Herrschaft: Antworten der politischen Philosophie
In: Politische Herrschaft und politische Ordnung, S. 9-94
Eine der drei Grundfragen der Politik lautet: Worin gründet Herrschaft? Die beiden anderen - die nach dem Wesen und der Notwendigkeit, also der Legitimation politischer Institutionen, wie die nach den Zwecken und Zielen, also dem telos von Politik - werden in diesem Beitrag ausgespart. Dabei wird das auf die Machtfrage eingegrenzte Kardinalproblem der Politik nicht bezogen auf historische und gegenwärtige Herrschaftsverhältnisse betrachtet. Die hier gestellte Frage nach der Begründung und Rechtfertigung von Herrschaft stellt sich erst, wenn Herrschaft mit Herrschaftslosigkeit, verstanden als Anarchie und Utopie, konfrontiert wird. Mit Thomas Morus, Thomas Hobbes, John Locke, Jean-Jacques Rousseau und Edmund Burke werden Positionen markiert, die für das politische Denken der Gegenwart bestimmend sind. Hinzugezogen werden Thesen der klassischen griechischen Philosophie und der christlichen Glaubenslehre. Herausgearbeitet werden vor allem zwei Verständnisformen von Herrschaft. Die eine, der Logik individualistischen Denkens folgend, begreift Herrschaft als Menschenwerk, damit auch als abschaffbar. Im anderen Verständnis gilt Herrschaft als ontische Realität, die zwar nicht zum Wesen des Menschen zählt, aber als Bedingung menschlicher Freiheit, Gleichheit und Würde begriffen wird. Folgt aus dem ersten Verständnis die heilsgeschichtliche Realisierung von Herrschaftslosigkeit in der endlichen Welt, so kann im konkurrierenden Verständnis Herrschaftslosigkeit nur im Unendlichen, bei Gott liegen. (UH)