Der soziologische Neo-Institutionalismus hat seine Ursprünge in der US-amerikanischen Organisationssoziologie. Im Vordergrund stehen Fragen des institutionellen Wandels und des gesellschaftlichen Umgangs mit institutionellen Vorgaben. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der gesellschaftlichen Durchsetzung und Einbettung vorherrschender Grundüberzeugungen rationalen Handelns. Die Insignien moderner Rationalität werden in ganz unterschiedlichen Handlungsbereichen aufgespürt. Der Band führt in die Grundlagen des Neo-Institutionalismus ein, er beschreibt die wichtigsten empirischen Ergebnisse und diskutiert theoretische Weiterentwicklungen. Darüber hinaus werden in der vorliegenden zweiten Auflage Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Netzwerksoziologie, zu den Strukturtheorien von Giddens und Bourdieu sowie zur Systemtheorie Luhmanns benannt.
"Trotz umfangreicher soziologischer Forschungen zur Problematik ungleicher Bildungs-Chancen sind die Antworten auf die Frage, wie Ungleichheit in der Bildungsbeteiligung bei verschiedenen sozialen Klassen, Milieus und in unterschiedlichen Regionen zustande kommt - und erst recht, wie sie zu überwinden sei - nach wie vor unzulänglich. In diesem Beitrag wird die Bildungssituation in Mecklenburg-Vorpommern insbesondere mit Blick auf die Frage, inwieweit sich hier Konstellationen der Bildungsarmut entwickelt haben, skizziert. Dabei wird über die Unterscheidung zweier gegeneinander abgeschotteter Pfade der Teilhabe an Bildung gezeigt, wie es zu einer Reproduktion ungleicher Bildungschancen kommt. Daten zur Bildung von Kindern und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern verweisen auf Zonen von Bildungsarmut, wobei drei zentrale Aspekte des Zugangs zu Bildung ineinandergreifen, die besonders Kinder und Jugendliche aus einfachen sozialen Verhältnissen und aus armen Familien in ihren Bildungs-Chancen beeinträchtigen: 1. Einem Habitus der 'Bildungsferne' als einer großen Distanz zur legitimen Kultur, wie sie insbesondere das Gymnasium repräsentiert, steht die ausgeprägte Nähe zu einem Bildungskonzept gegenüber, das perspektivisch auf eine Berufsausbildung setzt, ohne dass konjunkturelle und arbeitsmarktstrukturelle Risiken abgeschätzt werden können. 2. Dieses Bildungsverständnis schreibt unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen eine kulturelle Tradition der DDR fort, in der die qualifizierte berufliche Bildung in der Tat Einkommen, Ansehen, eine stabile Erwerbsbiografie und umfassende Kompetenzen zur Bewältigung von Arbeit und Alltag gesichert hat. 3. Mit der derzeitigen Ausgestaltung der Hauptschule wird der 'Bildungsferne' von Kindern und Jugendlichen aus einfachen sozialen Verhältnissen institutionell Vorschub geleistet, statt die Distanz dieser Schülerinnen und Schüler gegenüber der legitimen Kultur zu verringern. Bildungsarmut und 'Bildungsferne' sind auch in Mecklenburg-Vorpommern an bestimmten Orten zu Hause, treffen in bestimmten sozialen Milieus auf die 'passenden' räumlichen Gelegenheitsstrukturen und konstituieren je eigene, sich immer wieder reproduzierende soziale Weltsichten. Es bedarf großer gesellschaftlicher und pädagogischer Anstrengungen, um die durch 'Bildungsferne' bedingten Lernhemmnisse und Desintegrationsprozesse bei Schülerinnen und Schülern aus Landarbeitermilieus, aus der Arbeiterklasse und aus manchen Einwanderergruppen zu überwinden." (Autorenreferat).
"Trotz umfangreicher soziologischer Forschungen zur Problematik ungleicher Bildungs-Chancen sind die Antworten auf die Frage, wie Ungleichheit in der Bildungsbeteiligung bei verschiedenen sozialen Klassen, Milieus und in unterschiedlichen Regionen zustande kommt - und erst recht, wie sie zu überwinden sei - nach wie vor unzulänglich. In diesem Beitrag wird die Bildungssituation in Mecklenburg-Vorpommern insbesondere mit Blick auf die Frage, inwieweit sich hier Konstellationen der Bildungsarmut entwickelt haben, skizziert. Dabei wird über die Unterscheidung zweier gegeneinander abgeschotteter Pfade der Teilhabe an Bildung gezeigt, wie es zu einer Reproduktion ungleicher Bildungschancen kommt. Daten zur Bildung von Kindern und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern verweisen auf Zonen von Bildungsarmut, wobei drei zentrale Aspekte des Zugangs zu Bildung ineinandergreifen, die besonders Kinder und Jugendliche aus einfachen sozialen Verhältnissen und aus armen Familien in ihren Bildungs-Chancen beeinträchtigen: 1. Einem Habitus der 'Bildungsferne' als einer großen Distanz zur legitimen Kultur, wie sie insbesondere das Gymnasium repräsentiert, steht die ausgeprägte Nähe zu einem Bildungskonzept gegenüber, das perspektivisch auf eine Berufsausbildung setzt, ohne dass konjunkturelle und arbeitsmarktstrukturelle Risiken abgeschätzt werden können. 2. Dieses Bildungsverständnis schreibt unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen eine kulturelle Tradition der DDR fort, in der die qualifizierte berufliche Bildung in der Tat Einkommen, Ansehen, eine stabile Erwerbsbiografie und umfassende Kompetenzen zur Bewältigung von Arbeit und Alltag gesichert hat. 3. Mit der derzeitigen Ausgestaltung der Hauptschule wird der 'Bildungsferne' von Kindern und Jugendlichen aus einfachen sozialen Verhältnissen institutionell Vorschub geleistet, statt die Distanz dieser Schülerinnen und Schüler gegenüber der legitimen Kultur zu verringern. Bildungsarmut und 'Bildungsferne' sind auch in Mecklenburg-Vorpommern an bestimmten Orten zu Hause, treffen in bestimmten sozialen Milieus auf die 'passenden' räumlichen Gelegenheitsstrukturen und konstituieren je eigene, sich immer wieder reproduzierende soziale Weltsichten. Es bedarf großer gesellschaftlicher und pädagogischer Anstrengungen, um die durch 'Bildungsferne' bedingten Lernhemmnisse und Desintegrationsprozesse bei Schülerinnen und Schülern aus Landarbeitermilieus, aus der Arbeiterklasse und aus manchen Einwanderergruppen zu überwinden." (Autorenreferat)
Die Verfasserin vergleicht am Beispiel der alltäglichen Durchsetzung einer hierarchischen Geschlechterordnung den Erkenntnisgewinn des bourdieuschen Ansatzes symbolischer Gewalt mit Foucaults Theorem der Formierung einer Disziplinargesellschaft. Sie rekonstruiert beide Theoriegebäude aus der gemeinsamen gedanklichen Tradition Marx', Webers und Elias', die die Inkorporierung und Objektivierung sozialer Herrschaft als charakteristisch für die Moderne erkennen, und stellt die Vorzüge der bourdieuschen gegenüber der foucaultschen Vorgehensweise heraus. Zweifellos war sich Bourdieu im wissenschaftskritischen Impetus durchaus mit Foucault einig, so die Autorin, doch beharrt seine Herrschaftskritik im Unterschied zu Foucaults eher ungerichteten Analysen der "Mikrophysik der Macht" darauf, dass es mit Hilfe der Sozialwissenschaften möglich sein muss, Herrschaft in der Moderne präzise zu identifizieren und zu kritisieren. Dazu gehört auch die Einsicht, dass die moderne Gesellschaft mehrere Achsen der Herrschaft kennt. Bourdieu hat sich in seinen Schriften mit einigen dieser Achsen auseinandergesetzt. Dabei galt sein Interesse von Anfang an den Formen der symbolischen Herrschaft und der symbolischen Gewalt, angefangen mit den frühen Untersuchungen zur kabylischen Gesellschaft über die Arbeiten zur Reproduktion sozialer Ungleichheit durch das Bildungswesen und die Veröffentlichungen zur Sprache bis zur Analyse der männlichen Herrschaft und zur Kritik am Neoliberalismus. Bourdieus politische Stellungnahmen, müssen, so die Autorin, als integraler Bestandteil seiner Auseinandersetzung mit den Herrschaftsmechanismen der Moderne angesehen werden. Wenn, wie es Bourdieus tiefe Überzeugung war, die Soziologie dazu da ist, den Menschen die Wiederaneignung ihrer sozialen Verhältnisse zu ermöglichen, dann ist die Kritik der herrschenden - und damit der Herrschaft stabilisierenden - Sichtweisen und Klassifikationen ein wesentliches Element dieser Sozioanalyse. (ICF2)
Bourdieus Untersuchung über die Klassenstrukturen in Frankreich erschien im Jahr 1982 unter dem Titel "Die feinen Unterschiede" in deutscher Übersetzung und traf auf einen Diskussionsstand, in dem die Vorstellung, es gebe in der Bundesrepublik soziale Klassen und Klassenkonflikte, völlig abwegig erschien. Dies galt sowohl für die Sozialwissenschaften als auch für das Alltagsbewusstsein, und im politischen Raum diesseits der DKP war der Verweis auf strukturierte soziale Ungleichheit, auf Unterschiede der Klassenlage und damit verbundene unterschiedliche politische Interessen geradezu tabuisiert. Bourdieus Untersuchung sollte diese Sichtweise und den sozialwissenschaftlichen Umgang mit der Frage nach der sozialen Gliederung der westdeutschen Gesellschaft und ihren Konflikten gründlich verändern und eröffnete damit auch dem politischen Diskurs neue Räume, wie die Autorin im vorliegenden Beitrag näher zeigt. Sie geht zunächst auf die theoretischen und methodischen Probleme des Klassenbegriffs ein, um anschließend zu erläutern, welchen weitreichenden Beitrag Bourdieu zur Debatte durch das Konzept des sozialen Raums und die Verknüpfung von Klassenlagen und Lebensführung geleistet hat. (ICI2)