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Der Vortrag ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Identitätsbegriff, soweit dieser als kategoriales Raster zur Beurteilung der Verarbeitungsprozesse sozialer Realität bei Jugendlichen benutzt wird. Den Ausgangspunkt bildet eine kurze Kritik des Identitätsbildungskonzepts von Erikson, das aufgrund seiner Ausrichtung an Anpassungsprozessen als affirmativ dargestellt wird. Eriksons Bestimmung der Technologie als übergreifende sinnstiftende Ideologie wird insofern als anachronistisch und destruktiv abqualifiziert, als diese gerade die Bruchlinie von Identitätsbildungsprozessen zum Anknüpfungspunkt der zentralen Aufgabe bei der Herausbildung von Ich-Identität der Jugendlichen (Synthetisierung gesellschaftlicher Widersprüche) erklärt. Identitätskonzepte - auch in ihrer negativen Variante (Identitätskrise) - werden insgesamt als problematisch erachtet, da davon ausgegangen wird, daß der 'bewegte' Teil der Jugendlichen aufgrund einer Chaotisierung der Subjektivität im Zuge widersprüchlicher Anforderungsstrukturen eher versucht, seine Zerrissenheit und Vielfalt zu leben, als eine einheitliche Verarbeitungsform, die wiederum Anpassungsdruck erzeugen würde, zu suchen. (MB)

Der Zusammenhang von Identität, Heimat und Ethnozentrismus wird thematisiert. Mit Hilfe sozialpsychologisch verpflichteter Ideologiekritik macht der Verfasser die Spezifik moderner Heimatvorstellungen aus strukturellen sozioökonomischen Entwicklungen verständlich. Auf der Grundlage von Begriffen aus der kritischen Theorie werden die Zerissenheit der Lebenswelten und die Problematik nationalstaatlicher Überschätzungen dargestellt. Die Identitätsfrage wird auch im Blick auf regionalistische Widerstandsbewegungen und als individuell-soziales Problem gesehen. Ethnozentrismus wird aus einem bestimmten Sozialcharakter - dem der bürgerlich-patriarchalischen Familie - abgeleitet. (HA)

Die allgemeine Problematik "Identität - Rituale - Sprache" wird diskutiert. Aus phänomenologischer und kritischer Perspektive werden folgende Aspekte behandelt: (1) die Aufgaben des Historikers, der sich mit Riten befaßt; (2) Funktionen von Ritualen im historischen Prozeß; (3) Jubiläen als Anlaß von Ritualen im öffentlichen Raum und (4) Volkskultur und Brauchtum als Anlaß von Riten. Es wird gezeigt, daß Rituale einen enormen Stellenwert für die Ausbildung deformierten Geschichtsbewußtseins besitzen. Der verhängnisvolle Zusammenhang von Volkskultur, Brauchtum und konservativen Politikstrategien wird erläutert. (HA)

Ausgehend von der These, daß sich das politische Bewußtsein der Bürger der BRD in allem Wesentlichen im Windschatten der großen nationalen Fragen ausgebildet hat, werden in dem Beitrag die Wandlungen der nationalen Identität betrachtet. Zunächst wird deutlich gemacht, daß die Identifikation der werdenden BRD mit der klassischen nationalen Tradition unreflektiert und bereitwillig erfolgte. Die Ausblendung der geschichtlichen Dimension aus dem Selbstverständnis der Bundesbürger wird problematisiert. Es wird aufgezeigt, daß sich angesichts des brüchigen politischen Konsens und der politischen Polarisierung der Weltsysteme im Kalten Krieg die Tendenzen der Deutschen in der BRD, die eigene politische Ordnung unter dem Gesichtspunkt ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu sehen und als positive Entgegensetzung zu den kommunistischen Systemen in Osteuropa zu betrachten, verschärfte. Ausgehend von der Feststellung, daß sich in der BRD in den letzten Jahren zunehmend Unbehagen an den bisherigen Begründungen der politischen und gesellschaftlichen Ordnung der BRD als eines Transpantats des westlichen liberaldemokratischen Gesellschaftsmodells nach Mitteleuropa ausgebreitet hat, wird die Suche nach einem neuen Fundament, nach einer neuen Identität der Deutschen beschrieben. Vor diesem Hintergrund werden dann ein bundesrepublikanisches und ein gesamtdeutsches Nationalbewußtsein gegeneinander abgewogen. Ausgehend von der BRD als Repräsentant der Kulturnation werden die deutsche Teilung und die Entwicklung in der DDR bewertet. (RW)

Ausgehend von der viel zitierten Geschichtslosigkeit der Deutschen wird in dem Beitrag nach einer kulturellen Identität der Deutschen gefragt. Zunächst wird festgestellt, daß Deutschland seine nationalstaatliche Selbstfindung erst sehr spät und nur in Auseinandersetzung mit etablierten Nachbarstaaten abzuschließen vermochte. Vor diesem Hintergrund wird festgestellt, daß es im Kulturmilieu seit der Wende gegen die Aufklärung einen deutschen Sonderweg gibt. Deutsche Kultur wird im Kontext mit deutscher Ordnungsliebe, der Ein- und Unterordnungsbereitschaft der Deutschen und dem "Herrenbedürfnis" gesehen. Dabei wird auch die Frage nach der deutschen Identität gestellt. Die Bemühungen um eine kulturelle Wiedergeburt nach 1945 und die Entwicklung eines freiheitlichen Kulturbegriffs werden analysiert, um dann zu diskutieren, was nach dem "Wertewandel" von der Kultur in der BRD übrig geblieben ist. Die Ambivalenz der kulturellen Identität wird deutlich gemacht, so daß die Überlegungen zu dem Schluß führen, daß es wohl eine kulturelle Identität der Deutschen gibt, es fragt sich nur welche. (RW)

In dem Beitrag geht es darum zu zeigen, daß die Vergegenwärtigung der Vergangenheit Teil der Selbstvergewisserung und der Identitätssicherung einer Nation ist. Es wird untersucht, wie Geschichte als Element der deutschen Identität angesichts der beiden deutschen Identitäten aussieht. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die in den beiden deutschen Staaten zu beobachtende antagonistische Geschichtsarbeit trotz aller offenkundigen Trennungs-Tendenz nicht doch auch, vielleicht auf ganz unvorhergesehene Weise, eine eigenartige Identität aller Beteiligten offenbart, einen heterogenen Zusammenhang oberhalb aller Trennungen. Geschichtsschreibung wird als ideologische Auseinandersetzung im Rahmen des Ost-West-Konflikts betrachtet. Angesichts der Asymetrie im Ost-West-Verhältnis, speziell zwischen der BRD und der DDR zugunsten der BRD, wird nach der Bedeutung von Geschichte und Tradition für die nationale Identität gefragt. Als Beispiel wird die Bedeutung der deutschen Militärgeschichte und der Traditionspflege in den Streitkräften im Vergleich zwischen der BRD und der DDR herausgearbeitet. Die Überlegungen führen zu der Erkenntnis, daß trotz aller Unterschiedlichkeiten in Theorien, Methoden, politischen Absichten, trotz der Abgrenzungsfunktionen und trotz der durch den Ost-West-Konflikt vorgegebenen Trennstrukturen die deutsche Geschichte eine unzerstörbare und unverlierbare Gemeinsamkeit der Deutschen ist. (RW)

In dem den Sammelband einleitenden Beitrag geht es um allgemeine Fragen, Positionen und Perspektiven der Identität der Deutschen. Dazu wird die langfristige Entwicklung des Meinungsklimas in der BRD nachgezeichnet. Die Frage nach den Handlungsmaximen der BRD wird gestellt. Ausgehend von Merkmalen der kollektiven Identität wird eine Beschreibung der deutschen Identität versucht. Ausgehend von dem Geschichtsbewußtsein der Deutschen wird die Frage nach dem Herkunftsbewußtsein gestellt. Es wird die These aufgestellt, daß Selbstbewußtsein der Deutschen ohne Herkunftsbewußtsein nicht möglich ist. Die spezifischen Kennzeichen der BRD werden aufgezeigt. Vor dem Hintergrund der geistig-politischen Grundtendenzen in der BRD werden strukturelle und konzeptionelle Bruchstellen geortet, die die Stabilität der zweiten deutschen Republik in Frage stellen können. Dann wird die Haltung der DDR zum Problem der deutschen Identität angesprochen. Die Diskussion um den Nation-Begriff wird aufgegriffen, um daran die beiden deutschen Nationen zu messen. Am Beispiel der politischen Kultur wird auf der Grundlage der Analyse eine zusammenfassende Standortbestimmung der Deutschen vorgenommen. (RW)

Der theoretische Aufsatz legt dar, daß das Prinzip der Parteienkonkurrenz die politische Identitätsbildung der Bürger verhindert. Da das Ziel der Parteien der Wahlerfolg ist, kommen nur solche Interessen zum Zuge, die sich parteiorganisatorisch umsetzen lassen, und die Parteien unterscheiden sich immer weniger voneinander. Sie werden zu weltanschauungsneutralen Machterwerbsorganisationen, die zwar um Wählerstimmen werben, sich aber nicht mehr für die hinter diesem Wahlverhalten stehenden kollektiven Lebenslagen interessieren. Deshalb sind Phänomene wie "Parteiverdrossenheit" nicht als Ausdruck von Stimmungslagen oder Wertwandel in der Bevölkerung zu interpretieren, sondern als Reaktionsbildungen auf identitätsverweigernde politische Strukturen. Aus diesem Grunde bilden sich neben den und außerhalb der Parteien in sozialen Bewegungen neue Formen der politischen Identitätsfindung, und es wäre zu wünschen, daß sich daraus eine Partei neuen Typs bildet. (MH)

Der Aufsatz handelt von den Zusammenhängen zwischen Religion und Alltagskultur. Dabei wird aus der Perspektive der neueren Volkskunde vor allem der gegenseitige Bedingungszusammenhang im gesellschaftlichen Kontext erörtert. Die Studie führt zu folgenden Ergebnissen: (1) volkstümliche Anschauungen und Handlungsweisen sind von der Theologie abhängig; (2) Religion kann ein Mittel zur Lebensbewältigung sein; (3) das Kreuz als religiöses Symbol ist Schutz- und Abwehrmittel, aber auch Ausdruck von Identität und Markierung von Freund-Feind-Verhältnissen; (4) "Volksfrömmigkeit" ist Folge des "Kulturkampfes" und (5) insgesamt haben religiöse Alltagsrituale disziplinierende und integrative Funktion. (HA)

Um die nationale Identität der DDR zu untersuchen, wird in dem Beitrag gefragt, welche Elemente an eigenständiger gesellschaftlicher - das heißt von staatlicher Bevormundung freier - Substanz in einer Gesellschaft erhalten bleiben, die ihre Identität, zumindest offiziell, über den Staat bezieht. Als Grundlage werden einige Bemerkungen zur Theorie von Staat und Gesellschaft in der DDR gemacht, die verdeutlichen, daß der DDR-Staat Klassenstaat ist, der direkt und dauerhaft in die Gesellschaft hinein wirkt. Dann wird aufgezeigt, daß die Tendenz des Staates, sich alle gesellschaftlichen Bereiche zu unterwerfen, strukturelle Grenzen hat, daß bestimmte Bereiche staatlicher Kontrolle nicht zugänglich oder attraktiv genug sind. An einigen Beispielen wird verdeutlicht und illustriert, daß es Bereiche und Ebenen gesellschaftlichen Lebens gibt, in denen sichtbar ist, daß Staat und Gesellschaft in der DDR zweigeteilt sind. Die Spaltung der gesellschaftlichen und der literarischen Sprache wird so erläutert. Am Beispiel der Alltagserfahrungen der Jugend wird sichtbar gemacht, daß die sprachlichen Vermittlungsformen und die erlebte Realität weit auseinanderklaffen. Die Überlegungen führen zu dem Schluß, daß in der DDR gesellschaftliches Bewußtsein entwickelt werden muß, damit die gesellschaftlichen Gruppen und Individuen sich ihre Grund- und Freiheitsrechte vom Staat zurückholen können,denn freiwillig gibt er sie ihnen nicht. (RW)

Der Aufsatz analysiert die politische Kultur der BRD vor allem im Hinblick auf eine nationale Identität, die als Grundlage staatlicher Stabilität angesehen wird, und er stellt fest, daß es an einer solchen Identität mangelt. (MH)

Für die Deutschen blieb die staatliche Einheit des Bismarckreichs nur Episode. Sie sind auf der Suche nach nationaler und staatlicher Identität und damit für neue Wege der europäischen Integration offener als die Franzosen. Aber auch sie sind keineswegs frei von nationalen Bindungen an den anderen Teil Deutschlands, über den westeuropäischen Bereich hinaus. Mommsen untersucht die verschiedenen Ausprägungen des Nationalbewußtseins und die Bedeutung staatlicher Kontinuität, staatlicher Einheit sowie das Verhältnis von Nationalbewußtsein zu Demokratie, Außenpolitik und europäischer Integration. Die Umorientierung nach 1945, Antikommunismus und Westintegration bedeuteten auch eine Flucht aus der Geschichte und die Überwindung des älteren Nationalismus. Das Scheitern der Europaidee als Ersatz für nationale Identität brachte in jüngster Zeit eine Wiederbelebung der Diskussion über "Kulturnation" und "Staatsnation". (KA)