Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2008

Zur Funktionsweise von Herrschaft in der Moderne: soziale Ordnungen, symbolische Gewalt, gesellschaftliche Kontrolle

In: Symbolische Gewalt: Herrschaftsanalyse nach Pierre Bourdieu, S. 45-58

Abstract

Die Verfasserin vergleicht am Beispiel der alltäglichen Durchsetzung einer hierarchischen Geschlechterordnung den Erkenntnisgewinn des bourdieuschen Ansatzes symbolischer Gewalt mit Foucaults Theorem der Formierung einer Disziplinargesellschaft. Sie rekonstruiert beide Theoriegebäude aus der gemeinsamen gedanklichen Tradition Marx', Webers und Elias', die die Inkorporierung und Objektivierung sozialer Herrschaft als charakteristisch für die Moderne erkennen, und stellt die Vorzüge der bourdieuschen gegenüber der foucaultschen Vorgehensweise heraus. Zweifellos war sich Bourdieu im wissenschaftskritischen Impetus durchaus mit Foucault einig, so die Autorin, doch beharrt seine Herrschaftskritik im Unterschied zu Foucaults eher ungerichteten Analysen der "Mikrophysik der Macht" darauf, dass es mit Hilfe der Sozialwissenschaften möglich sein muss, Herrschaft in der Moderne präzise zu identifizieren und zu kritisieren. Dazu gehört auch die Einsicht, dass die moderne Gesellschaft mehrere Achsen der Herrschaft kennt. Bourdieu hat sich in seinen Schriften mit einigen dieser Achsen auseinandergesetzt. Dabei galt sein Interesse von Anfang an den Formen der symbolischen Herrschaft und der symbolischen Gewalt, angefangen mit den frühen Untersuchungen zur kabylischen Gesellschaft über die Arbeiten zur Reproduktion sozialer Ungleichheit durch das Bildungswesen und die Veröffentlichungen zur Sprache bis zur Analyse der männlichen Herrschaft und zur Kritik am Neoliberalismus. Bourdieus politische Stellungnahmen, müssen, so die Autorin, als integraler Bestandteil seiner Auseinandersetzung mit den Herrschaftsmechanismen der Moderne angesehen werden. Wenn, wie es Bourdieus tiefe Überzeugung war, die Soziologie dazu da ist, den Menschen die Wiederaneignung ihrer sozialen Verhältnisse zu ermöglichen, dann ist die Kritik der herrschenden - und damit der Herrschaft stabilisierenden - Sichtweisen und Klassifikationen ein wesentliches Element dieser Sozioanalyse. (ICF2)

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