Der Beitrag wendet sich der sozialen Nachhaltigkeit und Arbeitsqualität in flexiblen Arbeitsstrukturen zu. Es wird zunächst auf "Arbeitsqualität" eingegangen, die als eine wesentliche Dimension sozialer Nachhaltigkeit gesehen wird. Der Beitrag geht dann auf Arbeitsqualität in flexiblen Arbeitsstrukturen ein und schildert ausgiebig die ausufernde "Flexibilisierung" im modernen Arbeitsleben. Flexibilität gibt es auf vielen Ebenen, etwa in der Produktion und Organisation, der Arbeitsplätze und Tätigkeiten, der Mitarbeiter und des zeitlichen Rahmens. Es kann ein Abnehmen "tayloristischer" Gängelung beobachtet werden; jedoch kann auch in moderner Gruppenarbeit ein immenser Druck auf die Arbeitnehmer entstehen, wenn Leistungsnormen nicht begrenzt werden. Hinzu kommt, dass die "Verschlankung" von Unternehmen und Hierarchien die Arbeitskräfte häufig einer Mehrbelastung von zu bewältigenden Aufgaben aussetzt. Auch Kunden stellen zum Teil sehr detaillierte Forderungen, wann Aufgaben zu erledigen sind ("just in time"), und teilweise sogar, wie diese erledigt werden müssen. Der Entscheidungs- und Handlungsspielraum des Einzelnen hat sich durch die Flexibilisierung also nicht unbedingt erhöht. Der Artikel geht dann auf die IT-Branche ein, die immer schon "flexibel" und "projektorientiert" gearbeitet hat. Die Vielschichtigkeit der Arbeit und vorhandene Entscheidungsspielräume galten lange Zeit als positiv. Jedoch kann es zu Loyalitätskonflikten kommen, wenn der Programmierer zwischen den Interessen des Kunden und denen seines Unternehmens steht (Serviceorientierung und Professionalität versus Profitabilität). Abschließend zieht der Beitrag Bilanz und wartet mit Vorschlägen auf, die zu günstigeren Entwicklungen für die Mitarbeiter führen könnten und den gefährlichen Verschleiß von Humanressourcen möglicherweise abmildern würden. (ICB)
Gewohnte Annahmen und Leitbilder der Arbeitspolitik sind in Frage gestellt. Als dominierendes Modell der Organisationsänderung identifiziert der vorliegende Beitrag eine hybride deutsche Variante der "lean production" mit einer geschäftsprozessbezogenen Kundenorientierung und hohem Stellenwert der Qualitätssicherung. Im Zentrum der Erhöhung der internen Flexibilität stehen nicht so sehr avancierte organisatorische Maßnahmen, sondern eher die Nutzung individueller Kompetenz. Vor diesem Hintergrund führt Dezentralisierung in erster Linie zur Aufgabenverdichtung in den operativen Bereichen, ohne dass den Beschäftigten die für die Lösung der ihnen übertragenen Probleme erforderlichen Ressourcen in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Nachhaltige Arbeitsgestaltung kann für den Autor am ehesten erreicht werden durch die Organisation von Selbstverständigungsprozessen unter den Beschäftigten, anknüpfend an den Konflikten im Arbeitsalltag der industriellen Beziehungen, da Arbeitspolitik stets auch Interessenhandeln ist. (ICA2)
In: AIS-Studien: das Online-Journal der Sektion Arbeits- und Industriesoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), Volume 11, Issue 2, p. 44-57
Sich aktuell vollziehende Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt wirken sich auf das Verhältnis von Arbeit und Technik aus. Es stellt sich einerseits die Frage, inwiefern diese Veränderungen unter den Bedingungen gegenwärtiger Verhältnisse gestaltbar sind. Aus Sicht der Arbeits- und Industriesoziologie gilt es andererseits methodische Instrumente zu verwenden oder ggf. zu konzipieren, die eine angemessene Beschreibung und Analyse digitaler Transformationsprozesse möglich machen. Das Forschungsprojekt "Arbeits- und prozessorientierte Digitalisierung in Industrieunternehmen (APRODI)" greift beide Herausforderungen auf: Unter Berücksichtigung soziotechnischer Prinzipien wirken die beteiligten AktionsforscherInnen an der Gestaltung konkreter Digitalisierungsprozesse in Industrieunternehmen mit, und sie dokumentieren und analysieren gleichzeitig diese Prozesse auf Grundlage von interventionsorientierten Fallstudien. Der vorliegende Beitrag stellt APRODI vor und reflektiert den methodisch-konzeptionellen Ansatz sowie erste Projektergebnisse.
Der Beitrag zeigt am Beispiel kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), dass und warum die zunehmende Tendenz zur "Verbetrieblichung" der Arbeitszeitpolitik an betriebliche Grenzen stößt. Gerade in KMU werden traditionell nach wie vor viele Probleme mittels patriarchalischer Entscheidungen, gestützt auf Erfahrungswissen, teilweise auch mit Hilfe von informeller Verständigung gelöst. Am Beispiel der Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle zeigen die beiden Autoren, dass alte Führungsstrukturen und ein informelles Ad-hoc-Management zur Gestaltung betrieblicher Flexibilität nicht mehr greifen. Kooperative und beteiligungsorientierte Führungsstrukturen müssen jedoch erst einmal etabliert werden. Gleichzeitig werden die Anforderungen der Außenwelt komplexer - die Flexibilitätsansprüche der Kunden steigen, Produktions- und Lieferstrukturen werden zu Netzen. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist da nur ein Aspekt: Zeitliche Flexibilität des Betriebes ist nicht eins zu eins gleichzusetzen mit zeitlicher Flexibilität der einzelnen Beschäftigten. Die Notwendigkeit von Organisiertheit nimmt zu. Es bedarf transparenter und verbindlicher Aushandlungsstrukturen, die dem Maß an notwendiger Organisiertheit entsprechen. Da ist es von Vorteil, aber in kleinen Betrieben eher die Ausnahme, wenn ein Betriebsrat existiert. Auch die Zuhilfenahme externer Sachkompetenz in Form einer Arbeitszeitberatung, wie in den beschriebenen Unternehmensbeispielen der Fall, kann zwar bei der Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle helfen, bleibt aber notwendig begrenzt und punktuell und führt erst dann zum Erfolg, wenn die betrieblichen Akteure zu kontinuierlich wirkenden Gestaltungssubjekten werden. (ICA2)