"Der internationale Terrorismus" bestimmt immer wieder die Schlagzeilen. Sich vor ihm zu schützen wird als eine wichtige Aufgabe für die westlichen Demokratien angesehen. Welchen Preis zahlen die Bürger heute und in Zukunft für ihre Sicherheit? Diese Themenblätter beleuchten das Spannungsverhältnis von Sicherheit und Freiheit: Wieviel Freiheit ist möglich und wieviel Sicherheit nötig? Der Wert der eigenen Privatsphäre spielt dabei eine entscheidende Rolle. Exemplarisch wird unser "Online-Verhalten" und die "Online-Durchsuchung" zur Debatte gestellt.
"Die Deutschen interessieren sich nicht für 'deutsche Interessen'", fasst Berthold Meyer die derzeitige gesellschaftliche Stimmung zusammen. Schon im Jahr 2005 bedauerte Bundespräsident Horst Köhler das "freundliche Desinteresse" der Öffentlichkeit an Bundeswehreinsätzen und sicherheitspolitischen Themen. Seither ist die Distanz der Deutschen zu ihrer Truppe eher größer geworden. Daran konnte auch die Aufforderung von Verteidigungsminister Franz-Josef Jung, eine breite sicherheitspolitische Debatte zu beginnen, bislang nichts ändern. Diese Forderung hatte er beim Vorlegen des Weißbuches zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr im Herbst 2006 formuliert. Der Mangel an öffentlicher Auseinandersetzung ist umso misslicher als die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Die Regierung allein kann keine Entsendeentscheidungen treffen, dies ist den Volksvertretern vorbehalten. Abgeordnete sind es also, die die zahlreichen Auslandeinsätze verantworten, in denen einige Tausend Soldaten ihr Leben für "deutsche Interessen" riskieren. Diese Interessen sind allerdings ebenso diffus wie Volkes Wille. Im jüngsten Weißbuch bleibt der Interessenbegriff sehr schwammig und auch der Verteidigungsbegriff wird in Fortführung von Peter Strucks Formel von der "Verteidigung am Hindukusch" sehr weit gefasst. Berthold Meyer analysiert die Entwicklung der "deutschen Interessen" sowie des Verteidigungs- und Sicherheitsbegriffs. Er weist dabei eine Entgrenzung dieser Begriffe nach und stellt einen Mangel an der politischen Legitimation weltweiter Militäreinsätze fest. Um diesen Problemen entgegen zu wirken, unterbreitet er eine Reihe Vorschläge. Vor allem appelliert er an den Bundestag, Bundeswehreinsätze ernsthafter und offener zu diskutieren, damit auch das Interesse der Bürger an ihren Streitkräften und an deutscher Sicherheitspolitik wieder zunimmt.
Als Österreich vor fünfzig Jahren seine volle Souveränität zurückerlangte, war der Preis dafür die "immerwährende Neutralität". Sowohl die Politiker als auch die breite Öffentlichkeit zahlten ihn kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gern, sahen sie darin doch auch eine Chance, sich in gefährlichen Zeiten aus den Händeln anderer Staaten herauszuhalten und wie die Schweiz in Frieden Wohlstand zu erwerben. Allerdings entschied es sich bald schon für eine "aktive Neutralitätspolitik" und engagierte sich friedenspolitisch in internationalen Organisationen. Mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes verlor die Neutralität ihre unmittelbare Schutzfunktion für die Donaurepublik, aber sie wollte und konnte sie als "immerwährende" nicht aufzugeben. Das schien auch für den Beitritt zur Europäischen Union kein Hindernis zu sein, da diese anders als die NATO kein Militärbündnis war. Doch inzwischen betreibt die EU nicht nur eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), sondern auch eine militärisch unterfütterte Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Österreich möchte sich in die ESVP voll einbringen. Mit dieser Absicht reformiert es das Bundesheer, um es technisch problemlos in gemeinsamen "Battle Groups" mit Einheiten der Partnerländer einsetzen zu können. Im Gegensatz zu diesem militärpolitischen Engagement hängt eine die politischen Lager übergreifende Mehrheit der öffentlichen Meinung nach wie vor einem überkommenen Neutralitätsverständnis an. Um dies aufzufangen, versuchen die Politiker einen rhetorischen Spagat zwischen Neutralitätsbekundungen und Solidaritätsversprechen gegenüber den EU-Partnern. Dies könnte im Falle eines Einsatzes zu einer sowohl für Österreich wie für die Zusammenarbeit problematischen Akzeptanzkrise führen. Berthold Meyer empfiehlt daher Österreich, anstatt den Spagat zu überdehnen, innerhalb der ESVP eine friedenspolitische Vorreiterrolle zu übernehmen und sich in der militärischen Kooperation auf solche Fähigkeiten zu konzentrieren, in denen es einen reichen Erfahrungsschatz aufgrund seiner Erfahrungen mit UN-Blauhelmeinsätzen hat.
Die Fußballweltmeisterschaft 2006 naht und die Ängste um die Sicherheitslage wachsen. Es mehren sich die Vorstöße von Politikern, die die Bundeswehr auch gern im Innern einsetzen möchten. Tatsächlich hat sich die Bundeswehr in den letzten Jahren stark gewandelt: die Zahl ihrer Angehörigen ist stetig kleiner geworden, zugleich ist sie erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine Armee im Einsatz – noch dazu im heimatfernen. Dennoch hat sich an der Rekrutierung des Nachwuchses nichts Wesentliches geändert, die Allgemeine Wehrpflicht gibt es nach wie vor. Ist sie jedoch noch zeitgemäß und kann sie den Anforderungen an moderne Streitkräfte entsprechen? Ist das Prinzip der Wehrgerechtigkeit noch zu erfüllen, wenn die Zahl der Einberufenen jährlich abnimmt? Schon seit längerem gibt es Forderungen, die Allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen. Diese Kontroverse geht nach dem Regierungswechsel in eine weitere Runde. Beide Regierungsparteien bekennen sich zur Wehrpflicht, Teile denken sogar über eine Ausweitung im Sinne einer allgemeinen "sicherheitspolitischen Dienstpflicht" nach. Die hierfür benötigten finanziellen Mittel wären jedoch in einer besseren Ausstattung der Polizei effizienter angelegt. Berthold Meyer stellt drei in der politischen Diskussion häufig genannten Alternativen zur Allgemeinen Wehrpflicht vor und entwickelt eine eigene, vierte. Seine Empfehlung trägt sowohl den neuen Anforderungen der Bundeswehr Rechnung als auch gesellschaftlichen Interessen, wie der Forderung nach der Gleichbehandlung der Geschlechter und nach mehr Wehrgerechtigkeit.
"Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt" – seit der so genannten Struck-Doktrin aus dem Jahre 2002 ist abzusehen, dass die Bundesrepublik sich in Zukunft in immer mehr Krisenregionen militärisch engagieren wird. Grundlage hierfür bildet eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 12. Juli 1994. Dieses erklärte Auslandseinsätze der Bundeswehr für rechtens, schrieb aber der Bundesregierung ins Stammbuch, vor jedem Einsatz die konstitutive Zustimmung des Bundestags einholen zu müssen, und regte einen Gesetzesentwurf zur genaueren Regelung an. Kritiker dieser Parlamentsarmee monierten seit jeher, langwierige Debatten im Plenum behinderten schnelles Handeln und damit die Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik, aber auch das Potenzial adäquat auf Terroranschläge zu reagieren. Seit März diesen Jahres befasst sich das Parlament mit zwei Gesetzesvorlagen – um die Vorgabe des Verfassungsgerichts umzusetzen – aber auch um das Verfahren zu vereinfachen. Sind die Parlamentarier einfach entscheidungsmüde? Darf sich der Bundestag seiner Mitverantwortung entziehen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Berthold Meyer im vorliegenden Report und kommt zu dem Schluss, die vor zehn Jahren gewonnene Entscheidungskompetenz leichtsinnig aus der Hand zu geben, wäre ein demokratischer Rückschritt. Berthold Meyer erinnert zunächst an Verfahren und Urteil, sowie Motivation der klagenden Parteien. Weiter zieht er Zwischenbilanz der durch das Urteil möglich gewordenen Entsendepolitik der Bundesrepublik Deutschland. Der abschließende Kommentar der vorliegenden Gesetzesentwürfe und zweier weiterer in der Diskussion stehender Vorschläge beinhaltet eine Mahnung des Verfassers: Die Neuregelung der Entscheidung zur Entsendung von Truppen sei nicht nur mit Blick auf Vereinfachung anzugehen, sondern auch im Bewusstsein der Verantwortung für Leben und Gesundheit der Soldaten sowie den Interessen der Steuerzahler zu formulieren.
Meist wird unter 'humanitärer Intervention' ein gewaltsames Vorrücken eines Staates oder einer Staatenkoalition verstanden mit dem Ziel der Beendigung schwerer Menschenrechtverletzungen seitens der Regierung an der Bevölkerung oder innerhalb von Bevölkerungsgruppen. Der Verfasser stellt (1) unterschiedliche Positionen zur humanitären Intervention dar und diskutiert (2) unterschiedliche Entscheidungsgrundlagen für den Einsatz einer humanitären Intervention: auf der Basis von Konfliktanalyse und Folgenabschätzung, auf der Basis von friedensethischen Kriterien wie gerechter Grund, legitime Autorität, ultima ratio der Gewaltanwendung, Verhältnismäßigkeit der Schadenszufügung, Friedensschaffung und Aussicht auf Erfolg. Während des Einsatzes sind die Kriterien Kombattanten und Nicht-Kombattanten sowie das Verbot des Einsatzes bestimmter Waffen zu beachten. (3) Der Autor fragt, ob Demokratien das Recht haben, Menschenrechtsverletzungen zu schützen, indem sie Gewalt anwenden, und erläutert abschließend die Bedeutung des Dokuments 'The Responsibility to Protect' (RTP), dessen Kernaussagen Eingang in das Ergebnisdokument des UNO-Weltgipfels von 2005 fanden, in Bezug auf einer Fortentwicklung des Völkerrechts. (ICB2)
Innerstaatliche Konflikte werden analysiert, bei denen eine der Konfliktparteien die Zentralgewalt des Staates ist, während die andere ihre Identität in einer ethnisch oder religiös definierten Zusammengehörigkeit begründet und zugleich die Frage der Zugehörigkeit dieser Gruppe zum Gesamtstaat den Kern der Auseinandersetzung bildet. Es handelt sich um interethnische und Minderheitenkonflikte, die mit Waffengewalt ausgetragen werden. In diesen Fällen stellt sich Nachbarländern oder internationalen Organisationen die Frage, ob und wie sie eingreifen sollen. Bei einer militärischen Intervention stellen sich ethische, rechtliche, politische und militärische Probleme. Unbeschadet dieser Probleme ist die Nothilfe gegenüber massiven Verletzungen von Menschen- und Minderheitenrechten eine Aufgabe, die auch künftig von der UNO wahrgenommen werden muss. Durch rechtzeitige nicht-militärische Maßnahmen könnten Eskalationen verhindert werden, damit der Einsatz ausländischer Militärkräfte nicht erforderlich würde. (GB)
Michael Wolffsohn's (no bibliographic information provided) thesis that the formula "Land for Peace" does not work for Israel, as this country attempts to resolve the ongoing Middle East conflict, is supported, but his analysis to find the answer "why?" is argued to be incorrect. The historical & political circumstances of the peace negotiations between the Israeli governments & Palestinians in the 1990's & early 2000's are outlined, & the positions of the Likud party, Ariel Sharon, Benjamin Netanjahu, Dov Weisglass, & other Israeli politicians on withdrawing from occupied territories to bring about peace in the area are presented. The reasons why "Land for Peace" failed as an approach in the asymmetric conflict between state & nonstate actors are explored. Israel's expectation of its recognition by the Palestine Liberation Organization (PLO), which it viewed to be a terrorist organization, & the PLO distrust of the demand to recognize as legitimate a state which occupies its territory & treats the Palestinians as a nation without state, are examined. It is concluded that the Middle East conflict is not only one of asymmetry in military & political sense, but it is also characterized by an asymmetry of collective expectations. It is concluded that trust between parties in conflict is built not by signing treaties but genuine willingness to fulfil them. Z. Dubiel
Der Beitrag rekonstruiert die Hintergründe und Umstände des Rückzugs der Israelis und zeigt, warum das Jahr 2005 nicht dazu genutzt wurde, einen Neuanfang zur Begründung einer friedlichen Nachbarschaft mit den Palästinensern zu unternehmen. Daran anschließend wird nach den Voraussetzungen dafür gefragt, dass zumindest eine Situation entsteht, in der beide Nationen getrennt und ohne Angst vor einander nebeneinander existieren können. Ein friedliches Nebeneinander zweier Staaten ist am ehesten möglich, wenn es gelingt, Israelis und Palästinenser wirklich voneinander zu trennen. Joschka Fischer konstatierte hier jedoch: "Ein palästinensischer Staat als so genannter 'failing state', das heißt von Israel militärisch aufgegebene, zerstückelte, miteinander kaum verbundene und nicht wirklich lebensfähige palästinensische Territorien, die in Radikalisierung und Chaos zu versinken drohen, ist ein Albtraum für die Sicherheit Israels und seine langfristigen Interessen." Deshalb wäre es fatal, wenn Israel darauf setzen würde, dass es die neue Hamas-Regierung nicht schafft, ihren Herrschaftsbereich in Ordnung zu bringen, und darauf hofft, dass alsbald vorzeitige Neuwahlen in den Autonomiegebieten ausgeschrieben werden, die möglicherweise wieder die Fatah an die Macht bringen. Vielmehr sollte Israel im wohlverstanden eigenen Interesse daran mitwirken, dass die Lebensbedingungen der Menschen in dem künftigen Staat sich so verbessern, dass die Tendenz zur Radikalisierung umgedreht wird. (ICA2)