Suchergebnisse

"Die Nachkriegsgeschichte der polnischen Arbeiterbewegung ist gekennzeichnet von dem latenten, periodisch gewaltsam ausbrechenden Konflikt zwischen den zentral gelenkten und nach Branchen gegliederten Gewerkschaften, die vom Zentralrat der Gewerkschaften dirigiert wurden, und den Arbeiterräten, die nach der Befreiung 1944/45 in den Betrieben entstanden waren. Aus dem Nichtfunktionieren der beiden Organisationsprinzipien im Sinne von Kontrolle und Mit- bzw. Selbstverwaltung der Arbeiter auf Betriebs- bzw. Landesebene erwuchs seit 1976 eine Arbeiteropposition, die sich schließlich im Sommer 1980 mit gesamtgesellschaftlicher Unterstützung eine neue nationale Repräsentation der Arbeiterschaft in Gestalt der "Solidarnosc" schuf. Die Aktivitäten der "Solidarnosc" dokumentierten das Erwachen der Gesellschaft in einem Staat des realen Sozialismus, das in der Nachkriegsgeschichte der europäischen Volksdemokratien beispiellos ist. Als im Sommer 1980 die Welt mit angehaltenem Atem auf die Ereignisse an der polnischen Ostseeküste blickte, war sie Zeige des Schlußpunkts einer Evolution staatsbürgerlichen Selbstbewußtseins und gesellschaftlicher Selbstorganisation außerhalb der offiziell anerkannten Strukturen einer monopolistischen Parteiherrschaft der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) und deren Massenorganisationen. Zugleich war der Sommer 1980 der Ausgangspunkt für eine nun öffentlich gewordene und von Partei und Staat im Augenblick der Schwäche anerkannte Demokratisierungsbewegung, die nicht allein von der Arbeiterschaft getragen wurde und nicht allein die Gewerkschaftsfrage betraf, sondern alle gesellschaftlichen und politischen Interessenverbände und Gruppierungen erfaßte. Sowenig die Entwicklung und anabhängigen Gewerkschaftsbewegung in Polen 1980/81 von der allgemeinen Bewegung in der polnischen Gesellschaft isoliert werden kann, sowenig kann die Diskussion innerhalb der Gewerkschaft vor 1980 von der allgemeinen Diskussion außerhalb der offiziellen Strukturen in den Zirkeln der Wissenschaftler, Publizisten, Schriftsteller, der katholischen Laienbewegung und nicht zuletzt auch der Intelligenz im Partei- und Staatsapparat über einen Ausweg Polens aus der wirtschaftlichen, sozialen, politischen und moralischen Krise losgelöst werden." (Autorenreferat)

Der Stellenwert der neuen politischen Bewegungen in der Strategie der kommunistischen Parteien. Entstehungsursachen der grünen und alternativen Bewegungen, Kongruenz mit den KP's und Unterschiede in den politischen Aktivitäten und Zielsetzungen sowie Möglichkeiten politischer Bündnisse

Literaturverzeichnis

Der Autor untersucht den Zusammenhang zwischen moralischer Entwicklung und dem politischen Handeln. Besteht zwischen der moralischen Entwicklung (Kohlberg), der Entwicklung von kommunikativer Kompetenz (Habermas) und der politischen Handlungsebene und Vorgabe eine zunehmende Diskrepanz, die letzlich zu Protest führt? Der Autor beantwortet diese Frage mit "ja", da er davon ausgeht, daß neue soziale Bewegungen sowohl Indikator als auch wesentliches Moment des gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses sind und daß das "Neue", das sie ausmachen, durch die Verbindung von entwicklungslogischer und geschichtsdynamischer Perspektive deutlich gemacht werden kann. Die Rekonstruktion der Entwicklung des moralischen Urteilsvermögens erschließt die evolutionsgeschichtliche Dimension, wobei dieses Vermögen, in dem ja die Persönlichkeitsformation und die Fähigkeit zur Rollenübernahme zum Ausdruck kommen, ein maßgebendes Moment interpersonaler Kompetenz überhaupt ist. Die geschichtsdynamische Dimension erschließt der auf K. Marx zurückgehende historische Materialismus. Er legt dar, daß die materielle gesellschaftliche Basis die Struktur abgibt, die Art und Niveau der historischen Prozesse prägt. Vor diesem Hintergrund lassen sich neue soziale Bewegungen als spezifische Formen des Zusammenwirkens auf jenem Niveau gesellschaftlicher Ausdifferenzierung ausmachen, auf dem sich soziopolitische Interaktionen soweit von institutioneller Heteronomie befreien können, das soziale Autonomie in ihnen verfügbar zu werden vermag. (RW)

H. Siegenthaler setzt sich in dem Beitrag mit der Frage auseinander, inwieweit soziale Bewegungen Einfluß auf gesellschaftliche Lernprozesse ausüben. Der Beitrag ist in sechs Teilkapitel untergliedert und beginnt mit der Differenzierung des Lern-Begriffs und der Unterscheidung von "regeltreuen" und "fundamentalen" Lernschritten (Kapitel eins). Im zweiten Teil geht der Autor der Frage nach, in welchem Maße soziale Bewegungen zu Trägern fundamentaler Lernprozesse werden können. Er formuliert die These, daß fundamentale, auf die Änderung anerkannter Selektions- und Interpretationsmechanismen hinwirkende Lernprozesse, sich als "soziales Lernen" vollziehen und untersucht im Anschluß daran die fundamentale Lernprozesse auslösenden Momente (Teil vier). Nach Überlegungen zum Anreizsystem sozialer Bewegungen und den von ihnen ausgehenden gesellschaftlichen Wirkungen (Teil fünf), die Siegenthaler in der Überprüfung und Neugestaltung von Selektions- und Interpretationsregeln gegeben sieht, endet der Beitrag mit einer kurzen Kommentierung von Auswahlliteratur zu einzelnen soziologischen, ökonomischen und psychologischen Aspekten des behandelten Themas. (TR)

Vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit den Ursachen der 1968-Bewegung fasst der Verfasser seine Meinung hinsichtlich ihrer Folgen in 7 Thesen zusammen. Dazu gehören die Mobilisierung der konservativen Kräfte, die Mobilisierung der Gewaltbereitschaft, die Vorbereitung des Bodens für den Terror der 1970er Jahre, die Veränderung der demokratischen Kultur, die Beschleunigung der Emanzipation der Frauen, die Differenzierung von öffentlicher Meinung und veröffentlichter Meinung und der Anstoß zur larmoyanten Gesellschaft Deutschlands: Eine Gesellschaft, die einen stärkeren sozialen Ausgleich vorzuweisen hat, als alle Industrienationen der Welt, eine Gesellschaft, die stabiler ist, als alle Gesellschaften der westlichen Welt, eine Gesellschaft, die veränderungsfähig ist und Potenziale für eine deutsche und europäische Zukunft hat - und trotzdem eine Bevölkerung entwickelt hat, die zum Nörglertum und zur Larmoyanz neigt. (ICF2)