Vernetzungs(t)räume: Organisationsmodelle von Frauennetzwerken
In: Zukunfts(t)räume: Geschlechterverhältnisse im Globalisierungsprozess, S. 102-119
"Annette Allendorf untersucht in ihrem Aufsatz die Erfahrungen der Frauen, die sich in solchen Netzwerken engagieren. Die feministische Theorie und Praxis ist nach Ansicht der Autorin an einem Punkt angelangt, an der ihr scheinbar das eigene Subjekt verloren gegangen ist. Gerade jüngere Frauen fühlen sich immer seltener der Frauenbewegung zugehörig; zudem ist vor dem Hintergrund der Ausdifferenzierung von Lebensentwürfen und Identitäten sowie der Wahrnehmung ethnischer und kultureller Vielfalt zweifelhaft geworden, ob es die universelle Frau überhaupt gibt und wer in ihrem Namen sprechen sollte. Ist damit feministische Politik überholt? Oder hat feministische Politik gerade angesichts zunehmender gesellschaftlicher Desintegration, Sozialstaatskrisen und dem vielfach beklagten Verfall der Solidarität etwas zu bieten, das für die Gestaltung unserer Zukunft von Bedeutung ist? Und wenn ja, wodurch zeichnet sich diese Politik aus? Diese Fragen waren Ausgangspunkt einer von der Autorin durchgeführten empirischen Untersuchung strategischer Frauennetzwerke. In Abgrenzung zu sozialen Netzwerken, die ein Geflecht aus Nahbeziehungen in Familie, im Freundeskreis, in Nachbarschaften oder am Arbeitsplatz darstellen, bezeichnet die Autorin mit dem Begriff 'strategische Frauennetzwerke' solche Zusammenschlüsse von Frauen, die der Entwicklung und Durchsetzung spezifischer politischer, wirtschaftlicher, beruflicher oder sozialer Interessen und Anliegen dienen. In den letzten zehn Jahren verzeichnete die Anzahl solcher strategischer Frauennetzwerke einen sprunghaften Anstieg. Die Analyse hat ergeben, dass diese Netzwerke neue Wege feministischer Politik darstellen, die weder auf Abgrenzung noch auf Anpassung abzielen. Von den Akteurinnen wird ein breites Spektrum politischer Handlungsverfahren genutzt, wobei die Teilnehmerinnen nicht nur jenseits von Links und Rechts, sondern auch jenseits der Kategorien männlich und weiblich agieren. Durch das 'Mainstreaming', das Einmischen in ein breites Themenspektrum, löst sich feministische Politik zunehmend aus der Isolation und aus einer selbstverordneten Randständigkeit." (Autorenreferat)