Von der Nationalgeschichte zur Weltgeschichte
In: Comparativ: C ; Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung, Band 12, Heft 3, S. 57-70
ISSN: 0940-3566
Der vorliegende Beitrag zeigt, welchen Bruch mit den Institutionalisierungsmustern, Denkformen und Beziehungen zur Idee gesellschaftlicher Nützlichkeit Historiker und Historikerinnen vollziehen müssen, wenn sie von der Bindung ihrer Profession an den Nationalstaat Abstand nehmen und Weltgeschichte nicht mehr als periphere Aufgabe betrachten wollen, die eher etwas für Dilettanten als für professionelle Fachvertreter ist. Ausgehend von den Erträgen wirtschafts- und kulturgeschichtlicher Forschung geht der Autor der Frage nach, welches an Stelle des Nationalstaats, der in traditionellen Untersuchungen häufig unreflektiert den Rahmen bildet, geeignete Raumeinheiten sein können und anhand welcher Kriterien man diese bestimmen kann. Der Autor geht hier auf drei Vorschläge ein: an erster Stelle länderübergreifende Wirtschaftsräume, die durch Marktbeziehungen zwischen Produzenten bzw. zwischen Produzenten und Abnehmern kreiert werden, zweitens ökologisch bestimmte Zonen, die durch ähnliche Klimabedingungen, Vorkommen natürlicher Ressourcen und eine Situierung im Verhältnis zu den natürlichen Verkehrswegen der Meere und großen Flüsse gekennzeichnet sind, sowie schließlich drittens kulturelle Gemeinschaften, die als "diskursbasierte Weltsysteme" eine Weiterentwicklung der Toynbeeschen Kategorie der Zivilisation darstellen können. Die öffentliche Wirkung des Essays von Samuel P. Huntington zeigt allerdings auch die Gefahren dieses Begriffs, der Konnotationen in sich trägt, die auf die Essentialisierungen von Kulturkreisen oder Zivilisationen seit dem 19. Jahrhundert verweisen. (ICA2)