Der Autor möchte in dem Beitrag einen Abriß der Auflösungstendenzen des spanischen Einheitsstaates anhand regionaler Segregationsprozesse in Katalanien und dem Baskenland geben. Im Vordergrund steht dabei die ETA. Besonders in Spanien ist die politische und soziale Auseinandersetzung in den letzten 180 Jahren immer wieder von Gewaltanwendung und Terror geprägt worden. Katalanismus und baskische Nationalbewegung gingen ursprünglich einen friedlichen evolutionären Weg. Beide Regionen erhielten in den 30er Jahren weitgehende Autonomie, die jedoch nur bis zu Francos Sieg währte. Durch die nachfolgende Unterdruckung verstärkte sich der Widerstandswille und rief Gewalt hervor. Die heutige ETA entstand erst 1959 aus mehreren Gruppierungen. Nach einigen Jahren änderte sie ihren bisherigen nationalen Befreiungskampf nach dem Beispiel der Dritten Welt unter dem Einfluß klassischer Sozialismusmodelle und der neuen Linken, indem sie von nationalrevolutionären zu sozialrevolutionären Zielen überging. Zweck des Einsatzes von Gewalt ab 1967 war die Erzeugung von Repression, die wiederum zu einem Solidarisierungseffekt in der Bevölkerung führen sollte. Über das Thema Gewalt spaltete sich die ETA in zwei Flügel. Trotz des geheimen Charakters der ETA sind die Strukturlinien der Organisation bekannt. Durch dieses ausgebaute organisatorische Netz ist es ihr möglich terroristische Aktivitäten im gesellschaftlichen Umfeld abzusichern und politisch sehr effektiv umzusetzen. (HOE)
Unter Kosmopolitisierung der Arbeit verstehen die Verfasser die unfreiwillige Konfrontation mit dem im nationalen Denken und Handeln ausgeschlossenen Anderen. Beispiele für die Kosmopolitisierung der Arbeit sind der Beruf des Lehrers, der Betrieb und der Europäische Qualifikationsrahmen. Die Verfasser entwerfen einen kosmopolitischen Blick als Gegenmodell zum methodologischen Nationalismus, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich Arbeits- und Lebensräume zunehmend quer zu und jenseits von nationalstaatlichen und kulturellen Grenzen entwickeln, zum anderen, dass diese Räume von einem Zwang zur Auseinandersetzung mit kultureller Andersheit gekennzeichnet sind. Die Anerkennung kulturellen Andersseins wird als ideale Vorstellung entworfen, die das Arbeiten in interkulturellen Teams erleichtert. (ICE2).
Der Verfasser skizziert eingangs den katalanischen Historikerstreit und stellt unterschiedliche Tendenzen in der katalanischen Geschichtsschreibung vor. Im folgenden werden seit dem Ende der fünfziger Jahre erschienene Untersuchungen zur Geschichte der Arbeiterklasse und der Arbeiterbewegung behandelt. Themenschwerpunkte sind hier (1) Lebensumstände und Arbeitskämpfe, (2) Arbeiterfrauen, (3) Gewerkschaften, (4) Arbeiterparteien und (5) Arbeiterkultur sowie (6) der Übergang von der Diktatur zur konstitutionellen Monarchie in den siebziger Jahren. Der Verfasser konstatiert in der katalanischen und spanischen Geschichtswissenschaft einen Trend von einer organisationsorientierten "historia obrera" zu einer breiteren "historia social" und neuerdings zu einer "historia dels moviments socials". (ICE)
Aus der Einleitung: ETA-Attentate trügt dieser Schein. Fährt man dennoch in das Urlaubsland, ist eine stetige Spannung spürbar, da die Anschläge zunehmend auf Touristen abzielen. Besonders im Baskenland ist man dieser Gefahr ausgesetzt, da sich der Konflikt zwischen dem Zentralstaat und der ETA hauptsächlich hier abspielt. Euskadi, so die baskische Bezeichnung für die Autonome Region der Basken, besteht aus Vizcaya, Alava und Guipúzcoa. Neben diesen Provinzen umfasste das historische Baskenland Navarra und die französischen Provinzen Labourd, Basse-Navarre sowie Soule. Die Basken bezeichnen alle Gebiete zusammen als ,Euskal Herria' (Land der Basken). In den Jahren 1000 bis 1035 unterlagen alle baskischen Gebiete König Sancho dem Großen. Alle Provinzen bildeten gemeinsam mit Navarra das Königreich Navarra. Diese Epoche ist die einzige, in der alle Provinzen unter einer Herrschaft vereint waren. Die Forderung der Nationalisten nach einem, alle historischen Gebiete umfassenden, eigenständigen Staat, geht auf diese Zeit zurück. Warum sie gerade deshalb als unrealistisch gilt, wird im Laufe dieser Arbeit geklärt. Navarra stellt sich gegen einen eigenen baskischen Staat. Es wird erläutert werden, womit diese nicht-baskische Haltung zusammenhängt. Nach dem Tod des Königs zerfiel das Königreich Navarra; 1512 endete endgültig die Unabhängigkeit Navarras und so fielen einige Gebiete unter die kastilische Krone. Der König gewährte den Basken Sonderrechte, die so genannten Fueros. Diese Privilegien garantierten Autonomie und Freiheit. Die foralen Systeme in den sieben baskischen Territorien waren nicht gleich, hatten aber ähnliche Grundzüge. Die Karlisten-Kriege führten zur Abschaffung der Fueros. Auf diese Sonderrechte stützte sich der Nationalismus, welcher unter Sabino Arana gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand. Sein Nationalismus sollte die Basken gegen die Industrialisierung, die spanischen Einwanderer und den Zentralstaat mobilisieren. Als wichtigstes Abgrenzungskriterium gegen den Rest Spaniens galt hierbei die besondere Rasse. Kurt Tucholsky schreibt in seinem 'Pyrenäenbuch' über die Basken: 'EinGraf von Montmorency rühmte einst vor einem Basken das Alter seines Namens, seines Adels, seiner Familie, rühmte, von welch großen Männern er abstammte. Der Baske erwiderte: 'Wir Basken, Herr Graf: wir stammen überhaupt nicht ab'. Fast alle europäischen Anthropologen sind sich darüber einig, dass die Basken die ältesten Europäer sind. Schädelfunde des Cro-Magnon, der in der Würmeiszeit das Baskenland bewohnte, geben darüber Aufschluss. Der Archäologe José Miguel Barandiaran fand bei seinen Untersuchungen an den Schädeln heraus, dass sie fast völlig mit den Charakteristika der heutigen Basken übereinstimmen. Der Ursprung der Basken als eine Folge einer Einwanderung ist damit widerlegt. Die Sprache und die Sitten des Cro-Magnon wurden über Jahrhunderte durch die Basken bewahrt. Im Übrigen unterscheiden sich die Basken von anderen Europäern durch einen auffallend hohen Anteil des Rhesusfaktors negativ. In diesem Zusammenhang werden folgende Fragen beantwortet: Inwiefern dienten diese Merkmale dem baskischen Nationalismus? Wie konnte er sich durch sie bis heute legitimieren, wer waren seine Akteure und warum konnte er in nur kurzer Zeit eine Masse von Menschen für seine Idee mobilisieren? Inwiefern hat die Industrialisierung zu seinem anhaltenden Erfolg mit beigetragen? Diese Arbeit setzt sich umfassend mit der Nationalismus-Theorie vom Eric J. Hobsbawm auseinander; in diesem Zusammenhang wird erläutert, inwiefern seine Theorie auf den baskischen Nationalismus übertragbar ist. Mit welchen Mitteln konnte der Nationalismus die baskischen Normen, Werte, Sitten und die baskische Sprache bis auf die heutige Gesellschaft transferieren? Arana wollte mit seinem Nationalismus eine homogene baskische Gesellschaft kreieren. Für ihn konnte man nicht Baske werden, sondern man war es von Geburt an. Warum kann man seinen Nationalismus von Anfang an als Ideologie bezeichnen? Und weshalb konnte er trotzdem so viele Anhänger für sich gewinnen? Die von Arana gegründete Partei PNV (Partido Nacionalista Vasco) feierte 1995 ihren 100. Geburtstag. Ernest Gellner zu Folge besteht das Ziel des Nationalismus darin, die Selbstregierung der eigenen Ethnie zu erlangen, um das Überleben der der kollektiven Identität sicherzustellen. Warum war nach dieser Definition die von Arana gegründete Bewegung erfolgreich und inwiefern verlief die Entwicklung der baskischen Gesellschaft nicht nach Aranas Vorstellungen? Worin bestand das Ziel der Partei? Warum hat sie ihre Maximalforderungen nach Eigenständigkeit zu Gunsten der Autonomie von 1936 aufgegeben? Wie sah der Inhalt der ersten Autonomie aus? Es wird sich herausgestellen, warum sie sich nicht langfristig durchsetzten konnte. In der Arbeit wird außerdem erläutert, weshalb man Aranas Ideologie im Wesentlichen für die feindlichen Auseinandersetzungen zwischen Zentralstaat und den Nationalisten verantwortlich machen kann. In diesem Zusammenhang sollen folgende Fragen beantwortet werden: Inwiefern dient sie als Grundlage für die Maximalforderungen der heutigen und der damaligen Nationalisten? Weshalb kann man die Forderungen als utopisch bezeichnen? Gegen Ende der 50er Jahre kristallisierte sich ein zweiter Nationalismus heraus: der radikale Nationalismus der ETA. Die radikalen Nationalisten im Baskenland sehen sich selbst als die vom Zentralstaat unterdrückten Opfer. Sie erheben von der spanischen Regierung unangemessene und nicht durchsetzbare Ansprüche. Um diese durchzusetzen, greifen die Radikalen, zu denen hauptsächlich die ETA (Euskadi ta Askatasuna-Baskenland) und ihr Umfeld izquierda abertzale (patriotische Linke) gehören, zu unmenschlichen Taktiken. Wie diese im Einzelnen aussehen, und warum kann die ETA als Terrorismusorganisation bezeichnet werden kann, soll weiterhin beantwortet werden. Folgende Fragestellungen sollen zudem behandelt werden: Welche Gründe hindern den spanischen Staat an der Erfüllung der Forderungen? Worin unterscheiden sich der radikale und der gemäßigte Nationalismus? Und: Inwiefern stimmen beide Strömungen miteinander überein? Die ETA formierte sich gegen das diktatorische Franco-Regime. Nach Francos Tod 1975 entwickelte sich in Spanien ein demokratisches System. Zwischen 1975 und 1981 entstanden im spanischen Staat eine pluralistisch–demokratische Parteienlandschaft und eine neue politische Kultur. Diese Arbeit setzt sich hauptsächlich mit der baskischen Parteien- und Kulturgesellschaft auseinander. Der baskische Nationalismus ist dafür verantwortlich, dass die Transición (Übergang vom diktatorischen zum demokratischen Regime) in Euskadi nicht annähernd so schnell, friedlich und einvernehmlich verlief im restlichen Spanien. Was macht demnach den baskischen Nationalismus aus und woher bezieht er seine Stärke und Durchsetzungskraft? Welche Werte, Symbole und Begriffe thematisiert er zur Konzeption seines Gesellschaftsmodells? Wie formuliert er seine Interessen und Ziele und welche Errungenschaften konnte er im Laufe der Zeit erzielen? Worauf stützen sich seine Maximalforderungen? Darüber hinaus wurde 1978 eine demokratische Grundordnung in Form einer Verfassung konzipiert. Durch die darin verankerten Autonomiereglungen erhielt die Baskische Autonome Region 1979 eine eigene Regierung mit weitestgehenden eigenen Kompetenzen. Welche Schwierigkeiten bei den Autonomieverhandlungen auftraten, wird im Laufe dieser Arbeit dargestellt werden. Zusätzlich wird erläutert, wie die Autonomie-Verhandlungen aussahen und wie sich der Inhalt des Gernika-Statuts gestaltete. Diesbezüglich sollen folgende Fragen beantwortet werden: Warum führte die Eigenständigkeit nicht zur Konfliktfreiheit? Warum kann die Autonomie nicht als oktroyiertes System bezeichnet werden? Welche baskischen Akteure waren an der Gestaltung der Autonomie beteiligt und warum wird sie seit einigen Jahren nicht mehr anerkannt? Warum spaltete das Autonomiestatut letztendlich nicht nur die politische, sondern auch die zivile Gesellschaft? Warum lehnten die Radikalen die Autonomieverhandlungen resolut ab und wie drückte sich ihre Haltung aus? Das Baskenland gibt Aufschluss darüber, dass ein Regimewechsel in multi-ethischen Gesellschaften komplizierter verläuft als in homogenen Gebilden. Im Gegensatz zum homogenen Katalonien standen sich im Baskenland in der Übergangsphase verschieden Interessen gegenüber, die bis heute nicht einvernehmlich geregelt werden konnten. Trotz der konträren Standpunkte kam es nicht zum Scheitern des Demokratisierungsprozesses. Die Nationalisten verzögerten einerseits zwar das Tempo, anderseits lieferten sie aber konstruktive Impulse für den Prozess. Diese werden in der Arbeit thematisiert. Welche Gestaltungsmöglichkeiten sich dem Nationalismus boten, soll außerdem beschrieben werden.
Die Autorin stellt die Nationalismustheorie von Karl W. Deutsch vor, welche sich intensiv mit der Entstehung der Nationen auseinandersetzt. Relevante Forschungsgegenstände sind in diesem Zusammenhang der Prozess der sozialen Mobilisierung einer Bevölkerung, der für Deutsch den Ursprung der Nationen bildet, sowie die soziale Kommunikation, welche die aus der sozialen Mobilisierung entstandenen Nationen zusammenhält. Ausgehend von der Annahme, dass in den meisten Ländern der Welt der Prozess der Nationenbildung noch nicht wirklich eingesetzt habe bzw. dass auch Nationen endlich seien, begleitet Deutschs Theorie stets die Hoffnung, dass die Vorgänge in den Nationen durch effiziente Datenauswertung greifbar und transparent gemacht werden, um Vorhersagen über Nationen treffen zu können, die in der Lage sind, Menschenleben zu retten, da diese Funktion in Krisenzeiten nach Meinung Deutschs von den Nationalstaaten selbst nicht erfüllt werden kann. Die Autorin geht vor allem auf den bibliografischen Hintergrund, auf die Mobilisierung und Kommunikation als Grundlagen nationalstaatlicher Gesellschaften sowie auf die Kontroversen in der Rezeption von Karl W. Deutsch ein. (ICI2)
Im April 2005 kam es in verschiedenen chinesischen Metropolen zu antijapanischen Demonstrationen und Ausschreitungen unter den Augen der Sicherheitskräfte. Hintergrund dieser teilweise von offizieller Seite inszenierten Aktionen sind zum Einen realpolitische Konflikte, zum Anderen Akte auf dem Feld der symbolischen Politik (Schulbuchfrage etc.). Eine wichtige Rolle spielen der innerasiatische Machtkampf um Einfluss und Ressourcen und die chinesische Furcht vor einer Politik des Containment seitens der USA und Japans. Bereits Mitte April kamen jedoch Signale aus Japan, die die chinesische Führung als Zeichen eines Einlenkens deutete, woraufhin sie sich um eine Deeskalation bemühte. Einerseits waren die Demonstrationen Ausdruck eines latenten Antijapanismus in China, andererseits scheint der Alltag im Land eher von kosmopolitischen Strömungen dominiert. (ICE2)
Diese Biographie Ernst von Salomons (1902–1972) zeichnet den Lebensweg eines der umstrittensten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts nach. Salomon verkörpert wie nur wenige die wilhelminische Jugend, welche nach 1918 eine Welt im Umbruch erfuhr. Die soziale Desintegration des preußischen Kadettenschülers steigerte sich nach Kriegserfahrung in den Freikorps zu einer erbitterten Feindschaft gegen die Weimarer Republik. Auch nach Haftstrafen aufgrund der Ermordung Walther Rathenauss blieb die antiliberale Geisteshaltung als weltanschaulicher Kompass für Ernst von Salomon bestehen. Das Psychogramm Salomons gibt Einblicke in die abgeschottete Welt der militanten Verschwörer der 1920er Jahre und die sozialen Mechanismen, welche nötig waren paramilitärische Kriegerbünde aufrechtzuerhalten. Terror und Gewalt waren hierfür ebenso Kennzeichen wie das Sehnen nach einem Leben in Funktion. So bleiben Salomons Romane Zeugen eines literarischen Projekts der antimodernen Moderne.
Eine Synthese aus individueller Freiheit und kollektivem Wohlbefinden ist nach Einschätzung der Autorin in Europa nicht erfolgt, und ihre Verwirklichung in Asien geht andere Wege. Was für postindustrielle westliche Gesellschaften als Wendepunkt erscheint, wie z. B. die neuerliche Hinwendung zu individualistischen Werten, gilt nicht für Asien, wo diese nicht als Gegensätze zu kollektiven Werten verstanden werden. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb der traditionelle Begriff der Ökonomie zur Beschreibung des heutigen Kapitalismus, der sich auch durch die Kultur verwandelt, unzulänglich ist. Dementsprechend verändert sich das, was üblicherweise das Feld der politischen Ökonomie war. Die Externalitäten von Arbeit, von Tätigkeit außerhalb der Arbeitszeit, von Wissen oder privaten Netzwerken müssen nunmehr ebenso berücksichtigt werden wie die lebendige Kraft, die Körper oder die Subjektivierungsprozesse in der Migration. Dass es keine Demokratie ohne Grenzen gibt, heißt nach der These der Autorin, dass eine Übersetzung sowohl unmöglich, unvermeidlich als auch unvollständig ist. In diesem Sinne sind Grenzen die Linien einer zeitlichen Erstarrung angewandter Macht, ohne dabei direkt Macht zu sein: Sie sind, ebenso wie die ldentitäten, abgeleitet und konstruiert. Aber in der Überschreitung dessen, was nicht repräsentierbar ist, werden Subjektivitäten gemacht und es findet eine Veränderung über, durch und trotz Identitäten oder Grenzen statt. (ICI2)