"Der Islam gegen den Westen": zur Genealogie eines internationalen Konfliktparadigmas
In: Unfriedliche Religionen?: das politische Gewalt- und Konfliktpotenzial von Religionen, S. 39-66
Ziel des Beitrags ist es, das konfrontativ-holistische Islambild historisch-kritisch zu hinterfragen. Den Ausgangspunkt bildet die erstaunliche Übereinstimmung von Islamisten und Orientalisten in Bezug auf ein essenzialistisches Islambild. Zentrale These des Beitrags ist es, dass dieses Islambild nicht auf essenzielle Gehalte des Islam zurückzuführen ist, die in religiösen Primärquellen zu finden wären, dass es sich vielmehr vor allem auf der Grundlage einer historischen Rekonstruktion der Interpretation dieser Quellen im Kontext der internationalen Beziehungen und der Modernisierung der islamischen Welt erklären lässt. Diese These wird in vier Schritten untermauert. Ausgehend von Saids Orientalismuskritik (1) wird anknüpfend an Schulze ein theoretischer Erklärungsrahmen entwickelt, der sich auf die Begriffe Diskurs und Öffentlichkeit stützt (2). Auf dieser Basis baut eine Analyse des salafitischen Islams auf, auf dessen Grundgedanken sich zeitgenössische islamistische Ideologien stützen (3). Abschließend wird dann die Radikalisierung des islamischen Reformgedankens bis hin zu einer militant auftretenden islamistischen Bewegung kritisch nachgezeichnet (4). Mit dem Krieg in Afghanistan und der islamischen Revolution im Iran rückt die islamistische Engführung des salafitischen Denkens in Gestalt eines essenzialistisch stark eingeschränkten und militanten Bilds der islamischen Religion ins politische Bewusstsein der internationalen Öffentlichkeit. (ICE2)