Auf der Basis von umfangreichen zeitgenössischen Quellen und Darstellungen untersucht der Verfasser gesellschaftliche Hintergründe und Verlauf des 1. Mai 1890 in Hamburg, des Tages, der vom Gründungskongreß der II. Internationale als Datum einer allgemeinen Manifestion für den Achtstundentag und für Verbesserung der Arbeitsbedingungen bestimmt worden war. Schwerpunktmäßig befaßt sich der Autor mit inhaltlichen Diskussionen und Organisationsproblemen der Arbeiterbewegung in Hamburg vor und nach dem 1. Mai. Politische Fehleinschätzungen führten dazu, daß die Lehren aus den Erfahrungen des Hamburger Maikämpfe mit großen Opfern erkauft werden mußten. (KS)
In: Arbeiterbewegung - Faschismus - Nationalbewußtsein: Festschrift zum 20jährigen Bestand des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes und zum 60. Geburtstag von Herbert Steiner, S. 175-190
Der Beitrag behandelt die sozialpolitische Entwicklung in Spanien bis kurz nach Beginn des Bürgerkrieges. Nach einer Einführung in die sozialen und wirtschaftlichen Besonderheiten der spanischen Gesellschaft seit dem 19. Jahrhundert geht der Autor auf die Lage der Arbeiterbewegung in den 30er Jahren ein, insbesondere auf die verschiedenen sozialistischen, kommunistischen und anarchistischen Strömungen und die Welle der Konflikte in den Jahren 1931-34. Der Sieg der Volksfront 1936 und der Aufstand Francos bedeuteten dann eine gewaltige Mobilisierung der Arbeiterschaft, die sich vor allem auch im Aufbau einer Anzahl von parteipolitischen Milizen ausdrückte. Es fehlte aber letztlich an der nötigen Einheit und Koordination der revolutionären Kräfte, die dem Faschismus hätten widerstehen können. (HOE)
In: Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin; Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft, S. 314-353
Das Verhältnis von Demoskopie und Geschichte wird aus der Sicht von Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft untersucht. Der Autor versteht die Demoskopie als eigenständige Geschichtsquelle und fragt im einzelnen nach ihren spezifischen Erkenntnismöglichkeiten, ihrem Standort unter den sonstigen historischen Quellen, ihrem Beitrag zur Mentalitätsforschung, ihrem Beispiel für zeitgeschichtlich relevante Erkenntnisse durch Demoskopie. Der Autor regt an, daß Historiker und Meinungsforscher gemeinsam demoskopische Archive in die zeitgeschichtliche Arbeit einbeziehen, die methodischen Erfahrungen der Demoskopie und der universitären Sozialwissenschaft ausgetauscht werden, von der demoskopischen Arbeit neue Impulse für die Historik ausgehen mögen. (OH)
In dem Beitrag wird von der Feststellung ausgegangen, daß der moderne Staat im Zeichen der Sozialstaatlichkeit bei Erhaltung der rechtsstaatlichen Verfassung in weitem und immer noch zunehmendem Umfang zur Wohlfahrtsförderung zurückgekehrt ist. Was das allerdings für die Rechts- und Verfassungsordnung der BRD bedeutet, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Bevor die Antwort gegeben wird, erfolgt eine Präzisierung der Frage in drei Richtungen: (1) im Hinblick auf die Wirklichkeit des modernen Sozialstaates; (2) im Hinblick auf die Fragen, die er an die Verfassungsordnung stellt. (3) Die dabei hervortretende Problematik führt zu zentralen Fragen des Freiheitsverständnisses. Im anschließenden vierten Abschnitt wird der Frage nachgegangen, wie in Zukunft Freiheit neu verstanden und unter den Bedingungen unseres Jahrhunderts neu gesichert werden kann. Dabei werden politische, verfassungsrechtliche und religiöse Dimensionen unterschieden. (RW)
Der Aufsatz analysiert die aktuellen weltweiten Probleme der Energie- und Rohstoffversorgung als Folge des kapitalistischen Wirtschaftssystems, insbesondere der Macht der internationalen Monopole. In einer marxistischen Analyse und mit zahlreichen Beispielen wird dargelegt, daß die historisch gewachsene Macht der Monopole einer vernünftigen Verwendung der Ressourcen entgegensteht, da die Politik der Regierungen stets auf ihre Interessen Rücksicht nehmen muß. Diese Interessen sind auf kurz- und mittelfristig gesicherte Profite gerichtet, weshalb leicht abbaubare Ressourcen bevorzugt und "unwirtschaftliche" nicht berücksichtigt werden, gegebene Produktionsstrukturen erhalten werden (etwa das energieverschwendende Automobil im Verkehrswesen) usw. Die Wahl bestimmter Technologien hängt von der Investitionspolitik der Monopole ab und läßt sich nur in geringem Maße staatlich beeinflussen. Bei knapper werdenden Ressourcen ist die zu erwartende Konkurrenz der Monopole um ihre Rohstoffquellen sogar eine Gefährdung für den Weltfrieden, da sie mit militaristischen Kreisen in den Regierungen verbunden sind. Deshalb ist eine internationale Zusammenarbeit zur Begrenzung der Macht der Monopole erforderlich und auch möglich. (MH)
Die Untersuchung über Haltung und Verhalten der Arbeiterschaft gegenüber dem Nationalsozialismus wird in drei Hauptaspekte aufgegliedert: (1) die Politik der organisierten Arbeiterbewegung; (2) das Verhältnis der Arbeiterschaft als sozialer Gruppe zum Nationalsozialismus, soweit sich dies vor allem in ihrem Wahlverhalten widerspiegelt; (3) die Mitgliedschaft und Aktivität von Arbeitern in der NSDAP und ihren Unterorganisationen. Es wurde die These aufgestellt, daß die 'Machtergreifung' ohne die weitgehend passive Hinnahme und zugleich auch die aktive Unterstützung durch weite Teile der Arbeiterschaft in dieser fast reibungslosen Form nicht möglich gewesen sei. Die Prämisse, daß die Arbeiterschaft als soziale Gruppe ebenso wie die organisierte Arbeiterbewegung dem Nationalsozialismus so bemerkenswert niedrige Hürden gesetzt hat, bedingte zugleich eine Relativierung von Widerstand, Resistenz und sozialem Protest. Nur unter realistischer Berücksichtigung einer partiellen "positiven Integration" ließ sich erklären, warum das Widerstandspotential der Arbeiterschaft letztlich so gering, das Stabilisierungspotential des NS-Regimes so verheerend erfolgreich war. Dabei wurde auch nach einer möglichen mentalen Nivellierung gefragt - ob es die "Volksgemeinschaft" in der "Volkserfahrung" nicht doch gegeben habe. (HRS)
Der Beitrag untersucht aufgrund gedruckter und ungedruckter Quellen soziale und ökonomische Bedingungen von Judentum und Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich. Der formalen Emanzipation in den Gesetzen des Norddeutschen Bundes 1869 und des Deutschen Reiches 1871 folgte nicht die reale Emanzipation des Judentums. Die demographische, soziale und berufliche Gliederung der jüdischen Bevölkerungsgruppe hob sich deutlich von der der Gesamtbevölkerung ab. Die jüdische Bevölkerung war demographisch durch Ballung in Großstädten, sozial durch überdurchschnittliche Konzentration im Mittelstand und in der bürgerlichen Oberschicht, wirtschaftlich durch extrem hohen Anteil in bestimmten Branchen gekennzeichnet. Ansatzpunkte antisemitischer Agigation waren die Strukturveränderungen des Industrialisierungsprozesses und die Große Depression sowie der überdurchschnittliche Wohlstand und das Ausbleiben einer Berufsumschichtung bei den Juden. Als Partei blieben die Antisemiten ohne größere Bedeutung, führten aber den Antisemitismus als Mittel der Massenmobilisierung in die Parteien der Rechten ein. Die antisemitische Bewegung war mittelständisch, antimodernistisch, antikapitalistisch, antiliberal und antisozialistisch geprägt und vorwiegend auf protestantische Gebiete beschränkt. Die Juden reagierten auf den wachsenden Antisemitismus mit vollständiger Assimilation, Akkulturation oder Distanzierung durch Emigration, Kulturkritik, Sozialismus und Zionismus. (AM)