Der Kapitalismus vor einem Aufschwung?: über Theorien der "langen Welle" und der "Stadien"
In: Wirtschaft und Gesellschaft: wirtschaftspolitische Zeitschrift der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Band 8, Heft 2, S. 195-223
ISSN: 0378-5130
Der Autor untersucht die Dynamik der 1970 einsetzenden Krise und stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen ein erneuter Aufschwung des Kapitalismus in den 80er Jahren möglich ist. Der Beitrag wird eingeleitet durch eine Darstellung der Krise des europäischen Rationalismus, die sich auch niederschlägt in einer veränderten sozialen Struktur für quantitatives Wachstum (Grenzen des Wachstums). Diese veränderte soziale Struktur, definiert als Strukturbruch, wird zum Problem für die Überwindung der gegenwärtigen Krise. Sie steht der Wiederherstellung der Rentabilität des Kapitals entgegen. Dieses Problem wird im folgenden auf dem Hintergrund von Theorien über Stadien kapitalistischer Entwicklung bzw. Theorien über die "langen Wellen" des wirtschaftlichen Wachstums erörtert. Dazu wird ein Überblick über den historischen Ablauf der kapitalistischen Entwicklung sowie zu den sich im Zeitlauf verändernden Systemen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung gegeben. Es wird gezeigt, daß die Widersprüchlichkeit der kapitalistischen Produktion über längere Perioden jeweils auf eine Zuspitzung zutreibt, die sich durch eine besonders tiefe, umfassende und langandauernde Krise (Strukturbruch) und Depression (Destrukturierung) reduziert. In der Phase der Restrukturierung verändern sich die technischen, sozialen, ökonomischen und politischen Verhältnisse; es muß eine neue Balance gesellschaftlicher Widersprüche gefunden werden, da nur so eine Hebung der Profitrate und damit eine Ankurbelung der Akkumulation stattfinden kann, die mit einer politischen Reorganisation der Herrschaft des Kapitals einhergeht. Von der technologischen Seite sind Bedingungen für einen neuen langen Aufschwung gegeben, jedoch sind weder die ökonomischen Widersprüche bereinigt noch die sozialen und politischen Voraussetzungen für ein "bunching of investment" gegeben. Konjunkturell mag es auch auch in den 80er Jahren wieder kurzfristig aufwärts gehen, aber es wird damit weder eine neue Welle mit expansiven Grundton eingeleitet, noch findet ein Übergang in ein neues Stadium kapitalistischer Entwicklung statt. Kennzeichen der kommenden Jahren wird eine Zuspitzung der Widersprüche der Depression sein. (NG)