Neue Funktionen für Nuklearwaffen - Die Nuklearwaffe im asymmetrischen Konflikt
In: Asymmetrische Kriegführung - ein neues Phänomen der Internationalen Politik?, S. 265-281
Während des Kalten Krieges sind einige Rüstungskontrollvereinbarungen geschlossen worden, welche die Risiken eines Nuklearwaffeneinsatzes reduzierten. Bilaterale Rüstungskontrollverträge (v.a. zwischen den USA und der UdSSR/RF) intendierten zumeist die quantitative Verringerung bestehender Arsenale. Multilaterale Verträge suchten Transparenz der Nuklearwaffenarsenale zu schaffen sowie die Proliferation und die Entwicklung und Forschung an neuen Waffen zu verhindern. Das Ende des Kalten Krieges hat auch auf Rüstungskontrolle nachhaltigen Einfluss. In der multilateralen Rüstungskontrolle sind die Verträge v.a. die Auflagen für Nuklearwaffenstaaten betreffend unzureichend. Die Nuklearwaffenstaaten unterstützen das Zustandekommen eines Vertrages dann, wenn sie die Abkommen nach ihren Interessen beeinflussen oder Sonderregelungen durchsetzen können. Ein Beispiel ist die Kontrolle des Nichtweiterverbreitungsvertrages. Auch im Bereich der bilateralen Rüstungskontrolle waren einige Maßnahmen angedacht, die den Einsatz nuklearer Waffen erschweren oder verhindern. Dazu gehören beispielsweise der Verzicht auf dauerhafte Zielprogrammierung ("Mutual Detargeting") und die Errichtung eines Regimes gegen den Ersteinsatz von Nuklearwaffen. Die sicherheitspolitischen Implikationen dieser Maßnahmen sind allerdings gering, da binnen weniger Minuten die Trägersysteme wieder zielprogrammiert werden können. Das Vertrauen auf eine Verteidigungspolitik, die im Wesentlichen auf der Nuklearwaffe basiert, ruft ein trügerisches Gefühl der Sicherheit hervor, da der Vorteil gegenüber Staaten mit nur wenigen Nuklearwaffen unbedeutend ist. Es sollte daher vermieden werden, dass sich die US-amerikanische Verteidigung zu sehr auf die nuklearen Streitkräfte verlässt. Die Überlegenheit in der konventionellen Rüstung ist hingegen nur durch einen ressourcen- und zeitaufwendigen Aufrüstungsprozess zu kompensieren. Nur durch die Marginalisierung der Nuklearwaffe kann die konventionelle Übermacht genutzt werden. Zu den Maßnahmen der Doktrin gehören unter anderem eine Abschreckungsstrategie, welche den nuklearen Schaden nicht begrenzt (massive Vergeltung), eine kodifizierte US-amerikanisch-russische Rüstungsminderung, die völlige Abrüstung taktischer nuklearer Waffensysteme wie "Mini-Nukes" und die Ratifizierung und Wiederbelebung der CTBT-Prozesses. Die bestehenden Nuklearwaffen sind jedoch nicht in der Lage, die aus der neuen weltpolitischen Situation nach dem Ende des 'Kalten Krieges' erwachsenen Aufgaben militärtaktisch zu erfüllen. Große Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung sind notwendig, um Nuklearwaffen auf diese neuen militärischen Aufgaben anzupassen, was einen neuen Impuls für den Rüstungswettlauf bedeuten könnte. (ICG2)