Das neue Marktregime - Zwischenbilanz einer Debatte
In: Das neue Marktregime: Konturen eines nachfordistischen Produktionsmodells, p. 312-323
Die Transformation des fordistischen Kapitalismus und seiner Produktionsweise vollzieht sich wesentlich im Medium von Macht und Herrschaft. Hinter dem scheinbaren Sachzwang Markt verbirgt sich ein neues Kontroll- und Herrschaftssystem, das nicht nur in Betrieben und Unternehmen, sondern auch in Staat und Gesellschaft über ein verzweigtes Netz an Stützpunkten verfügt. Die politische Durchsetzung marktförmiger Steuerungsmechanismen lässt sich als Übergang begreifen von einem Herrschaftssystem, das nicht ausschließlich, aber doch wesentlich, auf Formen autoritativer Macht beruhte, zu einem Herrschaftstyp, der, ebenfalls nicht ausschließlich, aber doch primär, auf der diffusen Macht des Marktes basiert. Autoritative Macht ist von Gruppen oder Organisationen gewollt und bejaht, sie impliziert klare Anweisungen und bewussten Gehorsam. Diffuse Macht verteilt sich in einer eher spontanen, unwillkürlichen, dezentralen Weise über die Bevölkerung. Sie produziert gleichartige Sozialpraktiken, die zwar ebenfalls Machtbeziehungen implizieren, aber keine explizit von oben verfügten. Diffuse Macht beruht nicht auf Anweisung und Gehorsam, sondern auf einem Einverständnis, dass diese Praktiken natürlich oder moralisch oder im augenscheinlichen Gesamtinteresse begründet sind. Die transnationale Durchsetzung und Institutionalisierung marktkompatibler Produktionsnormen wird als nachfordistisches oder flexibles Marktregime bezeichnet. Mit der Verankerung marktkompatibler Produktions- und Tauschnormen an den Schnittstellen von ökonomischem und politischem Feld verändern sich zugleich die Regeln, nach denen das "game of profit making" gespielt wird. Marktzentrierte Herrschaft und Kontrolle bedeutet regelverändernde Politik innerhalb wie auch an den Grenzen des ökonomischen Feldes. (ICF2)