschaften kippt. Man spricht von einem "Skandal der Demokratie". Inwiefern kann die Demokratie skandalös sein? Genau deshalb, weil sie, um zu überleben, immer weitergehen, ständig ihre bestehenden Formen überschreiten, sich über den Horizont des Universellen hinwegsetzen, die Gleichheit der Bewährungsprobe der Freiheit unterwerfen muss. Weil sie permanent die fragliche Grenze zwischen dem Politischen und dem Sozialen verwischt und unermüdlich gegen die Verletzung des Privateigentums und die Eingriffe des Staates in den öffentlichen Raum und die Gemeingüter protestiert. Weil sie schließlich versuchen muss, ständig und in allen Bereichen den Zugang zur Gleichheit und zur Bürgerschaft auszuweiten. Sie ist nur sie selbst, wenn sie durch und durch skandalös ist. (ICF2)
ZusammenfassungDie Betrachtung des Zusammenhangs von Privatheit und Demokratie hat bislang nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie im Lichte der Herausforderungen des digitalen Zeitalters verdient. Die massenhafte Auswertung von Kommunikationsdaten, wie sie durch den Whistleblower Edward Snowden enthüllt wurde, macht deutlich, dass der Schutz von Privatheit heute von eminent politischem Wert ist. Angesichts von strukturellen Prozessen, die die Integrität kommunikativer Kontexte systematisch unterminieren, stellt sich die Frage, wie demokratische Öffentlichkeiten noch Kontrolle über die Grundlagen ihrer geteilten kommunikativen Praktiken ausüben können. Um den Zusammenhang von Privatheit und Demokratie zu erschließen, schlägt der Artikel ein Privatheitsverständnis vor, das die durch Privatheit zu schützende Freiheit alssozialeFreiheit begreift: Nicht das Abschließen, sondern das Erschließen kommunikativer Räume rückt dann in den Vordergrund. Um die Gefährdungen, denen demokratische Gesellschaften durch die Digitalisierung der Kommunikation ausgesetzt sind, ursächlich mit Privatheitsverletzungen zu verbinden, wird ein Konzept kommunikativer Freiheit entwickelt, dass die Relevanz von Privatheit für soziale Praktiken der Demokratie begründet.