Multikultur und Minderheit: das Toleranzgebot des Grundgesetzes
In: Blätter für deutsche und internationale Politik: Monatszeitschrift, Band 50, Heft 10, S. 1221-1229
ISSN: 0006-4416
Die Verfasserin stellt den gruppenbezogenen Minderheitenschutz in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Sie stellt Assimilationszwang und Kulturfreiheit als alternative Herangehensweise an das Problem der Multikulturalität dar und schildert die Realität der multikulturellen Gesellschaft, die sich vielfach im Entstehen von Parallelgesellschaften äußert und auch das Aufkommen eines aus der Erfahrung von Demütigung geborenen Terrorismus kennt. Das Grundgesetz als Kontrastprogramm zum nationalsozialistischen Rassismus kennt einen individuellen Menschenrechtsschutz, in einigen Landesverfassungen gibt es auch einen gruppenrechtlichen Minderheitenschutz für "angestammte" Minderheiten (Dänen, Friesen und Sorben). Aus der Religionsfreiheit des Grundgesetzes folgt, dass es in Deutschland keinen Assimilationszwang geben darf. Andererseits dürfen die Verhaltensweisen einer religiösen Minderheit auch nicht im Widerspruch zu den Grundwerten der Verfassung stehen. Die praktische Geltung der Menschenrechte erfordert ein Mindestmaß an menschenrechtlichem Ethos auf Seiten der Bürger. (ICE)