Subversive Tropen: zur politischen Bedeutsamkeit der Rhetorik bei Laclau und de Man
In: Diskurs - radikale Demokratie - Hegemonie: zum politischen Denken von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe, S. 87-102
Der Beitrag setzt sich mit dem Bezug zur Tradition der Rhetorik auseinander, der das Werk von Ernesto Laclau in den letzten Jahren zunehmend geprägt hat. Dabei grenzt der Autor unter Rückgriff auf die Antike zunächst die Rhetorik von der Philosophie ab: Während die Philosophie stets nach dem "Grund der Dinge" sucht und diesen letztlich in der kosmischen Ordnung (nomos) findet, kennt die Rhetorik nur die Praxis des logos, jenseits derer es nichts gibt. Das hat auch eine hohe politische Relevanz: Wo die Philosophie das Wesen der besten - der Ordnung des Kosmos entsprechenden - politischen Ordnung zu ergründen sucht, sieht die Rhetorik die Möglichkeit der Politik gerade in der Abwesenheit eines kosmischen Fundaments gegeben. Die Demokratie ist damit die rhetorische Verfassung schlechthin, weil in ihr die Kontingenz ihrer Fundierung offen liegt. Der Autor arbeitet daran anschließend heraus, wie die radikale Demokratietheorie von Laclau und Mouffe in der Linie des rhetorischen Denkens steht, insbesondere weil das Soziale grundsätzlich als "tropologisches und katachrestisch strukturiertes Feld" konzipiert wird, in dem die Uneigentlichkeit von sozialen Positionen und Identitäten analog zur Nicht-Fixierbarkeit sprachlicher Bedeutung funktioniert und Reduktionen auf ein Wesen oder eine Bedeutung verunmöglicht. Gesellschaft lässt sich nicht auf Einheitlichkeit zurückführen, sondern ist wesentlich konflikthaft. Für den Autor besteht der entscheidende Fortschritt gegenüber der Ideologiekritik Paul de Mans darin, dass Laclau die Gesellschaft zwar als rhetorisch (kommunikativ) verfasst begreift, sie aber nicht auf die Rhetorik reduziert. (ICA2)