Abstract Critical social science has to acknowledge that every fundamental critique of society implies the justification of alternative norms and institutions. Several current objections against such an explicitly normative understanding of critical social science are discussed. The following outline of a theory of a just society tries to meet two demands: the rational consensus of all individuals concerned and the satisfaction of individual interests. In societies characterized by class struggles, however, these two aims turn out to be incompatible. Therefore an ethical realist approach is offered which takes into account the clarification and normative reinterpretation of interests. The tools of analytic philosophy can be given new application in combination with an analysis of interests under the title of a critique of ideology.
In den Sozialwissenschaften werden sowohl begrenzte, zweckrational organisierte Teilbereiche als auch die Gesamtgesellschaft mit Hilfe von Systemtheorie und Kybernetik zu erfassen versucht. Die lebhafte Rezeption der Kybernetik war und ist von großen Hoffnungen und auch von prinzipieller Kritik begleitet. Der vorliegende Beitrag behandelt vor allem methodologische und erkenntnistheoretische Fragen der Anwendung kybernetischer Systemtheorie. Kritisiert wird insbesondere, daß viele Sozialwissenschaftler (Apologeten und Kritiker der Kybernetik) die zentralen Bestandteile der Kybernetik zu stark simplifizieren. Diese reduktionistische Rezeption wird am Beispiel der Probleme Systemfestlegung, Systemdynamik und Systemkomplexität beschrieben. Ausführlich wird unter anderem der systemtheoretische Ansatz von N. Luhmann kritisch dargestellt. Besondere Beachtung widmen die Autoren der oft gestellten Frage, ob sozialer Wandel kybernetisch erfaßt werden kann. Der pauschale Vorwurf des Konservatismus gegenüber der Kybernetik wird abgelehnt; gerade die kybernetische Theorie sei aufgrund ihrer Komplexität besonders geeignet, dynamische Phänomene zu beschreiben. Allerdings müsse die Kybernetik als strukturwissenschaftliche Disziplin behandelt werden, während oft der Fehler gemacht würde, strukturierte Realität und analoge Modellstruktur gleichzusetzen. Die Anwendung strukturwissenschaftlicher Modelle in den Sozialwissenschaften ist generell noch kaum wissenschaftstheoretisch erarbeitet. Die Autoren versuchen eine wissenschaftstheoretische Positionsbestimmung der Kybernetik und kommen vor allem zu dem Ergebnis, daß Analogisierungen zwischen sozialwissenschaftlichen und kybernetischen Aussagen unbedingt modelltheoretisch expliziert werden müssen; andererseits bleibt die Reichweite der Aussagen unbekannt. Wesentlich bei der Bewertung kybernetisch orientierter Modelle ist die analytische Trennung von Kybernetik als methodischem Instrument und den zugrundeliegenden sozialwissenschaftlichen Theorien (und ihren ideologischen Aspekten). Ausgehend von dieser analytischen Trennung werden Leitfragen zur Beurteilung kybernetischer Modelle formuliert. (JL)
Die modernen Sozialwissenschaften - sowohl die nomothetischen wie die hermeneutischen - machen den Versuch, die Möglichkeiten und Grenzen des modernen historischen Bewußtseins zu überwinden. Die modernen Männer und Frauen, die die Gewißheit der anhaltenden Wahrheit aufgegeben haben, haben dadurch aber noch nicht das Streben nach Wahrheit preisgegeben. Das Trachten nach Wissen mittels Sozialwissenschaft war dazu geeignet, eine solche Überzeugung zu unterstützen. Soweit die Sozialwissenschaft gleichzeitig Gewißheit und Selbsterkenntnis - als das Ergebnis eines neuen, rationalistischen Strebens nach Sinn - versprochen hat, wurde das Versprechen nicht gehalten. Wo Gewißheit war, war weder Sinn noch Selbsterkenntnis. Wo Sinn und Selbsterkenntnis war, da war keine Gewißheit. Und trotzdem hat die Sozialwissenschaft nicht ganz und gar versagt, seit sie die Selbsterkenntnis einer kontingenten Gesellschaft versprach. Die modernen Sozialwissenschaften haben sich nicht mit dem Streben nach Wahrheit befaßt, doch setzten sie ein Beispiel für wirkliche Selbsterkenntnis und etablierten ihre eigenen, inneren Kriterien der Wahrscheinlichkeit. Diese Kriterien sind weder vollständig kartesianisch, noch sind sie vollständig empirisch. Sie schließen die eigentlichen Kriterien für das Verstehen von dem ein, was bereits verstanden worden war, zur Unterscheidung zwischen dem 'inneren' und dem 'äußeren' Aspekt einer Theorie. Sie schließen ebenso die Kriterien der Plausibilität und die Kriterien des formalen oder substantiellen Konsenses mit ein. Das Papier argumentiert gegen völligen Relativismus und für eine Art begrenzten Relativismus. (KWÜbers.)
Es liegt keineswegs auf der Hand, dass die Sozialwissenschaftler besondere Schwierigkeiten haben, ihr Publikum zu erreichen. Zunächst führt der Verfasser aus, in welcher Hinsicht die These von der besonderen Publikumsdistanz der Sozialwissenschaften nicht zutrifft, sondern auf problematischen Beurteilungskriterien fußt, die ihrerseits hinterfragt werden sollen. Anschließend werden Beobachtungen und Überlegungen vorgetragen, die das Verhältnis der Sozialwissenschaft zu ihrem Publikum tatsächlich als problematisch und verbesserungsbedürftig erscheinen lassen. Im Ergebnis erweist sich das Publikumsproblem der Sozialwissenschaft, soweit es besteht, als Problem ihrer inneren Verfassung. Sozialwissenschaftler sind keine Journalisten. Aber die gegenseitige Durchdringung von Gesellschaft und Wissenschaft nimmt zu. Die Professionalisierung der Sozialwissenschaften hat zu Spezialisierung und Selbstreferentialität geführt. Es ist an der Zeit, den "Balanceakt", den die Sozialwissenschaften zwischen professioneller Ausdifferenzierung und gesellschaftlicher Integration zu leisten haben, neu zu justieren, und zwar in Richtung stärkerer Integration. Dazu dürfte gehören, dass Sozialwissenschaftler den eigenen Publikumsbezug ernster nehmen und ihre Resonanz über die Fachöffentlichkeit hinaus als ein Erfolgskriterium akzeptieren. Richtig verstandener Publikumsbezug ist ein Kernbestandteil guter sozialwissenschaftlicher Praxis. (ICB2)
Rezension von: Johannes Fromme / Burkhard Schäffer (Hrsg.): Medien - Macht - Gesellschaft (Medienbildung und Gesellschaft ; Bd. 4). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2007 (170 S.; ISBN 978-3-531-15301-8 ; 29,90 EUR).
Die zunehmende Computerisierung der wissenschaftlichen Arbeit hat die Art und Weise, wie Forschung betrieben wird, in den letzten Jahren stark verändert. Aber nicht nur die Natur-, sondern auch die Sozialwissenschaften werden durch den Einsatz von Computern verwandelt. In diesem Artikel versuchen wir einige Felder zu benennen, wo dieser Prozeß am besten nachvollziehbar ist. Gleichzeitig stellen wir uns die Frage, ob die Sozialwissenschaften auf diese Weise sich in ihrer Substanz verändern und welche neuen Anforderungen an die Sozialwissenschaftler ( aktive oder in spe) gestellt werden, sowie welche Gefahren sich dahinter verbergen.