Ältere Arbeitnehmer: die gesellschaftliche Bearbeitung eines sozialpolitischen Problems
In: Sozialpolitik und Produktionsprozeß: Beiträge praxisorientierter Forschung für eine präventive, arbeitsprozeßbezogene Sozialpolitik, S. 151-183
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In: Sozialpolitik und Produktionsprozeß: Beiträge praxisorientierter Forschung für eine präventive, arbeitsprozeßbezogene Sozialpolitik, S. 151-183
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 157-183
Der Verfasser gibt zunächst einen Überblick über unterschiedliche Definitionsansätze des Begriffs "Alter". Er behandelt dann allgemeine Aspekte der Arbeitslosensituation, die er durch sechs Faktoren gekennzeichnet sieht: (1) veränderte finanzielle Lage; (2) Wiederbeschäftigungschancen und Gesundheitszustand; (3) "Beherrschbarkeit des eigenen Lebensraums"; (4) Gefährdung soziokultureller Lebensmuster; (5) Gefahr sozialer Isolierung; (6) Veränderung der Realitätsorientierung. Die Ergebnisse empirischer Forschungen zur Belastung älterer Arbeitnehmer durch Arbeitslosigkeit und Ruhestand ergeben ein uneinheitliches Bild, wie besonders in der Diskussion der Gültigkeit der "allgemeinen Belastungsreduktionsthese" für ältere Arbeitnehmer deutlich wird. Eine Begründung hierfür wird "in der gegenwärtigen Umbruchphase der klassischen Verbindung zwischen Arbeit und Identität" gesehen, in der unterschiedliche Wertmuster und Grade von Arbeitsorientierung parallel existieren. Gerade die Bedeutung, die "der Arbeit im individuellen Lebensplan" zugemessen wird, (Arbeitsorientierung) bestimmt wesentlich die Erfahrung von Nicht-Arbeit mit. Unter Berücksichtigung der negativen Begleiteffekte eines vorgezogenen Ruhestandes lassen sich folgende Bedingungen formulieren, die den Übergang in den Ruhestand erleichtern: Vorbereitung und Freiwilligkeit des Übergangs, Überforderung in der Arbeitssituation, geringe Arbeitsorientierung, breites außerberufliches Interessenfeld, finanzielle Absicherung, intaktes soziales Kontaktnetz. Aus prinzipiellen Gründen ist jedoch Forderungen nach "Umverteilung der Arbeit, nach Schaffung neuer Arbeitsplätze und nach Bereitstellung alters- und behindertengerechter Arbeitsplätze" Vorrang zu geben. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 9-60
Arbeitnehmer sind in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens spezifischen Risiken in fünf Bereichen ausgesetzt: (1) Arbeitslosigkeit; (2) Einkommensverlust; (3) Entqualifizierung und Statusverlust; (4) Mobilitätseinschränkung; (5) Benachteiligung bei Höherqualifizierung und Beförderung. Modellvorstellungen zur Erklärung dieser besonderen Risiken beziehen sich auf eine generelle altersbedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit (Defizitmodell), auf eine individuell unterschiedliche altersbedingte Leistungsminderung ("funktionales Alter"), auf gesellschaftliche Vorurteile gegenüber älteren Menschen (Stigmatisierungsmodell, entwickelt aus der Kritik am Defizitmodell) und auf die "Individualität der Alternsprozesse" (individual-biographisches Modell). Diesen Modellen wird ein politisch-ökonomisches Modell gegenübergestellt, das die "Form der gesellschaftlichen Arbeitsteilung" und die "gesellschaftliche Verteilung der Arbeit über die Erwerbsbevölkerung" in die Analyse einbezieht. Für den "Zusammenhang von Arbeitsbedingungen, Gesundheitsverschleiß und Leistungsminderung", der in diesem Modell eine zentrale Rolle spielt, werden in einer "sekundäranalytischen Auswertung neuerer Untersuchungen Belastungsschwerpunkte im Bereich der Industriearbeitsplätze" herausgearbeitet. Das "Spannungsverhältnis zwischen Unternehmensinteressen und sozialpolitischen Schutzmaßnahmen für ältere Arbeitnehmer" wird anhand der Beziehung von tarifvertraglichem Bestandsschutz und Frühverrentungsstrategien erörtert. Als mögliche Problemlösungsstrategien werden abschließend diskutiert: (1) Anpassung oder Neueinrichtung von Arbeitsplätzen; (2) Erweiterung von Umsetzungsmöglichkeiten durch Personalinformationssysteme; (3) Kompensation durch Altersfreizeit oder Altersteilzeitarbeit; (4) Frühverrentung. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 61-86
Angriffe gegen die gewerkschaftliche Forderung nach einer Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze werden von wissenschaftlicher Seite durch die "These von der ungebrochenen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer" gestützt. So sehen die den Zweig der "psychologischen Gerontologie" dominierenden Bonner Psychologen Thomae und Lehr gesellschaftliche Vorurteile und Stigmatisierungsprozesse als ausschlaggebend für die Beschäftigungsprobleme älterer Arbeitnehmer an. Die Psychologisierung dieser Problemsituation, die objektive Ursachen für die Leistungsminderung älterer Arbeitnehmer verharmlost, muß als "Mittel zur sozialpolitischen Entproblematisierung" angesehen werden. Demgegenüber sind Krankenstand und Frühinvalidität aussagekräftige Indikatoren für den "Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen, Lebensalter und Gesundheitsverschleiß". Richtig weist die psychologische Gerontologie darauf hin, daß nicht (wie im "Defizit-Modell") Altern an sich Ursache für Leistungsminderung ist. Die "gesellschaftliche Bestimmung des Alterungsprozesses" liegt jedoch für Arbeitnehmer nicht in Stigmatisierungsprozessen, sondern in Arbeitswelt und Arbeitsbedingungen. Hier kann eine Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze kompensierend ansetzen, verbunden etwa mit Modellen des schrittweisen Übergangs in den Ruhestand oder der Teilzeitarbeit/Teilrente. Eine solche Lösung impliziert jedoch auch Gefahren, so die mögliche Begünstigung von "unternehmenspolitischen Selektionsstrategien" und von Tendenzen zum "Abbau altersadäquater Arbeitsplätze" und zur Konservierung pathogener Arbeitsbedingungen. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 303-334
Die am Finalprinzip orientierte Bestandsschutzsicherung für ältere Arbeitnehmer der Tarifpolitik der siebziger Jahre hat die mit einer Reihe von Nachteilen behafteten Rationalisierungsschutzabkommen der sechziger Jahre abgelöst. Die Erhöhung des Bestandsschutzes für ältere Arbeitnehmer scheint auf den ersten Blick "den personalpolitischen Kalkülen der Kapitalseite diametral entgegengesetzt". Die Analyse latenter Funktionen dieses Sicherungssystems eröffnet jedoch neue Perspektiven. So zeigt sich, daß die Qualität der Sicherungen häufig gering ist und sich für die Kapitalseite Möglichkeiten des Unterlaufens der Schutzregelungen mittels Instrumentalisierung der Sozialversicherung ergeben. Darüberhinaus kann die Möglichkeit einer Überwälzung des Beschäftigungsrisikos auf jüngere Jahrgänge nicht ausgeschlossen werden. Die Verdienstsicherung bei innerbetrieblichen Umsetzungen schafft überdies einen Pool innerbetrieblich relativ leicht disponibler Arbeitskräfte und bewirkt so einen "Flexibilitätsgewinn innerbetrieblicher Personalpolitik". Weiterhin besteht die Gefahr, daß durch die "Ausselektion älterer Arbeitnehmer" Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitsintensität über eine Erhöhung des Leistungsvermögens und ein verringertes Gesundheitsbewußtsein der Belegschaft sowie eine verringerte Konfliktbereitschaft betrieblicher Interessenvertretungen der Weg geebnet wird. In der Tendenz können so Schutzrechte in Eingriffsrechte transformiert werden. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 139-156
Aus arbeitsmarktpolitischen Gründen kann eine verstärkte Ausgliederung älterer Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben befürwortet werden, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt ist (entsprechende Arbeitsmarktsituation, arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit vorgezogener Verrentungen, aktuelle Unmöglichkeit alternativer Humanisierungsstrategien). Die quantitative Entwicklung der Alterserwerbstätigkeit ist geprägt durch einen Rückgang der Erwerbstätigkeit Sechzig- bis Fünfundsechzigjähriger seit 1974/75 und die Auswirkungen der flexiblen Altersgrenze sowie durch einen steigenden Anteil älterer Arbeitnehmer an der Arbeitslosenzahl und einen Anstieg der Zahl leistungsgeminderter Arbeitsloser, vor allem in der Gruppe der über fünfundvierzigjährigen Arbeitslosen. In den Geltungsbereich von Sozialplänen fällt nur ein Fünftel der älteren Arbeitslosen. Verminderte Wiedereingliederungschancen und psychosoziale Belastungen durch die Arbeitslosigkeit sprechen für eine vorgezogene Verrentung als "vergleichsweise geringes Übel". Probleme ergeben sich hier jedoch hinsichtlich eines "sinnvollen Übergangs in die Nichterwerbstätigkeit", der Möglichkeit einer Konterkarierung von Bemühungen um altersgerechte Arbeitsplätze und berufliche Integration Leistungsgeminderter sowie eventueller informeller Zwänge zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auf betrieblicher Ebene. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 237-282
Gegenstand der Untersuchung ist die Funktionalisierung von sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für die Interessen "des betrieblichen Personalmanagements und für dessen personalpolitische Strategien". Interessen des Personalmanagements an hoher Disponibilität, effizienter Nutzung und niedrigen Kosten des Arbeitskräftepotentials stehen Sicherungsinteressen des Arbeitnehmers hinsichtlich Arbeitsverhältnis, Einkommen und sozialen Status gegenüber. Möglichkeiten zur Funktionalisierung der Sozialversichungsleistungen liegen in der Berufsunfähigkeitsrente (Lohnzuschlag entsprechend dem Konzept der Halbinvalidität). Anspruchsvoraussetzungen, Rentenhöhe und Bewilligungsverfahren schränken diese Funktionalisierung jedoch ein. Gekoppelt mit der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente ist die tarifvertragliche Alterssicherung (Bestandsschutz). Eine weitere Möglichkeit stellt die endgültige Verrentung wegen vollständiger Erwerbsunfähigkeit dar, wobei jedoch ebenfalls Anspruchsvoraussetzungen, bürokratisches Verfahren und geringe Rentenhöhe hinderlich wirken. Als "Ausgliederungsmittel zur Rückgewinnung personalpolitischer Flexibilität" bieten sich vor allem "Vorzeitpensionierungen durch flexible Altersgrenze und vorgezogenes Altersruhegeld" ("59er-Regelung") an. Vor allem die 59er-Regelung in Verbindung mit Sozialplänen scheint sich zu einer "Form der ständigen Frühverrentung" auf der Basis einer "stillschweigenden Übereinkunft zwischen Unternehmensleitung, Arbeitsämtern, Betriebsräten und Beschäftigten zur Umgehung des Arbeitsförderungsgesetzes" zu entwickeln. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 215-236
Stagnierende Analyse und unzureichend ausgelastete Kapazitäten setzten Mitte der sechziger Jahre einen Restrukturierungs- und Rationalisierungsprozeß in der Stahlindustrie der Bundesrepublik in Gang. Die nachteiligen Folgen für die Beschäftigten wurden vor allem mittels der Sozialplanpolitik aufzufangen versucht. Als zentrale Regelungsgegenstände von Sozialplänen können gelten: (1) "Regelung von Versetzungen unter den Aspekten der Zumutbarkeit, der Status- und Einkommenssicherung sowie der Aufwanderstattung bei Versetzung an andere Standorte"; (2) Schaffung der Möglichkeit vorzeitiger Pensionierungen; (3) Regelung von Aufhebungsverträgen. Neben den maßnahmeorientierten Sozialplänen ist eine generelle Tendenz zur vorzeitigen Pensionierung als Instrument betrieblicher Personalpolitik zur Verjüngung der Belegschaften erkennbar. Grenzen und Schwierigkeiten liegen hier im Interesse der Unternehmen an der Erhaltung von Qualifikationen, der Benachteiligung von Frauen und Schwerbehinderten, der Zustimmung der Arbeitsämter und Hauptfürsorgestellen und der Kostenfrage. Betriebliche Personalpolitik hinsichtlich leistungsgewandelter Arbeitskräfte bezieht sich im wesentlichen auf die Frage der Weiterbeschäftigung von Leistungsgewandelten durch Bereitstellung entsprechender Arbeitsplätze und auf die "Verdienstsicherung bei gesundheitsbedingten Versetzungen". (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 393-404
Im Gegensatz zu verbreiteten Vorurteilen gegenüber älterer Arbeitnehmern zeigen neueste Forschungsergebnisse, daß eine generelle Minderung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter nicht vorliegt. Weder hinsichtlich der erbrachten Arbeitsleistung generell, noch hinsichtlich körperlicher Schwerarbeit, Beteiligung am Unfallgeschehen, Absentismus oder Zufriedenheit mit der Berufssituation kann von einer spezifischen Leistungsschwäche der Gruppe der älteren Arbeitnehmer gesprochen werden. Es ist Sache des Betriebes, "adäquate Anforderungen an den älteren Arbeitnehmer zu stellen und von einer vorhandenen Leistungsfähigkeit auszugehen". Hierzu gehört die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze ebenso wie die "Anpassung des älteren Arbeitnehmers an den Arbeitsplatz". Die Verfasserin plädiert für eine "realistische Einschätzung der Situation, Möglichkeiten und Grenzen" älterer Arbeitnehmer, wobei die Aufmerksamkeit vor allem dem je spezifischen Einzelfall gelten soll, und wendet sich gegen eine Manipulierung einschlägiger Forschungsergebnisse, wie sie sie vor allem dem Bericht "Qualität des Arbeitslebens" des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung und der DGB-Studie "Überforderung durch Tempo, Lärm, Licht, Schmutz" vorwirft. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 349-368
Gegenstand der Untersuchung sind die unterschiedlichen Funktionen und Auswirkungen von Bestandsschutzregelungen. Vorläufer der heutigen Bestandsschutzregelungen in der Phase der Vollbeschäftigung (Rationalisierungsschutzabkommen etc.) haben in der Regel ohne problematische Nebenwirkungen funktioniert. Am Beispiel älterer Arbeitnehmer lassen sich demgegenüber in der Unterbeschäftigungssituation zwei Klassen problematischer Effekte ausmachen. Hierbei geht es zum einen um "Möglichkeiten und Auswirkungen einer Umgehung bzw. Umfunktionierung der Bestandsschutzregelungen" seitens der Unternehmen (monetäre Abgeltung, Überwälzung der Kosten auf die Sozialversicherung durch Vorzeitpensionierung), zum anderen um Sekundäreffekte und Arbeitsmarktwirkungen (Überwälzung des Beschäftigungsrisikos auf nicht gesicherte Problemgruppen, Erhöhung der Wiedereinstellungsschwellen, Betriebsegoismus der Arbeitnehmervertretung, Abschottung betrieblicher Arbeitsmärkte, Qualitätsgefälle von Arbeitsplätzen durch Schaffung privilegierter Belegschaften). Eine Weiterentwicklung des Instruments Bestandsschutz wird in zwei Richtungen vorgeschlagen: (1) Erweiterung der abgesicherten Arbeitnehmergruppen; (2) zwischenbetriebliche Übertragbarkeit des Bestandsschutzes. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 283-301
Die Entscheidung älterer Arbeitnehmer für den Austritt aus dem Arbeitsleben kann als "Flucht vor den gestiegenen Leistungsanforderungen und dem Druck der Arbeitssituation", als "resignative Reaktion auf inhumane Arbeitsbedingungen und Deprivationen im Berufsverlauf" interpretiert werden. Determinanten der Entscheidung zur Beendigung des Arbeitslebens (flexible Altersgrenze) sind langfristiger Verschleiß des Arbeitsvermögens, Antizipation einer ungünstigen Arbeitsmarktsituation und berufliche Erfahrungen zunehmender Arbeitsbelastungen sowie beruflicher Diskriminierung. Die gleichfalls hohe Bereitschaft zur vorzeitigen Pensionierung ("59er-Regelung") ist ebenfalls Ausdruck einer "negativen, dem Leistungsvermögen älterer Arbeitnehmer nicht adäquater Beschäftigungssituation". Den Entlastungseffekt, den die flexible Altersgrenze auf den Arbeitsmarkt ausüben sollte, nimmt zunehmend das vorgezogene Altersruhegeld bei Arbeitslosigkeit wahr. Auf betrieblicher Ebene sondern vorzeitige Pensionierungen leistungsgeminderte Arbeitskräfte aus und helfen, die Notwendigkeit altersgerechter Arbeitsplätze zu umgehen. Ein arbeitsmarktpolitischer Effekt vorzeitiger Pensionierungen ist zweifelhaft. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 87-116
Altern ist ein Prozeß der "Interaktion natürlicher, sozialer und psychischer Prozesse". Eine Soziogenese des Alterns hat die durch die industriellen Beziehungen definierten sozialen Lebensbedingungen zu berücksichtigen. Hier üben vor allem im mittleren Erwachsenenalter die "betrieblichen Strategien der Leistungsschöpfung" über die Erzeugung spezifischer Problemlagen und Risiken Sozialisationseffekte aus, die "für den weiteren beruflichen Lebenslauf und damit für den Altersprozeß bedeutsam sind". Sie tragen bei zum Prozeß des Alterns verstanden als eine "leistungsbezogene Reduktion der Aktivitäten". Altersselektive Effekte solcher Strategien werden hervorgerufen durch (1) kontinuierlich hohe Leistungsanforderungen, (2) Rationalisierungsprozesse und (3) die betriebliche Personalpolitik. Altersselektive Effekte für die soziale Organisation von Prozessen des Alterns können auf der Leistungsdimension typologisch unterschieden werden in (1) Leistungsminderung durch Arbeitsintensivierung, vor allem bei niedrig qualifizierten Arbeitnehmern; (2) Enttäuschung der Karriereaspirationen, vor allem im mittleren Angestelltenbereich; (3) Entqualifizierung infolge technisch-organisatorischen Wandels (mittelqualifizierte Arbeiter und Angestellte). Dequalifizierung, stagnierendes Einkommen und Statusminderung im mittleren Erwachsenenalter stellen sich für die Betroffenen als "Einleitung vielfältiger Enttäuschung" dar. Sie leiten einen Prozeß der Ohnmachtserfahrungen sowie der Erfahrung von Fremdbestimmung und "Vergeblichkeit individueller Anstrengung" ein. (IB)
In: Ältere Arbeitnehmer zwischen Unternehmensinteressen und Sozialpolitik, S. 207-214
Der Verfasser behandelt Chancen und Gefahren einer vorgezogenen Verrentung über Sozialpläne. Für die Unternehmen stellt der Sozialplan die Chance einer Lösung betrieblicher Beschäftigungsprobleme zu Lasten der Sozialversicherung dar. Elemente von Sozialplänen bei Betriebsstillegungen sind der Grundsatz der Freiwilligkeit, der Ausgleich der Differenz zwischen Leistungen des Arbeitsamts und bisherigem Nettoverdienst für ungefähr ein Jahr, ein Ausgleich der Rentenminderung über die Werksrente bis zur Vollendung des dreiundsechzigsten bzw. fünfundsechzigsten Lebensjahrs und die Zustimmungspflichtigkeit des vorzeitigen Ausscheidens seitens des Unternehmens. Voraussetzungen für die 59er-Regelung (vorgezogenes Altersruhegeld nach einjähriger Arbeitslosigkeit) betreffen vor allem den Nachweis der Arbeitslosigkeit und die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Erkrankungen während der Arbeitslosigkeit, der Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente und die Anerkennung der "ernstlichen Arbeitsbereitschaft" sind Fallstricke dieser Regelung. Abschließend gibt der Verfasser praktische Anregungen zum Umgang mit und zur weiteren Ausgestaltung der 59er-Regelung aus der Sicht der IG Metall. (IB)
In: Gewerkschaften in Großbritannien, S. 155-166
Untersucht werden die wichtigsten Veränderungen, die in diesem Jahrhundert in den Kollektivverhandlungen stattgefunden haben. Der Autor rückt vor allem drei Elemente in den Vordergrund: Erwartungen, Verfahren und Marktbedingungen. Die Erwartungen haben sich auf jährliche Einkommensverbesserungen gerichtet; die Verfahren haben dazu geführt, daß die Kollektivverhandlungen einzelner Arbeitergruppen Einfluß auf das gesamtgesellschaftliche Lohn- und Preisniveau haben; die Marktbedingungen sind unter monopolistischen Bedingungen kein fixes Datum mehr, sondern stehen selbst zur Disposition. Die Analyse beschränkt sich nicht auf britische Verhältnisse, sondern kann Gültigkeit für die meisten westlichen Industrienationen beanspruchen. Mit der Skizze dreier Prinzipien, die die entstandenen Probleme lösen helfen sollen, schließt der Beitrag ab. Bei den Prinzipien handelt es sich um Verantwortlichkeit der Arbeitnehmer, Gleichzeitigkeit der Kollektivverhandlungen und faire Relationen bei den Lohndifferenzen. (UH)
In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, S. 663-667