Ausgehend von den sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen Papua-Neuguineas, das 1975 die Unabhängigkeit erlangte, stellt der Verfasser des Handbuchartikels zunächst die Geschichte der Gewerkschaften im Lande dar. Im weiteren werden Struktur und Stärke der Gewerkschaften sowie deren Rolle in der innenpolitischen Auseinandersetzung beschrieben. Ein weiterer Abschnitt ist den Arbeitsbeziehungen in Papua-Neuguinea gewidmet. Nach Ansicht des Verfassers ist das Gewicht der Gewerkschaftsbewegung noch als verhältnismäßig gering einzustufen. Ergänzt wird die inhaltliche Darstellung durch Literaturhinweise und die Anschriften der Gewerkschaftsbünde. (KS)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1996 in Dresden ; Band 2: Sektionen, Arbeitsgruppen, Foren, Fedor-Stepun-Tagung, S. 79-83
"Ein vom Autor vorgestelltes allgemeines Modell biographischer Sinnbildung soll die inhaltliche Studie zur Männlichkeitsbildung in Papua Neuguinea ('Der fremde Mann. Jugend, Männlichkeit, Macht', Fischer, Frankfurt 1994) ergänzen. Die Biographieforschung ist mit drei Engpässen soziologischer Theoriebildung konfrontiert. Modernisierung wird gern als historischer Prozeß der Individualisierung von Sinngebung einer Tradition kollektiver Sinnbildung entgegengesetzt; Individualisierungs- und Autonomisierungsprozesse werden nicht hinreichend unterschieden (normativer Bias gegenüber ethnischer Tradition); eine Integration soziologischer und psychoanalytischer Theorie des Geschlechts ist nicht geleistet. Im vorgestellten Modell mit dem Ansatz psychoanalytisch-sozialwissenschafllicher Hermeneutik werden dagegen nicht bereits durch die Modellbildung strukturierte Differenzen zwischen Kulturen oder Modernisierungsstufen festgelegt. Individuelle und kollektive, autonomiefördernde und heterenome Sinnbildung werden stattdessen als inhärente Elemente und Konflikte im Sinnbildungsprozeß selber bestimmt. Die Konstruktion des Modells und die Methode erlauben dabei, den inhärenten Kampf sowie seine individuellen oder kulturellen Lösungen sowohl in traditionellen wie modernen Kontexten jeweils fallspezifisch zu erschließen." (Autorenreferat)
Die Fallstudie aus Papua Neuguinea will die These erhärten, daß sich biographische Arbeit auch nach oder seit dem historischen Säkularisierungs-, Modernisierungs- und Individualisierungsprozeß in einer unauflöslichen Spannung zwischen individueller und kollektiver Sinnbildung vollzieht. Der Autor legt dabei den Schwerpunkt seiner Fallinterpretationen darauf, nicht nur die Bedeutung religiöser Tradition für Biographie und Biographieforschung aufzuschlüsseln, sondern den Bildungsprozeß selber zu untersuchen, durch den sich biographierelevante religiöse Traditionen neu herausbilden und alte religiöse Traditionen verwendet und umgestaltet werden. Am Material der Untersuchung zeigt sich dabei, daß der im Migrationsprozeß aufgebrochene Kampf zwischen autonomisierend-progressiven und regressiven Lebensskripten in den biographischen Prozessen von Individuen und Gruppen unabgeschlossen bleibt. Für den Autor ist damit belegt, daß identische, inhaltliche Traditionen für radikal gegensätzliche Lebensskripte stehen können. (pre).
Die Fallstudie aus Papua Neuguinea will die These erhärten, daß sich biographische Arbeit auch nach oder seit dem historischen Säkularisierungs-, Modernisierungs- und Individualisierungsprozeß in einer unauflöslichen Spannung zwischen individueller und kollektiver Sinnbildung vollzieht. Der Autor legt dabei den Schwerpunkt seiner Fallinterpretationen darauf, nicht nur die Bedeutung religiöser Tradition für Biographie und Biographieforschung aufzuschlüsseln, sondern den Bildungsprozeß selber zu untersuchen, durch den sich biographierelevante religiöse Traditionen neu herausbilden und alte religiöse Traditionen verwendet und umgestaltet werden. Am Material der Untersuchung zeigt sich dabei, daß der im Migrationsprozeß aufgebrochene Kampf zwischen autonomisierend-progressiven und regressiven Lebensskripten in den biographischen Prozessen von Individuen und Gruppen unabgeschlossen bleibt. Für den Autor ist damit belegt, daß identische, inhaltliche Traditionen für radikal gegensätzliche Lebensskripte stehen können. (pre)
Auf der Basis einer fächerübergreifenden Studie zur "Akkulturation und sozialem Wandel in ehemals segmentären Gesellschaften - am Beispiel Papua Neuguinea", die zum Ziel hatte, die strukturellen und lebensweltlichen Veränderungen segmentärer Gesellschaften aufgrund der Konfrontation mit der westlicher Welt darzustellen, untersucht der Verfasser das Motiv der kriegerischen Identität in den Stammesgesellschaften Papua Neuguineas und vergleicht dieses mit modernen Weltbildern von Kampf, Krieg und Männlichkeit. Es sind drei große Themen, die in den "Erzählungen aus Papua Neuguinea" immer wiederkehren: männliches Dominanzverhalten, Beseelung der Natur, weibliche "Gegengewalt" zu männlichem Dominanzverhalten. Die meisten Erzählungen sind eingebettet in mythische oder magische Bilder. Magie begreift die Welt "subjektiv". Magische Weltbilder schließen das, was die "objektive Wirklichkeit" genannt wird, aus. Bei den traditionellen Kämpfen im Hochland von Papua Neuguinea handelt es sich um ritualisierte Kämpfe zwecks "Zur-Schau-Stellung" männlicher Dominanzbereiche. Letztlich gibt es keine Sieger und keine Verlierer. Von den Anfängen des Kolonialismus über die beiden Weltkriege bis hin zu der "neuen" geopolitischen Polarisierung zwischen dem "Westen" und Teilen der arabischen Welten ging und geht es stets um territoriale Eroberungen, Expansion, Ausweitung der Hegemonie, politische, ideologische oder ökonomische Interessen. Im neuzeitlichen Töten fehlt das Motiv des Leben-Gebens durch Leben-Opfern. Hingegen entstehen lineare männliche Herrschaftsphantasien von Macht und Eroberung, von Ehre und Vaterland, von Ruhm und Heldentod. (ICB2)
"Der bewaffnete Konflikt zwischen den indonesischen Sicherheitskräften und sezessionistischen Gruppierungen in der östlichsten Provinz des indonesischen Archipels dauert nun seit über 40 Jahren an. Im Jahre 1963 wurde das Gebiet auf UN-Beschluss Indonesien zugesprochen, was seitdem zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen dem indonesischen Nationalstaat und den indigenen Papua führte und mit unterschiedlicher Intensität bis heute andauert. Vor allem in peripheren Regionen wie Papua, Ost-Timor, den Molukken oder Aceh spielt das Militär eine ambivalente Rolle: Neben der klassischen Funktion der Verteidigung des Landes nach außen wurde dem Militär seit der Unabhängigkeit auch eine gewichtige Rolle bei der innergesellschaftlichen Entwicklung zugestanden, was zu einer weitgehenden Verselbständigung des Militärs gegenüber dem Staat geführt hat." (Autorenreferat)
Der Verfasser setzt sich vor dem Hintergrund eines Forschungsprojekts in Papua-Neuguinea zunächst mit der Frage auseinander, welche kulturhistorischen und wissenschaftsgeschichtlichen Betrachtungsweisen von fremden Kulturen zu jeweils spezifischen Formen der Erfassung von "fremden Wirklichkeiten" geführt haben. Er macht deutlich, welche Bedeutung der Begriff der Funktion und das Paradigma der Feldforschung für die Entzauberung "fremder Wirklichkeiten" gehabt haben. Anknüpfend an die Problematik von Akkulturationsprozessen und das Fortbestehen magischer Bezugssysteme plädiert der Verfasser für methodische Behutsamkeit in der Annäherung der Soziologie an komplexe Vernetzungen von westlichen Einflüssen und traditionellen Werten im außereuropäischen Forschungsfeld im Sinne einer Synthese zwischen ethnographischer Deskription und soziologischer Analyse. (ICE2)
Der Beitrag untersucht aus einer ethnopsychoanalytischen Perspektive geschlechtsspezifische Sozialisation, Individualisierung und Männlichkeitsentwürfe bei Naturvölkern. Modernisierung bedeutet für Jungen und junge Männer in Papua-Neuguinea einerseits die Befreiung von lebenslanger Unterordnung unter kollektiv vorgegebene Lebensentwürfe kleiner Ethnien von Fischern und Gartenbauern. Andererseits impliziert dieser historische Individualisierungsschub das Ende traditioneller Mentor-Beziehungen, in denen männliche Fürsorglichkeit für den Nachwuchs als unbedingt garantiert gilt. Diese "Fürsorglichkeit" ist in der ethnischen Kultur weiblich kodiert. Der Männerbund bildet die Jungengeneration in der geschlechterregierten Gesellschaft "wie Mütter". Im Konzept der biologischen und sozialen Doppelgeschlechtlichkeit von Mann und Frau findet dieses Bindungsverhältnis seinen Ausdruck. (pre)
In einer Fallstudie von 1994 untersucht der Autor das Ritual auf seine Wandlungsfähigkeit von einer stereotypen Form hin zu einer elaborierten Form und stellt dabei die Frage, ob sich im Ritual nicht in Wahrheit zwei Formen verbergen, die zu ganz unterschiedlichen Lösungen des Paradoxon von Endlichkeitserfahrung und Unendlichkeitsvorstellung führen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die eine dieser Ritualformen eher im Dienste der Abwehr von Endlichkeitserfahrung steht und die andere im Gegenteil als Form einer Radikalisierung der Endlichkeitserfahrung zu verstehen ist. Gegenstand der Fallstudie ist ein Ritual von jungen Erwachsenen in Papua-Neuguinea, das sich am Rande täglicher Gruppengespräche während einer Feldforschung abspielte. Die Forschungsgespräche waren als gruppenanalytische Gespräche angelegt, wobei in den Gruppen regelmäßig Phänomene auftreten, die Gemeinsamkeiten hinsichtlich der motorischen Handlungen aufweisen. Der klassischen Übertragungsanalyse von Ritualen, die in analytischen Gruppen auftreten, stellt der Autor eine eigens entwickelte kulturwissenschaftlich-hermeneutische Untersuchung des Rituals als einer bestimmten kulturellen Ausdrucksgestalt an die Seite. (prh)
"Im Rahmen einer neo-hobbesschen Perspektive zum Ort der Gewalt in der Gesellschaft untersucht der Beitrag anhand von historischen und empirischen Studien über Afrika, Südamerika, den melanesischen Raum (Papua-Neuguinea) und die okzidentalen Gesellschaften Westeuropas und Nordamerikas vier Typen gesamtgesellschaftlicher Ordnungsformen der Gewalt: die 'neo-despotische', 'parastaatliche', 'postakephal-konstitutionelle' und 'konstitutionell-wohlfahrtsstaatliche' Ordnung. Die These ist, daß sich das staatliche Gewaltmonopol weltweit in einer Krise befindet. Diese Krise zeichnet sich auch in den westlichen Gesellschaften ab, die auf dem Weg sind, die konstitutionell-wohlfahrtsstaatliche Ordnung der Gewalt zu einer 'oligopolistisch-präventiven Sicherheitsordnung' umzuwandeln und mit ihr das Ende des staatlichen Gewaltmonopols einzuleiten. Dieser fünfte Typ einer Ordnungsform der Gewalt wird beschreiben und hervorgehoben, daß er die Grundlagen des okzidentalen Verständnisses über die Beziehungen zwischen Staat, Recht und Gesellschaft berührt." (Autorenreferat)
Der Beitrag befaßt sich mit den Besonderheiten des Entwicklungsprozesses in Asien. Mit dem Aufkommen der Schwellenländer im asiatischen Raum steht außer Frage, daß es nachholende Entwicklung gibt. Eine uneingeschränkte Bestätigung der Modernisierungstheorie sieht der Autor darin allerdings nicht. Es zeigt sich, daß die modernisierungstheoretischen Annahmen nur in Sonderfällen (Taiwan, Südkorea und Thailand) zutreffen, sich aber ansonsten wenige Anhaltspunkte für ihre Richtigkeit finden. Denn obwohl Asien als die wirtschaftlich am schnellsten wachsende Weltregion gilt, gibt es Staaten in diesem geographischen Raum, deren Pro-Kopf-Einkommen sehr gering ist (Indien, Sri Lanka, Papua Neuguinea) oder deren Staatssystem auf keiner stabilen demokratischen Basis steht (Birma, Indonesien, China, Singapur und Malaysia). Daraus ergibt sich jedoch nicht, daß "asiatische Werte" grundsätzlich demokratiefeindlich sind, wohl aber, daß diese Regierungsformen, auch bei einem erheblichen Maß an Offenheit sich stark vom angelsächsischen Demokratiemodell unterscheiden. (prc)