Grenzen der Partnerschaft: zur Beteiligung privater Akteure an Internationaler Steuerung
In: Die Entgrenzung der Politik: internationale Beziehungen und Friedensforschung ; Festschrift für Lothar Brock, S. 162-190
"Seit Ende der 1990er Jahren geraten Steuerungsformen, bei denen staatliche und nichtstaatliche Akteure kooperieren, zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses der Disziplin Internationale Beziehungen. Vor allem solche Kooperationen, an denen privatwirtschaftliche Akteure beteiligt sind, werden höchst kontrovers diskutiert. Die als Folge von Strukturveränderungen in der Weltpolitik angesehenen, angeblich neuen Steuerungsformen werden mal als Schreckgespenst eines zunehmenden Neoliberalismus, mal als richtige institutionelle Antwort auf Globalisierungsprozesse gewertet. Als Hoffnungsträger gelten transnationale Politiknetzwerke, in denen neben Staaten auch private Akteure mitwirken, weil man ihnen die Fähigkeit zuschreibt, den durch Globalisierungsprozesse verursachten Verlust an staatlicher Steuerungsfähigkeit wieder auszugleichen, globale öffentliche Güter bereitzustellen und darüber hinaus auch das Legitimationsdefizit internationalen Regierens abzubauen (Reinicke/Deng 2000). In dieser Sichtweise gelten private und privat-öffentliche Regulierungen als Ausgleich für ein Regulierungsdefizit, das durch die abnehmende Fähigkeit von Staaten zur Steuerung von politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozessen entsteht. Als Auslöser dieser abnehmenden Steuerungsfähigkeit wiederum gelten die zunehmende Durchlässigkeit der Grenzen, die 'Entgrenzung der Staatenwelt' und die Ausweitung und Intensivierung grenzüberschreitender Aktivitäten, die Globalisierung oder Denationalisierung. Die in den Internationalen Beziehungen zu neuen Formen des Regierens vertretene These ist, dass sich in Folge von Entgrenzungsprozessen weltweit auch die bislang im Nationalstaat konzentrierte territoriale Organisation politischer Herrschaft auflöst und der Staat nicht mehr die Handlungsautonomie besitzt, kollektive Probleme alleine zu lösen. Daher seien Staaten nicht nur zunehmend auf die Intensivierung internationaler Kooperation angewiesen, sondern gingen dabei auch neue Formen des Regierens mit Akteuren aus Wirtschaft und Gesellschaft ein. Nachfolgend betrachten die Autoren privat-öffentliche Partnerschaften (engl.: Public Private Partnerships, PPPs) und rein private Regulierungen näher und überprüfen anhand von häufig in der Literatur angeführten Beispielen, ob es sich tatsächlich um neue Steuerungsformen handelt. Außerdem untersuchen sie, an welche Grenzen bestehende Partnerschaften stoßen: Welche Akteure finden sich zu Partnerschaften zusammen? Sind die beteiligten Akteure gleichberechtigt? Inwiefern besteht ein Zusammenhang zwischen der Qualität der Partnerschaft und ihrer Legitimität und Effektivität?" (Textauszug)