Die Bindung der Bürger an die Grundrechte: Ein Rechtsvergleich zwischen Deutschland und Russland
In: Schriften zum Internationalen Recht, 193
Anastasia Berger stellt zunächst die Drittwirkung der Grundrechte in der Wissenschaft und Rechtsprechung in Deutschland vor. Sodann skizziert sie die verfassungsrechtlichen Grundlagen im Lichte ihrer historischen Entwicklung in Russland. Der Vergleich zentraler verfassungsrechtlicher Normen (Art. 2, 15, 17, 18, 55 und 56 der russischen Verfassung) und der Rechtsprechung lässt Unterschiede beider Rechtssysteme erkennen. Die russische Verfassung stellt im Unterschied zum deutschen Grundgesetz eine direkt und unmittelbar wirkende Grundlage des gesamten Rechtssystems dar. Die Autorin untersucht zudem die zentralen Normen des russischen Zivilgesetzbuches. Berger stellt fest, dass die beiden Verfassungen aufgrund historisch unterschiedlicher Entwicklungen vom entgegengesetzten Blickwinkel auf die Grundrechtsfunktionen ausgehen. Gleichwohl zeigt die Analyse des russischen Privatrechts, dass die unmittelbare Wirkung der Grundrechte ohne Verlust der Privatautonomie möglich ist. Die Frage nach der sog. Drittwirkung der Grundrechte steht seit mehr als 50 Jahren im Mittelpunkt verfassungsrechtlicher Diskussion in Deutschland. Die Antwort auf die Frage nach der Wirkung der Grundrechte im Privatrecht hat anhand der jeweiligen Verfassungsbestimmungen zu erfolgen, welche für die Reichweite der Wirkung von Grundrechten allein maßgebend sind. Dabei muss zunächst auf die historisch gewachsene Sicht der Verfassungen auf die Funktion der Grundrechte eingegangen werden. Der Vergleich deutscher und russischer Verfassungen zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie unterschiedlich die Antwort auf die Frage der Drittwirkung sein kann. Anastasia Berger (geb. Tarasova), geb. 1984 in Moskau (Russland); Studium der Rechtswissenschaften an der staatlichen Steuerakademie Moskau, Abschluss 2010; Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Erstes Staatsexamen 2011; 2012 DAAD-Stipendiatin an der Lomonossow-Universität (Moskau); Promotion 2013; 2012–2014 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Derzeit Rechtsreferendarin am Landgericht München II.