"Als sich die Volkswagen AG Ende 1993 anschickte, auf völlig unkonventionelle Weise dem drohenden Abbau von bis zu 20 000 Arbeitsplätzen entgegenzuwirken, indem Arbeitszeit und Einkommen um 20% gekürzt wurden, hofften verschiedene Beobachter (so auch der Verfasser), die Automobilindustrie könne auf einem weiteren Feld zum Vorreiter werden: für eine neuartige Beschäftigungspolitik, die mit Tabus auf allen Seiten bricht und einen Silberstreif am düsteren Arbeitsmarkthorizont aufscheinen läßt. Im Artikel soll gefragt werden, ob derartige Hoffnungen enttäuscht worden sind. Welche Nah- und Fernwirkungen hat das 'VW-Modell' hervorgerufen? Hat es den Einstieg in eine neue Beschäftigungspolitik erbracht oder ist dieser Ansatz in den Diskussionen um ein 'Bündnis für Arbeit' bereits wieder versandet? Ist dieser VW-Ansatz lediglich eine krisenbedingte Notlösung auf Zeit oder eröffnet er gesellschaftspolitische Handlungsoptionen, die 'zukunftsfähig' sind?" (Autorenreferat, IAB-Doku)
Mit Blick auf die Anfang 1994 bei der Volkswagen AG eingeführte Vier-Tage-Woche konstatiert der Autor im vorliegenden Beitrag, daß die bislang favorisierte neokonservative wirtschafts- und sozialpolitische Strategie ausgedient hat. Davon ausgehend, daß die Arbeitslosenzahl in Deutschland im Jahr 1994 vermutlich die Vier-Millionen-Grenze überschreiten wird, hält er eine Neuverteilung des gesamtwirtschaftlich nachgefragten Arbeitsvolumens und damit eine Verkürzung der Arbeitszeiten für unabdingbar. Die sich hieraus ergebenden Problemfelder, wie z.B. die Einkommensverluste, werden im folgenden anhand der Automobilindustrie beleuchtet, da diese seit langem Vorreiter der konjunkturellen Entwicklung der Gesamtwirtschaft ist. Im einzelnen geht es um die Modernisierungsstrategien der Automobilkonzerne BMW, Ford, Opel, Mercedes-Benz, Audi und Volkswagen. Es zeigt sich, "daß gegenwärtig durchaus unterschiedliche beschäftigungs- und einkommenspolitische Optionen der Modernisierung realisierbar erscheinen". In vielen Betrieben wird auf Kostensenkungen und Produktivitätserhöhungen zu Lasten von Arbeitsplätzen gesetzt. Als Alternative wird Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich angesehen, wobei jedoch eine Kompensation für die niedrigsten Einkommensgruppen erforderlich ist. (psz)