Der Verfasser erhebt Einspruch gegenüber der bereits üblich gewordenen Praxis, nicht-staatliche Gewalt undifferenziert unter "Terrorismus" zu subsumieren. Hierzu setzt er sich auf theoretischer Ebene mit den Konzepten Guerilla und Terrorismus auseinander. Hinsichtlich des Guerilla-Konzepts bezieht er sich dabei vor allem auf Mao Tse-tung und Ernesto Guevara, in Bezug auf den Terrorismus steht das terroristische Handeln im Mittelpunkt, da es "Theoretiker des Terrorismus" nicht gibt. Der Vergleich beider Phänomene bezieht sich auf die Funktion der Gewalt, soziale Unterstützung, den territorialen Faktor und die Perspektive der Machteroberung. Wenn sich auch Terrorismus und Guerillakrieg nicht kurzfristig ausschließen, so zeigt der Verfasser, kann der Kampf einer Guerilla doch als eine Abwandlung des "klassischen" Krieges gelten, während der Terrorismus nicht als Form des Krieges bewertet werden kann. (ICE)
Der Autor gibt zunächst einen Überblick über den Forschungsstand zum Wandel im Kriegsgeschehen und fragt danach, in welcher Weise die Kriegsursachenforschung auf diesen Wandel reagiert hat und ob sich Hinweise auf eine Integration nichtstaatlicher Kriegsformen in bestehende Typologien finden lassen. Er entwickelt vor diesem Hintergrund eigene Vorschläge, wie dem Wandel der Kriegsformen in typologischer und forschungsstrategischer Hinsicht begegnet werden kann. Er folgt dabei der Logik einer akteursbasierten Kriegsdefinition, wonach der Krieg eine Extremform der gewaltsamen Konfliktaustragung zwischen organisierten Gruppen ist. Der Autor analysiert anschließend die Formen kriegerischer Gewalt und die Veränderungen zwischen den Kriegstypen auf der Basis eines neuen Datensatzes, der alle kriegerischen Ereignisse und militärischen Interventionen in laufende Kampfhandlungen für den Zeitraum von 1946 bis 2003 erfasst. Der Typus des substaatlichen Krieges (zwischen nichtstaatlichen Gewaltakteuren innerhalb oder jenseits formaler Staatsgrenzen), welcher im allgemeinen mit dem "neuen Krieg" assoziiert wird, dominiert demnach keineswegs, hat aber seit dem Jahr 1990 zumindest an Bedeutung gewonnen. Der Autor unterstützt insgesamt die These, dass sich Kriege in den letzten Jahrzehnten quantitativ und qualitativ gewandelt haben, warnt dabei jedoch vor Vereinseitigungen: Weder sollte man den innerstaatlichen Krieg vernachlässigen, noch den zwischenstaatlichen Krieg als "Auslaufmodell" verabschieden, noch die substaatlichen Kriege überbewerten. (ICI2)
Winfried Wolf ist Mitglied des Bundestages, Journalist und Autor u.a der Bücher "Bombengeschäfte" (1999) und "Fusionsfieber" (2000), in denen er die Militarisierung der Politik und die Entwicklung des militärisch-industriellen Komplexes verfolgt. Er ist zur Zeit verantwortlicher Redakteur der "Zeitung gegen den Krieg".
Im Begriff der "Neuen Kriege" spielen neben einer globalisierten Ökonomie Phänomene die Privatisierung des Gewaltmonopols, Staatszerfall (failed states), asymmetrische Konflikte und Terrorismus die wichtigste Rolle. Der vorliegende Beitrag fragt in Auseinandersetzung mit dem Konzept "Neuer Kriege" danach, was das voraussichtliche Kriegsgeschehen im 21. Jahrhundert kennzeichnet. Kriege werden uns auch in Zukunft beschäftigen. Über deren Zahl und Intensität lässt sich allerdings wenig voraussagen. Hinsichtlich der geografischen Verteilung werden Kriege - wie auch in den letzten 50 Jahren - vor allem in der ehemaligen Dritten Welt stattfinden. Dabei sind die Ursachen in der Regel innerhalb oder in Konflikten zwischen benachbarten Gesellschaften und Staaten zu suchen. Allerdings werden unter den Vorzeichen einer weiter zunehmenden Globalisierung mehr oder weniger starke Bezüge zu äußeren Entwicklungen bestehen. Kriege werden dabei aus einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Konfliktursachen und dem konkretem Handeln von Akteuren entstehen. Dies gilt auf im Hinblick auf westliche Staaten. So werden humanitäre Gründe allein nicht ein Eingreifen in einen bereits laufenden Krieg zur Folge haben. Aber auch das Interesse an der Kontrolle von Rohstoffen wird ohne Hinzukommen weiterer ursächlicher Gründe nicht zu neuen Kriegen führen. (ICA2)
Sabine Adler zeigt, wie die russische Gesellschaft zu dem wurde, was sie heute ist: eine ihrer Meinungsfreiheit beraubte Nation, über deren Wirtschaftskraft die Führungsclique nach Belieben verfügt. Diese hat ein System errichtet, in dem politische, militärische und wirtschaftliche Eliten untrennbar verzahnt sind und dadurch uneingeschränkte Macht auf das Leben der Menschen ausüben. Mit Putin an der Spitze, der bald länger herrscht als Stalin. Wohin führt Putins Kurs das Land – und uns? Nach ihrem Bestseller »Die Ukraine und wir« steht auch in diesem Buch der Osteuropa-Expertin des Deutschlandfunks eines im Zentrum: Aufklärung.
Der Beitrag legt dar, dass die Theorie des gerechten Krieges in der Tat nach wie vor unverzichtbar ist. Dabei geht die Autorin so vor, dass sie zunächst eine Typologie unterschiedlicher Kriegsbegriffe entwickelt, um anschließend in Analogie zur modernen Ausdifferenzierung von Recht und Moral zwei ihres Erachtens notwendige und nicht aufeinander reduzible Konzeptionen des gerechten Krieges zu unterscheiden: (1) eine juridische und am Völkerrecht orientierte und (2) eine andere, die moralphilosophischer Natur ist. Charakteristisch für die Theorie des gerechten Krieges ist es, dass sie bestimmte formale Bedingungen formuliert, die erfüllt sein müssen, damit ein Krieg als gerechtfertigt gelten kann. Die Aufgabe jeder materialen Konzeption des gerechten Krieges besteht darin, diese Bedingungen in Anbetracht der jeweiligen historischen Gegebenheiten näher zu bestimmen, wobei sich die Autorin auf das Kriterium der causa iusta und dasjenige des debitus modus konzentriert und diese u.a. am Beispiel humanitärer Interventionen diskutiert. Ihres Erachtens können bestimmte Formen primärer Gewalt einen die Androhung und Ausübung von Gewalt prima facie rechtfertigenden Grund darstellen. Am Ende der Ausführungen werden fünf mögliche Wege zur Beantwortung der Frage skizziert, ob ein prima facie gerechtfertigter auch ein alles in allem betrachtet gerechtfertigter Grund sein kann. (ICG2)
Die Autorin setzt sich mit dem Begriff und der Typologie des "Kleinen Krieges" nach der Theorie von Christopher Daase kritisch auseinander. Der Begriff "klein" ist ihrer Ansicht nach wegen der hohen Intensität und der massiven Folgen "kleiner" Kriege eher missverständlich und kontraintuitiv. Darüber hinaus kann eine nur strukturell ausgerichtete Typologie wichtige Entwicklungen im Konfliktgeschehen der Gegenwart nicht erfassen. Da die Theorie des "Kleinen Krieges" lediglich die Vergesellschaftungsform der kriegführenden Akteure und die Folgen ihrer Handlungen für das internationale System in den Blick nimmt, bleibt auch die inhaltliche Dimension, d.h. die jeweilige Motivation der nichtstaatlichen Kämpfer unberücksichtigt. Die Autorin erläutert dies am Beispiel des internationalen islamistischen Terrors, bei welchem nichtstaatliche Akteure weder an einer Verrechtlichung interessiert sind, noch verhandelbare Ziele verfolgen, wie sie z.B. bei Sezessionsbewegungen oder teilweise beim "klassischen" Terrorismus vorhanden sind. Die Autorin stellt vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit einer Analyse der inhaltlichen Motive und Ursachen des islamistischen Terrorismus heraus, die insbesondere auch bei völkerrechtlichen Fragen sichtbar wird. (ICI2)
Dass der Krieg eine historische Gestaltungskraft ersten Ranges ist, gehört zu den unbequemsten Wahrheiten der Geschichte. Und sie ist weiterhin aktuell. Nicht nur gibt es immer noch Kriege auf der Welt, selbst "humanitäre Interventionen" oder der Kampf gegen den Terror kommen ohne kriegerische Einsätze nicht aus. Warum aber greifen Menschen und Staaten überhaupt zum Mittel des Krieges? Wie haben Kriege Wandel ermöglicht oder verhindert? War der Krieg im europäischen Laboratorium der Staats- und Gesellschaftsordnungen sogar unverzichtbar? Der Tübinger Historiker Dieter Langewiesche beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit diesen Fragen und legt nun eine grundlegende Analyse vor, in der es nicht um Pulverdampf und Schlachtenlärm geht, sondern um den Ort des Krieges in der Geschichte der Moderne. "Im Ganzen liefert das Buch eine kenntnisreiche Schilderung zweieinhalb kriegerischer Jahrhunderte. Diese Fakten kann man zwar auch anderswo nachlesen. Aber in einer anregenden Form erinnert der Autor immer wieder daran, wie klug 1815 der Wiener Kongress für Frieden in Europa sorgte – im vielzitierten Konzert der europäischen Mächte. Das allerdings wäre im demokratischen Europa von heute nicht mehr denkbar" (deutschlandfunk.de)
Der Beitrag vertritt die These, dass die Relegitimierung des Krieges geschwächt wird durch die widersprüchliche Art, in der der Westen neuerdings Krieg führt. Die Kriegsführung wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts zwar umfassend - jedoch nie endgültig - delegitimiert. Die Relegitimierung des Krieges im 21. Jahrhundert ist kein komplett neues Phänomen. Ein Element dieses Phänomens speist sich aus einer ähnlichen Quelle wie das Verständnis, dass der Zweite Weltkrieg "gut" war. Es handelt sich um die Rolle des Krieges, oder zumindest von organisierter militärischer Gewalt, im Kampf gegen Völkermord und ähnliche Gewalt gegen Zivilisten. Diese neue "gute" Seite des Krieges zeichnete sich bereits zur Zeit der letzten großen Friedensbewegung, der Anti-Atomwaffen-Bewegung ab. Allerdings zählten damals die Kriege gegen Drittweltstaaten wie Vietnam (in Kambodscha) und Tansania (in Uganda) als Vorbilder für "guten" Krieg. In der letzten Zeit wird das als "humanitäre Intervention" bezeichnet und dient als erklärtes Ziel zahlreicher Militäraktionen des Westens. Der Beitrag vergleicht Afghanistan und Irak und die Opfer dieser Kriege mit den vorangegangenen Militärkampagnen im Golf und im Kosovo. Der neue Kriegs-Typus wird als Risikotransfer-Krieg bezeichnet, der sich unter anderem durch einen "Militarismus der kleinen Massaker" auszeichnet. Die Autoren argumentieren, dass dieser Typus nur eine partielle Lösung des Legitimitätsproblems von Kriegen bietet, welches darin bestand, dass in früheren, "degenerierten" Kriegen Zivilisten systematisch ins Visier genommen wurden. Der neue Typ näherte sich zwar den Kriterien des gerechten Kriegs an, jedoch wirft die Risikoungleichheit zwischen westlichem Militärpersonal und den Zivilisten in der Kriegszone die Legitimitätsfrage in neuer Weise auf. Das Anliegen, möglichst wenig zivile Todesopfer zu verursachen, legt Standards an den Krieg an, von denen er früher ausgenommen war. In diesem Sinne wird geschlussfolgert, dass die Widersprüche des "new Western way of war" den "historischen Pazifismus" und seine Haltung zur Legitimität des Krieges bekräftigen. (ICH)