Das Verhältnis von Naturwissenschaft und Technik in historischer Sicht
In: Technikgeschichte: tg, Band 43, Heft 2, S. 116-124
ISSN: 0040-117X
Die Physik als umfassend gemeinte Wissenschaft von der Natur entwickelte sich bei den Vorsokratikern und dann vor allem bei Platon und Aristoteles als rationale Analyse und Beobachtung, die nicht in den Ablauf von Naturprozessen eingriff. Somit waren Physik und Technik Gegensätze. Erst Ende des 16. Jahrhunderts kann ein entscheidender erkenntnistheoretischer Umbruch registriert werden. Vor allem Galilei erkannte die prinzipielle Gleichartigkeit der von selbst in der Natur ablaufenden Prozesse und der künstlich vom Menschen eingeleiteten, die seitdem nicht mehr bestritten wurde: Die Gesetze der Natur gelten auch in der Technik. Diese Erkenntnis hatte weittragende Konsequenzen für das Verhältnis von Naturwissenschaften und Technik. Der Verf. zeigt an verschiedenen Beispielen, wie die fruchtbare Wechselwirkung von Grundlagenforschung und Technik zu einem gegenseitigen 'Aufschaukeln' führte. Nicht nur die Technik profitierte von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern auch die modernen Naturwissenschaften sind nur durch die technischen Hilfsmittel möglich. (Beispiele aus der Elektrotechnik). Die Wechselwirkung von Wissenschaft und Technik prägt entscheidend die gegenwärtige Industriegesellschaft. In prinzipieller Sicht kann das Verhältnis von Naturwissenschaft und Technik, wie in einem abschließenden Abschnitt angedeutet wird, 'positivistisch' oder 'idealistisch' interpretiert werden. (JL)