Die Verfasserinnen nähern sich ihrem Thema auf zwei Wegen. Zum einen legen sie drei Fallstudien zur Widmungspraxis dreier jeweils verschiedenen Generationen angehörenden Autoren vor: Rene König (1906-1992), Jürgen Habermas (geb. 1929) und Rosemarie Nave-Herz (geb. 1935). Zum anderen nehmen sie einen Vergleich zwischen den drei Nachkriegsgenerationen der deutschen Soziologie vor: der um die Jahrhundertwende geborenen und zwischen 1948 und 1953 berufenen Gründerväter, der zwischen 1925 und 1930 geborenen und zwischen 1958 und 1970 berufenen Nachkriegsgeneration und der zwischen 1938 und 1946 geborenen und zwischen 1970 und 1985 berufenen Ausbaugeneration. Die Widmungen der Gründerväter und der Nachkriegssoziologen richten sich überwiegend (vor allem zu Beginn der Karriere) an Personen aus dem Wissenschaftssystem, die Widmungen der Ausbaugeneration richten sich fast ausschließlich an Adressaten im privaten Bereich. (ICE2)
Der Verfasser stellt die Geschichte der CSU in drei Phasen dar. In der ersten Phase bis Ende der 1950er Jahre dominiert die Debatte um den Charakter einer "Weltanschauungspartei" und das "C" im Parteinamen hat eine traditionalistische und "integralistische" Leitfunktion. In der zweiten Phase seit den 1960er Jahren setzt ein allgemeiner Säkularisierungsschub in Deutschland ein, der auch die CSU erfasst und sich hier in einem wachsenden Pragmatismus äußert. Die dritte Phase in den 1990er Jahren wird als "Rückkehr des Normativen" beschrieben. Die Geschichte der CSU zeigt nach Einschätzung des Verfassers, "dass eine Partei durchaus von gefestigten Standpunkten aus pragmatisch Verantwortung wahrnehmen und Akzeptanz finden kann". (ICE2)
Der Beitrag stellt mit Philippe C. Schmitter (1936) einen Vertreter der korporatistischen Ansätze vor. Nach der Skizzierung seiner Biographie wird sodann das Profil des Gesamtwerks dargestellt, wobei sich fünf Schwerpunkte identifizieren lassen: (1) Wirtschaft und Politik in Lateinamerika, (2) das Problem der Interessenvermittlung in autoritären politischen System am Beispiel von Brasilien und Portugal, (3) korporatistische Interessenvermittlung in westlichen Demokratien, (4) politische Systemtransformation sowie (5) die europäische Integration. Ferner werden Schmitters Verbändestudien beschrieben, die sich auf die Auseinandersetzung mit dem Korporatismus konzentrieren. Dabei lautet die Ausgangsthese, dass politische Systeme, die eine hohe Repräsentanz, maximale Mitgliederdichte und ausgeprägte korporatistische Strukturen (d.h. monopolistische, spezialisierte und hierarchische Beziehungen der Interessengruppen zum Staat) aufweisen, sind tendenziell eher regierbar, stabil und effektiv. Die Ausführungen schließen mit einer Rezeption und Kritik: Obwohl zwischenzeitlich ein Verblassen des Korporatismus diskutiert wurde, zeigt ein Blick in die politische Wirklichkeit, dass die von Schmitter identifizierten neo-korporatistischen Instrumente sowie die symbiotischen Formen der Interaktion von Verbänden und Staat bei weitem nicht obsolet sind. Für ihre Analyse haben trotz aller Kritik Schmitters Überlegungen das Fundament gelegt, das heute aus der Verbändeforschung nicht mehr wegzudenken ist. (ICG2)
The article begins by discussing whether and to what extent the concept of the lifecourse has been used in the social history of white-collar workers in Germany and Switzerland. It then presents some results of a prosographic study on Swiss technicians (born between 1850 and 1912), which is based on obituaries in the periodical of the Swiss Technicians Association. Finally, the utility of the biographical approach for an explanation of the ideology and behaviour of Swiss technicians and their organisation is discussed.
Soziale Ungleichheit in irgendeiner Form charakterisiert alle bekannten Gesellschaften. Weder die Sozialgeschichte noch die historisch interessierte Soziologie kann von dieser Tatsache und Grunderfahrung des menschlichen Zusammenlebens absehen. In den Beiträgen des Sammelwerkes werden in vergleichender Perspektive Strukturen und Entwicklungen der sozialen Schichtung vom späten 18. bis zum 20. Jahrhundert in England, Frankreich, Deutschland, Italien und den USA historisch und systematisch analysiert. Gefragt wird dabei nach den jeweiligen Veränderungen des sozialen Systems, nach den Bedingungen unter denen sich die Auflösung der ständisch gegliederten Gesellschaft und die Herausbildung der Klassengesellschaft vollzog. Eine in mehrfacher Hinsicht entscheidende Problematik der europäischen und amerikanischen Sozialgeschichte wird analytisch dargestellt. Dabei werden insbesondere Übereinstimmungen und nationale Verschiedenheiten des mit dem Aufstieg und dem Fortschreiten des Industriekapitalismus verbundenen gesellschaftlichen Transformationsprozesses herausgearbeitet. Jeweils zwei Historiker übernehmen die Diskussion der neuzeitlichen Entwicklung sozialer Ungleichheit in England, in Frankreich und in Deutschland. Ergänzende und kontrastierende Beiträge behandeln die Entwicklung in Italien und den USA.
Vorgelegt wird eine theoriebiographische Arbeit über Peter C. Ludz, die Ludz' Beitrag zur DDR-Forschung in den Kontext seines "komplexen methodologischen und inhaltlichen Gesamtkonzepts von Sozialwissenschaft" stellt. Der Verfasser stellt zunächst die Entwicklung der DDR-Forschung am Berliner Institut für politische Wissenschaft dar. Er behandelt dann Ludz' Auseinandersetzung mit Marx, Lukacs und Mannheim und den hier anknüpfenden Entwurf der Ludz'schen Ideologietheorie sowie das im Diskussionszusammenhang des Positivismusstreits formulierte Konzept von Sozialwissenschaft als "immanent-kritisches Unternehmen". Im folgenden werden Ludz' Kritik der Totalitaismustheorie, seine Bedeutung für die komparative Deutschlandforschung sowie seine Beiträge zu einer historisch-konkreten Ideologieforschung, zur Wissenschaftssoziologie und zur Entfremdungstheorie nachgezeichnet. Abschließend wird Ludz' wissenschaftliche Leistung zusammenfassend gewürdigt.
In: Ideologie und gesellschaftliche Entwicklung in der DDR: achtzehnte Tagung zum Stand der DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 28. bis 31. Mai 1985
Die Geheimbund-Theorie ist derjenige Entwurf, mit dem Ludz einer Theorie kommunistischer Revolutionen am nächsten gekommen ist und auf den er seinen Ruhm in der Kommunismusforschung zu gründen versucht hat. In keiner seiner Arbeiten hat er aber die Gesamtheit der Aussagen dieser Theorie formuliert. Im Mittelpunkt seines Interesses hat die Beschreibung des Dilemmas gestanden, in welches bereits die progressiv gestimmten, an einem visionären Bildungsauftrag orientierten Intellektuellen dieses "Bundes der Geächteten" geraten waren und in dem er das Paradigma des "falschen Bewußtseins" gesehen hat. Für diesen Bund hat Ludz dieses Dilemma dahingehend formuliert, daß die in ihm führenden Intellektuellen innerhalb des Bundes Verhältnisse herstellten, die Strukturen einer rational begründeten autoritären Herrschaft realisierten. Sinn einer Untersuchung des "Bundes der Geächteten" könnte es sein, Hypothesen über die Organisation und Ideologie kommunistischer Parteien zu verifizieren oder zu modifizieren. Solche Untersuchungen hat Ludz aber weder in der "Theorie totalitärer verfaßter Gesellschaft" noch in der "Parteilinie im Wandel" angestellt. Weiter finden sich bei der Präsentation seiner Theorie zunehmend Ungereimtheiten. (SJ)
Mit dem Einzug der Partei "Die Grünen" in den Bundestag 1983 begann für die christdemokratischen Parteien eine politische Auseinandersetzung mit der Alternativpartei. Diese manifestiert sich auch sprachlich. In dem Beitrag sind Slogans, Parolen und Kommentare aus der Sprache der "C-Parteien" in Wahlkämpfen zu verschiedenen Wahlen zwischen 1983 und 1991 zusammengestellt. Die Dokumentation ist nach den thematischen Schwerpunkten gegliedert, die die Auseinandersetzung der Union mit den "Grünen" in erster Linie bestimmen. Im einzelnen sind dies Wirtschaft, Finanzen, Arbeit, Familie, Schule, innere Sicherheit, Kriminalität und rot-grüne Koalition. Zusammenfassend wird die zum Teil maßlose und polemisch Übertreibende anti-grüne Wahlkampfsprache der Unionsparteien sehr kritisch beurteilt. Die Kritikpunkte werden einzeln ausgeführt. (ICE)
Vorgestellt wird eine neue Konzeption der Universität Dortmund, bei der durch besondere Formen der Vernetzung von Hochschule und Unternehmen eine neue Qualität der Ausbildung erreicht werden soll. Gliederung: 1. C. A. M. P. U. S.: Integration von Lernen, Forschen und Managementtätigkeiten durch Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Unternehmen. Der C. A. M. P. U. S. Dortmund ist ein neues Bildungsinstitut, das aufgebaut werden soll. Der Name versteht sich zugleich als Begriff und Programm. "Der Begriff Campus verweist auf den Mikrokosmos von Lernen, Forschen und Leben, der auf dem ehemaligen Kasernengelände entstehen soll. Als Abkürzung steht C. A. M. P. U. S. für das Programm des Center for Advanced Management, Projects and Utility Studies, das die Integration von primärer Managementausbildung und Forschung mit unternehmerischer Tätigkeit und damit die Umsetzung eines neuen Konzepts der praxisorientierten Ausbildung von Managern anstrebt". Das Project wird von fünf Säulen getragen: - Einer privaten Dualen Grande Ecole (Kernstück - Integration von berufsbezogener Eliteausbildung und projektorientierter Managementausbildung), - mehreren parallel arbeitenden Zukunftslaboren, in denen Wissenschaftler und Praktiker Schlüsselprobleme der modernen Industriegesellschaft lösen, - einem Weiterbildungsinstitut (Integration von Arbeit und Lernen, Projektform), - einem Institute for Advanced Study, in dem hochkarätige Vertreter verschiedener Wissenschaften in einen interdisziplinären Diskurs über problemorientierte Grundlagenforschung treten können (Wirtschaft, Technik, Gesellschaft) und - ca. 120 bis 150 Unternehmen aus dem In- und Ausland, die sich partiell auf dem Campus ansiedeln sollen und die primären Kooperationspartner der Bildungsinstitute sind. Weiterhin wird im Beitrag näher erörtert: 2. Grundprobleme der Dualität von Lernorten. - 3. Die Integration der Lernorte im C. A. M. P. U. S. - 4. Projektorientierte Managementausbildung am C. A. M. P. U. S. - 5. Vorteile des Engagements im C. A. M. P. U. S. für die Unternehmen. (HoF/Ko.).
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, S. 343-357
"Praktiken der privaten Lebensführung sind immer sowohl das Ergebnis strukturell vorgegebener Lebensbedingungen wie auch das Resultat kulturell geprägter Idealvorstellungen des richtigen Lebens. Im Mittelpunkt unseres Beitrages steht die letztere analytische Ebene, die kulturelle Ebene des Wandels von Leitidealen des Selbst sowie deren Zusammenhang mit Idealvorstellungen der privaten Beziehung im 20. Jahrhundert. Im Verlauf der Entwicklung der modernen Gesellschaft ist es zu erheblichen Veränderungen sowohl hinsichtlich der kulturellen Einstufung des Stellenwertes des Individuums wie auch hinsichtlich der Kodierung seiner Qualitäten, Eigenschaften und Tugenden gekommen. Aus dieser Sicht bedeutet Individualisierung zweierlei. Sie impliziert erstens eine Steigerung der Rechte und Pflichten, die dem Individuum zugestanden und auferlegt werden. Zweitens kommt es im Modernisierungsprozess zu einer qualitativen Umkodierung von individueller Identität im Sinne einer stärkeren Betonung von Reflexivität und Autonomie. Zwischen solchen Veränderungen von Leitidealen des Selbst und dem Wandel von Beziehungsidealen ist ein enger Zusammenhang anzunehmen: In dem Maße, in dem sich Individuen eher als autonome, reflexive, erlebnisorientierte Entitäten definieren, werden ihre auf Beziehungen bezogenen Ideale der Lebensführung sich eher an Vorstellungen wie Partnerschaft, gegenseitigem Verständnis und gemeinsamem Erleben orientieren. Die erwarteten Zusammenhänge werden anhand einer äußerst geeigneten, aber bislang weitgehend vernachlässigten historischen Datenquelle untersucht. Es handelt sich um einen repräsentativen Datensatz von rund 7300 Bekanntschafts- und Heiratsinseraten, die zwischen 1900 und 1992 in zwei schweizerischen Tageszeitungen erschienen sind. Das analytische Ziel besteht darin, mittels computergestützter Inhaltsanalyse die vorgefundenen semantischen Elemente der Inserate auf eine möglichst geringe Anzahl von Grundtypen von Selbstidealen und solchen von Bezichungsidealen zu reduzieren und diese zueinander in Beziehung zu setzen." (Autorenreferat)
Die Politikwissenschaftler haben sich der Frage eines Wandels hin zur Konfliktdemokratie am Beginn der ÖVP/FPÖ-Koalition aus guten Gründen vorsichtig genähert. Seither erschienene Untersuchungen mit Bezug auf die neue Regierungskonstellation haben diese Frage zumeist ausgespart und sich mit der FPÖ, den Reaktionen auf die Regierungsbeteiligung dieser Partei und/oder den Konsequenzen des Koalitionswechsels für die Inhalte der Regierungspolitik ("policies") befasst. Im vorliegenden Beitrag werden zunächst die relevanten theoretischen Demokratiekonzepte und ihre Umsetzung in die empirische Forschung diskutiert. Im Anschluss daran wird das Abstimmungsverhalten im Nationalrat analysiert, denn Abstimmungen sind der End- und Kumulationspunkt des politischen Entscheidungsprozesses. Diese Analyse wird durch die subjektive Perspektive der Abgeordneten ergänzt und des weiteren aufgezeigt, wie jene Abgeordneten, die schon in der Großen Koalition im Nationalrat vertreten waren, Konflikt und Konsens zwischen den Parteien in der ersten Amtsperiode der Regierung Schüssel (der XXI. GP) im direkten Vergleich mit der letzten Amtsperiode der Großen Koalition (der XX. GP) erlebt haben. Abschließend wird die Untersuchung durch einen breiter angelegten Vergleich kontextualisiert, der sowohl die Zeit vor als auch nach den Schüssel-Kabinetten umfasst. (ICI2)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 3-4
Der Autor analysiert im vorliegenden Beitrag die Bedingungen für die Entwicklung einer internationalen Gesetzgebung auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik. Er stellt verschiedene Bemühungen um ein Verbot des (Erst-)Einsatzes chemischer und atomarer Waffen dar. Hierbei handelt es sich zunächst um das Genfer Giftgas-Protokoll, welches 1925 unterzeichnet wurde und um die Protokolle über negative Sicherheitsgarantien (d.h. Nichtgebrauch von Kernwaffen), die Bestandteil der Verträge über atomwaffenfreie Zonen in Lateinamerika (1965) und im Südpazifik (1985) waren. Weiterhin wird das Fehlen ähnlicher Garantien bei der Genfer Abrüstungskonferenz (seit 1979) kritisiert. Der Autor stellt abschließend Hypothesen über die Chancen der Verrechtlichung der internationalen Sicherheitsbeziehungen auf. Er konstatiert, "daß auch für die Verrechtlichung der internationalen Sicherheitsbeziehungen immer noch Macht, Interesse und Abhängigkeit diejenigen Kategorien sind, mit denen am ehesten Interaktionsergebnisse erklärt werden können". (psz)