Zum Problem der Identität aus kulturwissenschaftlicher Sicht
In: Leviathan: Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaft, Band 21, Heft 2, S. 238-253
ISSN: 0340-0425
Nach einleitenden Überlegungen zum Verhältnis von Individualität und Identität wendet sich die Autorin der Frage nach einer kollektiven Identität zu. Kollektive Identitäten werden dabei als Diskursformationen verstanden; "sie stehen und fallen mit den Symbolsystemen, über die sich die Träger einer Kultur als zugehörig definieren." Es werden drei Muster kultureller Identität und deren historische Bedingungen vorgestellt. Die Skizze bewegt sich von den Stammesgesellschaften (egalitäre Identität) zu den frühen Hochkulturen (hegemoniale Identität) und zur Situation Israels (minoritäre Identität), das die Muster der Alten Welt um eine neuartige Identitätskonstruktion erweitert hat. Anschließend wird die Entstehung nationaler Identität im Zuge der neuzeitlichen Kulturentwicklung im 18. und 19. Jahrhundert näher beleuchtet. Dem bereits im 18. Jahrhundert diagnostizierten Problem einer allmählichen Auflösung kultureller Differenzen wird abschließend mit Überlegungen von M. Weber, T. Mann und W. Welsch nachgegangen. Welschs These von der Ablösung kultureller Identitäten durch grenzüberschreitende Lebensformen mag zwar die westliche postmoderne Situation recht akkurat beschreiben. "Nur gibt es bisher wenig Anzeichen für die Selbstdurchsetzung dieser Zivilisationsform außerhalb der westlich geprägten Welt. Im Gegenteil, immer mehr Gruppen und Staaten sind im Begriff, in Reaktion auf diese Entwicklung ihre Identitäten aufzurüsten." (ICD)