Die Auflösung der großen politischen Ideologien um 1849 hat den Konservatismus nicht verschont. Stefan Breuer unternimmt eine Neubestimmung und verschiebt sein strittiges Ende um rund einhundert Jahre bis zum Nationalsozialismus. Was sich dort noch als Konservatismus präsentiert, gehört bereits zu einer anderen Formation: der modernen Rechten.
Hauptbeschreibung Diese Abhandlung, in der vorwiegend amerikanische, deutsche, englische und französische Autoren zu Wort kommen, geht davon aus, dass der Konservatismus genau so legitim ist wie seine gegnerischen Ordnungsvorstellungen Liberalismus und Sozialismus. Dabei wird seinem Verständnis zu ihnen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. In diesem Zusammenhang interessiert auch die Frage, seit wann es überhaupt einen konservativen Ideenkreis gibt. Von großem Interesse ist dabei das Problem, ob sich der konservative Ideenkreis den vornehmlich gefühlsbetonten Überlegungen seiner Autoren verdankt oder aber auf einen vernunftorientierten Ton gestimmt ist. Für diese Interpretationsvariante spricht schon der Tatbestand, dass sich der Konservative mit seinen weltanschaulichen Gegnern rational auseinanderzusetzen hat. Bei der Analyse der Binnenstruktur des Konservatismus wird minuziös erörtert, ob das rigide marktorientierte Denken eines F. A. von Hayek Heimatrecht in der konservativen Denkfamilie beanspruchen kann. Schließlich votieren die meisten ihrer Anwälte für die gemeinwohlorientierte Intervention in das System der Bedürfnisse. Johann Baptist Müller stellt die Frage, wie es um die Zukunftsaussichten des in Rede stehenden Ideenkreises bestellt ist. Neben den Pessimisten kommen dabei auch die Optimisten umfänglich zu Wort. Dabei ist zu hoffen, dass der Konservatismus der kommenden Zeit dem reformorientierten Edmund Burke folgt. T. S. Eliot zufolge führt die dogmatische Fortschrittsfeindlichkeit zum Stillstand, der schiere Progressus zum Chaos. Der Rekurs auf Burke gibt dem liberalen Konservatismus vor den politischen Prinzipien des theokratischen Konterrevolutionärs Joseph de Maistres eindeutig den Vorzug. Jeder Versuch, diese zu neuem Leben zu erwecken, ist zum Scheitern verurteilt und führt in die Irre. Das gilt auch für seine Schüler, die immer
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"Die Geschichte des deutschen Imperialismus zwingt seinen 'Erneuerern' in der Bundesrepublik spezifische Züge auf, die es erlauben, an die wesentlichen konservativen Inhalte anzuknüpfen, ohne die historische Hypothek der Verbindung zum Faschismus zu übernehmen. Dabei ist die Durchsetzung eines modernen Rassismus notwendiges Moment im Konstitutionsprozeß eines neuen Nationalismus, in dessen Mittelpunkt die Gefährdung und Verteidigung der 'deutschen nationalen Identität' steht." (Autorenreferat)
Die Ursprünge einer konservativen politischen Gesinnung liegen in einem spezifischen Gesellschafts- und Menschenbild: in einer skeptischen Anthropologie, in der Gegnerschaft gegen den liberalen Individualismus und in der Furcht vor der Fortschrittsdynamik der Moderne. Die gegenwärtige Debatte um eine "deutsche Leitkultur" ist für den Autor nicht so sehr ein Indiz für den Konservatismus der CDU, sondern gerade dafür, wie sehr der CDU der traditionelle Konservatismus abhanden gekommen ist. Der Autor interpretiert die gegenwärtige Krise der CDU als Teil einer Krise des deutschen Konservatismus, der als politisch-soziale Ideologie in der Berliner Republik zu verschwinden droht. Wie selbstverständlich konnte die CDU jahrzehntelang die politische "Mitte" in Deutschland definieren und semantisch besetzen. Diese Strategie ist angesichts der "Neuen Mitte" der SPD nun an ihre Grenzen gestoßen. (ICA)
Der Beitrag konzentriert Fragen einer Wirkungsgeschichte des Konservatismus um zwei Unterscheidungen: An dem, was nahe liegt, haben wir alle irgendein Interesse, ein höchst handfestes, primäres, oder ein mehr abgeleitetes, sekundäres. Bedeutung dagegen verleihen wir nachträglich dem, was uns eigentlich fern liegt, wir machen es gleichsam künstlich zum Interesse. Interessen sind das Geschäft all derer, die in den politischen Zeitauseinandersetzungen stehen, während Bedeutungsfragen eher die wissenschaftlichen Sinngeneratoren beschäftigen. Rückblickend ist für den Autor die wesentliche, substantielle Leistung des westdeutschen Konservatismus, die illusorischen Revolutionshoffnungen der 68er verhindert zu haben. Der Konservatismus ist damit schon allein demokratietheoretisch ein substantieller Teil der Öffentlichkeitsgeschichte der westdeutschen Nachkriegsdemokratie, und diese Geschichte ist bisher nirgends geschrieben worden. Sie muss mit der Weberschen Kategorie der "objektiven Möglichkeit" arbeiten: was wäre aus der westdeutschen Demokratie geworden, wenn es keinen konservativen Widerstand gegen das destruktive Potential revolutionärer Hoffnungen und ihres notwendigen Umschlags in Enttäuschungen gegeben hätte? Diese Geschichte kann aber geschrieben werden, weil sie nicht die geltenden Institutionen tangiert: "Und die Geltung von Institutionen sollte jedem Konservativen, sofern er sich nicht revolutionär gebärdet, am Herzen liegen". (ICA2). Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum 1945 bis 2005.
Der Beitrag konzentriert Fragen einer Wirkungsgeschichte des Konservatismus um zwei Unterscheidungen: An dem, was nahe liegt, haben wir alle irgendein Interesse, ein höchst handfestes, primäres, oder ein mehr abgeleitetes, sekundäres. Bedeutung dagegen verleihen wir nachträglich dem, was uns eigentlich fern liegt, wir machen es gleichsam künstlich zum Interesse. Interessen sind das Geschäft all derer, die in den politischen Zeitauseinandersetzungen stehen, während Bedeutungsfragen eher die wissenschaftlichen Sinngeneratoren beschäftigen. Rückblickend ist für den Autor die wesentliche, substantielle Leistung des westdeutschen Konservatismus, die illusorischen Revolutionshoffnungen der 68er verhindert zu haben. Der Konservatismus ist damit schon allein demokratietheoretisch ein substantieller Teil der Öffentlichkeitsgeschichte der westdeutschen Nachkriegsdemokratie, und diese Geschichte ist bisher nirgends geschrieben worden. Sie muss mit der Weberschen Kategorie der "objektiven Möglichkeit" arbeiten: was wäre aus der westdeutschen Demokratie geworden, wenn es keinen konservativen Widerstand gegen das destruktive Potential revolutionärer Hoffnungen und ihres notwendigen Umschlags in Enttäuschungen gegeben hätte? Diese Geschichte kann aber geschrieben werden, weil sie nicht die geltenden Institutionen tangiert: "Und die Geltung von Institutionen sollte jedem Konservativen, sofern er sich nicht revolutionär gebärdet, am Herzen liegen". (ICA2)