Die Demokratisierung der Slowakei: interne und externe Faktoren
In: Osteuropa heute: Entwicklungen - Gemeinsamkeiten - Unterschiede, S. 167-195
Ausgehend von der doppelten Transition des Landes schildert die Verfasserin die paralysierte Konsolidierung unter Meciar und nach dessen Abwahl die anschließende Rückkehr zur Demokratie, die sie durch interne und externe Faktoren erklärt. Die Demokratisierung der Slowakei hält einige Besonderheiten bereit: Zum einem erfuhr das Land eine doppelte Transition, da es sich zunächst als Teil der Tschechoslowakei in der so genannten "Samtenen Revolution" 1989 von dem kommunistischen Regime befreite und dann durch die Teilung 1993 nochmals eine quasi eigene Transition durchlaufen musste. Eine zweite Besonderheit besteht in der stecken gebliebenen, verzögerten Konsolidierung des Landes, bedingt durch die demokratischen Rückschritte während der Regierung Vladimir Meciars (1993-1998). Diese beiden Besonderheiten der slowakischen Entwicklung machen den Fall besonders interessant für die Transformationsforschung. Hier lässt sich beobachten, wie ein Land, das sich bereits von den demokratischen Regeln und Prinzipien so weit wegbewegt hat, dass man ernste Zweifel haben musste, es als Demokratie zu bezeichnen, zurück auf den demokratischen Pfad gelangen kann. Dass die Slowakei der einzige so gelagerte Fall unter den post-sozialistischen Transformationsstaaten Ostmitteleuropas war, macht ihn zu einem tatsächlich einzigartigen Untersuchungsobjekt. Es ergeben sich somit zwei zentrale Fragen: Wie wirkt sich die Teilung eines Landes auf die Demokratisierung aus? Wie sind die Chancen für eine Rückkehr zur Demokratie, wenn die Konsolidierung stecken geblieben ist? Es wird die These vertreten, dass man zur Beantwortung vor allem der letzten Frage sowohl die inneren Faktoren als auch die äußeren Faktoren betrachten muss. Welche Rolle können externe Faktoren spielen bzw. wie haben externe Akteure auf das Land eingewirkt zu Gunsten einer Rückkehr zur Demokratie? Die Wechselwirkung zwischen inneren Faktoren und maßgeblich der EU hat hierbei eine signifikante Rolle gespielt. Die Untersuchung des slowakischen Demokratisierungsprozesses beinhaltet daher nicht nur die Analyse des Aufbaus der Demokratie, sondern ebenso die Erklärung für das Stagnieren der Konsolidierung und die Rückkehr zur Demokratie. Insbesondere für den letzten Aspekt stellt die Europäische Union einen wichtigen Erklärungsfaktor dar. Es wird gezeigt, dass die positiven Entwicklungen, die den Konsolidierungskurs der Slowakei seit 1998 hätten fortsetzen können, seit den Wahlen 2006 und durch die neue Regierung unterbrochen sind. Ein Systemwechsel oder ein Rückfall in autoritäre Zustände erscheint wenig wahrscheinlich, da es über die zentralen Parameter Demokratie und Einbindung in die westlichen Strukturen einen in Bevölkerung und politischer Elite breiten Konsens gibt. Deutlich umstrittener sind dagegen wirtschaftliche und sozialstaatliche Fragen. Die Slowakei profitiert in dieser Situation sicher von den lebendigen bürgergesellschaftlichen Strukturen, die sie bereits unter Meciar aufgebaut hatte. Dennoch stehen weder die Festigung des Parteiensystems noch die positive Identitätsbildung und Integration der Nationalitäten unter der derzeitigen Regierung unter einem guten Stern und bleiben somit weiterhin ungelöste Aspekte der slowakischen Demokratie. Die Autorin weist auf zwei zentrale Defizite bei der slowakischen Konsolidierung hin: erstens, den weiterhin prekären Stand der gesellschaftlichen und politischen Integration der Nationalitäten und, zweitens, die fehlende Konsolidierung des Parteiensystems. (ICG2)